Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Um diesem Unmut entgegenzutreten und die Frage der Qualität in der Bürgerschaft diskutieren zu können, machen wir konkrete Vorschläge. Es ist nicht so, dass wir nur sagen, da sei alles schlecht, sondern wir sagen auch, da gebe es Möglichkeiten. Deswegen sagen wir, dass bis zum Jahr 2020 die mittelbare pädagogische Arbeit finanziert werden kann, dass auch der Betreuungsschlüssel im Bereich der Kindertagesstätten verbessert werden kann, weil … Es wird gleich der Vorwurf kommen, wo das Personal herkommen solle. Auf eine Anfrage von uns hat der Senat selbst gesagt, bis 2020 kämen noch zusätzlich 420 Stellen dazu. Das heißt, es kommt Personal dazu. Es ist nicht so, dass wir sofort sagen, es müsse in die Qualität …

(Kazim Abaci SPD: Erzieherinnen!)

Entschuldigung, Erzieherinnen, Herr Abaci, Erzieherinnen kommen dazu.

Es ist nicht so, dass wir sagen, das sei nicht möglich. Es ist möglich, man muss nur wollen.

Die zweite Forderung von uns ist, die Fünf-Stunden-Gutscheine auszubauen. Deswegen machen wir einen Vorschlag: 10 Prozent müssen im Elementarbereich investiert werden müssen, damit die Eltern einen Kita-Platz finden können, denn viele Eltern suchen lange einen Kita-Platz mit FünfStunden-Gutschein, finden ihn nicht und haben Schwierigkeiten, sie müssen hamburgweit suchen. Deswegen muss erhöht werden.

(Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

Daher sagen wir: Steigerung der Qualität der Kindertagesbetreuung, Steigerung des Berufsfeldes, auch für Weiterentwicklung der Bildungsbeteiligung, und Beitragsfreiheit. Das widerspricht sich nicht, sondern im Gegenteil, das wird sich gegenseitig unterstützen und das wird sich auch gegenseitig befördern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Oetzel für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst einmal meiner Freude Ausdruck verleihen, dass der Senat bei der Aufstellung des jetzigen Haushalts

plans der FDP-Fraktion mit ihren Vorschlägen in zwei zentralen Punkten gefolgt ist. Das eine ist, das hat Herr Heißner eben schon gesagt, ein Ende der völlig offensichtlichen strukturellen Unterdeckung in der Kindertagesbetreuung. Das trägt zur Transparenz, zur Haushaltsehrlichkeit bei, und es ist auch nach unserer Auffassung nichts, wofür Sie sich schämen müssten, dass Sie 1 Milliarde Euro in die Kitas stecken.

(Vizepräsident Detlef Ehlebracht übernimmt den Vorsitz.)

Allerdings ist es auch nicht so, wie Sie es immer darstellen, dass Sie jetzt hier wieder noch einen riesigen Nachschlag machen, sondern, wenn Sie sich die Haushaltsergebnisse der letzten Jahre ansehen, dann waren die Zahlen immer schon viel höher, als Sie es eingestellt haben. Wir haben Ihnen immer gesagt, dass Sie an der Stelle schummeln. Jetzt sind Sie endlich da, dass Sie es reinschreiben, so wie es benötigt wird. Das finden wir gut, aber wir finden nicht gut, dass Sie so tun, als würden Sie von jetzt auf gleich plötzlich Hunderte Millionen Euro zusätzlich reinkippen, das nicht.

(Beifall bei der FDP)

Das Zweite, dass der Betreuungsschlüssel Aufnahme in die Kennzahlen im Haushalt gefunden habe, allerdings, das ist eben auch schon angeklungen, dadurch leider eine wirkliche Absicherung der Qualität nicht festgezurrt werden konnte. Ich komme gleich dazu, was ich dazu meine, denn wir müssen diese Qualitätsdebatte hier miteinander führen, denn die derzeitige Berechnung des Kita-Betreuungsschlüssels und der Qualität in der Kita ist intransparent und objektiv wenig aussagekräftig.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Frau Gallina hat eben schon gesagt, es fließe jetzt teilweise mittelbare Pädagogik ein. Es gibt natürlich noch andere Faktoren, Urlaub, Krankheit, zum Teil auch Fortbildung. Mich würde dann aber einmal Ihre Antwort auf meine Gegenfrage interessieren, was Sie denn glauben, wie viel Prozent von diesen mindestens 25 Prozent, die man aufschlagen müsste, nach Ihrer Lesart der derzeitigen Zahlen schon eingepreist sind, und was Sie meinen, wie viel Prozent man noch aufschlagen müsste, um eine realistische Vorstellung davon zu bekommen, was in den Hamburger Kindertagesstätten wirklich passiert.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch alles Theorie!)

