Protokoll der Sitzung vom 28.06.2017

Eine halbe Million Menschen stirbt jährlich an Malaria. Millionen Menschen sterben wegen schlechter Gesundheitssysteme und mangelnder Hygiene aufgrund eines Mangels an sauberem Wasser.

(Dr. Jörn Kruse)

Welcher Legitimation – denn die wird hier immer noch von der Linken in Frage gestellt – bedarf es noch, dass sich stärkere Länder mit diesem Thema befassen, ausdrücklich auf der Basis der Vereinten Nationen und eingebettet in das Arbeiten der WHO, und andere Länder unterstützen?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Gesundheitsminister der G20 haben erstmals gemeinsam getagt und klargestellt, dass sie sich der Verantwortung stellen wollen, und das eben nicht isoliert als einzelne Länder, sondern gemeinsam – es ist in diesen Zeiten schon ein unschätzbarer Wert, das offen und klar zu sagen –, und zwar ausdrücklich auf dem Boden und im Einklang mit den Vereinten Nationen. Das nur, weil hier ständig wiederholt wurde, es hätte nichts damit zu tun. Die Gesundheitsminister haben in ihrer Erklärung festgelegt, dass sie die führende Rolle der Weltgesundheitsorganisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, anerkennen, dass all ihr Handeln in enger Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation und auf der Basis der "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" stattfinden soll. Ich finde, es ist ein großer Erfolg, dass sich diese Länder alle gemeinsam dazu bekannt haben, in einer Zeit, in der es genügend Alleingänge und Abschottung gibt.

Ich begrüße, dass die Gesundheitsminister im Rahmen der Beratungen der G20 in der Berliner Erklärung bereits eine Reihe an guter Vorarbeit geleistet haben. Wichtiges Thema dabei ist die Antibiotikaresistenz und das weltweite Krisenmanagement beim Ausbruch gefährlicher Infektionskrankheiten. Hamburg ist auch hier der richtige Ort, um solche Debatten zu führen. Wir haben unser Bernhard-Nocht-Institut und das UKE, die internationales Know-how anbieten können und dies zum Beispiel während der Ebola-Krise auch praktisch und weltweit in den betroffenen Ländern ganz konkret getan haben. Hamburg steht hier ganz vorn bei der Erforschung von Impf- und Wirkstoffen. Und morgen wird das interdisziplinäre Forschungszentrum CSSB eingeweiht, das sich auf höchstem Niveau mit der Infektionsforschung befassen wird. Also, welchen besseren Ort gibt es hierfür als Hamburg?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es wird eine Reihe konkreter Vereinbarungen oder Vertiefungen von bereits gefassten Vereinbarungen geben, konkrete nationale Aktionspläne, die umgesetzt werden und – darauf hat man sich verständigt – auch extern evaluiert werden sollen. Das ist ein sehr wichtiges Thema: eben nicht nur ein Lippenbekenntnis abzugeben, sondern hinterher darauf zu schauen, was umgesetzt und was dabei herausgekommen ist.

Deutschland hat zum Beispiel das Programm DART 2020 gemacht, aber auch im Vorfeld hat es schon auf verschiedenen Ebenen einige Erfolge

gegeben. Das bezieht sich auf die multiresistenten Keime in Krankenhäusern, wo bereits enorm viel geschehen ist und die Infektionen deutlich gesenkt werden konnten, das bezieht sich in Deutschland konkret auf den deutlich verringerten Antibiotikaeinsatz in der Tierzucht. Aber wir müssen auch hier immer noch viel tun. Wir haben im Ausschuss gelernt, dass Antibiotika immer noch viel zu viel, viel zu lange und oft auch bei falscher Indikation verschrieben werden. 13 Prozent Antibiotika-Verschreibung ist als Marktanteil einfach viel zu hoch, das kann man sich schon leicht denken, wenn man sieht, wie groß der Pharmamarkt ist. Da ist also auch hier noch sehr viel zu tun, und wenn man Erfolg haben will, kann das nur weltweit gemeinsam angegangen werden, weil diese Krankheiten und multiresistente Keime eben nicht durch Grenzen beschränkt sind.

