Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Herr Schmidt kann wenigstens deutlich und klar ins Mikro sprechen. Ja.

Es ist aber schon klar, dass wir über einen Prozess reden, der uns die nächsten 20 Jahre begleiten wird, so, wie es auch in der Vorstellung der Bebauung genannt wurde. Deswegen ist es doch etwas verwunderlich, wenn man bereits am Anfang einer 20-jährigen Reise konkret sagen soll, wo welche Buslinie und welche Wohnung am Ende gebaut werden. Was ist denn das für eine Vorstellung von einem Planungsprozess?

(Beifall bei der SPD)

Herr Schmidt, ich habe nur zitiert, was Ihr Senat auf meine Fragen geantwortet hat. Er hat geantwortet, hinsichtlich des Straßenverkehrs gebe es noch nicht einmal Überlegungen. Überlegungen sind doch der Ausgangspunkt. Sonst ist es so wie bei Christoph Kolumbus – nun bringe ich wieder einmal einen alten Witz, Sie mögen ja auch gern alte Scherze –, dem ersten Sozialdemokraten, der nicht wusste, wohin er fuhr, nicht wusste, wo er ankam, und das alles mit geliehenem Geld. Das scheint ungefähr das zu sein, was Sie im Einzelnen vorhaben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- dreas Dressel SPD: Gibt es uns schon so lange?)

Das ist natürlich alles schwierig. So viel zu gackern und solch eine Show abzuziehen, ohne dass auch nur ein Hauch Substanz vorhanden wäre, nähert sich schon dem Rand der Peinlichkeit. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Duge das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich auf das, was Herr Hamann uns eben vorgetragen hat, in dem einen oder anderen Punkt eingehen werde, möchte ich vorweg zum Ausdruck bringen, dass wir GRÜNE fast einen Freudensprung gemacht haben,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Es gibt Leute, die sich darüber freuen!)

als wir hörten, dass wir den Kleinen Grasbrook nun doch früher als gedacht in die Planung hineinnehmen können. Es geht also zunächst einmal um die Planung. 2005 haben wir mit der Drucksache 18/ 1555 im Rahmen der IBA bereits einen Punkt eingebracht, nämlich den Kleinen Grasbrook schrittweise aus dem Hafenentwicklungsgebiet zu entlassen und die Flächen für neue innerstädtische Nutzung zu entwickeln.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über- nimmt den Vorsitz.)

Hierzu gab es mehrere Versuche, 2009 übrigens auch den Versuch, dort mit der Universität ein gemischtes Gebiet zu entwickeln. Das ist damals nicht gelungen. Dann gab es den Versuch, dort Olympia zu entwickeln, von dessen Planungen wir heute profitieren, und nun ist es endlich sicher, dass uns der Sprung auf die Südseite gelingen wird. Das ist ein Quantensprung in der Stadtentwicklungspolitik, und diese Dimension muss man auch einmal würdigen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir verfolgen damit weiterhin die Strategie der Innenentwicklung. Diese Innenentwicklung sieht im neuen Stadtteil Grasbrook nicht nur Wohnungen vor, sondern auch Arbeitsplätze, Kita-Plätze, Schulen und Grünbereiche. All das befindet sich natürlich noch im Planungsstadium. Wir werden eine oberirdische U-Bahn-Trasse freihalten, die in Richtung Reiherstieg entwickelt werden kann. Auch das ist eine Option für die Zukunft, und Zukunft heißt, dass wir im nächsten Jahrzehnt, also in den Zwanzigerjahren, die Planungen mit allem, was dazugehört, konkretisieren werden.

Dann möchte ich auf das eingehen, was mein Vorredner gesagt hat, und auch auf das, was in Frau

Sudmanns Schriftlichen Kleinen Anfragen steht, die mich bei Ihren Kenntnissen, Frau Sudmann, die Sie über das Planungsrecht haben müssten, etwas schockiert haben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was meinst du jetzt?)

Am Anfang einer Planung kann man doch noch nicht sagen, was in puncto Lärm, Luft, Verkehrsverbindungen und allen anderen Dingen geschieht.