Das würde mich interessieren; das sind Sie bisher noch schuldig geblieben.

Wir beantragen deshalb auch heute, neben dem rechnerischen Schlüssel im Haushalt eine weitere Kennzahl aufzunehmen, die offen und ehrlich die realen Betreuungsverhältnisse in den Kindertages

(Mehmet Yildiz)

stätten abbildet, eine zusätzliche Kennzahl für den realen Betreuungsschlüssel. Wir erkennen als FDP-Fraktion an, dass es noch ein weiter Weg ist in Hamburg, bis wir real 1:4 haben. Das ist ein weiter Weg, hat auch viel mit Erziehermangel zu tun, also mit Fachkräftemangel. Das ist uns schon klar. Das ist ein schwerer Weg, das erkennen wir an. Aber was wir Ihnen nicht mehr durchgehen lassen wollen, ist, dass Sie ständig den Hamburgerinnen und Hamburgern vorgaukeln, dass Sie auf diesem langen Weg schon viel weiter sind, als Sie es in Wahrheit sind, indem Sie einen Schlüssel ausweisen, der viel schlechter ist als das, was in Wahrheit passiert.

(Beifall bei der FDP)

Leider gibt es über diese Tatsachen, die ich gerade angesprochen habe, hinaus weitere massive Schlupflöcher beim Betreuungsschlüssel. Zwei davon möchte ich noch einmal kurz skizzieren; wir hatten einen entsprechenden Antrag in der letzten Sitzung der Bürgerschaft schon einmal eingebracht. Erstens haben die Kindertageseinrichtungen zu jeder Zeit die Möglichkeit, unbefristet und ohne Begründung bis zu 10 Prozent vom geltenden Schlüssel abzuweichen, und laut meiner SKA von vor einigen Wochen machen die Einrichtungen in Hamburg massiv Gebrauch von dieser Möglichkeit. Das verschleiert natürlich auch noch einmal, wie die tatsächlichen Verhältnisse sind, wenn man sich allein die Zahlen anschaut, die Sie in den Haushalt schreiben.

Das Zweite, und das ist das viel stärkere Problem, ist die Tatsache des Fachkräftemangels und wie Sie versuchen, diesem Fachkräftemangel zu begegnen. Sie wollen in den nächsten Jahren mehr Erzieherinnen/Erzieher ausbilden, das ist richtig, und haben versprochen, dass Sie nicht die Axt anlegen an die Qualität in der Erzieherausbildung. Das haben Sie versprochen. Es gibt zwei Indizien – oder ich würde fast schon sagen, zwei Beweise aus meiner Sicht –, dass Sie dieses Versprechen schon jetzt nicht mehr einhalten. Sie haben, ebenfalls auf eine meiner Anfragen, zugestanden und geantwortet, dass diejenigen Erzieherinnen und Erzieher, die durch eine 360-stündige Kurzausbildung zukünftig in den Kindertagesstätten mitarbeiten, ab Tag eins zu 90 Prozent in den Schlüssel einfließen. Das sind 90 Prozent mehr, als es die Erst- und Zweitkräfte in Ausbildung sind. Das ist nicht redlich, dass Sie an dieser Stelle hier sofort die 90-prozentige Einberechnung vornehmen.