Wir brauchen dazu – das war auch im Ausschuss Thema – die Pharmakonzerne. Dort findet sehr viel Forschung und Entwicklung statt. Vieles an Grundlagenforschung kann von den Ländern betrieben werden, aber wir brauchen auch die Konzerne. Völlig klar ist, dass man nicht naiv daran herangehen kann; Pharmakonzerne sind keine philanthropischen Einrichtungen, sondern sie wollen Gewinn machen. Wir müssen also auch hier Wege finden, wie wir die Kräfte bündeln können, um möglichst schnell Erfolge zu erreichen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich will es nur noch kurz anreißen: Globales Gesundheitsmanagement wird Thema sein und natürlich die schnelle Krisenintervention und die Stärkung der Gesundheitssysteme. Dazu möchte ich nur ein paar Stichworte nennen, die mir in dieser G20-Debatte besonders wichtig sind. Bei all diesen Themen, bei denen versucht wird, konkrete Vereinbarungen zu erreichen, ist immer betont worden: alles auf dem Boden der Vereinbarungen der Vereinten Nationen, alles zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation und alles gemeinsam mit den schwächeren Ländern, als Partnerschaft und nicht als Patronat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Rosenfeldt. – Das Wort erhält Frau Stöver von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine lieben Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn sagen, dass es mich irritiert, dass Teile dieses Hauses sich offensichtlich als Kritiker dieses absolut notwendigen und sinnvollen Austauschs bei G20 gerieren, denn über zentrale Fragen unserer Zeit bedarf es dieses Austauschs, und das gilt selbstverständlich auch für den Gesundheitsbereich, über den wir jetzt noch einmal sprechen wollen.

(Jenspeter Rosenfeldt)

Bundeskanzlerin Merkel selbst hat sich dafür eingesetzt, dass das Thema Gesundheit auf internationaler Ebene dauerhaft zum Schwerpunkt wird, und das aus sehr gutem Grund, denn in einer globalisierten Welt machen Krankheitserreger nicht an Landesgrenzen halt. Dass die Weltgemeinschaft in Wirklichkeit auf eine Pandemie nur suboptimal vorbereitet ist, hat der letzte große Ebola-Ausbruch in Afrika gezeigt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat relativ spät und zu schwerfällig auf Warnungen reagiert. Das sollte sich nicht wiederholen, daran müssen wir arbeiten. Deshalb müssen wir auch im Rahmen von G20 über künftige Zusammenarbeit und ein weltweites Krisenmanagement – es ist schon angesprochen worden – sprechen, um Krankheiten mit aggressiven Erregern künftig besser eindämmen zu können.

Weiter ist auch das Stichwort Antibiotikaresistenzen gefallen, die bei der globalen Ausbreitung eine starke Gefahr darstellen. Hier wird bereits international verstärkt zusammengearbeitet. 2016 schon diskutierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen erstmals über das Problem der multiresistenten Keime und verabschiedete eine Erklärung, in der die Gefahren eindringlich benannt wurden. Zentrale Errungenschaften der Medizin, wie beispielsweise Erfolge in der Transplantationsmedizin oder in der Versorgung von Früh- und Neugeborenen, werden durch zunehmende Antibiotikaresistenzen ernsthaft bedroht. Sie sehen, meine Damen und Herren, eine Zusammenarbeit der Staaten ist hier dringend geboten und notwendig.

Was bedeutet das für Hamburg? Es bedeutet auch, dass wir in Hamburg vor Ort unsere Hausaufgaben machen müssen, wie im Gesundheitsausschuss berichtet. Der Kollege von der SPD hat es eben schon mit aufgenommen: Das BernhardNocht-Institut für Tropenmedizin ist in seiner Forschung im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen weit vorn. Wenn Deutschland tatsächlich als sogenannter Hotspot für globale Gesundheitspolitik gestärkt werden soll, dann haben unsere Hamburger Einrichtungen grundsätzlich die Kompetenz dazu, einen wertvollen Beitrag zu leisten. Diese Kompetenzen sollten angeboten und vermarktet werden. Es muss kommuniziert sein, wie die Kompetenz in Hamburg ist. Das ist Aufgabe des Senats.

In anderen Bereichen sehe ich noch Verbesserungsbedarf. Ich möchte die Impfquoten für Masern in Hamburg ansprechen, die definitiv nicht ausreichend sind, um dem Ziel der Ausrottung der Masern nach WHO-Maßstäben gerecht zu werden. Impfungen sind ein Segen des medizinischen Fortschritts, sie sind die effektivste Präventionsmaßnahme gegen Infektionskrankheiten überhaupt. Die Bemühungen des Senats gegen Impfmüdigkeit kann man nur so betiteln: Sie sind müde und halbherzig. Hier muss deutlich mehr getan werden.

