Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Das Wort bekommt Herr Hamann von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Duge, das war wirklich ein gelungener Auftritt, jedenfalls die ersten anderthalb Sätze. Sie dachten, Sie könnten hier irgendetwas pointiert Lustiges erzählen, Sie wollten einen Ihrer Lehrerwitzchen machen. Sie haben auch den einen oder anderen gefunden, der tatsächlich gelacht hat, aber tatsächlich haben Sie nichts anderes gemacht, als sich selbst dabei auf den Kopf zu hauen. Insofern habe ich noch mehr gelacht, allerdings über Sie, denn das, was Sie hier vorstellen, ist ein klassisches Erfolgsmodell des CDU-Senats.

Frau Koeppen, 2003 hat der CDU-Senat die Agentur für Baugemeinschaften gegründet. Und da Sie alle die Vergangenheit heute so interessiert und fasziniert, kann ich gern zurückrufen: Wie war es denn, als wir die Regierung 2001 übernommen haben? Da war es tatsächlich so, dass es praktisch kaum Baugemeinschaften in Hamburg gab. Alldieweil gab es eine Baubehörde, eine rot-grüne Koalition, die GRÜNEN konnten sich wie immer nicht durchsetzen, genau wie heute, und einen roten Bausenator, der von diesen Baugemeinschaften überhaupt nichts gehalten hat. Und dementsprechend wurde da auch nichts gemacht. Das war der Zustand, den wir hier vorgefunden und übernommen haben. Und wir haben es dann angeschoben, ein CDU-Erfolgsmodell. Insofern grundsätzlich vielen Dank, dass Sie es angemeldet haben.

(Beifall bei der CDU)

Aber wenn also auch leicht erkennbar – wenn Sie dann also wieder zum Denken gekommen sind – die Vergangenheit auch in diesem Fall viel, viel besser war als die Gegenwart: Mit Zukunft haben Ihr Ansatz und Ihr Antrag natürlich überhaupt nichts zu tun; das ist ja derart dünn. Also ich weiß nicht, wo Ihr Antrag überall hingelaufen ist beziehungsweise wer ihn dann noch gekürzt hat. Also so viel in den verbleibenden 30 Sekunden: Was wollen Sie denn hier zum Ausdruck bringen? Es sollen also Genossenschaften mit besonderen wohnungspolitischen Leistungen berücksichtigt werden. Unbestimmter Rechtsbegriff. Dazu sagen Sie überhaupt nichts. Sie haben scheinbar gar keine Vorstellungen, was da kommen soll. Dann wollen Sie ein Vermarktungskonzept für Baugemeinschaften. Hallo, aufgewacht, Baugemeinschaften. Wir haben die Agentur, wie Sie eben von Frau Koeppen gehört haben, bereits seit 2003. Na ja, ich könnte noch Etliches sagen. Vielleicht nehmen wir

(Olaf Duge)

noch die nächste Runde. Sie sollen ja auch ein bisschen etwas hören, Herr Lehrer, um etwas zu lernen. Von daher gern wieder hier. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Wir finden den Antrag sehr in Ordnung, weil er noch einmal betont, wie wichtig genossenschaftliche Baugemeinschaften, Bauprojekte sind. Herr Hamann, jetzt haben Sie den Lehrer so ermahnt, aber auch Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, denn sonst wäre Ihnen aufgefallen, dass dieser Antrag nichts Neues ist. Er ist ein Recycling des Koalitionsvertrages aus 2015, und ich frage mich natürlich: Wieso setzt ihr das nicht um? Das steht doch in eurem rot-grünen Koalitionsvertrag. Das ist ein bisschen schwach. Aber gut.

Inhaltlich kann ich, wie gesagt, fast allen Punkten von Rot-Grün zustimmen. Mich freut natürlich sehr, dass Sie die Betonung auf die genossenschaftlichen Baugemeinschaften legen. Mich freut natürlich, dass Sie sagen, dass es grundsätzlich im Erbbaurecht vergeben werden soll und dass Sie auch die kleinen Genossenschaften nicht aus den Augen verlieren. Aber falls Sie ein zweite Runde machen, würde ich gern von Ihnen hören: Warum müssen Sie das jetzt noch einmal beantragen, wenn Sie das im Koalitionsvertrag vereinbart haben? Und 2015 ist drei Jahre her. Wollen Sie etwa sagen, dass Sie noch nicht einmal ansatzweise das geschafft haben, was Sie schaffen wollen? Vielen Dank.

(Jörg Hamann CDU: Das hat er gesagt!)

