Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Die SPD hat sich heute gemeinsam mit den GRÜNEN, der FDP und den LINKEN auf kleine technische Änderungen verständigt, aber die grundlegenden Fehler werden überhaupt nicht korrigiert. Wir können Ihrem Antrag also nicht zustimmen.

Wir können aber auch dem Antrag der CDU so nicht zustimmen. Herr Trepoll, erstens weiß jeder, dass Sie damit in die Zeiten von Herrn Echternach und seinen Freundeskreisen zurückwollen. Das wollen wir alle nicht. Und zweitens widerspricht das natürlich, wenn man diese Gesetzgebung jetzt ändern würde, einem Volksentscheid. Dass Sie auf Volksentscheide nichts geben, hat man beim LBK gesehen, aber das, was Sie jetzt vorhaben, ist wirklich schon eine massive Missachtung des Volkes.

Sehr geehrter Herr Trepoll, damit hier keine Missverständnisse entstehen: Natürlich gibt es keine rechtlichen Gründe, warum man Ihrem Antrag nicht folgen könnte. Das könnte man sicherlich ma

(Dr. Kurt Duwe)

chen. Aber, wie gesagt, es steht die Volksgesetzgebung zunächst rein moralisch-politisch dem entgegen. Aber in der nächsten Legislaturperiode, wenn die Parteien dem Wähler vorher reinen Wein einschenken und sagen, was sie wollen, dass sie beispielsweise wegwollen von diesen fünf Personenstimmen, wegwollen von diesen fünf Stimmen auf der Landesliste, dann steht doch einer Änderung nichts mehr entgegen. Dann gibt es auch keinen Grund für eine Partei mehr, ein schlechtes Gewissen zu haben. Denn wenn ich dem Wähler vorher klaren Wein darüber einschenke, dass ich das Wahlrecht grundlegend ändern möchte, dann kann ich das danach auch mit gutem Grund tun. Aber bitte noch nicht jetzt in dieser Legislaturperiode. – Später noch etwas mehr. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Farid Müller bekommt noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Ich würde gern noch ein paar Punkte benennen, was wir vorhaben, die, bevor wir uns nur im Allgemeinen verlieren, wichtig sind, hier im Plenum auch einmal benannt zu werden.

Zu den Entschlackungen der Kandidatenlisten hatte ich vorhin schon etwas gesagt.

Es wurde hier kritisiert, dass wir die Heilung von ungültigen Stimmen auf den Weg bringen. Wir haben uns das sehr genau angehört und wir haben uns auch Gedanken dazu gemacht, und da es solche Gesetze gibt in anderen Bundesländern, wie man, wenn es einen klaren Wählerwillen gibt, diesen auch im Ergebnis berücksichtigt, haben wir am Ende gesagt, dann soll das auch keine ungültige Stimme sein, dann soll es eine gültige Stimme sein, um den Wählerwillen entsprechend zu berücksichtigen.

Wir haben uns dann auch auf den Weg gemacht, und zwar mit einer kleinen Gruppe, aber einer Gruppe, wo wir moralisch in der Pflicht waren,

(Dennis Thering CDU: Das haben Sie doch alles schon erzählt!)

das Wahlrecht zu geben. Das finden wir als GRÜNE außerordentlich gut. Wir haben uns mit allen verständigt, dass es Konsens ist, dass wir den Behinderten, die bisher ausgeschlossen waren vom Hamburger Wahlrecht, das jetzt ermöglichen. Da freuen wir uns, dass es hier eine Mehrheit dazu gibt, und natürlich muss das auch vom Bundestag dann auf den Weg gebracht werden.

