Protokoll der Sitzung vom 31.01.2001

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin erfahren, dass ich

zu der Thematik alleine sprechen werde. Ich finde das eigentlich sehr schade, denn wenn man wahrgenommen werden will, muss man sich auch bemerkbar machen. Und wenn man diesem Petitionsausschuss mehr Gewicht verleihen will, dann ist das ganz bestimmt auch kein Selbstzweck.

Ich will mich aber dennoch kurz fassen, lasse mal einiges weg und möchte nur auf eine Sache hinweisen, die aus unserer Sicht so nicht weitergehen kann. Wenn Bürger Petitionen an uns richten, dann waren sie in der Regel schon überall. Es macht aus unserer Sicht und auch aus unserer Erfahrung wenig Sinn, die Verwaltungsmeinung in mehreren Ebenen x-fach zu wiederholen. Wenn also die Petenten nicht die Möglichkeit haben, bei bestimmten Petitionen, wo sich das anbietet, Aussagen richtig zu stellen, auf neue Gesichtspunkte, die sich in der Diskussion möglicherweise vielfach auch ergeben, zu reagieren, wird man oftmals ein einseitiges Bild erhalten. Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden, schriftliche Rückäußerungen sind ja immer möglich, nachdem der Petitionsausschuss so oder so oder so entschieden hat. Nur, das Bild, was man in der Diskussion erhält, mit einer schriftlichen Rückäußerung einer einzelnen Person zu korrigieren, das gelingt meistens nicht. Die Auswahl der Petenten, die man einlädt, wo sich das als geboten zeigt, zu treffen, das ist unsere Berufskunst, liebe Kollegen. Und das heißt für mich, auch im Zweifelsfall immer zu Gunsten des Petenten zu entscheiden.

Noch eins: In der Regel scheuen die Petenten die Auseinandersetzung auch persönlich nicht, sonst hätten sie wahrscheinlich auch gar keine Petition geschrieben. Also sie bedürfen aus meiner Sicht auch keiner vordergründigen Fürsorge.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Bitte sehr, Frau Mahr.

Herr Nitz, hatten Sie im Petitionsausschuss nicht auch den Eindruck, wenn wir Petenten eingeladen haben, dass das für diese Damen und Herren eine große psychische Belastung war und sie sich eigentlich besser geäußert haben, wenn ihr Anliegen schriftlich zu uns kam?

Bitte sehr, Herr Nitz.

Ja, den Eindruck hatte ich durchaus in einigen Fällen. Nur wird man, ohne dass man sich auch der Rede und Gegenrede stellt, wenig erreichen. Und das wissen auch die Petenten in aller Regel. Ich denke mal, so manchem kann man auch die persönliche Auseinandersetzung nicht ersparen. Das kann doch nicht das Ziel sein. Ich habe gesagt, unsere Berufskunst ist es, die Petitionen auszuwählen. Wenn wir dort jemanden haben, der ein gewisses Alter erreicht hat, möglicherweise sehr krank ist, das ergibt sich ja aus den Unterlagen, und die Petition hat aufgrund mehrfacher Rechtsprechung und, und, und keine Aussicht auf Erfolg, ja dann, in dem Fall würde ich auch Abstand nehmen von einer Beteiligung des Petenten im Verfahren. Aber es gibt durchaus Petitionen, die sind von der Darstellung und von der Sichtweise so verschieden und unterschiedlich, dass man aus meiner Sicht der Wahrheit überhaupt nur nahe kommen kann, wenn man den Petenten mit einlädt oder die Petenten und die Verfahrensbeteiligten, das sind ja

manchmal noch ganz andere Institutionen, um zu einem runden Bild zu kommen.

Was war der zweite Teil der Frage? Das hatte ich jetzt vergessen.

Das war die Frage schon. Ich danke Ihnen.

Ja also, wir sagen immer, wir sollen die Menschen motivieren, dass sie für ihre eigenen Rechte auch persönlich eintreten. Doch dann ist es meiner Meinung nach widersinnig, wenn man sie nicht vorlässt.

Das war eigentlich schon alles, das wollte ich nur loswerden. Nur noch eine Bemerkung: Wir können weiter Coca-Cola aus Stralsund trinken. – Im doppelten Sinne Danke!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Torsten Koplin, PDS, und Johann Scheringer, PDS)

Es ist an und für sich nicht üblich, dass Sie hier Reklame aussprechen.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfiehlt in Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung, die in der Sammelübersicht aufgeführten Petitionen entsprechend den Empfehlungen des Petitionsausschusses abzuschließen. Wer der Ziffer 1 der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 3/1828 mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion sowie zwei Stimmen der CDU-Fraktion und drei Stimmenthaltungen der CDU-Fraktion angenommen.

Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 3/1828 mit den Stimmen der SPD- und PDSFraktion bei Stimmenthaltung der CDU-Fraktion angenommen.

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13.00 Uhr fortgesetzt.

Unterbrechung: 11.55 Uhr __________

Wiederbeginn: 13.02 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangeleg e n h e i t e n gemäß § 32 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages – Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht M e c k l e n b u r g - V o rpommern mit dem Aktenzeichen LVerfG 2/00 – Organstreitverfahren wegen Verletzung von verfassungsrechtlichen und geschäftsordnungsmäßigen Rechten einer Minderheit im Landtag, Drucksache 3/1838. Auf Drucksa

che 3/1867 liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU vor.

