Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Wenn Sie jetzt immer noch behaupten, die Radfahrer seien das Problem,

(André Trepoll CDU: Sie sind das Problem!)

dann möchte ich Ihnen abschließend einmal sagen, dass die Radverkehrsunfälle um 2,7 Prozent zurückgegangen sind. Auch da gehen die Zahlen zurück und auch das merken Sie nicht.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über- nimmt den Vorsitz.)

Da fassen Sie sich einmal an die eigene Nase und lesen Sie die Texte, die es dazu gibt, und die Zahlen, die die Polizei erhebt. Dann wüssten Sie, was man eigentlich tun muss, und würden auch einmal vernünftige Politik in dieser Stadt machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Als Nächster erhält das Wort Herr Jersch für die Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Wenn wir über die Trendwende in der Verkehrspolitik reden, dann kann ich auch noch einmal Bezug nehmen auf völlig falsche Ausgangsbedingungen, die hier seitens des Kollegen Thering zum Beispiel zu den Dieselfahrverboten wieder zum Besten gegeben worden sind.

(Dennis Thering CDU: Dann klären Sie uns mal auf!)

Wir brauchen dringend eine Trendwende. Diese Trendwende bedeutet aber auch, ein Gegeneinander in Kauf zu nehmen. Wir brauchen eine Trendwende, um wieder Gesundheit in dieser Stadt hervorzuheben, und wir brauchen ein Gegeneinander gegen die, die diese Trendwende verhindern. Wir brauchen klare Töne zur Automobilindustrie, die vieles von diesem Dilemma verursacht hat.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Carola Timm GRÜNE)

Insofern will ich an dieser Stelle, auch wenn es unzureichend ist, vielleicht doch einmal eine kleine Lanze für die Minifahrverbötchen in dieser Stadt brechen. Die Sperrungen sind völlig unzureichend – das kann man feststellen –, nichtsdestotrotz ist das trotz Symbolpolitik ein erster Anfang in dieser Stadt, um eine Trendwende einzuleiten. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse und erwarte von diesem Senat, dass es auch ordentliche Evaluationen mit Beteiligung der Bevölkerung und nicht nur hinterher im stillen Messkammerstüblein für die Experten gibt.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Beifall bei der LINKEN)

Letztendlich heißt es auch, hier endlich die freundliche Industriepolitik gegenüber der Automobilindustrie im Sinne eines Gegeneinanders, eines Füreinanders mit der Bevölkerung zu ändern. Das heißt, Forderungen nach Hardware-Umrüstung für die Automobile, für die Dieselfahrzeuge vorn anzusetzen, damit nicht die Bevölkerung wieder die Dumme ist und die Verluste wieder einmal vergesellschaftet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Kotau in dieser Stadt muss enden.

(André Trepoll CDU: Noch schlimmer wäre es, wenn wir noch alle Trabant fahren wür- den!)

Ich zitiere immer wieder gern aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag:

"Deshalb strebt der Senat eine Konferenz der betroffenen Städte unter Beteiligung der Bundesregierung und der deutschen Automobilhersteller in Hamburg an."

Die einzige Konferenz, die ich mir angesichts dieser Situation vorstellen kann, wäre eine, die irgendwo im Gefängnis stattfindet.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn dahin gehören diese Kriminellen, die die Bevölkerung systematisch betrogen haben und die letztendlich mit ihren Gesetzesverstößen wieder als systemrelevante Kräfte geschont werden. Das kann nicht Ziel einer Trendwende in der Verkehrspolitik sein. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt erhält als Nächster Herr Aukes das Wort für die FDPFraktion.

(Dirk Kienscherf SPD: Wie war das mit dem HVV und Buxtehude? Das können Sie ja noch mal richtigstellen!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf das eigentliche Thema der heutigen Aktuellen Stunde, nämlich Trendwende in der Verkehrspolitik, zurückkommen.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wohin soll der Trend denn gehen?)

Was mir an dieser Debatte wirklich fehlt, ist, dass die Koalition sich konsequent weigert, die tatsächliche Situation der Stadt zu erkennen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Peter Lorkowski AfD)

Das ist ein Punkt, den wir den Bürgern dieser Stadt von dieser Stelle aus einmal klarmachen müssen.

(Dirk Kienscherf SPD: HVV fährt nach Bux- tehude!)