(André Trepoll CDU: Aber die Zahl der Ar- beitsplätze können Sie jetzt schon sagen!)

Man wird ungefähre Schätzungen abgeben können. Im Augenblick kennt man nur die vorgelegten Pläne. Aber Sie wissen doch genau, dass wir jetzt anfangen, diese weiteren Planungen vorzunehmen, und keiner von Ihnen wird uns unterstellen, dass wir nicht die Richtlinien des Baugesetzbuches und der Bundesemissionsschutzgesetze einhalten werden. Wir werden die baulichen Einrichtungen entsprechend darauf ausrichten. Wir haben heute die technischen Mittel, um passiv zu schützen, aber wir werden auch aktiv etwas dafür tun, dass sich die Luftreinhaltung im Hafen verbessert und sich der Lärm verringert. All das wird zum Vorteil der Stadt sein und die Lebensqualität verbessern. Auch die Verkehrswege werden wir im Weiteren planen, wenn wir Genaueres wissen. Und natürlich wird eine intensive Beteiligung stattfinden. Es werden vermutlich mehrstufige Wettbewerbsverfahren stattfinden. All das muss natürlich durchgeführt werden. Ich gehe davon aus, dass es hierzu eine Stadtwerkstatt geben wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden bei der Planung dieses Stadtgebietes mittels Information, Dialog und Beteiligung einbezogen,

(Ralf Niedmers CDU: Auch die Hafenbetrie- be!)

so, wie wir das in der letzten Zeit auch schon in anderen Quartieren gemacht haben.

Das ist für uns nicht neu, sondern wir werden das weiterentwickeln, aber offensichtlich haben Sie das noch gar nicht registriert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mit diesem Schritt haben wir etwas erreicht, das man noch weiterentwickeln kann. Aber dieser erste Schritt ist der entscheidende Schritt, und es werden die ersten Wohnungen sein, von denen man von der Südseite aus auf die Elbe blicken kann. Ich finde das toll.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Als nächste Rednerin erhält Heike Sudmann von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Jörg Hamann)

Wir führen heute eine etwas schräge Debatte. In einem Punkt sind sich alle einig beim Kleinen Grasbrook, nämlich dass wir am Anfang der Planung stehen. Das Witzige ist nur, dass die Regierungsfraktionen daraus jetzt alle möglichen Lorbeeren ziehen und sagen, sie bauten genau 3 000 Wohnungen, sie sorgten für gute Arbeitsplätze, alle Probleme seien gelöst. Wenn die Opposition aber doch auf einige Probleme hinweist, sagen sie, das sei böse, bloß keine Kritik. Also, Sie müssen sich schon entscheiden. Wenn Sie meinen, sehr laut gackern zu müssen, bevor das Ei gelegt ist, dann müssen Sie auch Fragen ertragen.

(Beifall bei der LINKEN und bei André Tre- poll CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Du musst immer nur meckern!)

Der Start war ja schon sehr interessant. Es gab eine Verkündungspolitik à la Olaf Scholz. Herr Scholz verkündete völlig überraschend am Tag, bevor die Entscheidung des IOC für Olympia 2024 fallen sollte, Wohnungsbau am Kleinen Grasbrook zu machen. Wow, nichts ist vorher durchgesickert, die Kungelei hat mit der Hafenwirtschaft stattgefunden, Beteiligung gab es gar nicht. Es stellt sich jetzt die Frage – und da hoffe ich doch sehr auf die Rot-Grünen, die hier gerade Beteiligung gelobt haben –, ob es eine echte Beteiligung geben wird oder ob es eine sein wird, bei der Sie schöne bunte Bilder zeigen und abnicken lassen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Bist du jetzt da- gegen? – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Findest du das gut?)

Lieber Herr Dr. Dressel, als die Olympiaplanung vorgestellt wurde, haben Sie selbst sehr viele Probleme in Ihren Papieren aufgeschrieben. Sie haben damals zum Beispiel gesagt, es werde eine hohe Lärmbelastung aufgrund der Elbbrücken geben. Sie haben gesagt, es werde eine hohe Verseuchung der Böden und sehr hohe Kosten geben. Und Bürgermeister Scholz hat gesagt, man könne diesen Stadtteil aufgrund der hohen Kosten nur entwickeln und finanzieren, wenn 2024 die Olympischen Spiele in Hamburg stattfinden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das bezog sich doch auf die gesamte Fläche!)