Der ursprünglich von der Fraktion der CDU gestellte A n t r a g „Organstreitverfahren wegen Verletzung von verfassungsrechtlichen und geschäftsordnungsmäßigen Rechten einer Minderheit im Landtag – LVerfG 2/00“, Drucksache 3/1823, wurde, wie bereits zu Beginn der heutigen Landtagssitzung erwähnt, zwischenzeitlich zurückgezogen.

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten (Rechtsausschuss) gemäß § 32 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages: Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht MecklenburgVorpommern mit dem Aktenzeichen LVerfG 2/00 Organstreitverfahren wegen Verletzung von verfassungsrechtlichen und geschäftsordnungsmäßigen Rechten einer Minderheit im Landtag – Drucksache 3/1838 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/1867 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Herr Kreuzer von der Fraktion der PDS.

Der Berichterstatter ist der Vorsitzende des Rechtsausschusses.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum vierten Male in dieser Legislaturperiode unterbreitet Ihnen der Rechtsausschuss als Verfassungsausschuss einen Vorschlag, in welchem Sinne der Landtag Mecklenburg-Vorpommern Stellung zu einem Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht nehmen soll.

Erlauben Sie mir, dass ich kurz zum Verfahren im Rechtsausschuss Stellung nehme, ohne hier auf eine inhaltliche Erörterung des Verfahrens eingehen zu wollen. Ich denke, das wird in der nachfolgenden Aussprache durch die Standpunkte der Fraktionen ohnehin deutlich werden.

Die Beratungen im Ausschuss waren dadurch gekennzeichnet, dass im Unterschied zu den vorherigen Verfahren hier mit der Antragstellerin, der CDU-Fraktion, und faktisch stellvertretend für den Landtag als Antragsgegner mit den Fraktionen der SPD und PDS die Streitparteien sozusagen an einem gemeinsamen Tisch saßen, um in dem Organstreitverfahren wegen Verletzung von verfassungsrechtlichen und geschäftsordnungsmäßigen Rechten einer Minderheit im Landtag zu einer Beschlussempfehlung im Rechtsausschuss zu kommen. In zwei Sitzungen hat der Rechtsausschuss das Verfahren beraten und ist schnell vor dem Hintergrund, dass das Landesverfassungsgericht dem Landtag ursprünglich eine Frist bis zum heutigen Tage gesetzt hat, eine Stellungnahme abgeben zu können, zu dem Ihnen hier vorliegenden Ergebnis gekommen.

Da die Standpunkte der Parteien hinsichtlich der Wahl des Vorsitzenden der Enquetekommission feststehen – also die CDU-Fraktion hat ja in einer gut 130 Seiten umfassenden Stellungnahme ihre Argumente vortragen

lassen und die Koalitionsfraktionen gehen von der rechtlichen Zulässigkeit der Wahl der Vorsitzenden aus –, haben die Fraktionen im Ausschuss darauf verzichtet, nochmals ihre gesamten Argumente vorzutragen. Sie haben lediglich ihre Anträge gestellt, wobei natürlich der Antrag der CDU-Fraktion, dass dem Begehren des Klägers zu folgen sei, mehrheitlich abgelehnt und der Antrag der Koalitionsfraktionen mehrheitlich angenommen worden ist, so dass nunmehr der Präsident gebeten werden kann und hiermit auch gebeten wird, einen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, der die Interessen des Landtages in diesem Verfahren wahrnimmt. Da das Landesverfassungsgericht die Fristabgabe einer Stellungnahme verlängert hat, hat dieser nunmehr bis zum 14. März dieses Jahres Gelegenheit, in einer Stellungnahme die rechtliche Zulässigkeit der Wahl der Vorsitzenden der Enquetekommission darzulegen. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Danke, Herr Kreuzer.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben eben die Beschlussempfehlung und den Bericht des Vorsitzenden des Rechtsausschusses gehört. Natürlich müssen wir, damit meine ich die CDU-Fraktion, dazu etwas mehr sagen, nicht zuletzt deshalb, weil wir die Antragsteller in dem Verfahren sind, aber vor allem deshalb, weil es um unsere verfassungsmäßigen und geschäftsordnungsmäßigen Rechte geht, die nach unserer Überzeugung verletzt worden sind.

Ich weiß nicht, ob sich alle Abgeordneten der Mühe unterzogen haben, die Antragsschrift meiner Fraktion durchzuarbeiten, zu der der Landtag gegenüber dem Verfassungsgericht eine Stellungnahme abzugeben hat. Wenn nicht, so ist dies schade, zumal die Antragsschrift, gemessen an sonstigen juristischen Texten, durchaus auch für Nichtjuristen lesbar und lesenswert ist.

(Reinhard Dankert, SPD: Das stimmt.)

Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Verletzung von Minderheitenrechten. Und ich zitiere den Kollegen Heinz Müller aus der konstituierenden Sitzung der Enquetekommission, in der er sagte: „jede Mehrheit tut gut daran, Minderheiten zu schützen, man weiß ja nie, was kommt, und man kann selbst in diese Rolle wieder hineingeraten.“

(Siegfried Friese, SPD: Sehr wahr. – Gerd Böttger, PDS: So allgemein richtig.)

Dem stimmen wir voll zu, Herr Kollege Müller.

Ich will hier jetzt nicht den Schriftsatz unseres Verfahrensbevollmächtigten vorlesen, obwohl dessen Qualität es eigentlich verdient hätte. Aber Sie haben ja gehört, 120 Seiten. Ich möchte Ihnen vielmehr verdeutlichen,