Protokoll der Sitzung vom 11.04.2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sie alle sind bereits informiert, wenngleich ich glaube, dass der hohe Lärmpegel, der geherrscht hat, den Informationsfluss insgesamt vielleicht ein bisschen gemindert hat; aber den Sachverhalt kennen Sie alle. Eigentlich ist es peinlich, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden muss.

(Farid Müller GRÜNE: Er muss ja nicht ge- stellt werden!)

Der Sachverhalt, dass bei einer öffentlichen Veranstaltung der Kulturbehörde weder der Veranstalter der Kulturbehörde noch der Hauptredner aus dem Wissenschaftsbereich, Herr Zimmerer, noch einer, der es eigentlich wissen müsste, wie Herr Hackbusch aus der Bürgerschaft, darauf hingewiesen hat, dass man nicht einfach jemanden willkürlich ausschließen kann, weil einem die Meinung möglicherweise nicht passen wird, denn die kannte man ja noch gar nicht, ist eine solche Ungeheuerlichkeit, dass wir es eben leider doch hier heute tun müssen. Ich dachte eigentlich, das wäre komplett überflüssig. Ich lese Ihnen einmal den entscheidenden Teil des Petitums vor, nämlich:

"Der Senat wird aufgefordert, zukünftig sicherzustellen, dass Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft …"

also allen Abgeordneten –

"… ein ungehinderter Zugang und eine ungehinderte Teilnahme an Veranstaltungen möglich ist, die von öffentlichen Stellen und Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg ausgerichtet oder mit ausgerichtet werden, in den Räumlichkeiten der Freien und Hansestadt Hamburg stattfinden oder die ganz oder teilweise mit öffentlichen Geldern finanziert werden."

Also wenn Sie hier jetzt nicht zustimmen, dann möchte ich gern einmal wissen, welcher Meinung Sie in solchen Fragen überhaupt sein können.

(Beifall bei der AfD – Lachen im Plenum)

Herr Steinbiß hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, der Applaus kam dann doch noch irgendwann. Es ist mal wieder so ein typischer AfD-Antrag, diesmal sehr weinerlich.

(Dirk Nockemann AfD: Weinerlich?)

Wer sonst so gern austeilt, wie Sie es heute auch mal wieder gemacht haben, und sich dann wundert, wenn bei so einem runden Tisch plötzlich Leute sagen, na ja, deren Meinung, die, glaube ich, kennen wir schon … Ich finde es nicht gut in der Sache. Sie sind aber gar nicht ausgeschlossen

(Präsidentin Carola Veit)

worden. Das ergibt sich sogar aus Ihrem Antrag, in dem steht, Sie, Herr Wolf, hätten freiwillig den Saal verlassen. Sie sind dafür nachher auch noch gelobt worden,

(Dirk Nockemann AfD: Ach Gott, man wird gelobt, wenn man rausgeworfen wird!)

dass es dort nicht eskaliert ist, so wie Sie ja gern versuchen, immer alles eskalieren zu lassen. Das wird Ihnen auch hier nicht gelingen. Ihren Antrag, ja … Wollen wir alle zu sämtlichen Veranstaltungen, die in der Stadt stattfinden, eingeladen werden? Das ist gar nicht möglich, dort alles bereitzuhalten.

(Dirk Nockemann AfD: Wie bitte?)

Wir, auch Sie, können weiterhin grundsätzlich zu solchen Veranstaltungen gehen,

(Dirk Nockemann AfD: Anscheinend nicht!)

auch das wurde übrigens auf der Sitzung nachträglich noch diskutiert. Es waren auch Leute von der AfD da, die sich in typischer Weise wohl zu Wort gemeldet haben. So kennen wir es. Also wir lehnen den Antrag ab, so wie es sich gehört. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Wersich für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ohne Zweifel war die Bitte der Kulturbehörde an den AfD-Abgeordneten, die Veranstaltung zu verlassen, nicht in Ordnung. Eine Ausgrenzung diskreditiert das Anliegen der Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte und die Teilnehmer, die letztendlich lautstark den Ausschluss gefördert haben, haben der Sache damit einen Bärendienst erwiesen. Egal, wie man zur AfD steht, so werden unnötig Märtyrer geschaffen. Das spielt im Endeffekt der AfD in die Hände.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Ole Thorben Buschhüter SPD und Farid Müller GRÜNE)

Nein, ich finde, gerade die Auseinandersetzung zu kritischen historischen Fragen erfordert einen demokratischen Diskurs, erfordert intellektuelle Auseinandersetzung, Austausch von Meinungen und Standpunkten. Sonst bleibt die gewünschte Aufarbeitung bestenfalls an der Oberfläche von Interessengruppen oder, schlimmer, sie verkommt zu einem Tribunal. Also der Ausschluss war nicht okay. Ich fände es gut und richtig, wenn auch der Senat hier eine Klarstellung für die Kulturbehörde vornimmt.

