Protokoll der Sitzung vom 28.06.2017

(Dennis Thering CDU: Weil Sie offensichtlich vergessen haben, wie die Situation damals war! – André Trepoll CDU: Wir dürfen ja wohl noch Anträge stellen!)

sie trägt auf jeden Fall nicht zur Lösung der heutigen Probleme bei.

Die Ankündigung des Verkaufs hat viele Menschen in dieser Stadt erschreckt, und deswegen war es wichtig, sofort für klare Verhältnisse zu sorgen. Das haben wir getan.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte gern allen Bewohnerinnen und Bewohnern von PFLEGEN & WOHNEN sowie ihren Angehörigen Mut zusprechen. Pflegebedürftigkeit allein bereitet oft den Betroffenen und ihren Familien schon viele Sorgen, sich dazu noch um den Erhalt der Einrichtung sorgen zu müssen, wäre eine Verschärfung. Das brauchen die Menschen nicht, solange es einen rot-grünen Senat gibt, der das in die Hand nimmt, was jetzt zu tun ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei dem Unternehmen PFLEGEN & WOHNEN bedanken: bei den Eigentümern, bei den Mitarbeitern, in gewisser Weise auch bei den Bewohnern. Sie machen da einen tollen Job. Ich war neulich im PFLEGEN & WOHNEN HUSARENDENKMAL. Da wird eine sehr gute Arbeit geleistet, und es gibt keinen Grund, das irgendwie infrage zu stellen. Herzlichen

Dank dafür. Seit zehn Jahren wird dort gute Arbeit geleistet. Das sollten wir zunächst einmal sagen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Und ansonsten: Wenn ich die Äußerungen von Herrn Celik höre – bei anderen ist es etwas abgeschwächt –, ist es ein wenig der träge Wind der Staatswirtschaft, den wir hören. Gerade im Bereich Pflegen und Wohnen wird besonders deutlich, dass das völlig verfehlt ist. Pflegeheime müssen nicht vom Staat betrieben werden, es ist sogar nachteilig, wenn sie vom Staat betrieben werden. PFLEGEN & WOHNEN ist ein wunderbares Beispiel. Schauen Sie sich die Zahlen an. Frau Stöver, wir werden Ihrem Antrag nachher zustimmen, aber eigentlich braucht man das gar nicht; die Zahlen sind bekannt, Drucksache 18/2075.

(Birgit Stöver CDU: Offenbar ja bei der SPD und bei den GRÜNEN nicht!)

Ja, die lesen nicht weit zurück. Ich trage es jetzt einfach einmal vor, dann wissen sie es auch.

Schauen Sie sich die Zahlen an, was die Anstalt PFLEGEN & WOHNEN in wenigen Jahren ab 1997 gemacht hat. Es gab seit Anstaltsgründung 100 Millionen Euro kumulierte Verluste bei laufendem Betrieb von Pflegeheimen. Bei der Landeshauptkasse gab es Ende 2003 Schulden in Höhe von 68 Millionen Euro, auf Kosten des Steuerzahlers. Das Eigenkapital betrug bei der Gründung 153 Millionen Euro, Ende 2003 waren es minus 127 Millionen Euro. Anders ausgedrückt: In nur sechs Jahren haben Sie 280 Millionen Euro verbrannt. Das schaffen Sozialdemokraten, und die LINKEN würde es sicherlich noch toppen. Das ist genau der Weg, den wir nicht wollen.

(Beifall bei der FDP)

Wie ich gerade schon sagte, macht der jetzige private Betreiber bei PFLEGEN & WOHNEN einen tollen Job. Die Menschen fühlen sich dort wohl. Wir sind zu Dank verpflichtet und nicht dazu, das irgendwie infrage zu stellen. Private Betreiber machen auch Pflegeheime besser als der Staat, dabei ist und bleibt es.

(Sylvia Wowretzko SPD: Aber was ist mit dem Weiterverkauf?)

PFLEGEN & WOHNEN ist ein sehr gutes Beispiel.

Ein weiteres Argument: Es ist sehr sinnvoll, die Aufsicht und die Eigentümerschaft zu trennen. Wenn der Staat selbst Pflegeheime betreibt, führt er über sein eigenes Eigentum die Aufsicht. Da liegt es doch nur nahe, dass man dort nicht so genau hinschaut. Es ist viel besser, wenn ein Privater das betreibt und der Staat die Aufsicht führt – möglicherweise besser als bisher.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

(Christiane Blömeke)

Das ist ein weiterer Grund dafür, Pflegeheime privat zu betreiben. Deshalb gilt der alte Grundsatz. Mir hat noch nie jemand erklären können, warum Waschen nur von einem Beamten durchgeführt werden kann. Das können auch private Angestellte.

