Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Ihr wolltet doch die Primarschule, oder nicht?)

Flexibilität, Veränderung und Entwicklungen weiter zu ermöglichen. Das ist mit diesem zweispurigen System sehr gut zu erreichen, und ich glaube, wir sollten nach den zehn Jahren, die wir mit ihm gelaufen sind, damit weitermachen.

Die Anträge, die von der Opposition gekommen sind, haben mich, muss ich sagen, doch ziemlich enttäuscht,

(André Trepoll CDU und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Dann haben wir al- les richtig gemacht!)

weil sie entweder nicht zielführend sind, teilweise von falschen Voraussetzungen ausgehen – zum Beispiel der Antrag der FDP zum Schwimmen – oder finanziell nicht hinterlegt waren.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das stimmt ja bei uns überhaupt nicht! Was erzählen Sie denn da? Was ist denn dabei nicht hinterlegt? Sagen Sie es doch mal!)

Ich habe von den LINKEN gesprochen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Wir haben Kennzahlen gefordert, Herr Duge! Was reden Sie denn da?)

Sie können sich dazu äußern.

(Glocke)

Regen Sie sich nicht auf. Regen Sie sich ab und dann sagen Sie etwas dazu.

Ich bitte Sie, unsere Anträge zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Bevor ich Frau Boeddinghaus für die Fraktion DIE LINKE das Wort erteile, möchte ich darum bitten, dass wir ein bisschen ruhiger werden, auch wenn es sich um Schulpolitik handelt. – Frau Boeddinghaus, Sie haben das Wort.

Herr Duge, es tut mir ja leid, dass wir Sie enttäuschen mussten, aber ich kann da wirklich nur erwidern: In welcher Welt leben Sie eigentlich?

(Beifall bei der LINKEN und der FDP – An- na-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Bravo!)

Bei den Bildungsdebatten drängt sich immer ein bisschen das Gefühl auf, Rot-Grün lebe in einer Blase: Es ist immer alles gut, die Lehrkräfte sind motiviert und die Opposition sucht die Haken und Ösen und redet alles schlecht. Wenn Sie einmal in die Stadt gehen würden, wenn Sie wirklich in den Schulen unterwegs wären, wenn Sie mit den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern reden würden, dann würden Sie mehr Verständnis für unsere Anträge aufbringen. Dann würden wir Sie entzücken mit unseren Anträgen, Herr Duge.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn man muss ja einmal feststellen, dass Sie vor zwei Jahren genau dasselbe von sich gegeben haben. Da war gerade die Verhandlung mit der Volksinitiative "Guter Ganztag" beendet. Die hat Ihnen ordentlich etwas abgerungen an zusätzlichen Mitteln, weil nämlich die Qualität im Ganztag genauso wichtig ist wie die Quantität. Und jetzt, zwei Jahre später, haben wir die Situation, dass die Volksinitiative "Gute Inklusion" eine Vereinbarung mit dem Senat beziehungsweise Rot-Grün geschlossen hat und wir das in der Bürgerschaft mit großer Zustimmung beschlossen haben.

(Jan Quast SPD: Was wollen Sie mehr?)

Auch da haben Sie vorher erzählt, es sei alles wunderbar an den Schulen, wir würden hier herumspinnen und fantasieren, dass Inklusion unterausgestattet sei. Also: In welcher Welt leben Sie? Das frage ich mich wirklich.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich begrüßen wir jetzt, dass Sie in der Nachtragsdrucksache für das laufende Jahr noch diese mit "Guter Ganztag" und "Guter Inklusion" ausverhandelten Euro eingestellt haben. Aber das war es dann auch. Sie selbst kommen nicht in den Tritt, da unterstütze ich Frau Stöver ausdrücklich. In ihrer Pädagogik nicht, da können wir uns trefflich streiten, aber ich unterstütze sie, wenn sie betont,

(Olaf Duge)

dass Sie sich immer nur dafür loben, dass Sie das Schulgesetz einhalten und entsprechend Mittel einstellen. Aber mehr tun Sie nicht; die dritte Volksinitiative ist sicherlich auf dem Weg.

(Beifall bei der LINKEN, der FDP und verein- zelt bei der CDU)

Wir machen deswegen das Mindeste, was überhaupt zu machen ist: Wir legen in unserem Antrag den Schwerpunkt auf eine richtig gut ausgestattete Inklusion. Wir fordern also das, was die Initiative "Gute Inklusion" nicht mehr geschafft hat in der Ausverhandlung, wir fordern noch 200 weitere Stellen im Bereich Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung und 60 Stellen im Bereich Hören, Sehen, geistige und körperlich-motorische Entwicklung. Das bedeutet, wir fordern eine Doppelbesetzung in allen inklusiven Klassen,

(Beifall bei der LINKEN)

und zwar von montags in der ersten Stunde bis freitags in der letzten Stunde. Und, meine Damen und Herren, das ist nicht Kür, das ist Pflicht.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Jan Quast SPD)