Dazu, dass früher alles besser gewesen sei, wie Sie, lieber Herr Hamann, sagen: Bevor diese erschreckende CDU-, Schill- und Sonst-was-Regierung mit Nockemann kam, gab es viel bessere Zeiten nicht nur wegen Rot-Grün,

(Jörg Hamann CDU: Als Sie noch bei den GRÜNEN waren!)

sondern wir hatten früher auch einmal so etwas wie alternative Baubetreuungsprojekte. Das waren ganz andere Modelle, und die haben in den Quartieren sehr viel bewirkt. Das könnte man sich einmal wieder angucken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach römisch I bis römisch III der bahnbrechenden grünen An

tragsreihe zur Stadtentwicklung will ich nicht verhehlen, dass bei uns inzwischen eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist und wir bis zum Ende der Legislatur von Rot-Grün keine wirklich großen Ideen, geschweige denn deren Umsetzung, mehr erwarten. Dennoch danke ich Ihnen, Herr Duge, für den vorliegenden Antrag, weil er trotz weitgehender Übereinstimmung gerade die Unterschiede unserer Position sehr deutlich macht.

Hamburg ist mit einem Anteil von rund 80 Prozent eine Mieterstadt, und das scheint Ihnen mit Blick auf Ihre Wählerschaft wohl auch ganz gut zu gefallen. Dass Menschen sich in ihrem Leben durch ihren eigenen Fleiß, ihre eigene Arbeit unabhängig vom Staat machen, sich eigenverantwortlich gegen Altersarmut durch ihre eigene bezahlte Eigentumswohnung absichern und damit Verantwortung für sich selbst und ihre Angehörigen übernehmen, ist aus unserer Sicht aller Ehren wert und sollte nach Kräften von der Politik unterstützt werden, auch wenn Ihnen das offensichtlich suspekt ist.

(Beifall bei der FDP)

Dass Baugemeinschaften im Quartier eine integrative Funktion übernehmen, ist sicherlich richtig. Aber warum müssen es nun unbedingt wieder Erbbaugrundstücke sein? Sie beklagen zu Recht die hohen Grundstücks- und Herstellungskosten, die es gerade Menschen mit niedrigem Einkommen schwieriger machen. Sorgen Sie doch endlich dafür, dass die politisch bedingten Kostentreiber abgebaut werden, und schaffen Sie einen Freibetrag für die Grunderwerbsteuer, damit jeder jungen Familie in dieser Stadt der Weg in die eigenen vier Wände erleichtert wird, anstatt mit den aktuell 4,5 Prozent noch von den hohen Immobilienpreisen zu profitieren.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Ich komme zum Schluss.

Herr Meyer, den Schluss müssen Sie sich leider sparen. Ihre Redezeit ist abgelaufen; die zwei Minuten sind um.

Ja, dann komme ich zum Schluss. Wir werden noch eine zweite Runde haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wow, kann ich dazu nur sagen, das ging ja richtig schnell. In der Aktuellen Stunde der vergangenen Bürgerschaftssitzung hatte ich Ihnen in meiner Re

(Jörg Hamann)

de vorgeworfen, dass Sie postulierte Absichten wie zum Beispiel die Förderung von Baugemeinschaften vernachlässigen. Und, schwupp, schon legen Sie in der darauffolgenden Sitzung einen Antrag vor,

(Dirk Kienscherf SPD: Nein, der war schon eingereicht!)

der dieses bisherige Versäumnis beheben oder zumindest kaschieren soll. Da haben wir es: Die AfD wirkt. Wieder einmal haben Sie die unbestrittenen Vorteile von Baugemeinschaften entdeckt und springen dann in Ihrem Antrag, dessen Zielrichtung stimmt, in einer Aneinanderreihung von Absichtserklärungen in Ihrem Petitum wieder einmal deutlich zu kurz. Deswegen stimmen wir lediglich einer Überweisung dieses Antrages an den Ausschuss zwecks Nachbesserung zu, um da eben deutlich mehr Verbindlichkeiten reinzubekommen. Da beschreiben Sie zum Beispiel im Petitum 1, dass bei der Entwicklung großer Wohnungsbauvorhaben – dazu zählen Sie ein paar Beispiele auf – zu prüfen wäre, wo ein Anteil bis zu 20 Prozent im geschossten Wohnungsbau für Baugemeinschaften angestrebt werden könnte. Hier ist zum Beispiel "beispielsweise" und "angestrebt werden könnte" zu streichen. Legen Sie doch ausnahmsweise einmal glasklar fest, in welchen aktuellen und bekannten und sich abzeichnenden Baugebieten Sie mindestens 20 Prozent Anteil im Geschosswohnungsbau für Baugemeinschaften fest einplanen werden. Klare Aussagen statt hätte, könnte, sollte. Denn letztlich ist es ausschließlich Ihr politischer Wille, der darüber entscheidet, ob künftig mehr Baugemeinschaften entstehen oder eben auch nicht.