Es gibt einen weiteren Punkt, wo Hamburg noch besser werden kann. Ich erinnere an das mangelnde Krisen- und Kommunikationsmanagement, das der Senat im letzten Winter bei dem Ausbruch der Vogelgrippe an den Tag gelegt hat. Hamburg in Gänze als Beobachtungsgebiet zu erklären, hat bei den Hamburgern für erhebliche Irritation und Verärgerung gesorgt. Der damit verbundene Leinenzwang für Hunde und Katzen im gesamten Stadtgebiet wurde so gut wie nicht befolgt. Ich weiß, dass es wenig andere Möglichkeiten gab. Trotzdem müssen Maßnahmen in Krisensituationen auch durchsetzbar und wirksam sein. Dem Senat ist es in dieser Situation nicht gelungen, mit Augenmaß wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Auch hieran kann künftig verstärkt gearbeitet werden.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere wesentliche Baustelle sehe ich in der Situation der Hamburger Kliniken. Der Personalnotstand, die Arbeitsverdichtung und besonders der Mangel an Pflegefachkräften sind ein ernsthaftes Problem. Der Senat verfügt mit der Beteiligung an den Asklepios Kliniken und der Trägerschaft beim UKE über einen guten Hebel, um dem Personalnotstand entgegenzuwirken. Gesetzliche Personaluntergrenzen, wie sie derzeit auf Bundesebene auf den Weg gebracht wurden, können zwar helfen, sie entbinden den Senat aber nicht davon, vor Ort aktiv zu werden und seiner eigenen Verantwortung gerecht zu werden.

Statt in einer ambivalenten Haltung gegen G20 in Hamburg zu verharren, sollte der Senat lieber realisieren, dass G20 auch mit Verpflichtungen vor der eigenen Haustür verbunden ist. Die Forderungen nach einer besseren internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen bleiben leere Sprechblasen, wenn der Senat es nicht schafft, hier vor Ort seine Hausaufgaben zu machen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Stöver. – Als Nächstes erhält das Wort Frau Blömeke von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Diskussion im Gesundheitsausschuss hat einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig es ist, sich inhaltlich mit den Themen zu beschäftigen und G20 nicht nur auf das zu reduzieren, was im Moment in der Stadt diskutiert wird: die Fragen Ausrichtung, Versammlungsrecht ja oder nein, und was an Verkehrsbehinderungen auf uns zukommt. All das stand nicht im Fokus der Diskussion im Gesundheitsausschuss, und das war auch gut so, weil wir durch die Zusammenkunft der G20 Themen zu be

(Birgit Stöver)

reden haben, die eindringlich global anzugehen sind.

Ich möchte einmal sehr deutlich sagen, dass ich es ausgesprochen positiv finde, dass unter der deutschen G20-Präsidentschaft jetzt das erste Mal in diesem Rahmen über Gesundheit gesprochen wurde. Das ist ein, wie ich finde, wirklich großer Fortschritt für die globale Gesundheit und für die globale Verantwortung, die wir haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Eines ist im Gesundheitsausschuss sehr deutlich geworden: dass die G20-Staaten Widerstand leisten müssen. Widerstand gegen einen Gegner – ich brauche ihn nicht zu gendern, Frau Sudmann, denn dieser Gegner ist geschlechtslos –, der mikroskopisch klein ist, aber dafür zahlreich und weltweit verbreitet. Unsere Gegner weltweit heißen zum Beispiel Pseudomonas oder Acinetobacter. Es sind Bakterienfamilien, in denen die Resistenz gegen Antibiotika inzwischen so weit fortgeschritten ist, dass zunehmend viele Krankheiten, die früher zwar nicht harmlos waren, wo die Erkrankten aber wieder gesund wurden, immer häufiger tödlich enden.

Frau Grunwaldt, Sie waren eine derjenigen, die gesagt haben: Lassen Sie uns doch endlich wieder zu landespolitischen Themen zurückkehren. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man so etwas sagt. Wie schnell ein Thema wie multiresistente Keime zu einem landespolitischen Thema werden kann, konnten wir 2015 in Kiel erfahren, als nämlich die gerade genannten Keime zu 31 Infektionen führten und zwölf Menschen leider verstarben. Spätestens dann wird sehr deutlich: Das Problem, das wir mit multiresistenten Keimen haben, ist menschengemacht und fordert auf allen Ebenen unsere Aufmerksamkeit, und zwar lokal und global.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Erstmals haben sich in diesem Jahr die G20 Gesundheitsminister und -ministerinnen in Berlin getroffen. Dazu muss man sagen, dass die Bereitschaft, sich mit Gesundheitsfragen zu beschäftigen, anfangs wirklich nicht hoch und nicht bei allen Staaten sehr ausgeprägt war. Aber die Resonanz nach dem Treffen war dafür umso positiver. Es wurde ein gemeinsames Verständnis dafür erreicht, dass Gesundheitspolitik ein Teil der internationalen Verantwortung ist. Die Themen, mit denen man sich beschäftigt hat und auch bei G20 beschäftigen wird, sind Gesundheitssystemstärkung, Bedrohung durch übertragbare Krankheiten und eben die Antibiotikaresistenzen.

