Protokoll der Sitzung vom 25.04.2019

Insofern, denke ich, ist es gut, wenn wir diese Diskussion noch einmal grundsätzlich aufmachen und auch noch einmal über die DOM-Verordnung an sich diskutieren, denn Sie können nicht mehr lange daran vorbeigehen, dass Sie einerseits Hamburg mit Events überschwemmen und andererseits den Tierschutz ganz weit hintanstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt erhält der Abgeordnete Kruse für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hui, das war ein kalter Wind, der hier eben durchgeweht ist. Ich kann nur feststellen, dass man den DOM in seiner Gänze – das sind drei verschiedene Veranstaltungen in drei Monaten über das ganze Jahr – jetzt vielleicht nicht ausschließlich anhand eines Fahrgeschäftes beurteilen sollte, weil ein Fahrgeschäft eine Sache macht, von der Sie sagen, darüber müssten wir einmal diskutieren. Aber ich finde es dann nur folgerichtig, auch dafür zu sein, dass wir diesen Antrag im Ausschuss beraten. Insofern bin ich sehr dafür, dass wir, wenn wir ihn jetzt von der CDU zurückgezogen bekommen haben, zumindest dann im Fachausschuss in einer Selbstbefassung darüber reden. Das finde ich sehr gut.

Wir als FDP-Fraktion haben die Verlängerung des Sommer-DOMs schon im Jahr 2017 gefordert. Deswegen halten wir das natürlich auch heute noch für richtig. Ich denke, es ist gut, wenn wir uns da mit einem interfraktionellen Antrag gemeinsam auf den Weg machen. Das ist heute, glaube ich, auch nicht mehr der Punkt in der Debatte.

Wir sollten uns, finde ich, aber auch gemeinsam darüber Gedanken machen, woher diese Forderung gekommen ist. Die Schaustellerinnen und Schausteller haben ja einen Grund beziehungsweise mehrere Gründe gehabt, weshalb sie gesagt haben, man müsse darüber reden, ob sie dem Erwerb nicht eine Woche länger nachgehen können. Diese Gründe sind vielfältig. Ich möchte einmal ein paar nennen.

Die erste Debatte war die um die Poller auf dem DOM, die in Zukunft von den Schaustellerinnen und Schaustellern bezahlt werden sollten. Die nächste Debatte war die um Polizeistreifen, die auf dem DOM verstärkt eingesetzt und auf Wunsch der rot-grünen Koalition von den Schaustellerinnen und Schaustellern bezahlt werden sollten. Das war der Aufhänger dafür, dass die Damen und Herren dort gesagt haben, dann bräuchten sie aber auch

mehr Möglichkeiten, um ihrem Broterwerb nachzugehen. Ich glaube, wir sollten dringend einmal auf all die Grundlagen schauen, die dafür sorgen, dass dieses Gewerbe immer weiter unter Druck gerät.

Ein weiterer Punkt: Mindestlohndokumentation. Ich glaube, jeder hier im Haus kann sich vorstellen, was es für einen kleinen Betrieb bedeutet, der täglich unterschiedliches Personal am Stand und ohnehin schon Schwierigkeiten hat, ihn zu besetzen, auch noch umfangreichen bürokratischen Pflichten nachzugehen,

(Jens-Peter Schwieger SPD: Oh, oh, ganz dünnes Eis!)

die dann im Folgenden kaum kontrolliert werden, die viel bürokratischen Aufwand bedeuten und die für die Betriebe bedeuten, dass ihnen vom Staat nicht Vertrauen, sondern erst einmal grundsätzlich Misstrauen entgegengebracht wird.

Wenn wir dann hier das Thema Energiepolitik gehört haben, kann ich nur an die Fernwärmedebatte von vorhin erinnern und sagen: Vielleicht sorgen wir einfach dafür, dass wir die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Betriebe, seien es Schausteller oder alle anderen kleinen und mittleren Betriebe in dieser Stadt, richtig machen, denn dann würden wir diese Debatte in Wahrheit gar nicht führen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Lorkowski für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon fast alles gesagt worden, was zu sagen war, denn es geht immerhin um den Hamburger Sommer-DOM. Ihn eine Woche zu verlängern, wird die AfD mit Selbstverständlichkeit unterstützen. Die Schausteller tragen für alles das volle Risiko selbst. Zum einen dafür, dass sie immer schönes Wetter haben; ist dies der Fall, ist der Erfolg da, sind Schlechtwetterphasen angesagt, sind erhebliche finanzielle Einbußen zu verzeichnen. Zum anderen müssen die Fahrgeschäfte immer auf den neuesten Stand gebracht werden und das kostet Geld. Dafür brauchen die Leute auch eine gewisse Sicherheit. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, was mich bei diesem Thema überrascht, stelle ich fest, dass der Antrag von der CDU-Fraktion zurückgezogen worden ist; den können wir dann auch nicht überweisen.

