Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Meyer das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Schreiber, ich weiß nicht, vielleicht machen Sie noch eine dritte Runde, aber ich fürchte, es wird nicht besser. Sie haben sich heute als Denkmalexperte der SPD zu erkennen gegeben, und es ist schon wirklich erstaunlich, mit was für einer Überzeugung Sie das vorbringen; Sie haben offensichtlich wirklich wenig Fachkenntnis von diesen Dingen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der LIN- KEN – Dirk Kienscherf SPD: Hörst du mal auf damit!)

Das will ich Ihnen gar nicht vorwerfen; jeder hat seine Fachgebiete und in Ihrem Bezirksamt damals haben Sie wahrscheinlich Ihren Job gemacht, auch wenn Sie sich vielleicht gestört fühlten von dem Straßenlärm aufgrund der schlechten Fenster. Aber dass Sie hier von historisierender Architektur im Zusammenhang mit dem Konzept von Professor Marg sprechen, zeigt mir einfach, dass Sie wirklich keine Ahnung haben.

(Zurufe von der SPD)

Historisierende Architektur können Sie vielleicht beim Deutschlandhaus – das ist ein anderes Thema, ist Ihnen ja auch geläufig – einmal ansprechen. Da will man ein Gebäude abreißen und quasi wieder nachbilden. Aber gerade das tut man beim City-Hof nicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Na ja, da bleibt ja nicht viel über!)

Insofern geht es auch nicht allein um die LecaPlatten, Frau Stapelfeldt, auch wenn Sie immer wieder versuchen, alles darauf zu reduzieren. Es geht doch um die Frage, was dieses Gebäude in den Fünfzigerjahren für eine zeithistorische Bedeutung für uns hatte – und eben immer noch hat. Und es geht um Sichtachsen, die das Weltkulturerbe betreffen. Wenn Sie sich das Neubaukonzept anschauen, dann sehen Sie doch wohl, dass dieses Gebäude in seiner Grundfläche wesentlich größer

und umfangreicher ist und die ganzen Sichtachsen, die die jetzige Kammbebauung zulässt, in Zukunft eben nicht mehr möglich sind.

Ihr Hinweis auf den Architekten Klophaus ist auch noch einmal ein Beispiel dafür, dass Sie wirklich überhaupt nichts verstanden haben von Denkmalschutz. Es ist doch nicht die Frage, ob ein Architekt besonders ehrenwert war oder nicht; ich glaube, das war Herr Klophaus nicht. Das wissen wir auch alle, die wir uns mit dem Thema beschäftigt haben. Aber das kann doch nicht das Kriterium sein, ein Gebäude zu erhalten oder abzureißen. Was ist das für eine Vorstellung, die Sie da haben?

(Beifall bei der FDP, der CDU und der LIN- KEN)

Herr Duge, Sie erzählen immer was von städtebaulicher Reparatur oder Verbesserung. Man kann gewisse Dinge nicht verbessern. Sie können auch Geschichte nicht verbessern. Das ist Stadtkosmetik, was Sie da betreiben wollen, und es hat eben gar nichts mit Denkmalschutz zu tun. Nach dem, was Sie in früheren Zeiten zu diesem Thema öffentlich bekundet haben, habe ich eigentlich gedacht dass Sie da ein bisschen standfester sind und auch eine Haltung haben. Aber diese Haltung haben Sie offensichtlich komplett aufgegeben. Zum Glück haben Sie aber Herrn Professor Kruse an Ihrer Seite, das haben wir heute erfahren. Ob das jetzt unbedingt eine Verbesserung ist, weiß ich nicht. Herr Professor Kruse, auch das, was Sie hier beigetragen haben, war nun alles andere als überzeugend,

(Dirk Kienscherf SPD: Nur die FDP …!)

aber das will ich nicht weiter kommentieren.