Was auch dabei herauskommt, und das will ich nicht zu gering geschätzt wissen in diesem Parlament: Wir haben auch für die Bezirksversammlungen Gutes auf den Weg gebracht. Dort können jetzt mehr Bürgerinnen und Bürger teilhaben am

Kommunalen. Sie können in die Ausschüsse gehen mehr als bisher, sie können tatsächlich dort Politik mitmachen. Das ist auch der Weg, den wir hier alle – leider nicht mehr mit der CDU, von Ihnen will ich jetzt nicht weiter reden – gemeinsam gehen wollen. Wir wollen die Menschen wieder interessieren für das Hamburger Wahlrecht, für das Mitmachen vor Ort. Das ist der richtige Weg und deswegen freuen wir uns, dass wir das heute hier gemeinsam im Konsens, leider ohne Sie, auf den Weg bringen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Trepoll.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist ja eben das Problem, Herr Müller: die Menschen für das Wahlrecht interessieren. Der Normalbürger interessiert sich nicht für das Wahlrecht, der interessiert sich für Politik und der will wissen, was mit seiner Stimme passiert. Das ist doch das Entscheidende.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Und wenn ich mir die ganzen Versprechungen anschaue, die uns gemacht wurden zu dem Wahlrecht – wir können die Menschen wieder stärker für Demokratie begeistern, sie können sich die Leute aussuchen und sonst was –: Ist das wirklich eingetreten? Wenn wir uns an der Wahlbeteiligung orientieren, muss man ganz klar sagen, nein. Zu was hat es denn geführt? Ja, wir müssen uns mehr anstrengen. Das ist grundsätzlich auch nicht verkehrt. Aber auf welche Art und Weise denn? Dass getrickst wird mit Berufen, mit Wohnortangaben und so weiter und so fort. Das ist doch keine gute Entwicklung, das muss man doch einmal klar sagen.

Und wenn ich mir anschaue, dass insbesondere … Also den Vortrag von Herrn Duwe muss man sich ja noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, wo er dann Vermischungen herstellt: Das Ergebnis einzelner Parteien – in dem Fall der CDU – hätte seinen Grund im Wahlrecht. Ich meine, wenn das so wäre, dann müsste man das Wahlrecht ja sofort ändern, weil das Wahlrecht doch die Aufgabe hat, Chancengleichheit für die Parteien herzustellen. Das darf gar nicht passieren.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Müller?

Herr Müller.

(Dirk Nockemann)

Herr Trepoll, was Sie jetzt eben gesagt haben, was angeblich nicht gut läuft, da haben wir eine Änderung vorgelegt, und ich finde, Sie dürfen jetzt hier nicht 71 Wahlkreisabgeordnete und die Listenabgeordneten, die vor Ort Bürgerarbeit machen, alle, wie wir hier sind, so diskreditieren, dass das alles nichts gebracht hätte.

(Dennis Thering CDU: Lächerlich!)

Das finde ich nicht richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nein, ich habe keinen … Ich habe von wir gesprochen, also mich ausdrücklich miteinbezogen. Ich bin ja auch Wahlkreisabgeordneter und ich weiß, wie das funktioniert. Und das Interessante, Herr Müller, ist doch: Natürlich ist das ein Wahlrecht … Und deshalb kann ich auch verstehen, warum die FDP und die GRÜNEN von Anfang an Befürworter dieses Wahlrechts waren, und die Argumentation von Herrn Duwe ist ja auch ganz bezeichnend: fünf Stimmen, wenn wir jetzt vier davon abschaffen, 80 Prozent weniger Wahlmöglichkeit. Also mit der Logik muss man sagen: Warum nicht 10, 100 Prozent mehr Möglichkeiten? Warum ist das Bundestagswahlrecht so ungerecht?

Das funktioniert doch einfach nicht. Sondern das Problem ist, dass insbesondere – und da müssen Sie sich an die eigene Nase fassen, Herr Müller – die Wähler Ihrer Partei diejenigen sind, die am allerwenigsten von diesem Verteilen der Stimmen Gebrauch machen. Ihre Wähler, die machen die Stimmenhäufchen, die machen alle fünf Kreuze bei den GRÜNEN.

