Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Zum Abbau bestehender Altersarmut ist eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung im Alter außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung auf steuerfinanzierter Basis unverzichtbar.

Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen aufgrund politischer Entscheidungen, wie zum Beispiel das SED-Unrechtsbereinigungsgesetz oder rentenrechtliche Ansprüche für Aussiedlerinnen und Aussiedler

Meine Damen und Herren, bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Wir sind der Auffassung, dass mit der Anpassung der gesetzlichen Rentenversicherung an die gesellschaftlichen Veränderungen, insbesondere in der Arbeitswelt, eine langfristige Sicherung auch für die kommenden Generationen möglich ist. Dazu bedarf es einer Verknüpfung von Tradition und Moderne. Das heißt, wir brauchen hier vor allem eine Wertschöpfungsabgabe als Instrument der Beteiligung der Unternehmen nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Die hätte auch den positiven Nebeneffekt, dass kleine und mittelständische Unternehmen, die beschäftigungsintensiv sind, gleichgestellt werden mit den Großunternehmen, wenn das prozentual erfolgt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Glawe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rentenreform beschäftigt mittlerweile die gesamte Bundesrepublik und natürlich gerechterweise auch das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Lassen Sie mich vorweg zwei, drei Grundsätze nennen: Rente muss gerechter Lohn für Lebensleistung bleiben. Ich denke, das ist ein entscheidender Grundsatz für die CDU. Mit der CDU ist eine Reform nicht zu machen, die dazu führt, dass Rente nur noch auf Sozialhilfeniveau gewährt wird.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist aber platt. – Torsten Koplin, PDS: Haben Sie das schon immer so gesehen?)

Meine Damen und Herren, dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das hatten Sie doch selber vor.)

Ein weiterer Grundsatz ist, Geringverdiener und Familien mit Kindern müssen gefördert werden. Und das, was Sie jetzt vorgeschlagen haben, das entspricht ja nun absolut nicht unseren Intentionen. Sie wissen, dass es einen Brief der Bundes-CDU an Gerhard Schröder gibt, und ich will Ihnen die Familienkomponente noch mal etwas näher bringen.

(Siegfried Friese, SPD: Sie sind im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.)

Ein Familienvater mit zwei Kindern mit einem Jahresbruttoeinkommen von 36.000 DM erhält beispielsweise nach den Vorstellungen, die Sie entwickelt haben, einen Zuschuss in Höhe von 1,67 DM pro Kind.

(Irene Müller, PDS: Das hatten wir schon. – Heike Lorenz, PDS: Textbausteine.)

Nun frage ich Sie mal: Was ist denn da wohl soziale Gerechtigkeit? Meine Damen und Herren, es ist einfach nicht hinzunehmen, wie Sie mit Rente, mit Generationenvertrag, mit Lebensleistungen der deutschen Bürger umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir fordern Sie auf, endlich vernünftige Konzepte auf den Tisch zu legen, über die man auch reden kann. Und ein Konzept heißt eben – und darüber muss geredet wer

den –, wir brauchen für unsere Kinder eine Komponente in der privaten Vorsorge.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ist doch! Ist doch drin!)

Die CDU fordert daher, 30 DM pro Kind und Monat auf die Tagesordnung der Diskussion zu stellen. Meine Damen und Herren, ohne die Erfüllung dieser Forderung werden wir nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren.

(Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

Es ist einfach nicht hinnehmbar, wie Sie mit der Zukunft der Rentner, mit der Sorge um die soziale Sicherheit umgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Sie schaffen es ja, den Generationenvertrag so in Verruf zu bringen, dass eigentlich gar keiner mehr merkt, dass dieser über hundert Jahre gehalten hat. Hundert Jahre Generationenvertrag heißt ja vom Grundsatz, die heutige Generation, die Arbeitenden zahlen in die Rentenkasse ein, um den Rentnern ein Leben in sozialer Gerechtigkeit zu garantieren. Von diesem Grundsatz, denke ich, können wir nicht abrücken.

Aber es ist auch wahr, der demographische Faktor – Frau Seemann hat darauf hingewiesen – drückt natürlich die Kassen. Von daher ist es durchaus auch akzeptabel, dass man über vier Prozent Privatvorsorge nachdenkt,

(Torsten Koplin, PDS: Ah ja!)

denn es ist ja so, dass sonst die Beiträge auf ein Niveau von 27 und 26 Prozent steigen. Damit würden wir die Wirtschaft, die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmeranteile unfinanzierbar machen und wir würden Arbeitsplätze in der Bundesrepublik, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern auf diese Weise verlieren.

(Torsten Koplin, PDS: Den Arbeit- nehmern muten Sie das aber zu.)

Rot-Rot hat es ja im vorigen Jahr fertig gebracht, weiterhin 20.000 Arbeitsplätze zu vernichten, die heute auch bei der Einzahlung in die Kassen fehlen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was erzählen Sie nur für einen lächerlichen Mist?!)

Ja, gucken Sie mal in die Statistik rein, da steht das alles schön drin, Herr Schoenenburg. Seitdem Sie hier regieren, funktioniert ja relativ wenig im Land.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Das ist so.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wenn ich erst regiere, dann ist was los hier.)

Ja. Jaja.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Im Altersheim.)

Das soziale und familienfreundliche Herz muss Ihnen doch bluten. Und ich kann nur eindringlich an Sie appellieren, sich bei Ihren Bundestagsfraktionen für die Berücksichtigung unserer Vorschläge einzusetzen.

(Zuruf von Heike Lorenz, PDS)

Das Beispiel der Familienkomponente muss von Ihnen aufgegriffen und einer intensiven Diskussion zugeführt

werden. Ansonsten werden Sie mit uns keinen Rentenkonsens hinbekommen.

(Siegfried Friese, SPD: Übernehmen Sie sich mal nicht!)

Ich fordere Sie auf, die CDU-Vorschläge intensiv zu prüfen, einer Lösung zuzuführen. Dann bekommen Sie auch unser Ja. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Rißmann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Rißmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Regierungsübernahme hat die SPD-geführte Regierung im Bereich der Rentenpolitik schon einiges angefasst,

(Wolfgang Riemann, CDU: Jaja. – Harry Glawe, CDU: Jaja, 54 Prozent demographischen Faktor vorge- schlagen für die Lebensleistung.)

was sich günstig auch auf die Situation der Rentner in unserem Bundesland ausgewirkt hat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Eine der ersten Entscheidungen war, die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben durch die Beitragszahler zu korrigieren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Alles, was Sie vorher blockiert haben.)

Dagegen wird wohl niemand etwas vorbringen können.