Es kann nicht sein, dass man über einen ITS-Kongress und über alles, was zu einem ITS-Kongress gehört, spricht und die Dinge, die hier angesprochen werden, die Realität in der Verkehrssituation der Stadt, einfach unter den Tisch kehrt, weil man es nicht möchte oder weil man es nicht kann, da es einen Koalitionspartner gibt, der das so gar nicht sieht und die gesamte Verkehrspolitik auf den Kopf gestellt hat.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe Ihnen in meinen ersten Beiträgen diverse Beispiele gegeben, was man ändern kann, ohne dass man groß loslegen muss mit neuesten Entwicklungen, neuesten Geschichten, auch nicht mit dem Malen weißer Streifen auf die Straße. Das alles muss man nicht, wenn man die Dinge, die ich vorhin angesprochen habe, tatsächlich einmal in die Tat umsetzt.

Ich kann es fortsetzen, indem ich mir die 30er-Zonen angucke, die Sie einrichten. Ich habe dazu vor wenigen Wochen schon einmal etwas gesagt. Es ist geradezu eine groteske, eine komödiantische Situation, wenn Sie auf Straßen zwischen 22 und 6 Uhr 30er-Zonen einrichten. Nichts wird kontrolliert, und an dieser Stelle fährt kein einziges Auto 30, es fährt nicht ein einziges Auto 30. Das ist nur Ankündigungspolitik und hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU)

Wenn Sie nachts mit der Hamburger U-Bahn fahren, hören Sie doch von den Leuten, die da drinsitzen, welche Problematik da herrscht. Sie müssen sich natürlich auch damit auseinandersetzen, dass zum Komfort des ÖPNV gehört, dass er sicher gemacht wird

(Sören Schumacher SPD: Er ist sicher! Wo- von reden Sie denn gerade?)

und dass etwas furchtsame Menschen in der Lage sind, mit diesen Wagen zu fahren. Das ist in vielen Situationen nicht möglich. Das müssen Sie ändern. Das ist Politik.

(Beifall bei der FDP)

Sie müssen all das, was Sie uns erzählt haben, irgendwann einmal in die Tat umsetzen und das, was Sie bisher versäumt haben, nachholen. Wenn Sie das nicht tun, werden Sie 2020 das Resultat Ihrer Verkehrspolitik beim Wähler erleben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

(Stephan Jersch)

Das Wort erhält jetzt Frau Sudmann. – Ich habe auch die Meldung von Frau Martin gesehen, aber das war danach. Erst einmal Frau Sudmann und dann Frau Martin.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe heute schon mehrfach vom ITS-Kongress gehört, ich habe schon von Frau Martin gehört, dass hier mit der VW-Tochter MOIA wunderbare Abkommen geschlossen werden. Dann will ich Ihnen noch einmal kurz aus dem Verkehrsausschuss vom letzten Freitag berichten.

MOIA, die Tochter von VW, will mit diesen kleinen hübschen Autos – Elektromobilen natürlich –, in die maximal sechs Personen passen, ein quasi Mittelstück zwischen öffentlichem Personennahverkehr und Taxigewerbe schaffen. Die Preisgestaltung soll zwischen den Preisen von Taxi und ÖPNV liegen. Ich weiß nicht, was Sie darunter verstehen würden, wenn man Ihnen sagt, man mache einen Preis zwischen den beiden. Der Hamburger Senat versteht darunter, dass der Fahrpreis pro Fahrgast mindestens 3,31 Euro betragen muss, auch wenn die Strecke 5, 6 oder 10 Kilometer beträgt. Da frage ich mich: Ist das nicht Konkurrenz für den HVV? Und ich frage mich vor allen Dingen: Ist das nicht Konkurrenz für die Taxibetriebe? Wir haben 3 000 Taxibetriebe in Hamburg und Sie wollen 500 bis 1 000 Taxen auf die Straße setzen. Dann versuchen Sie noch darzustellen, diese hübschen kleinen Autos, in denen gegebenenfalls auch nur eine Person mitfährt,

(Dr. Monika Schaal SPD: Wieso fährt da nur eine Person mit? – Ole Thorben Buschhüter SPD: Mut zur Zukunft!)

seien eine Trendwende im Verkehr. Das ist überhaupt keine Trendwende. Hier werden mit vielen Autos wenige Menschen transportiert. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Ich finde, solche Projekte sollten Sie auf gar keinen Fall in Hamburg einführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber Sie haben sich dazu entschieden und daran merke ich, dass man bei Ihnen nur sagen muss, dass Sie mit all diesen Firmen, die gerade in sämtliche Skandale verwickelt sind, VW, BMW, Mercedes, Abkommen schließen. Fragen Sie sich eigentlich gar nicht, was diese Autokonzerne von Ihnen wollen?