Frau Stapelfeldt, Sie haben einen weiteren Versuch unternommen, uns hier wieder gebetsmühlenartig das Gleiche vorzutragen, was man Ihnen schon häufiger aufgeschrieben hat, aber das macht die Sache nicht besser. Sie weichen der wesentlichen Frage, nämlich der Denkmalfrage, aus. Das ist wohl auch der Grund, warum Herr Brosda hier offensichtlich nicht sprechen darf – oder nicht will, ich weiß es nicht; Herr Wersich hat ja ein paar Worte dazu gesagt. Wenn es so ist, wie Herr Wersich vermutet, dann kann ich es auch nachvollziehen. Aber das wirft alles ein sehr schlechtes Bild auf den Senat.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Da es schon mehrfach angesprochen wurde, würde ich einmal darauf hinweisen wollen: So, wie die Fraktionen sich herausnehmen, die Abgeordneten zu benennen, die hier reden dürfen, so ist es auch dem Senat freigestellt, den Senator oder die Senatorin in die Debatte zu schicken, die dem Senat beliebt.

(Olaf Duge)

(Dennis Thering CDU: Ja, selbstverständ- lich, das hat ja keiner infrage gestellt!)

Das Wort bekommt Frau Sudmann.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Sie werden diese Debatte leider noch etwas ertragen müssen. Denn es geht hier nicht um irgendwas, um eine Kleinigkeit; es geht hier darum: Wie geht die Stadt, wie geht der Senat mit Denkmalschutz um und wie geht er mit dem Welterbe um?

(Dirk Kienscherf SPD: Nein, mit diesem einen Fall!)

Herr Kienscherf, dieser eine Fall liegt in der Pufferzone des Welterbes, und ich habe Ihnen jetzt schon zweimal zitiert, ich sage es auch noch einmal: ICOMOS hat sehr klar gesagt, sie sähen eine negative Beeinflussung des Welterbes. Sie können heute nicht sagen, das wird nicht passieren, wenn der Abriss erfolgt. Ich weiß gar nicht, was ich Ihnen noch sagen muss, um Sie zu überzeugen.

Herr Duge hat sich auch ein bisschen versucht, wieder rauszuwinden. Herr Duge, ich hatte vorhin gesagt: Sie haben auf die Bedeutung von ICOMOS hingewiesen und gesagt – eben noch einmal –, Sie wollten mit ICOMOS weiter reden, Sie wollten hören, was ICOMOS sagt. Dann erwarte ich, dass Sie abwarten, ob ICOMOS Ihnen überhaupt grünes Licht gibt. Und ich bin mir relativ sicher, das kann so nicht erfolgen, weil Sie viele Sachen anders – Sie oder beziehungsweise Prien – dargestellt haben. Sie haben gerade die Sichtachsen angesprochen. Wenn Sie mit der Bahn nach Hamburg reinfahren, dann können Sie durch die City-Hochhäuser quasi durchgucken, Sie sehen das Kontorhausviertel. Das, was Sie hier als einen wunderbaren Neubau preisen, macht genau diese Sichtachse dicht. Da wird Herr Schreiber mir zustimmen, Sie können da nicht drüber hinweggucken.

(Dirk Kienscherf SPD: Was reden Sie denn vom Kontorhausviertel? Da sehen Sie doch fast nichts!)

Und jetzt sagen Sie aber: Die Autofahrer und -fahrerinnen auf der Willy-Brandt-Straße müssen doch möglichst viel sehen können. Es gibt aber genau diese Blickbeziehung, die aus der Richtung relevant ist, und das steht auch im Managementplan drin:

"Ziel der Definition der Sichtachsen ist es daher, die verbleibenden Sichtverbindungen aus dem Umfeld der Stadt zum künftigen Welterbegebiet zu erhalten."

Ihr Neubau macht diese Sichtverbindungen genau dicht. Das wollen Sie nicht gern hören.