Petitum 2: Sie wollen die Baugemeinschaften in besonderem Maße unterstützen, sagen aber nicht, wie. Hier fehlt ein Maßnahmenkatalog, ausgeführt in einem Satz und versehen mit einem Finanzrahmen.

Petitum 3: Den Punkt, Baugemeinschaften Grundstücke grundsätzlich im Erbbaurecht anzubieten, gehen wir insofern mit, als in Absprache mit den Baugemeinschaften noch immer die Möglichkeit bestehen muss, diese Grundstücke anders zu erwerben.

Letzter Satz: Auch zu den drei verbleibenden Petita könnte ich Ihnen jetzt noch mehr sagen.

(Glocke)

Ich lasse es, Sie haben die Glocke gehört.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Stapelfeldt, der ich mit auf den Weg geben möchte, dass das eine Kurzdebatte ist, in der die Abgeordneten zwei Minuten Zeit hatten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Förderung von Baugemeinschaften hat, wie schon angesprochen wurde, in Hamburg eine lange Tradition. Sie reicht zurück bis in die Achtzigerjahre als eine politische Reaktion auf ein Netzwerk politischer Initiativen, die sich damals gebildet haben.

2003 ist dann die Agentur für Baugemeinschaften gegründet worden, und das war sehr gut. Diese Agentur für Baugemeinschaften ist aufgrund ihrer jahrelangen Tätigkeit erprobt in der Grundstücksakquise für Baugemeinschaften, in der Steuerung und Koordinierung von Ausschreibungen. Denn in der Tat liegt das eigentliche Thema für die meisten in der Praxis, also in der Umsetzung dessen, was gemeinschaftlich gewollt wird, nämlich gemeinsam leben. Natürlich gehört zur Arbeit der Agenturen auch die Fortentwicklung der Förderkonditionen. Hamburg verfügt also mit dieser Agentur über ein leistungsfähiges Team von Experten und auch über eine leistungsfähige Struktur, um die Baugemeinschaften zu unterstützen. Zu den Zahlen hat Frau Koeppen schon etwas gesagt. Wir haben gegenwärtig Projekte von 17 Baugemeinschaften im Bau und 43 Projekte befinden sich in der Planungsphase. Das heißt, wir haben in den vergangenen Jahren das Angebot tatsächlich beachtlich ausweiten können.

Wir haben dann 2017 für die großen Stadtentwicklungsvorhaben eine Projektgruppe eingerichtet, die das Ziel hat, diese Baugemeinschaften in den großen Entwicklungsprojekten, zum Beispiel der IBA in den Wilhelmsburger Gebieten, in Oberbillwerder oder auch in Neugraben-Fischbek, zu unterstützen.

Wenn Sie mich das noch sagen lassen: Wir haben für all diese Gebiete und auch einige darüber hinaus ein Potenzial von bis zu 3 400 Wohnungen, die durch die Baugemeinschaften ausgefüllt werden können. Sie erinnern sich, dass wir am letzten Freitag das Juryergebnis für Oberbillwerder in der Presse bekannt gegeben haben. In Oberbillwerder haben wir nicht nur 20 Prozent des gesamten Wohnungsbaus an Baugemeinschaften ausgeschrieben, sondern sie auch in diesem Entwurf realisiert. Daran können Sie sehen, dass uns für die Zukunft sehr daran gelegen ist, kleinteilige nachbarschaftliche Strukturen mit dem Engagement, das diese Baugemeinschaften haben, zu verbinden und insoweit die Baugemeinschaften zu fördern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Koeppen von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hamann, das, was Sie gesagt haben, kann man so erst ein

(Detlef Ehlebracht)

mal nicht stehen lassen. Irgendwie muss man der CDU immer die genauen Zahlen dokumentieren. Wie Frau Dr. Stapelfeldt schon gesagt hat, entstanden bereits in den 1980er-Jahren einige Hamburger Netzwerke, Wohngruppen und Initiativen. Und – achten Sie darauf, Herr Hamann – in der Zeit von 1990 bis 2002 sind 600 Wohneinheiten entstanden und in der Zeit von 2003, als Sie in der Tat die Agentur gegründet haben, bis heute 1 810 Wohneinheiten. Das heißt, es waren nicht gerade mal wenige Wohneinheiten, die noch vor der Gründung der Agentur entstanden sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.