Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

Hier hängt die Begründung mit dem zweiten Petitum zusammen, Punkt 2.1. Ein Kalkulationsfehler dieser geringen Summe ist kein Grund, die gesamte Gebührenordnung infrage zu stellen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet solche Kalkulationsfehler nur dann als maßgeblich, wenn sie sich wesentlich auf die Gebühren auswirken, und das ist hier nicht der Fall.

Ein Gutachten von der LINKEN ist kein Anlass, die Gebührenordnung 2018 zurückzunehmen. Abgesehen von dem Chaos, das in den Unterbringungen entstünde, ist es auch rechtlich fragwürdig. Sogar im zitierten Gutachten scheidet nach Paragraf 20a eine Absenkung in 2018 aus. Auch hier steht ganz klar, eine Rücknahme sei nur möglich, wenn die tatsächlichen Kosten nicht den angesetzten entsprächen. Davon kann hier aber keine Rede sein.

Im Übrigen wäre eine Rückzahlung an die Selbstzahlerinnen und Selbstzahler aufgrund der von der LINKEN angeführten Kalkulationsfehler keine Unsumme, da es diese, wie gesagt, kaum gibt und es sich bei der Rückzahlung um derart kleinere Summen handeln würde, die niemandem helfen würden. Somit entfällt auch die Forderung in Petitum 3.

(Glocke)

Die Gebührenordnung ist rechtmäßig, berücksichtigt das

(Glocke)

ja, ich bin sofort fertig – Sozialstaatsgebot und in ihrer Zusammensetzung ist diese Gebührenordnung …

(Glocke)

(unterbrechend) : Sie müssen zum Ende kommen.

… auch kein Geheimnis. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die FDP-Fraktion erhält nun Frau Nicolaysen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie vor einem Jahr möchte ich auch heute hervorheben, dass die Höhe der Gebührenerhebung weiterhin sehr viel Konfliktpotenzial mit sich bringt – unnötiges Konfliktpotenzial. Der Grund dafür ist, dass die Abrechnungsposten nicht transparent sind. Mit nicht transparent meine ich, dass offenbar nicht klar ist, welche Sachen in die Gebührenkalkulation einfließen dürfen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin keine Richterin, deshalb kann ich auch nicht sagen, ob die Fehler, die der Rechtsgutachter der Fraktion DIE LINKE aufgeführt hat, Bestand haben. Aber in einem Punkt gehe ich d'accord mit den LINKEN: Ich erwarte von diesem Senat, dem alle Mitarbeiterressourcen der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung stehen, dass hier eine rechtskonforme und transparente Gebührenerhebung gilt.

(Beifall bei der FDP)

Nur weil das Sozialsystem hier Kostenschuldner ist, heißt das nicht, dass die Gebührenerhebung rechtswidrig sein darf. Und Ihnen ist auch klar, dass, wenn die Unterkunft vom Staat gezahlt wird, wohl kaum ein Bewohner gegen den Gebührenbescheid gerichtlich vorgehen wird. Ich bitte Sie, das darf nicht unser Anspruch sein. Unser Anspruch muss sein, transparente und rechtskonforme Gebühren für die öffentlich-rechtliche Unterbringung zu verlangen.

Neben dem Steuerzahler werden durch die Gebührenhöhe von 590 Euro monatlich vor allem Zugewanderte mit mehr als 1 450 Euro Einkommen belastet, also gerade die, die versuchen, sich zu integrieren, und Arbeitsangebote annehmen. Aus einer SKA der LINKEN geht hervor, dass 2 392 Personen mit der ermäßigten Gebühr belastet werden. Aber wie viele komplette Selbstzahler es in Hamburg gibt, weiß der Senat aus unerklärlichen Gründen nicht.

(Phyliss Demirel)

Liebe Senatsvertreter, hier haben wir wieder einen Dauerbrenner zu beklagen: mangelnde Transparenz. Es kann doch nicht sein, dass Sie nicht in der Lage sind herauszufinden, ob und wie viele Personen beziehungsweise Familien den höchsten Gebührensatz zahlen. Reden wir hier von zehn oder tausend Haushalten? Ich erwarte, dass Sie, was Transparenz angeht, hier unmittelbar nachbessern.