Deshalb kommen wir jetzt endgültig zum Tagesordnungspunkt 44, Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD – jetzt sind auch alle Rednerinnen und Redner da –: Kommunaler PassivAktiv-Transfer als Finanzierungsbaustein für das Hamburger Landesarbeitsmarktprogramm.

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Kommunaler Passiv-Aktiv-Transfer als Finanzierungsbaustein für das Hamburger Landesarbeitsmarktprogramm – Drs 21/16864 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Neue Chancen für Langzeitarbeitslose – Notwendige Bedarfe über ein Landesarbeitsmarktprogramm decken – Drs 21/16961 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/16961 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Wer wünscht hierzu das Wort? – Frau Demirel erhält es für die GRÜNE Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Passiv-Aktiv-Transfer ist das, was man in der Politik ein dickes Brett nennt. Im Grunde geht es darum, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren und Menschen mit Vermittlungshemmnissen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Dafür werden die staatlichen Unterstützungsleistungen wie Arbeitslosengeld II und Leistungen für Heizung und Miete, die ein Hartz-IV-Empfänger erhält, zusammengefasst. Dieses Geld bildet den Grundstock für die Einrichtung einer sozialversicherungspflichtigen Stelle und gemeinsam mit dem Geld, das auf dieser Stelle erwirtschaftet wird, kann ein normaler Lohn bezahlt werden. Das bietet den betroffenen Menschen Perspektiven und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und das ist gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Diakonie hat dieses Konzept unter dem Titel "Option sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Konzept zum Passiv-Aktiv-Transfer", kurz gesagt PAT, schon im Jahre 2006 vorgeschlagen, um sogenannte passive Mittel zur Deckung des Lebensunterhalts mit aktiven Mitteln zur Förderung der Eingliederung in Arbeit zu verbinden. Insbesondere in Hamburg ist die Diakonie nicht müde geworden, in komplizierten Modellrechnungen für diese naheliegende Idee zu werben. Seitdem spielt

(Michael Kruse)

dieses Thema auch in verschiedenen Koalitionsverhandlungen eine Rolle.

Hamburg hat sich in den letzten fünf Jahren im Rahmen der Sozialministerkonferenz aktiv bemüht, die rechtlichen Hürden für den Passiv-Aktiv-Transfer zu beseitigen. Aber es hat lange gedauert. Erst mit dem Anfang des Jahres in Kraft getretenen Teilhabechancengesetz bekommen wir endlich den PAT.

In der Umsetzung klar geregelt ist er bisher nur für die Mittel, die das Jobcenter einsetzt. Aus den Bundesmitteln bekommt das Jobcenter für jeden über das neue Instrument Paragraf 16i in Arbeit gebrachten Arbeitslosen eine Pauschale von 500 bis 700 Euro monatlich, die zusätzlich für Eingliederungsleistungen eingesetzt werden können. Eine so klare Regelung gibt es für die Kommunen bisher nicht. Vielmehr ist bisher noch nie genau ausgerechnet worden, um wie viel Geld der Hamburger Haushalt durch diesen Paragraf-16i-Arbeitsplatz tatsächlich entlastet wird. Dazu gibt es durchaus strittige Einschätzungen.

Um Klarheit zu schaffen, fordern wir jetzt mit diesem Antrag diese Rechnung ein. Wir verbinden sie mit dem klaren Ziel, die Einsparungen durch das Teilhabechancengesetz nicht einfach im Haushalt versacken zu lassen, sondern wieder in die Förderung von Beschäftigung zu investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Jenspeter Rosenfeldt SPD)

Diesen Weg wollen wir jetzt gehen, um die erweiterten Möglichkeiten der Jobcenter zur Schaffung von Arbeitsplätzen für schwer Vermittelbare durch ein eigenes Landesarbeitsmarktprogramm weiterhin zu unterstützen. Hamburg darf sich keinesfalls aus der Kofinanzierung dieser Arbeitsplätze ganz herausziehen, denn gemeinnützige Beschäftigungsprojekte, die wenige Einnahmen generieren, werden allein mit den Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes nicht klarkommen.

Das Jobcenter bemüht sich zurzeit sehr stark darum, private und öffentliche Unternehmen und Betriebe für die Umsetzung des Paragrafen 16i zu gewinnen. Aber das erweist sich, wie schon bei den Vorgängerprogrammen, als sehr schwierig, weil die Menschen, die seit mehreren Jahren im Leistungsbezug sind, viele Maßnahmen durchlaufen haben und über lange Jahre nicht vermittelt werden konnten und auch jetzt nicht plötzlich so sehr gesucht werden.