Ich weiß nicht, in welcher Schule Ihre Kinder sind, Herr Quast,

(Dennis Gladiator CDU: Baumschule!)

aber wenn sie inklusiven Unterricht mit nur einer Lehrkraft besuchen würden, dann wären Sie der Erste, der hier beantragen würde, dass eine Doppelbesetzung in den Klassen kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich begrüße ich, dass es einen Antrag von Rot-Grün zur Förderung der körperlich-motorischen und der geistigen Entwicklung gibt. Wir wollen aber mit unserem Zusatzantrag sicherstellen, dass die eine Gruppe nicht gegen die andere ausgespielt wird. Wenn Sie das genauso sehen, können Sie unserem Antrag zustimmen oder ihn zumindest an den Schulausschuss überweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir erneuern, da haben Sie richtig gelesen, unseren Antrag von vor zwei Jahren zur Qualitätsentwicklung im schulischen Ganztag. Es wurde hier schon zu Recht angesprochen: Die Verzahnung von Vormittag und Nachmittag ist pädagogisch überhaupt nicht gelöst. Um 13 Uhr hört Schule auf, um 13.05 Uhr beginnt der trägerorganisierte Nachmittag.

(Kazim Abaci SPD: Warum reden Sie alles so schlecht, Frau Kollegin?)

Deswegen brauchen wir einen Übergang. Herr Abaci, Sie könnten sich ja einmal das Projekt des Paritätischen angucken, der hat das für viele Schulen aufgelegt. Wir brauchen nur einen Euro

pro Kind pro Tag. Dazu müssten Sie in der Lage sein. Das erwarten wir von Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und ich würde mich freuen, wenn die CDU zustimmt; sie hat hier ja gerade erwähnt, wie wichtig das ist.

Ich finde, zu so einer Debatte gehört auch, einmal zu sagen: Wie ist eigentlich die Bilanz? Was haben wir eigentlich im Moment hier in Hamburg im Schulsystem? Wir haben drei sehr einschneidende Veränderungen: Wir haben die Implementierung des Zwei-Säulen-Modells, die noch längst nicht gelungen ist – aus unserer Sicht wird sie auch nie gelingen, weil sie gar nicht gelingen kann; die Stadtteilschule hat es unglaublich schwer, sie ist unterfinanziert, sie ist ungleich behandelt, sie muss unglaublich viele Aufgaben übernehmen, die sie gar nicht allein wuppen kann –, wir haben die Inklusion und wir haben den Ganztag.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es Positionspapiere gab: von den Leitungen der Stadtteilschulen und jetzt zu diesem Doppelhaushalt auch von den Leitungen der Gymnasien. Gemeinsame Botschaft von beiden Schulleitungen, aus den Gymnasien und aus den Stadtteilschulen – und ich finde, das ist eine Zäsur, das muss man zur Kenntnis nehmen –, ist die totale Überlastung der Lehrkräfte durch das ungerechte und unzulängliche Lehrerarbeitszeitmodell und die ständig wachsenden Aufgaben an den Schulen. Deswegen ist es eine Milchmädchenrechnung, immer nur zu sagen, Sie geben so und so viel Stellen mehr hinein und das sei noch mehr als die wachsende Schülerzahl. Wir müssen endlich eine Bedarfsklärung an den Schulen machen, wie viele Aufgaben zusätzlich in den Unterricht kommen, die die Lehrerinnen und Lehrer zu erledigen haben, jeden Tag,

(Beifall bei der LINKEN)

und es ist wirklich sehr frustrierend, Herr Schulsenator, dass Sie sich damit überhaupt nicht auseinandersetzen. Denn Unterricht ist mehr als Stoffvermittlung, und ich glaube, Sie haben ein ganz großes Problem, das zu verstehen. Sie sind lieber unterwegs, bundesweit zu erzählen, auf welche Plätze wir nach oben geklettert sind.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Da hat er ja nicht viel zu tun!)

Sie gängeln die Schule mit rückwärtsgewandten Vorgaben. Sie greifen in die pädagogische Mottenkiste. Sie greifen massiv in die Schulautonomie ein, das werfe ich Ihnen ganz zentral vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das ist ein Problem. Wenn die Schulen an Sie herantreten und sagen, wir sind unterfinanziert, wir brauchen hier mehr und dort mehr und haben da

Bedarfe, die nicht gedeckt sind, dann sagen Sie immer, Sie haben doch Ihr Schulbudget, Sie sind doch selbstverantwortet, machen Sie mal. Aber wenn es darum geht, dass Sie Panik bekommen, weil vielleicht die Mathematik- oder die Schreibleistungen noch nicht so gut sind, dann greifen Sie massiv in die Autonomie der Schulen ein und schreiben vor, was sie zu tun haben, und das ist nicht die Pädagogik des 21. Jahrhunderts. Sie ignorieren die eigenen Konzepte, die die Schulen haben. Sie setzen sich nicht mit den Schulen auseinander. Das führt zu Frust und zu Perspektivlosigkeit in den Schulen.