(Beifall bei der CDU – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Weil wir so gute Politik machen!)

Und natürlich liegt das daran, dass Ihre Wähler, das zeigen die sozialen Erhebungen, einen höheren Bildungsstand haben, ein höheres Einkommen haben als bei anderen Parteien. Deshalb wundert es mich, dass insbesondere die Sozialdemokraten das mitmachen.

Und, Herr Tjarks, es geht noch weiter. Welche Partei hat denn bei der letzten Bürgerschaftswahl am wenigsten Direktwahlkreise aufgestellt, weil sie das Wahlrecht voll verstanden hat? Die GRÜNEN. Herr Steffen, Herr Tjarks, wie sie alle heißen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ein Kandidat, zwei Kandidaten – ja, Sie grinsen alle – auf der Liste, damit der Bürger möglichst wenig Auswahlmöglichkeit hat. So sieht es aus, genau so sieht es aus.

(Beifall bei der CDU)

Und deshalb: Das muss aufhören. Diese Tricksereien mit dem Wahlrecht, das muss aufhören. Wir brauchen ein verständliches Wahlrecht. Und dabei geht es nicht darum, dass man der Meinung ist, die Menschen in Hamburg hätten nicht den geistigen Horizont, das Wahlrecht zu verstehen. Das ist nicht die Diskussion. Die Diskussion ist: Wenn wir teilweise in Altersgruppen 6,5 Prozent ungültige Stimmen haben – und da sind noch nicht einmal die Stimmen drin von denen, die vielleicht, weil sie das Wahlrecht auch nicht verstehen, nur ein Kreuz setzen, das ist nämlich keine ungültige Stimme, aber die verschenken dann vier Stimmen –, dann haben wir ein grundsätzliches Problem mit dem Hamburger Wahlrecht. Und das bleibt leider heute bestehen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Herr Steinbiß.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Trepoll, ich finde, das ist kein Thema, wo man solch ideologische Grabenkämpfe rausholen sollte. Und wir als moderne Großstadt … Da, finde ich, passt Ihr Slogan "Zurück in die Zukunft" überhaupt nicht. Rücken Sie davon vielleicht einmal ein bisschen ab. Wir haben hier etwas Gewachsenes, ein Wahlrecht, das auch noch weiter wächst.

(Dennis Thering CDU: Gewachsen?)

Das ist gewachsen. Das ist schon in den ersten zwei Anläufen gewachsen und wächst noch weiter.

Wir haben jetzt leichte Veränderungen vorgenommen, die wir für sinnvoll erachten. Aber dieses "Zurück in die Zukunft", überdenken Sie das noch einmal. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

So, wenn jetzt keine weiteren Wortmeldungen … Doch, Herr Nockemann, bitte.

(Dennis Thering CDU: Wenn man keine Ah- nung hat, bleibt man am besten sitzen!)

Sehr geehrter Herr Müller, manchmal kann ich gar nicht glauben, was ich da von Ihnen höre. Sie formulierten gerade, es sei ja das gemeinsame Anliegen, wieder mehr Wähler an die Wahlurne zu bringen. Von der AfD wollten Sie in dem Zusammenhang gar nicht reden. Soll ich Ihnen einmal sagen, wer die meisten Nichtwähler an die Wahlurne gebracht hat, wer Millionen von Nichtwählern an die Wahlurne gebracht hat? Das war die AfD. Aber das passt Ihnen natürlich auch nicht, wenn die Menschen dann zur Wahlurne gehen und nicht so wählen, wie es Ihnen gerade in

den Kram passt, Herr Müller. Ich sage Ihnen etwas: Sie fordern die Menschen auf, zur Wahl zu gehen. Sie fordern sie auf, zu wählen, aber bitte nur die Parteien, von denen Sie meinen, dass es die richtigen sind. Das ist demokratisch völlig verkehrt. Und diese ewige Ausgrenzung, die Sie machen, indem Sie sagen, wir …

(Zurufe)