Wir wollen und werden in diesem Segment weiterhin mit Beschäftigungsträgern arbeiten, die Langzeitarbeitslose in gemeinnützigen Projekten beschäftigen und dafür Unterstützung nicht nur beim Lohn brauchen – der ist weitgehend durch die Bundesmittel gesichert –, sondern auch für die Einrichtung des Arbeitsplatzes und eine kompetente Anleitung, um sinnvoll arbeiten zu können. Erst

durch diese Kombination wird das Teilhabechancengesetz in Hamburg zu einem Erfolg. Es können auch nach und nach die Beschäftigungszahlen aufgebaut werden, die der Bundesgesetzgeber sich in diesem Programm vorgestellt hat.

Für dieses Ziel ist dieser Antrag ein Baustein. Die Entwicklung einer entsprechenden Förderrichtlinie für gemeinnützige Beschäftigung auf der Grundlage von Paragraf 16 Teilhabechancengesetz wird der nächste Schritt sein, den wir gehen werden.

Das klingt alles natürlich sehr fachmännisch und ist nicht so leicht zu verstehen, aber es geht darum, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Das gibt Menschen eine Würde, das gibt Menschen Perspektiven. Wir haben in Hamburg über 15 000 Langzeitarbeitslose. Mit diesem Antrag setzen wir uns sehr stark für diese Menschen ein und das ist gut so. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort erhält nun Herr Schwieger für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Demirel hat schon darauf hingewiesen: Es ist ein etwas sperriges Thema. Mit den neuen Regelinstrumenten der Paragrafen 16e und 16i im SGB II wollen wir bessere Chancen für Langzeitarbeitslose schaffen; bessere Chancen in der Arbeitswelt und natürlich auch bessere Chancen auf soziale Teilhabe. Um diese zu festigen und zu stabilisieren, werden Teilnehmende und Arbeitgeber bei Fragen und Problemen unterstützt und betreut. Dafür stellt das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium für den Eingliederungstitel der Jobcenter jährlich rund 1 Milliarde Euro zur Verfügung.

Für das Jobcenter team.arbeit.hamburg bedeutet das, dass der Eingliederungstitel in diesem Jahr auf rund 153 Millionen Euro steigen wird. Zusätzlich bildet der Passiv-Aktiv-Transfer beim Bund eine weitere Finanzierungssäule für den Eingliederungstitel des Jobcenters Hamburg und wird bereits genutzt.

Im Sommer 2014 hat dieses Haus bereits mit breiter Mehrheit den Senat ersucht, sich auf Bundesebene für diese Möglichkeiten einzusetzen. Hamburg und vor allem Hamburgs Sozialsenatorin haben einen wesentlichen Anteil daran, dass der Passiv-Aktiv-Transfer nun auf Bundesebene tatsächlich umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD und bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nach den neuen Regelinstrumenten – Frau Demirel hat darauf hingewiesen – können auch den kommunalen Anteil der KdU verringern.

(Phyliss Demirel)

Um einen Überblick zu haben, über welchen finanziellen Spielraum wir hier überhaupt sprechen, sollten wir anhand von Modellrechnungen ein jährliches Entlastungsvolumen ermitteln. Denn es ist so, dass von den möglichen Entlastungen durch einen Passiv-Aktiv-Transfer zuerst der Bund partizipiert. Vom Jobcenter werden Einnahmen zuerst auf den ALG-II-Bezug angerechnet. Danach erfolgt die Anrechnung auf die Kosten der Unterkunft. Eine Loslösung aus dem kompletten Leistungsbezug gelingt nur dann, wenn der ausgezahlte Nettolohn höher ist als die Summe aus ALG-II-Bezug und Leistungen aus den KdU. Daher ersuchen wir den Senat, mit entsprechenden Modellrechnungen Transparenz herzustellen und die politische Diskussion zu versachlichen. Wenn wir diese belastbare Grundlage haben, können wir politisch darüber diskutieren, die Landesarbeitsmarktpolitik mit neuen Mitteln auszustatten.

Noch zwei, drei Worte zu dem Zusatzantrag der CDU. Der weitaus größte Teil der neuen Arbeitsverhältnisse nach Paragraf 16i kann ohne städtische Mittel eingerichtet werden. Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt. Einige aus dem am 31. Dezember 2018 ausgelaufenen Bundesmodellprogramm "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" überführten Projekte benötigen allerdings zumindest vorübergehend eine kommunale Förderung. Bei manchen dieser bisher dem Kriterium Zusätzlichkeit unterliegenden Projekte zeichnet sich auch ein dauerhafter Bedarf ab. Dafür soll künftig im Rahmen einer Förderrichtlinie ein entsprechendes Budget gemeinsam durch die BASFI und die Bezirke unter Beteiligung der BSW bereitgestellt werden. Wir sehen auch keinen Bedarf für eine zusätzliche Berichterstattung. Die in dem CDU-Antrag geforderten Informationen können Sie gern in der verabredeten Selbstbefassung im Sozialausschuss erfragen. Ich bitte daher um Zustimmung für unseren Antrag. Den Zusatzantrag der CDU werden wir ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort erhält nun die Abgeordnete Rath für die CDU-Fraktion.