Protokoll der Sitzung vom 17.10.2018

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Personal dagewesen. Wir haben in Hamburg über 900 000 Wohnungen, die es gilt, dann auch quasi zu kontrollieren und zu gucken, wie viele Wohnungen davon zweckentfremdet werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Es sind auch Eigen- tumswohnungen dabei!)

Anfang 2013, Herr Kienscherf, gab es 10,15 Vollzeitäquivalenzstellen für den Bereich Zweckentfremdung. Davon waren nur 9,15 besetzt. Was glauben Sie, wie viele es Ende 2017 waren, also gut fünf Jahre später? Da waren es 8,7 Vollzeitäquivalenzstellen, also eindeutig weniger, und davon waren sogar nur sieben Stellen besetzt. Also zum einen hatten Sie schon relativ wenig Personal, und die Stellen, die vorhanden waren, waren noch nicht einmal richtig besetzt. Das heißt, ich hatte eindeutig recht mit der Kritik. Sie brauchen mehr Personal. Und Sie müssen doch in Ihren Wohnraumschutzbericht selbst hinein geschaut haben, da haben Sie doch die Erfolgszahlen drin, was dieses wenige Personal geschafft hat. Sie argumentieren doch nicht nur mit der Verschärfung des Gesetzes, sonst würden Sie sagen, dass das 2013 von Ihnen – den GRÜNEN und der SPD – befürwortete Wohnraumschutzgesetz schlecht war. Und es war nach Ihren eigenen Worten nicht schlecht, es war eine gute Grundlage. Also, das war wirklich eindeutig: zu wenig Personal.

Herr Meyer, Sie haben so wunderschön beschrieben, wie aus Sicht der FDP ein freier Wohnungsmarkt aussehen würde. Der würde sehr gut aussehen für die Vermieter und Vermieterinnen. Sie brauchen doch eigentlich nur einmal zu gucken: Was hat sich verändert seit Anfang der Neunzigerjahre? Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist weg. Ganz viele Fesseln, wie Sie jetzt sagen würden, sind weg, und dadurch haben wir einen entfesselten Markt mit irre hohen Mieten. Wer sich das weiterhin wünscht, soll sich hier auch hinstellen und sagen: Mir ist es doch ganz egal, ob Leute mit wenig Geld noch Wohnungen bezahlen können, mir ist es viel wichtiger, dass die, die viel Rendite machen können, gute Bedingungen haben. Das wäre eine ehrliche Aussage, aber es ist eine grundfalsche Politik.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Meyer FDP: Das ist dummes Zeug, Frau Sudmann!)

Das Wort bekommt Frau Koeppen von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf einen Vorwurf eingehen, der hier genannt worden ist. Es gab schon von der Senatorin den richtigen Hinweis, dass das Lesen der Drucksache dann doch hilft – das hätte uns so manche Formulierung in mancher Rede erspart.

Es gab den Vorwurf, dass ein großes Tamtam um dieses Gesetz gemacht worden sei und es wirklich große Probleme in Hamburg gebe, die nicht angegangen würden.

(Beifall bei der CDU – Jörg Hamann CDU: Richtig!)

Wissen Sie eigentlich, wie vielen älteren Menschen, die einen langjährigen Mietvertrag hatten, gekündigt wurde? Die sitzen auf der Straße. Diese Fernsehberichte, diese Zeitungsberichte gibt es immer wieder. Und diese Einzelschicksale scheinen Sie überhaupt nicht zu interessieren, dass diese Menschen jetzt in Hamburg eine neue bezahlbare Wohnung suchen, weil die Wohnung danach als Ferienwohnung vermietet wurde. Dieses Schicksal lässt uns nicht kalt, und deswegen ist das Gesetz genau richtig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dann bekommt das Wort Herr Duge von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal mit einem hier immer wieder dargestellten Irrtum, wie ich finde, aufräumen. Es reicht nicht, und das hat es gezeigt, einfach mehr Personal einzustellen und zu glauben, man würde dann ohne weitere Möglichkeiten oder Hilfsmittel denjenigen, die in einem übermäßigen Maß Wohnungen zu gewerblichen Zwecken – also für Tourismus – vermieten, auf die Schliche kommen. Man muss den Kofferrollern dann sozusagen hinterherlaufen. Das ist rein mit mehr Personal überhaupt nicht zu leisten. Der Aufwand, der so betrieben wird, steht in keinem Verhältnis zu dem, was man dann an Resultaten erzielt kann. Und deshalb ist es jetzt eben etwas anderes. Weil wir die Meldepflicht einführen, weil wir die technischen Einrichtungen für die Meldepflicht haben, können wir nun mit einer relativ überschaubaren Zahl von Personal effektiv arbeiten. Da hilft auch kein Vergleich mit Berlin, weil die das anders machen, sondern da muss man sehen, wie man in dieser Kombination von einem effektiven System und einer überschaubaren Zahl von Personal zu Resultaten kommt, die dann auch entsprechend wirkungsvoll sind und die uns hoffen lassen, dass wir das darüber unter Kontrolle bekommen. Das ist der richtige Weg.