(Beifall bei der FDP)

Und zweitens: Wir haben zwar das Versprechen, das wie gesagt aus unserer Sicht deutlich aufgeweicht ist, dass Sie nicht an die Erzieherausbildung gehen, aber jetzt hat Ihr Senator Rabe in der letzten Woche eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er meint, wir müssen die Erzieherausbildung reformieren, und ein Aspekt davon soll

sein, die Erzieherausbildung zu kürzen. Erklären Sie mir bitte einmal in den Reihen von Rot-Grün, wie das zu dem Versprechen aus der Sozialbehörde passt, dass Sie auf keinen Fall die Qualität der Erzieherinnen-/Erzieherausbildung absenken wollen, wenn jetzt schon aus der Schulbehörde von Herrn Rabe die Zeichen kommen, dass hier auch an eine Kürzung gedacht wird. Wie Sie das zusammenbringen, das müssen Sie uns erklären.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir müssen uns in diesem Thema ehrlich machen, weil es uns noch lange Zeit beschäftigen wird. Unser Antrag, den wir heute vorlegen, wäre ein erster Schritt dahin. Wir rufen Sie auf, dem zuzustimmen.

Allerdings gibt es weitere Aspekte in Ihrem Haushalt – wir reden ja heute über Haushalt, das fällt in vielen Debatten nicht so recht auf, aber in der Tat, das ist heute das Thema –, und ein weiterer zentraler Bestandteil, nämlich die Umsetzung der Doppik, die Steuerung über Kennzahlen, funktioniert ehrlich gesagt in diesem Haushalt auch noch nicht so richtig. Erst einmal positiv: In allen drei Behörden, für die ich bei uns zuständig bin, gab es Kennzahlenrunden bei den entsprechenden Senatorinnen/Senatoren, wo wir die Gelegenheit hatten, gemeinsam zu überlegen, welche Kennzahlen wir ausweisen müssen, damit wir den Haushalt steuerbarer machen. Das war gut, das kann man auch einmal loben, und ich glaube, dass wir dabei in der BASFI, ich hatte das schon gesagt, mit unserer Idee zur Aufnahme des Kinderbetreuungsschlüssels auch gehört worden sind. Das ist gut, es ändert aber nichts an der Tatsache, dass an vielen anderen Stellen die Steuerung über Kennzahlen nicht funktioniert.

Wir haben hier einen weiteren Antrag eingebracht, den wir vor zwei Jahren schon einmal eingebracht haben, dass es überhaupt nicht sinnvoll ist, nur zu messen, wie viele Projekte der Kinder- und Jugendarbeit in Hamburg gefördert werden, sondern dass wir doch vom Ergebnis her denken müssen. Wichtig ist auch nicht, wie viele Projekte wir fördern, wichtig ist, wie viele Kinder wir damit erreichen, wie viele Jugendliche davon wirklich profitieren können. Das haben wir vor zwei Jahren schon besprochen. Da hat die Behörde gesagt: Ja, das sehen wir auch so, wir freuen uns auf Vorschläge der Abgeordneten, wie hier eine andere Kennzahl aussehen kann. Wir haben einen Vorschlag gemacht, Sie haben keinen gemacht, Sie haben unseren Antrag abgelehnt. Das war damals schon schlimm genug. Zwei Jahre später haben Sie immer noch keine Idee, wie eine Kennzahl aussehen kann. Die Behörde hat im Ausschuss wieder gesagt, sie freue sich über Ideen – wir bringen unsere Idee wieder ein, und ich bin mir recht sicher, dass Sie unseren Antrag heute wieder ablehnen werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Wenn wir ihn einmal abgelehnt haben, lehnen wir ihn noch mal ab!)

Das ist echt oberpeinlich langsam nach diesen Jahren. Kommen Sie, machen Sie sich ehrlich, und wenn Sie uns sagen wollen, Sie wollen die FDPAnträge nicht annehmen – okay. Aber dann kommen Sie bitte an dieser Stelle, wo objektiv Nachsteuerungsbedarf ist, mit einem eigenen Vorschlag um die Ecke. Den würden wir dann natürlich möglicherweise, je nachdem, wie Sie es machen, gern mittragen.