Der wichtigste Punkt der Diskussion ist etwas völlig anderes. Diese Diskussion über PFLEGEN & WOHNEN und die Privatisierung lenkt davon ab, dass die wirklichen Probleme im Pflegebereich ganz woanders sind. Wir haben eine stark steigende Zahl von Pflegebedürftigen. Darauf gibt es hier bisher keine Antwort. Wir haben eine wuchernde Bürokratie. Die Mitarbeiter in Pflegeheimen verbringen die Hälfte ihrer Zeit nicht mit der Pflege, sondern mit dem Ausfüllen von Listen oder dem Häkchensetzen. Da muss dringend eingegriffen werden.

Ich beklage ebenfalls eine große Misstrauenskultur. Zunehmend wird den Mitarbeitern in Krankenhäusern, aber eben auch in Pflegeheimen, mit Misstrauen gegenübergestanden, sowohl von der öffentlichen Aufsicht als auch von manchen Medien. Damit muss Schluss sein. Ein wichtiger Grund, dass es dort zu wenig Mitarbeiter gibt, ist, dass sich die Menschen nicht ständig erzählen lassen wollen, wie schlecht sie sind. Im Gegenteil: Sie machen fast alle gute Arbeit. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos und Andrea Oelschlä- ger AfD)

Sie merken bei diesen Ausführungen, dass das durchaus ein komplexes Thema ist. Deshalb haben wir die Überweisung aller vorliegenden Drucksachen an den Gesundheitsausschuss beantragt. Sollte es doch noch zur Abstimmung kommen – ich glaube, Sie wollen nicht überweisen –, will ich kurz sagen, wie wir abstimmen werden.

DIE LINKE wird überrascht sein: Einigen Ihrer Punkte werden wir zustimmen. Den Punkten 1, 2 und 3 werden wir zustimmen, dem Berichtspetitum natürlich auch. Die Punkte 4 und 5, das werden Sie verstehen, lehnen wir ab; wir sind gegen den Rückkauf, den wir grundsätzlich für verkehrt halten. Dem CDU-Antrag stimmen wir zu. Und – Frau Wowretzko, vielleicht wird es Sie freuen – Ihrem Antrag werden wir zustimmen, dem ersten Punkt ein bisschen mit Bauchschmerzen, bei allen anderen stimmen wir gern zu. Machen Sie aus dem konkreten Fall etwas. Aber viel wichtiger: Machen Sie endlich etwas Vernünftiges für die Pflege, für die Menschen, die dort arbeiten, und die Menschen, die dort wohnen, und führen Sie keine ideologischen Diskussionen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Joachim Körner AfD)

Nun bekommt Herr Dr. Körner von der AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ausreichend und qualitativ hochwertige Pflegeplätze sind für unsere Gesellschaft wichtig. Deshalb unterstützt unsere Fraktion die Punkte 1 bis 3 und 6 des Antrages 21/9451. Es geht darum, wie Pflegeplätze langfristig erhalten bleiben können, auch für die Menschen mit niedrigem Einkommen, und dass gute Arbeitsbedingungen gesichert sind. Es soll geprüft werden, welche Maßnahmen dazu beitragen können. Das findet unsere Unterstützung. Vom Vorkaufsrecht für Grundstücke von PFLEGEN & WOHNEN Gebrauch zu machen kann sinnvoll sein oder nicht, das gilt es im Einzelfall zu prüfen und abzuwägen. Eine generelle Verpflichtung, vom Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, möchten wir dem Senat nicht auferlegen. Das gilt auch für den letzten Punkt.

Kommen wir zum Antrag der Koalition. Hier werden die Situationen und die Optionen etwas deutlicher dargestellt. Dem Antrag können wir im Wesentlichen zustimmen. Dass auf den Grundstücken ausschließlich Alten- und Pflegeeinrichtungen betrieben werden dürfen, halten wir für etwas zu weitgehend. Warum soll auf einer freien Fläche zum Beispiel keine Kita betrieben werden, wenn es sinnvoll ist und sie nicht anders benötigt wird?

Dem Antrag der CDU können wir zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nun bekommt Frau Senatorin Prüfer-Storcks das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt ein paar Mal die Aufforderung gehört, keine ideologischen Diskussionen zu führen, und dann kam genau das, eine ideologische Diskussion

(Dennis Thering CDU: Von Ihrer Fraktion!)