Und noch ein Zweites, zu der Zahl. 9 000 Wohnungen allein bei Airbnb, da frage ich die FDP: Ist das eine Lappalie für Sie, 9 000 Wohnungen? 9 000 Wohnungen für vielleicht 20 000 Menschen? Das ist das, was wir in einem Jahr etwa an Bauvolumen haben. Da geht doch jedes Verhältnis verloren, wenn Sie glauben, dass diese 9 000 Wohnungen etwas sind, was so als Marginalie einfach dahingeworfen wird. Da habe ich ein anderes Verständnis.

(Heike Sudmann)

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Ich muss erst einmal einen Schluck trinken auf den Schock hier. – Herr Duge! 9 000 Airbnb-Wohnungen. Wollen Sie uns ernsthaft erzählen, dass, wenn es Airbnb nicht gäbe, diese 9 000 Fälle, nenne ich sie einmal, als zusätzlicher Wohnraum dem Markt zur Verfügung stehen würden? Das ist doch absurd.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Senatorin Stapelfeldt, ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie sich hier hinstellen und in einer absoluten Schwarz-Weiß-Betrachtung und im Grunde der gleichen Überlegung wie Herr Duge den Eindruck erwecken, als gebe es nur die bösen Airbnb-Zweckentfremder oder irgendwie Menschen, die redselig ihre Mietwohnungen bewohnen. Das ist doch nicht wahr, und das wissen Sie doch auch. Wenn Sie Gespräche geführt haben mit den Beteiligten, dann wissen Sie, dass ein sehr großer Anteil der Airbnb-Nutzer zum Beispiel gar nicht die ganze Wohnung, sondern ein Gästezimmer oder ein Schlafzimmer zeitweilig vermietet. Wie kommen Sie dazu, festzulegen und zu behaupten, wer länger als acht Wochen eine Untervermietung in dieser Weise betreibt, der betreibe Zweckentfremdung? Das ist doch eine völlig willkürliche Festlegung, die Sie getroffen haben mit Ihrem Senat, die aber der Lebenswirklichkeit der Menschen überhaupt nicht gerecht wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Weil nun einmal in einer digitalisierten Welt, in der wir inzwischen schon seit geraumer Zeit leben und in der wir viele Dinge sharen, um es einmal Neudeutsch zu sagen, eben auch Wohnraum auf diese Weise gesharet wird und wir es an dieser Stelle gar nicht mit Zweckentfremdung zu tun haben. Sondern es gibt Hamburgerinnen und Hamburger, die reisen nach Lissabon und wohin auch immer und nutzen Gästezimmer von anderen Menschen, und andere Menschen tun das hier. Das ist nichts Böses, nichts Verbotenes, und vor allen Dingen wird die Unterbindung dieses Phänomens keinen Wohnraum schaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Wolf von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon sehr verwunderlich, wie viel dümm Tüch, wie der Hamburger sagen würde, erzählt wird in dieser Debatte. Frau Sud

mann will uns weismachen, dass die Ferienwohnungen verantwortlich sind dafür, dass viele arme Mieter ihre Wohnungen verlieren. Ich glaube, das trifft nicht zu.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Woher wollen Sie denn das wissen, dass das nicht stimmt?)

Und die FDP will uns weismachen, dass hier nur Menschen ihr kleines Zimmerchen mal untervermieten, um nette Menschen aus anderen Teilen der Welt aufzunehmen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das hat er so gar nicht gesagt! Auch! Sie haben nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren! Wenn man schon Airbnb glauben möchte, dann schauen wir doch einmal hier hinein in diese Untersuchung, die Airbnb selbst uns geschickt hat. Was wird denn angeboten? Da heißt es in der Analyse der Inserate pro Gastgeber: eine gesamte Unterkunft – ich sage es noch einmal, das ist ein anderes Wort für die ganze Wohnung –, 95 Prozent. Das sind nicht die kleinen Zimmer, die ein Student anbietet, weil er nette Studenten aus anderen Teilen der Welt kennenlernen möchte, die er für ein paar Tage bei sich wohnen lässt. Die FDP nimmt immer für sich in Anspruch, so viel von Wirtschaft zu verstehen,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Tun wir auch!)

aber leider, Herr Meyer, haben Sie das gesamte Businessmodell von Airbnb nicht verstanden.