Ich will betonen, dass es zwar auf der einen Seite um das Lokale geht, aber es geht auch um unsere allgemeine globale Verantwortung. Ich will dafür als Beispiel einmal Indien erwähnen. Vor einiger Zeit ging durch die Presse, dass dort bei der Herstellung Mengen von Antibiotika einfach in die Um

welt entsorgt werden, was auf jeden Fall dazu beiträgt, dass multiresistente Keime regelrecht angezüchtet werden. Wir alle profitieren von den Antibiotika und haben genauso eine Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass die Herstellung nicht die Länder, in denen sie hergestellt werden, belastet und vor allen Dingen nicht global zu einer Erhöhung der multiresistenten Keime führt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es soll zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenzen ein Forschungsfonds eingerichtet werden, um entlang der gefährlichsten Erreger die Forschung voranzutreiben. Ich denke, das ist ein großer Erfolg. Es ist ebenso ein großer Erfolg, dass trotz der Widerstände auch der Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung Eingang in die gemeinsame Erklärung gefunden hat. Dazu haben auch die Landwirtschaftsminister beigetragen, die sich im Vorfeld getroffen und entscheidende Arbeit geleistet haben.

Die Staaten der G20, ob man die Gruppe nun legitim findet oder nicht, haben Verantwortung, globale Probleme wie die Verbreitung von gefährlichen Krankheitserregern anzugehen. Darüber müssen sie sprechen und dafür müssen sie gemeinsame Maßnahmen entwickeln. Deswegen ist an das Gipfeltreffen zu Recht eine hohe Erwartung geknüpft. Ich möchte noch einmal an die LINKEN gerichtet sagen: Liebe Kollegen der LINKEN! Sie scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, G20 zu kritisieren, wo Sie können, aber ich denke, dass Sie in diesem Fall eindeutig Farbe bekennen müssen. Sie können nicht ernsthaft dagegen sein, dass sich Staats- und Regierungschefs dieser G20-Länder hinsetzen und sich mit den drängendsten gemeinsamen Gesundheitsproblemen dieser Welt beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

An dieser Stelle fordere ich Sie abschließend auf, sich mit den Inhalten des Gipfels einmal ernsthaft auseinanderzusetzen. Geben Sie diesen Inhalten eine Chance und verteufeln Sie G20 nicht permanent im Vorwege.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Blömeke. – Es erhält das Wort Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die globale Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen und das Management globaler Gesundheitsrisiken waren Themen im Ausschuss. Eine Erkenntnis setzt sich immer mehr durch: Wenn es um globalen Gesundheitsschutz geht, funktioniert Kapitalismus nicht. Das wurde auch im Ausschuss deutlich. Diese Er

(Christiane Blömeke)

kenntnis haben wir schon lange und sind hoffnungsvoll, dass sie sich langsam durchsetzt.

Ich will es an einem Beispiel klarmachen. Wenn es um die Entwicklung sogenannter Reserveantibiotika geht, die eingesetzt werden, wenn kein anderes Antibiotikum mehr hilft, ist die Produktion für die Pharmaunternehmen unattraktiv, denn ein Arzneimittel, das dafür entwickelt wird, die meiste Zeit im Schrank aufbewahrt zu werden, und eben nicht massenhaft verkauft werden kann, ist nicht gut für das Geschäft – aber es ist dringend notwendig für den Schutz der Bevölkerung. Statt nun aber selbst globale Daseinsvorsorge zu betreiben und Forschung und Entwicklung durch die öffentliche Hand voranzutreiben, wird angefangen, herumzufummeln. So sollen zum Beispiel Unternehmen wegen der Vermeidung des Verkaufsgeschäfts kompensiert werden, damit sie am Ende das tun, was im Grunde gar nicht in ihrem Interesse liegt.

Aber auch bei der Produktion von Antibiotika zeigt sich, dass es hier mit dem Markt nicht funktioniert. Gängige Antibiotika werden nicht in Deutschland oder in der EU produziert, sondern in Indien, weil dort die Produktionskosten günstiger sind. In Indien – dazu gab es einen guten ARD-Bericht – gelangen zum Teil ungeklärte Abwässer voller Antibiotikarückstände in die Umwelt. Das kann man sich als eine Art Bootcamp für Bakterien und Resistenzen vorstellen. Das ist für die Menschen vor Ort enorm gefährlich, aber es ist auch für uns gefährlich, weil diese hochresistenten Erreger durch Reise- und Warenverkehre auch nach Europa transportiert werden. Die Gewinnaussichten der produzierenden Unternehmen sind allerdings nicht gefährdet; der Bericht und der Bericht des Vertreters der Bundesregierung im Gesundheitsausschuss waren ein Zeugnis der eigenen Machtlosigkeit, was die gefährlichen Produktionsbedingungen von Antibiotika angeht.

(Sylvia Wowretzko SPD: Aber das stimmt doch gar nicht!)