über die Frage: Wer pflegt besser, privat oder Staat? Ich möchte das nicht fortsetzen, sondern ich finde, wir sollten uns um die Sorgen und die Bedürfnisse der Menschen kümmern, die gepflegt werden, und um die Menschen, die sie pflegen. Auch ich finde, dass PFLEGEN & WOHNEN und ihre Beschäftigten gute Arbeit machen, aber ich möchte, dass das auch so bleibt, und zwar genau an der Stelle, wo es heute passiert. Darum kümmern wir uns als Senat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb sind wir besorgt über die Meldung, dass gerade nach Ablauf der Zehnjahresfrist PFLEGEN & WOHNEN weiterverkauft werden soll, und

(Dr. Wieland Schinnenburg)

zwar an einen Hedgefonds, der keine Erfahrung im Pflegebereich hat und der schon angekündigt hat, dass das nur ein temporäres Engagement ist. Ich finde, es kann uns nicht egal sein, ob PFLEGEN & WOHNEN verkauft wird, an wen und wie oft. Deshalb muss man sich darum kümmern, dass die Standorte gesichert werden und diese Grundstücke nicht zum Gegenstand von Spekulationen werden und pflegebedürftige Menschen umziehen müssen. Denn die Menschen leben dort nicht in einem Hotel und sie sind auch nicht in einem Krankenhaus; das ist ihr Zuhause, in vielen Fällen vermutlich ihr letztes Zuhause. Deshalb sollen diese Menschen keiner Veränderung ausgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

PFLEGEN & WOHNEN ist der größte Anbieter von Altenpflege in Hamburg. 2 700 Pflegeplätze, 1 700 Beschäftigte, das macht die Bedeutung deutlich.

Die Anträge, die uns heute vorliegen, sind aus meiner Sicht sehr rückwärtsgewandt. DIE LINKE beschäftigt sich mit Rückkaufsplänen, die Union bewegt noch einmal die Frage von gestern, ob der Verkauf richtig war. Die einen wollen den Verkauf ungeschehen machen, die anderen ihn rechtfertigen, mit Unterstützung des Senats nach Möglichkeit. Darum geht es aber doch nicht. Es geht um die Frage: Wie werden die Standorte der Pflege gesichert und wie sichern wir, dass dort gute Pflege stattfindet, und zwar auch in Zukunft? Darum kümmern wir uns.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe, unmittelbar nachdem mir der Verkauf gerüchteweise zu Ohren kam, mit den jetzigen Betreibern den Kontakt gesucht und sehr deutlich gemacht, dass der Senat sehr daran interessiert ist, dass wir Kontinuität in der Pflege haben, dass hier ein Betreiber ist, der Erfahrung hat in der Pflege, der das dauerhaft machen will, und dass nicht das Vertrauen der dort lebenden Menschen und der Beschäftigten verspielt wird in diesem Verkaufsprozess.

Wir haben natürlich auch unsere eigenen Handlungsmöglichkeiten als Senat überprüft. Die Stadt kann den Verkauf nicht verhindern und sie hat auch kein Vorkaufsrecht, das geben die vertraglichen Bedingungen nicht her. Rückkauf ist auch deshalb keine Option, weil wir keinen Bieterwettbewerb anheizen wollen, um dann noch den Preis dieser Einrichtungen hochzutreiben.

Herr Celik, Sie malen den Fall eines Regierungswechsels an die Wand, den ich naturgemäß nicht sehe. Aber selbst wenn ich mich mit dem Gedanken befasse, so wäre auch bei einem Rückkauf nicht garantiert, dass das nicht wieder rückgängig gemacht wird. Das haben wir schon erlebt in der Stadt. Deshalb ist aus meiner Sicht die Sicherung

der Grundstücke das, was der Senat tun kann und was der Senat auch getan hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben für sechs Grundstücke die Zuständigkeit an uns gezogen und werden in Kürze dort Veränderungssperren beschließen. Danach kann auf diesen Grundstücken nur noch Gemeinbedarf der Altenpflege zugrunde gelegt und nur Altenpflege betrieben werden. Bei weiteren sieben Grundstücken war das nicht notwendig, weil das Baurecht es dort schon vorsah. Dazu zählt übrigens das Grundstück, für das Herr Burkart, der jetzige Besitzer, so schöne Pläne für weitere Nutzungen entwickelt hat. Diese Fläche in Wilhelmsburg, die noch Platz hätte für andere Einrichtungen, ist bereits seit 1964 mit dem Gemeinbedarf Altenpflege belegt.