Die Sozialdemokraten meinen darauf hinweisen zu müssen, dass sich das auf die gesamte Fläche bezog. In der Senatsantwort auf die Frage nach der Höhe der Kosten in meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage heißt es, bezogen auf die gesamte Fläche. Man wisse nicht, wie hoch die Kosten für die jetzige Fläche sein werden, ob ein Drittel, zwei Drittel oder sogar die gesamte Summe bei der großen Fläche aufgewendet werden müsse.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt ist es die kleine- re Fläche!)

Sie wissen es nicht, sagen aber, es könne finanziert werden. Deswegen ist die Kritik von Herrn Hamann richtig, und auch meine Kritik ist richtig. Sie wissen nicht, wie es zu finanzieren ist, und deswegen werden wir auch noch über die Grundstücksverkäufe reden müssen. Wenn Sie jetzt, wie bei der westlichen HafenCity, nicht sagen, Sie wollten möglichst hohe Grundstückspreise erzielen, dann werden die zwei Drittel Wohnungsbau, die nicht gefördert sind, sehr teuer werden.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Tjarks?

Frau Sudmann, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Mich interessiert die grundsätzliche Haltung der LINKEN zum Thema Grasbrook. Finden Sie es gut oder schlecht, dass wir jetzt die Grundsatzentscheidung gefällt haben, dass die Stadt über die Elbe springen und auf dem Grasbrook wachsen soll?

Ich habe noch zweieinhalb Minuten, um darauf zu sprechen zu kommen, aber ich werde dem nicht vorgreifen. DIE LINKE findet es gut, Flächen in dieser Stadt zu entwickeln. Wir haben bei der Olympiaplanung gesagt – da gab es noch keine Absprachen mit der Hafenwirtschaft, auch keine Kungeleien,

(Markus Schreiber SPD: Was heißt das denn?)

im Gegenteil –, dass Sie nicht einfach ein Gebiet dafür vorsehen können, das vom Hafen genutzt wird, ohne Alternativen zu haben. Wenn wir jetzt wissen würden – wir wissen es ja nicht, weil es nur gekungelt war –, dass die Hafenentwicklung gesichert ist und es einen neuen Hafenentwicklungsplan gibt, der dafür Sorge trägt, dass die Hafenbetriebe weiterhin existieren können, dann kann ich sagen, super. Wie Sie wissen, sagt die LINKE ansonsten immer, dass wir Flächen sparen müssen, dass wir recycelte Flächen nutzen müssen. Mein Problem ist, wie Sie dabei planen.

Sie haben mir eben erzählt, wie fortschrittlich Sie beim Thema wachsende Stadt sind, dass Sie alles Mögliche berücksichtigen. Trotzdem schaffen Sie es, in Ihrer Planung, die in dem Punkt fest zu sein scheint, keinen U-Bahn-Anschluss vorzusehen. Sie wissen sehr genau, dass ein U-Bahn-Anschluss sehr schwer durchzusetzen ist, wenn Sie erst einmal die Bewohnerinnen und Bewohner daran gewöhnt haben, keinen zu haben. Es gibt zwar die Station Elbbrücken, aber bei der Olympiaplanung

ging es darum, direkt auf das Gebiet zu kommen. Und jetzt erzählen Sie uns, Sie seien supermodern. Das passt irgendwie nicht zusammen. Wenn dieser Stadtteil gut entwickelt werden soll, dann brauchen wir einen Stadtteil mit allen Angeboten. Ich sage es noch einmal: Ihr Drittelmix wird dafür nicht reichen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Bist du nun dafür oder dagegen?)

Herr Dr. Tjarks, vielleicht bin ich heute etwas unverständlich für Sie oder Sie haben sich gerade aufgeregt, weil ich Sachen kritisiere.