(Beifall bei der FDP)

Dann noch zu einem Thema, welches man ansprechen muss, wenn wir über den Haushalt in diesem Bereich reden: die offene Kinder- und Jugendarbeit. Auch das ist ein Thema, wo ich ehrlich gesagt in den letzten Jahren immer ein bisschen zähneknirschend durch die Gegend gegangen bin, wenn Sie so kleine strukturelle Aufwüchse verkündet haben. Man muss das Ganze einmal in einem Gesamtzusammenhang sehen, Herr Lohmann hat es gerade schon ein Stück weit zugestanden. Diese kleinen Aufwüchse in den letzten Jahren machen natürlich nur ein Stück weit die massiven strukturellen Kürzungen wett, die der letzte Senat hier in Hamburg durchgeführt hat. Da tappen wir uns jetzt Stück für Stück wieder näher ran, aber viele Angebote, die durch diese strukturelle Unterfinanzierung wegfallen mussten, die eine jahrelange Tradition hatten, die werden nicht einfach so wiederkommen. Die werden jetzt neu aufgebaut werden müssen im Laufe der Zeit, und wenn man noch die Inflation und andere Dinge reinrechnet, müsste man eigentlich noch mehr an dieser Stelle aufschlagen, wenn wir das alte Niveau erreichen wollen. Da müssen Sie sich wirklich ehrlich machen und jetzt nicht so tun, als würden Sie mit immer tollen neuen Sachen um die Ecke kommen.

(Wolfgang Rose SPD: Wie viel wollen Sie einsparen? – Glocke)

Herr Oetzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Abgeordneten Frau Gallina?

Wenn Sie die Uhr anhalten, mache ich das.

Mache ich glatt.

Ich wollte nur den Hinweis geben an der Stelle, als Sie jetzt noch einmal zu den Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit ausgeführt haben, es gebe einige Projekte nicht mehr, dass es auch viele Projekte gibt, die sich in dem Zusammenhang anders aufgestellt haben. Es ist nicht so, dass man

1:1 davon sprechen kann, dass jetzt alles, was man an Struktur jemals vorgefunden hat, zusammengebrochen ist, sondern sie haben sich teilweise auch innerhalb der Förderungsstruktur anders orientiert und anders aufgestellt. Ich glaube, da besteht auch kein Dissens, aber ich wollte an der Stelle einfach den Punkt klarstellen.

Das stimmt zum Glück, da haben Sie recht, es hätte noch schlimmer kommen können. Viele Projekte allerdings, das muss man ebenfalls sagen, haben ihre Finanzierung dadurch gesichert, dass sie auch über bezirkliche Sondermittel gegangen sind. Diese Sondermittel stehen dafür an anderer Stelle, wo sie vorher vorgesehen waren, nicht mehr zur Verfügung. Das heißt, hier hat man im Grunde dann auch einen Kaskadeneffekt, dass diese Sondermittel an anderer Stelle fehlen. Das gehört dann zur Wahrheit auch dazu.

(Beifall bei der FDP und bei Philipp Heißner CDU)

Eine letzte Anmerkung vielleicht noch, weil eben gesagt wurde – das ging gegen den Kollegen Heißner von der CDU –, wie könne man hier eine halbe Million oder so in irgendwelchen Bereichen fordern, das sei total haushaltsunehrlich. Ich nenne Ihnen einmal eine Sache, die grundsätzlich ein Problem an diesem Haushalt ist. Die Tatsache, dass Sie immer mehr globale Mittel in die Finanzbehörde schaufeln und immer mehr zentrale Verfügungsfonds aufbauen, ist ein zentrales Problem Ihres Haushalts, und das macht es Oppositionsabgeordneten so leicht wie noch nie zuvor, irgendwelche Dinge gegenzufinanzieren, nämlich genauso leicht, wie es Ihnen fällt. Sie schreiben einfach, alles werde durch Kürzungen und Absenkung der zentralen Reserve gegenfinanziert.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Andrea Oelschläger AfD)

Das Spiel beherrschen Sie, das können wir aber auch. Und wenn Sie das machen und wenn wir das machen, ist die Gegenfinanzierung genauso seriös. Unseriös ist die Tatsache, dass Sie diese zentralen Mittel so weit aufblähen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Oetzel. – Als Nächste spricht Frau Oelschläger von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für das Wort. Ich wollte Herrn Heißner noch einmal ansprechen. Ich finde es richtig, dass Sie auch in so einer Debatte einmal den Schuldenstand erwähnen und sagen, auch das dürfe man

(Daniel Oetzel)