Auch wenn ich für die Initiative der LINKEN Sympathie hege, können wir dem konkreten Antrag dennoch nicht zustimmen. Die Änderung der Gebührenfestsetzung rückwirkend für 2018 verlangt einen derart hohen Verwaltungsaufwand, den das Ergebnis kaum rechtfertigen wird. Denn im Ergebnis bekommt der Steuerzahler kein Geld zurück; die Kosten sind angefallen und müssen vom Steuerzahler bezahlt werden, unabhängig davon, wo sie kalkulatorisch abgerechnet werden. Und die zweite Zielgruppe, die kompletten Selbstzahler, da wissen wir ja nicht einmal, wie viele es sind. Nein, der Blick zurück bringt uns nicht weiter. Zu guter Letzt fehlt mir in dem Antrag auch die Folgenabwägung, nämlich unter anderem, welche Auswirkungen die vorgeschlagenen Änderungen auf die Kostenübernahme des Bundes haben. Wir reden hier immerhin von Erstattungen des Bundes in Höhe von 48,5 Millionen Euro in 2018.

Alles in allem ist die Gebührenhöhe weiterhin intransparent und erweckt den Eindruck, dass hier Kosten, die in ihrer Form und Höhe weiterhin erklärungsbedürftig sind, kalkuliert werden, um möglichst viel Geld vom Bund zu bekommen. Bessern Sie bitte nach. Es kann doch nicht so schwer sein, eine vernünftige Gebührenhöhe für Unterkünfte zu kalkulieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Feineis von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes: Alle Bezirksfraktionen, das kann ich jedenfalls aus Harburg berichten, waren bei f & w fördern und wohnen. Wir haben uns die Unterkünfte angeschaut und ich kann nicht sagen, dass sie menschenunwürdig sind. Es gibt mit Sicherheit verschiedene Unterkunftsformen und verschiedene Unterkünfte. Wo es hin und wieder hakt, ist die Sauberkeit in den Nasszellen. Da muss ich Ihnen recht geben, das ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Da müsste der Senat nachbessern, kein Thema.

Nach unseren Zahlen kostet die Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen die Stadt monatlich 587 Euro und 141 Euro Gebühr. Die Gebühr wird hauptsächlich durch den Bund getragen und der Fehlbetrag, den Hamburg dazugibt, ist 446 Euro. Das sind die Zahlen, die wir haben. Ob die stimmen … Ich gehe mal davon aus.

(Uwe Giffei SPD: Die Zahlen sind völlig ver- altet!)

Nur, das Thema ist, dass 90 Prozent aller, die in öffentlichen Unterkünften leben, nicht von dieser Situation betroffen sind, sondern die übrigen 10 Prozent. Unter 1 300 Euro netto im Monat müssen diejenigen, die in diesen Unterkünften sind, 210 Euro pro Monat bezahlen, über 1 300 Euro netto 587 Euro.

Ich persönlich meine, dass dieser Antrag nicht das eigentliche Problem sieht: Es fehlen bezahlbare Wohnungen in Hamburg. Auf der anderen Seite ist, wenn ich auf den Antrag zurückkomme, wirklich schwer festzustellen, wie viele Menschen über 1 300 Euro netto verdienen, weil die Fluktuation sehr hoch ist; in einem Monat so viel, im anderen Monat so viel, es ist schwierig.

Wir können diesem Antrag nichts abgewinnen und darum werden wir ihn nicht unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Dr. Leonhard.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einige einordnende Bemerkungen zu dem Antrag und auch zu der Debatte.

Ich finde es sehr schade, dass die Gelegenheit, die wir im Ausschuss geboten haben, als wir bei der Einführung der neuen Gebühren sehr kleinteilig – und zu Recht sehr kleinteilig, denn die Abgeordneten haben das Recht darauf, es individuell nachvollziehen zu können – informiert haben, nicht in der Weise gewürdigt wird, dass es in die Begründung dieses LINKEN-Antrags eingeflossen ist. Wir haben da sehr wohl erklärt, dass wir in Hamburg gehalten sind, zumindest kostendeckende Gebühren einzuführen. Wir haben erklärt, aus welchen Gründen wir immer noch nicht ganz kostendeckend sind.