Und worüber ich noch gar nicht gesprochen habe heute – das müsste Herr Schreiber ja wissen –: In den City-Hochhäusern sitzen noch zwei soziale Einrichtungen der Caritas, und die Caritas hat die Kündigung bekommen zum 30. Juni. Es gibt bis jetzt keine Ausweichquartiere. Es gibt Provisorien, es gibt die Überlegung, Container aufzustellen. Da frage ich mich: Was ist das für ein verantwortungsvoller Umgang? Und ich frage mich auch: Warum wollen Sie jetzt sofort abreißen? Frühestens – ich habe es Ihnen vorgelesen – im 2. Quartal 2019 erwartet der Senat die Vorweggenehmigungsreife. Wir müssen nicht darüber reden, wie oft sich solche Pläne verschieben; frühestens. Wir haben noch einen Winter davor und wir wissen alle, wie schwer es ist, jedes Jahr im Winternotprogramm Plätze zu finden. Wir haben wenige Meter entfernt vom City-Hof in der Spaldingstraße auch im Bürogebäude Obdachlose untergebracht. Aber auch das: Sie wollen einfach Fakten schaffen, Sie wollen Tabula rasa machen, und das ist eigentlich noch nicht einmal einer rot-grünen Regierung angemessen;

(Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

es ist niemandem angemessen. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht endlich aufhören.

Ich kann es noch einmal sagen: Diese bösen Fouls, die Sie begangen haben, heißen nicht nur "runter vom Feld", die würden normalerweise heißen "lebenslange Sperre". Und wir haben heute die Chance in der Bürgerschaft, das zu verhindern. Wir haben die Chance zu verhindern, dass Denkmalschutz mit Füßen getreten wird, und wir haben die Chance zu verhindern, dass das Welterbe beeinträchtigt wird. Und dazu müssen Sie sich verhalten und nicht nur Ihren Vorrednern oder Ihrem Vortänzer oder Ihrer Vortänzerin folgen, sondern Sie müssen selbst entscheiden, ob Sie nach dieser Beschreibung sich noch in der Lage sehen, dem, was Rot-Grün vorlegt, zuzustimmen. Ich wünsche Ihnen eine gute Entscheidung und nicht einfach blindes Gefolge.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP)

Für die CDU bekommt nun Herr Hamann das Wort.

(Dirk Kienscherf SPD: Jetzt kommt wieder der Klamauk!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kann man wohl kaum stehen lassen,

(Dirk Kienscherf SPD: Dann setz dich doch hin!)

was man hier erlebt an Diskussionsbeitrag des Kollegen Duge, der sich plötzlich ohne Kritik, ohne

(Vizepräsidentin Antje Möller)

irgendwelche Vorbehalte hinter diese Senatslinie, von der gar nicht so genau klar ist, wer sie eigentlich ausgegeben hat, stellt. Ich erinnere mich, letzte Legislaturperiode: Da haben Sie sich mit mehreren Anträgen für ein Objekt eingesetzt, das nicht einmal unter Denkmalschutz stand. Da haben Sie hier Flugzettel verteilt; Kollege Kienscherf hat sich aufgeregt. Sie haben sie ins Publikum geworfen und geschrien: Das müssen wir doch erhalten, das ist hamburgische Baukultur. Und jetzt haben wir hier ein Denkmal im Bereich des Weltkulturerbes, und jetzt sitzen Sie da und jetzt spielt das alles keine Rolle mehr?

(Dennis Thering CDU: Typisch!)

Also, es gibt nichts Wenderisches als diese GRÜNEN, das stelle ich immer wieder fest. Es ist unglaublich.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Glocke)

(unterbrechend) : Herr Hamann …

Frau Kollegin Sudmann, ja.

Lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann zu?

Vielen Dank, Herr Hamann. Wir haben eben von Herrn Schreiber die Frage gehört, wie wir als LINKE – und natürlich dann auch Sie und die FDP – Nazi-Architekten verteidigen könnten. Herr Schreiber hat das Chilehaus so hervorgehoben. Sie wissen doch auch, so wie ich, dass Höger durchaus auch in der NSDAP war, sehe ich das richtig?

Das ist eine wunderbare Frage, die jetzt meinen zweiten Punkt betrifft. Denn die nächste Peinlichkeit hat der Kollege Schreiber hier gebracht, angefangen mit seiner Geschichte, wie es denn wäre, wenn die CityHochhäuser weg wären: Dann könnte man das Chilehaus besser fotografieren. Das ist mit Abstand die absurdeste Begründung,

(Dennis Thering CDU: Peinlich, peinlich!)