Anders sieht es mit den Forderungen der AfD im vorliegenden Antrag aus. Es gibt keinen Anlass, hier als Parlament Beschlüsse zu fassen, die vor

schreiben, wer wen zu Veranstaltungen einlädt, die Vorgaben für den Ablauf von Veranstaltungen bei Anmietung öffentlicher Räume machen oder, noch schlimmer, die öffentliche Gelder an die Frage koppeln, wie eine Veranstaltung ablaufen solle. Das alles wäre wiederum staatlicher Übergriff auf die freiheitlich plurale Gesellschaft und deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN und der FDP)

Herr Gögge bekommt das Wort für die GRÜNE Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestern habe ich eine Pressemitteilung der AfD gelesen; in der will sie – ich zitiere –:

"… verhindern, dass derartige undemokratische Ausschlüsse von AfD-Abgeordneten von öffentlichen Veranstaltungen zukünftig unterbleiben."

Diesen Fauxpas könnte man für amüsant halten, wenn er nicht stellvertretend stünde für die Haltung, die diese Fraktion zur parlamentarischen Arbeit hat. Klar ist aber auch: Am 23. März haben die AfD und Dr. Alexander Wolf genau das bekommen, was Sie immer suchen, nämlich die Opferrolle. Es ist ganz klar eine Binsenweisheit, dass Demokratie von Meinungsaustausch und Meinungskampf und von der freien Äußerung lebt, und ja, wir müssen in unserer Gesellschaft derzeit viele Äußerungen ertragen, denen sich viele gern entziehen würden, und das ist auch völlig in Ordnung. Gleichzeitig ist die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit unserer Stadt ein sehr sensibles und sehr wichtiges Thema. Hier sind die Communitys der People of Color eingeladen, ein Konzept der Aufarbeitung mitzugestalten. Mal ganz im Ernst: Was erwarten wir eigentlich, wenn dort jemand auftaucht, der einer ultranationalen Burschenschaft angehört

(Dr. Jörn Kruse AfD: Das ist doch schlichter Unsinn, was Sie da erzählen!)

und der auch in seiner Vergangenheit für die Publikation von Naziliedern verantwortlich war?

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich persönlich sage Ihnen ehrlich, ich hätte mir natürlich eine Entlarvung von Herrn Dr. Wolf in der Diskussion gewünscht, muss aber auch sagen, man stellt ja gar kein Interesse der AfD an einer kritischen Auseinandersetzung mit den dunklen Kapiteln deutscher Vergangenheit fest. Daher kann ich die Sensibilität der Communitys und Nachkommen kolonialer Opfer hier sehr gut verstehen.

(Olaf Steinbiß)

Halten wir fest: Wir geben der AfD ihre gewünschte Opferrolle nicht, wir beschließen keine irrsinnigen Anträge. Und eines will ich deutlich sagen: Wer unser Land und seine Werte so verachtet, wie die AfD es tut,

(Dr. Jörn Kruse AfD: Das ist schlichter Un- sinn!)

der muss auch weiterhin mit Gegenwind rechnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN- KEN und der FDP – Dr. Jörn Kruse AfD: Das ist der größte Blödsinn, den ich heute über- haupt gehört habe!)

Herr Hackbusch hat das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich will jetzt nichts wiederholen von den Vorrednern, denen ich im Wesentlichen auch zustimmen möchte. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, worum es bei dieser Auseinandersetzung eigentlich ging. Es ging um einen runden Tisch zur Aufarbeitung der kolonialen Verbrechen. Das ist die Fragestellung. Es ging nicht um eine intellektuelle Diskussion über die Frage,

(Dirk Nockemann AfD: Schietegal!)

wie das eigentlich ist mit kolonialen Auseinandersetzungen oder nicht, sondern es ging um die Fragestellung, wie und welche Verbrechen gemacht worden sind und wie man sie aufarbeitet. Wir alle, die das diskutiert haben …

(Glocke)

Herr Hackbusch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern, eine Zwischenfrage.

Herr Hackbusch, können Sie uns aufklären, ob Sie von einem anderen Prozess sprechen? Ich weiß, dass es eine Aufarbeitung der kolonialen Geschichte in ihrer ganzen umfassenden Art geben soll. Ihre Interpretation halte ich ebenfalls schon wieder für interessengeleitet und der Sache nicht dienlich.

(Beifall bei der CDU)

Herr Wersich, dazu möchte ich Folgendes sagen. Die Situation ist, dass wir uns eigentlich darauf verständigt haben, dass es eine koloniale Geschichte gibt, dass Hamburg damit etwas zu tun hat und dass es auch darum geht, Schuld und Opfer und ähnliche Fragen aufzuarbeiten. Einer der wichtigen Punkte, auf die wir uns alle heute verständigt ha