Und da komme ich dann zum zweiten Punkt Ihrer Begründung Ihres Antrags. Das Beispiel Stuttgart und das Verhalten der Ratsfraktion an dieser Stelle hier anzuführen, finde ich schon ein starkes Stück. Denn der Stuttgarter Ratsfraktion ging es eben nicht darum, dass die Gebühren kostendeckend auf die Bewohnerinnen und Bewohner der öffentlich-rechtlichen Unterkunft umgeschlagen werden. Genau das machen wir hier in Hamburg mit unserem gemäßigten Gebührensatz. Das Beispiel taugt also gar nicht. Im Gegenteil, die Fraktionen machen das hier lange und der Senat auch an dieser Stelle. Dort gab es den Versuch, die Gebühren vollständig umzulegen.

(Christel Nicolaysen)

Auch bezogen auf das Münchener Urteil hätte Sie die Ausschussberatung, die wir zu dem Thema schon gehabt haben, erheblich weiterführen können. Da ging es nämlich konkret darum, dass beklagt wurde, dass nicht ersichtlich sei, aus welchen Einzelteilen sich die Gebühren zusammensetzen. Das können wir hier in Hamburg aber belegen – und das müssen wir übrigens auch in unserer Auseinandersetzung mit dem Bund, der ja wesentlicher Kostenerstatter ist und das Recht darauf hat, dass wir begründen, wie sich die Gebühren entsprechend zusammensetzen.

Und zum dritten Punkt, dem Sozialstaatsgebot, möchte ich sagen – es ist hier von einigen Fraktionen auch schon völlig richtig dargestellt worden –: Es ist unsere Aufgabe, Menschen, die über ein gewisses Einkommen verfügen und aus welchen Gründen auch immer dennoch auf öffentlich-rechtliche Unterbringung angewiesen sind, was, wie wir alle wissen, aus den unterschiedlichsten Gründen der Fall sein kann, gemäß ihrer Leistungsfähigkeit heranzuziehen, schon aus Gerechtigkeitserwägungen.

(Kazim Abaci SPD: Genau!)

Die Gebührengrenzen sind hier unterschiedlich diskutiert worden, aber ich will noch einmal sagen: Der von Ihnen geschilderte Fall mit der Gebührenhöhe von 800 Euro bedarf eines Nettoeinkommens von 3 208 Euro für vier Personen.

(Sören Schumacher SPD: Das hätte ich gern!)

Und wenn wir einmal an die verschiedenen Debatten denken, die wir gesamtgesellschaftlich aus Gerechtigkeitserwägungen führen, dann ist das natürlich in gewisser Weise ein Leistungsbeitrag, auch ein nicht unerheblicher, das muss man einräumen, aber es gehört dazu, dass die Stadt ihn an dieser Stelle erhebt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Ensslen von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Giffei, was bringt denn eine Überweisung an den Ausschuss? Der Senat muss doch handeln, er muss eine rechtmäßige Gebührenordnung erlassen. Da nützt eine wiederholte Diskussion im Ausschuss nicht, wo das alles, was hier an Falschem gesagt worden ist, noch einmal wiederholt wird.

(Beifall bei der LINKEN – Ksenija Bekeris SPD: Dann ziehen Sie doch mal Ihren Quatsch zurück!)

Es geht nicht allein um die Kostendeckung. Die Kostendeckung ist ein Aspekt. Ich höre hier immer dasselbe. Man muss nicht kostendeckende Ge

bühren erheben, man darf es sogar nicht aus Gründen des Sozialstaatsgebots.

(Beifall bei der LINKEN – Kazim Abaci SPD: Woher wissen Sie das?)

Sie verweisen hier immer auf Härtefallregelungen. Das Gutachten hat klar festgestellt: Die sind unzureichend. Es ist in den Goodwill der Behörde gestellt, wie da gerade entschieden wird oder nicht. Das ist völlig unklar. Und die Ermäßigungstatbestände sind ebenso unzureichend. Seit wann gilt denn im Übrigen das Recht der Mehrheit? Es muss Recht für alle Personen gelten und da ist es egal, wie viele es trifft, wenn etwas falsch gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN)