Die im Bericht vorliegenden Ergebnisse haben mich keineswegs überrascht. Überrascht wäre ich gewesen, wenn wesentliche Fortschritte bei der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen erzielt worden wären, trotz der Mängel, die diesem Gesetz anhaften.
Ausgehend von der letzten Debatte von 1997 zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes muss ich heute erneut feststellen, wir sind in puncto Gleichstellung noch nicht wesentlich weitergekommen, können noch keine großen Veränderungen konstatieren, wir sind nach wie vor noch auf dieser Strecke ein Entwicklungsland. Die damals angeführten Ursachen sind leider heute immer noch zutreffend:
Erstens. Das Landesgleichstellungsgesetz krankt nach wie vor an zu vielen Absichtserklärungen und wenigen konkreten Vorgaben. Die Vorgaben sind zudem bezüglich der Einhaltung schwer kontrollierbar und die Nichteinhaltung der Vorgaben – ob bewusst oder unbewusst – ziehen keinerlei Sanktionen für die verursachenden Personen nach sich.
Zweitens. Nach wie vor ist der Umgang mit dem Landesgleichstellungsgesetz durch die Landesbehörden, insbesondere bei den Personalverantwortlichen geprägt von großer Unkenntnis über Notwendigkeit, Zielstellung und Instrumentarien dieses Gesetzes, zum Teil auch von Ignoranz.
Am deutlichsten wird das für mich daran, dass Entscheidungsträger und andere Leitungsverantwortliche in dem Landesgleichstellungsgesetz immer noch nur ein Gesetz sehen, das die Aufgaben und Arbeitsweise der Gleichstellungsbeauftragten regelt. Sie verstehen nicht, dass dies ein Gesetz ist, das ihnen im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 Grundgesetz Aufgaben zuweist, und dass die Gleichstellungsbeauftragte lediglich diejenige ist, die sie inhaltlich wie methodisch bei der Umsetzung berät und unterstützt.
Meine Damen und Herren! Es ist hinlänglich bekannt, dass Veränderungen im Denken und Handeln, noch dazu, wenn es mit dem Anspruch verbunden ist, in allen Hierarchieebenen Frauen und Männer gleichermaßen wirken zu lassen, längere Zeit in Anspruch nimmt als fünf oder sieben Jahre.
Nicht hinzunehmen ist allerdings die augenscheinliche Resistenz in einigen Behörden, keine konkreten Maßnahmen einzuleiten und Konsequenzen für ihr innerbetriebliches Handeln zu ziehen. Welche Auswirkungen das auf die Situation in nachgeordneten Einrichtungen und auf kommunaler Ebene hat, erleben wir gerade in den Landkreisen Doberan und Demmin. Hier wurden per Beschluss und stellenplanmäßig untersetzt die Arbeitszeiten der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten gesplittet: 60 Prozent Gleichstellungsbeauftragte, 40 Prozent Ausländerbeauftragte, wie auch immer man das als einzelne Person regulieren und abrechnen soll!
Auf eine solche Idee kommen und solche Entscheidungen treffen können nur diejenigen, die die Notwendigkeit und inhaltliche Schwerpunkte wie auch den Arbeitsaufwand einer kommunalen Gleichstellungsbeauftragten nicht verstanden haben beziehungsweise nicht einschätzen können.
Hinzu kommt noch, dass die tatsächliche Situation von Frauen nicht wahrgenommen wird beziehungsweise die Verantwortlichen sie nicht wahrnehmen wollen. Für mich ist absolut nicht verständlich, wie man sich des Instrumentariums teilweise selbst beraubt, mit dessen Hilfe Aufklärung, konkrete Initiativen, Projekte und Aktionen, Wege und Möglichkeiten zur besseren Teilhabe von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen erreicht werden könnten.
Wie sollen Ansprüche, die Frauen an Politik, Verwaltung und Wirtschaft haben, denn transportiert werden? Und das alles angesichts der mehr als prekären Lage von Frauen in dieser Gesellschaft und in diesen Regionen! Leider ist das nicht nur eine regionale Entscheidung,
sondern kennzeichnend für die Frauenpolitik in dieser Gesellschaft. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, selbstverständlich bin ich für Ausländerinnenbeauftragte, aber eine Verknüpfung von Gleichstellungs- und Ausländerbeauftragten, noch dazu aus Sparinteresse heraus, ist das falscheste Zeichen! Für mich gilt es, solcher Unkenntnis und Ignoranz entgegenzutreten. Ich denke, einen Beitrag dazu kann und muss die Umsetzung der Landesgleichstellungskonzeption leisten.
Wie mir bekannt ist, haben die ersten Veranstaltungen zum Gender-Mainstreaming-Prinzip für die Führungsspitzen der Ministerien stattgefunden. Ob sie nachhaltig sind, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Klar ist allerdings auch, mit einer einmaligen Fortbildung ist das nicht leistbar! Das kann ich aus meiner zehnjährigen Erfahrung auf gleichstellungspolitischem Gebiet sagen. Jetzt kommt es darauf an, die nachfolgenden Ebenen in diesen Fortbildungsprozess einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, neben den eben dargelegten Ursachen für die mangelhafte Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes sehe ich die wesentlichsten Gründe in dem Gesetz selbst. Wir werden weder Bewusstsein ändern können noch tatsächlich an der desolaten Situation von Frauen hinsichtlich der gleichberechtigten Teilhabe etwas ändern, wenn Forderungen vage formuliert, Regelungen nicht zielgenau sind und unpraktikabel noch dazu. Wir werden keinerlei Veränderungen erreichen, wenn nicht auch gewisse Sanktionsmaßnahmen gegenüber den Verantwortlichen greifen, zum Beispiel innerhalb von Leistungseinschätzungen oder im Zusammenhang mit Beförderungen. Auf EU-Ebene ist das begriffen und umgesetzt worden. Alle Förderprogramme sind nach dem Gender-Mainstreaming-Prinzip ausgerichtet. Bei Nichteinhaltung durch die Mitgliedsstaaten einschließlich ihrer föderalen Teile gibt es keine EU-För
dermittel. Basta! Ich denke, das wird mehr Druck ausüben als schöne Lobreden auf die Leistungen von Frauen.
Aus den Erfahrungen und Analysen seitens der Landesgleichstellungsbeauftragten wurde schon auf einen wesentlichen Änderungsbedarf aufmerksam gemacht, die Veränderung der Grundlage, auf der der Bericht erstellt werden muss. Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorstellungen von Interessenvertretungen und Praktikerinnen für Änderungswünsche und Verbesserungsvorschläge, die mir zum Beispiel zugegangen sind, aber sicherlich auch Karla Staszak als der Landesgleichstellungsbeauftragten schon bekannt sind.
Auch die PDS-Fraktion selbst hat solche Wünsche und Vorstellungen. Diese sollten insgesamt diskutiert werden. Ein Beispiel schon heute ist die öffentliche Leistungsgewährung und Auftragsvergabe in die private Wirtschaft. Das ist durchaus keine neue oder zusätzliche Aufgabe, denn die eingangs erwähnten EU-Richtlinien gelten ausschließlich für die private Wirtschaft, die sie umzusetzen haben. Wir können also mit unseren Möglichkeiten die Anstrengungen von Unternehmen, egal ob groß, mittel oder klein, tatkräftig unterstützen.
Meine Damen und Herren, Fazit aus den Gesprächen mit Praktikerinnen der unterschiedlichen Bereiche, aus den Diskussionen um die Realisierbarkeit des Landesgleichstellungsgesetzes ist für unsere Fraktion, wir brauchen ein besseres, ein neues Gesetz, das eindeutiges Handeln ermöglicht und fordert und bei Nichtbeachtung der Vorgaben Sanktionen nach sich zieht und für Verantwortliche, insbesondere in Personalangelegenheiten, auf allen Ebenen ein handhabbares Instrument zur Verbesserung der Teilhabe von Frauen gewährleistet. – Danke schön.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Wenn es dazu keinen Widerspruch gibt, ist das so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, krönender Abschluss der heutigen Tagesordnung ist ein Frauenthema, vielleicht mit zwiespältigen Gedanken, aber ich sehe das hier positiv.
Ich hätte mir aber vielleicht in Anbetracht des 8. Märzes ein mehr handfestes, vielleicht auch konkreteres Thema oder einen konkreteren Antrag gewünscht, vielleicht eine Debatte, welche die Rahmenbedingungen notwendig darstellt, die dafür nötig sind, die hohe Arbeitslosigkeit von 87.799 Frauen in Mecklenburg-Vorpommern zu verringern. Und auch der gestrige Parlamentarische Abend hat ja deutlich die Situation vieler Frauen, Verbände und Vereine dargestellt, so dass ich glaube, hier wäre eine Debatte zu Alternativvorschlägen viel wichtiger gewesen.
Meine Damen und Herren, als ich den vorliegenden Antrag der PDS- und SPD-Fraktion zur Überprüfung der Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes gelesen habe, war ich einigermaßen erstaunt. Sie verlangen, dass die Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes überprüft wird. Wie überprüft man die Wirksamkeit eines Gesetzes? Wie überprüft man die Praxistauglichkeit eines Gesetzes?
Vor vier Monaten wurde der Bericht der Landesregierung zur Durchführung des Gleichstellungsgesetzes vorgelegt. Er enthält umfangreiche Daten über die Wirksamkeit des Gesetzes. Kurz gesagt, eine Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst ist noch nicht verwirklicht. Zwar sind 60 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Frauen, diese sind aber in den Bereichen der Arbeiter und Beamten unterrepräsentiert. Ich will die Ergebnisse des Berichtes jetzt hier nicht im Einzelnen aufführen. Er liegt ja allen vor. Wir haben eine angeregte interessante Debatte dazu geführt, die ja auch in den „Landtags-Nachrichten“ heute nachzulesen ist. Deswegen, glaube ich, sollten wir das dabei belassen.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Das war die Gleichstellungskonzeption, doch nicht der Bericht, Frau Holznagel.)
Ich kann und mag mir nicht vorstellen, dass Sie nun noch einen neuen Bericht mit statistischem Datenmaterial zur Situation von Frauen im öffentlichen Dienst verlangen. Das haben Sie ja nun zum Glück auch noch mal dargelegt, Frau Koburger. Das, denke ich, wäre ja auch eine völlig überflüssige Beschäftigungstherapie der Landesgleichstellungsbeauftragten, denn ich glaube, da gibt es genügend andere Aufgaben.
Darauf, denke ich, werde ich morgen noch mal eingehen, welche konkrete Sache hier angesprochen wird.
(Angelika Gramkow, PDS: Frau Holznagel, was stellen Sie sich eigentlich für ein Zeugnis aus mit dieser Rede?)
Anhand welcher Kriterien soll nun die Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes überprüft werden? Das war für mich doch mal bei diesem Antrag sehr wichtig zu betrachten.
Der Bericht der Landesregierung stellt fest, dass die vorliegenden Datenbestände höchstens Situationsbeschreibungen liefern, ohne dass die eigentlichen Ursachen der jeweiligen Sachverhalte erkannt werden können. Ich denke, da stimmen wir überein. Soll nun Ursachenforschung betrieben werden, warum trotz der bestehenden Regelungen im Gleichstellungsgesetz bis heute keine ausreichende Gleichstellung erreicht wurde? Ich denke, die Ursache liegt darin, dass Frauenförderung nicht nur eine Frage von Gleichstellungsgesetzen und Förderplänen ist, sondern sich der Gedanke des Gender-Mainstreaming in den Köpfen der Verantwortlichen aller Organisationen des öffentlichen Dienstes verbreiten muss. Ich denke, darüber sind wir uns auch einig.
Gender-Mainstreaming beginnt damit, die Lebenssituationen der Frauen in jedem Bereich zu betrachten. Eine regelmäßige Beschäftigung des Gesetzgebers mit der Frage, ob sich bestehende gesetzliche Regelungen in der Praxis bewährt haben, ist sicherlich sinnvoll und auch Auf
gabe des Parlaments. Ob sich die Regelungen des Gleichstellungsgesetzes in der Praxis bewährt haben, ist aber erst nach einer gewissen Anwendungszeit festzustellen. Der Erfahrungszeitraum mit dem Gleichstellungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern ist meines Erachtens noch nicht groß genug, um eine umfassende Auswertung zu ermöglichen.
Das Gleichstellungsgesetz ist erst seit 1994 in Kraft und wurde 1998 umfangreich novelliert. Gerade im Hinblick auf die neu eingeführten Vorschriften lässt sich in einem Zeitraum von gut zwei Jahren noch nicht nachweisen, ob sie zielführend sind oder nicht. Es gibt allerdings in der Praxis, so zum Beispiel von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, einzelne Anregungen und Vorschläge zum Gleichstellungsgesetz. Und es ist sicherlich sinnvoll, anhand konkreter Beispiele über Gesetzesänderungen nachzudenken. Aber wenn Sie diese Vorschläge aufgreifen möchten, dann legen Sie doch einen Gesetzentwurf oder einen Novellierungsentwurf zur Änderung vor, dann wissen wir wenigstens, was Sie wollen, und können konkret darüber reden. In dieser Form halten wir Ihren Antrag heute hier für nicht sehr hilfreich.
Umdenken im Sinne von Gender-Mainstreaming kann leider nicht durch ein Gesetz verordnet werden und Überregulierungen führen fast immer zu Akzeptanzverlust. Deswegen denke ich, meine Damen und Herren, dass wir in diesem Sinne diesem Antrag nicht zustimmen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Kein bisschen tolerant und flexibel.)
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier haben Fraktionen zwei frauenpolitische Themen auf diese Landtagssitzung gesetzt, wofür ich mich bedanken möchte und worüber ich mich gefreut habe. Wenn wir uns die Tagesordnung anschauen, sehen wir, dass es wie immer ist, dass beide Themen die letzten Punkte der Landtagssitzung sind.