(Jens Meyer FDP: Ach!)

Und Sie haben auch nicht verstanden, was die Motivation ist, hier Wohnungen insgesamt als Ferienwohnung zur Verfügung zu stellen.

(Daniel Oetzel FDP: Meinen Sie, da will je- mand Geld verdienen?)

Wenn Sie sich heute gesetzmäßig verhalten, können Sie am Wohnungsmarkt maximal noch eine Rendite erzielen von knapp unter 3 Prozent. Rechnen Sie einmal die Preissteigerungen rein und rechnen Sie die Finanzierungskosten rein; das lohnt sich nicht wirklich. Wenn Sie eine Ferienwohnung vermieten und sie ganzjährig anbieten über Portale wie Airbnb und Booking.com, die ja hier auch mit einbezogen werden, oder andere Portale, die es zahlreich gibt, dann reichen Ihnen auch weniger als 180 Tage bei dem, was Sie da pro Tag nehmen. Eine Wohnung in Winterhude zum Beispiel. Kann ich ja mal gucken, ist mein Wahlkreis. Habe ich gemacht. Da zahlen Sie schon mal 150 bis 200 Euro dafür, wenn die einigermaßen eingerichtet ist. Aber pro Tag. Das rechnen Sie mal hoch, wie viele Tage Sie dann vermieten müssen im Jahr, um mehr zu verdienen, als wenn Sie diese Wohnung am Wohnungsmarkt für eine Miete zur

(Olaf Duge)

Verfügung stellen, die dem Mietenspiegel entspricht. Das ist die Ökonomie, die dahintersteht, und das ist dann wirklich Zweckentfremdung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wenn das in einer Weise geschieht, dass derjenige dies offiziell anmeldet und sich registrieren lässt – das war ja der Gedanke unseres Antrags –, dann soll das auch weiterhin so geschehen. Und natürlich soll auch die Untervermietung von Fremdenzimmern für ein paar Tage nebenbei möglich sein, und wenn jemand acht Wochen im Jahr im Urlaub ist – die meisten haben nur fünf oder sechs Wochen Urlaub –, dann soll auch derjenige seine Wohnung weiter vermieten können. Das ist alles nicht ausgeschlossen. Was aber ausgeschlossen werden soll, ist die gezielte gewerbliche Zweckentfremdung, der Entzug von Wohnraum aus dem Wohnungsmarkt rein in die Ferienwohnungsvermietung. Und das ist das, was Airbnb als Geschäftsmodell massiv fördert. Das wollen wir in dieser Stadt unterbinden, weil es dem Wohnungsmarkt nicht guttut.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt habe ich viel von dumm Tüch geredet, aber ich muss Frau Koeppen einmal loben. Sie hat eine wahre Sache gesagt. Sie hat nämlich gesagt, was hier zitiert wurde mit dem großen Trommelwirbel und dem Brimborium um diesen Antrag,

(Glocke)

Entschuldigen Sie …

das sei ja vielleicht so nicht so gewesen. Allein dass Sie das zitiert haben, zeigt, dass Sie selbst genau wissen, was Sie da gemacht haben. Und, Frau Stapelfeldt, wenn Sie von dem gesamten Text, mit dem Ihr Antrag überschrieben ist, nur die erste Zeile vorlesen, dann ist das natürlich zu wenig. Ich habe mir die Mühe gemacht, das einmal zu Ende zu lesen, und dann hört es sich tatsächlich so an wie: Jetzt haben wir die Lösung für die Probleme am Wohnungsmarkt. Meine Damen und Herren! Ich habe es gesagt, Frau Koeppen hat es zitiert: Das ist nicht die Lösung der Probleme. Es ist ein kleiner, ein wichtiger Baustein, aber längst nicht alles.

Deswegen: Machen Sie weiter und lösen Sie wirklich die Probleme am Wohnungsmarkt. Gehen Sie da ran.

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, machen wir!)

Aber versuchen Sie nicht, den Eindruck zu erwecken mit großen Pressekonferenzen und riesen

großen Überschriften, Sie hätten es jetzt mit diesem Antrag gepackt. – Danke.

(Beifall bei der CDU)