Protokoll der Sitzung vom 17.10.2001

Lassen Sie uns endlich die Arbeit leisten, die die Menschen in diesem Land verdienen! – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schier von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Schier.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Die Bauwirtschaft in unserem Land befindet sich, wie von meinen Vorrednern bereits dargestellt, in einem Anpassungsprozess, der gekennzeichnet ist von einem umfangreichen Abbau von Überkapazitäten. Der Bauboom der Nachwendezeit ist, wie jeder weiß, inzwischen deutlich abgeebbt.

Ich möchte nochmals auf die Worte von meiner Kollegin Ute Schildt zurückkommen, die richtig feststellte, dass der Abbau des Baubooms Mitte 1995 eingetreten ist. Der Wirtschaftsminister brachte es dann auch genau auf den Punkt, dass der Höhepunkt des Abbaus in der Bauwirtschaft 1998 eingetreten ist. Wenn ich jetzt mal ein bisschen zurückdenke, da ist es doch, glaube ich, von 1996 bis 1998 Ihre Fraktion gewesen, die das Amt des Bauministers beziehungsweise der Bauministerin stellte, welche, glaube ich, Frau Nehring-Kleedehn heißt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Da gab’s doch eine Finanzministerin. Wie hieß denn die Finanzministerin, die ihr immer Knüppel zwischen die Beine warf? – Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Wenn ich Ihnen hier die ganze Zeit zugehört habe, sind dort ein Bauboom entstanden, der bis 1998 weitergegangen ist,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wie hieß die Ministerin noch?)

sowie blühende Landschaften.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das waren aber mehr als heute.)

Da frage ich doch mal ganz deutlich: Wovon reden Sie denn überhaupt? Das ist doch Märchenstunde, Frau Skrzepski, was Sie hier erzählen

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

und Verdrehung der Tatsachen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Was haben Sie denn getan bis 1998, Ihre Bauministerin? Luft – nichts!

(Wolfgang Riemann, CDU: So viel Bauarbeiter wie heute waren damals nicht arbeitslos.)

Sie stellen sich hier hin und wollen sich auf Kosten der Bauarbeiter profilieren. So etwas finde ich unredlich! Das ist doch unglaublich hier!

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Trotz der unabwendbar notwendigen Haushaltskonsolidierung in den sich daraus ergebenden Sparzwängen ist und bleibt es Aufgabe unserer Politik, den marktwirtschaftlich organisierten Anpassungsprozess in der Bauwirtschaft nach Kräften abzufedern. Hierzu gehört die sozial ausgewogene Förderung der Wohnungswirtschaft. Eine Fördermark im Wohnungsbau löst in der Bauwirtschaft Investitionen in drei- bis vierfacher Höhe aus. Zählt man die Folgeinvestitionen in angrenzenden Wirtschaftsbereichen hinzu, lösen allein die rund 188 Millionen DM Fördergelder im Wohnungsbauprogramm 2001 Investitionen von rund 600 Millionen DM aus.

Kolleginnen und Kollegen, auch in der Städtebauförderung bewirkt eine Fördermark ein Vielfaches an Investitionsvolumen. 225 Millionen DM in diesem Bereich ergeben in diesem Jahr ein Investitionsvolumen von mehr als 1 Milliarde DM. Hiervon profitieren insbesondere die kleinen und mittelständischen Bau- und Handwerksbetriebe unseres Landes, die wiederum Beschäftigung sichern.

Der Ruf nach gleichbleibend starkem oder noch stärkerem finanziellen Engagement des Staates wird immer lauter. Dennoch kann es nicht Aufgabe des Staates sein, immer neue Förderkonzepte aufzulegen, um den Baubereich so zu halten, wie er ist. Die von der Landesregierung und den Koalitionsparteien verantwortbare Förderpolitik in der Wohnungsbau- und Städtebauförderung hat den Einbruch in der Baubranche deutlich abgefedert. Sie nehmen damit heute Verantwortung wahr, die die Opposition auf künftige Generationen verlagern will. Dieses ist jedenfalls mit uns so nicht zu machen.

Kolleginnen und Kollegen, weitere Maßnahmen werden den bauwirtschaftlichen Anpassungsprozess in unserem Land abfedern. So wird das gemeinsame Bund-LänderProgramm Stadtumbau Ost mit voraussichtlich rund 4 Millionen DM die Lebensqualität in unseren Stadtzentren verbessern. Zugleich ist dieses Programm ein großes Investitionsprogramm für die Bauwirtschaft.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Das war wohl die falsche Zahl.)

Kolleginnen und Kollegen – Herr Riemann, hören Sie zu oder welchen Namen Sie hier sonst noch so benutzen –, die Bundesregierung und die sie tragenden Regierungsfraktionen erweitern mit dem Jobaktivgesetz im Rahmen der Novellierung des Arbeitsförderungsrechtes die Beschäftigung schaffenden Förderinstrumente. Die öffent

lich geförderte Beschäftigung wird qualitativ weiterentwickelt. So könnten zukünftig im Rahmen kommunaler Projekte zur Infrastrukturverbesserung Zuschüsse gezahlt werden, wenn Arbeitslose in den Wirtschaftsunternehmen, welche die Arbeiten ausführen, eingestellt werden. Damit werden die Potentiale von Arbeitsförderung und Infrastrukturpolitik insbesondere in strukturschwachen Regionen sinnvoll miteinander verzahnt.

(Harry Glawe, CDU: Das war es schon immer. Das ist nichts Neues.)

Auch diese Maßnahme wird insbesondere der Bauwirtschaft zugute kommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage, Drucksache 3/1926, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, Drucksache 3/2336. Zu der Beschlussempfehlung des Innenausschusses liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU auf den Drucksachen 3/2352 und 3/2353 vor.

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz Meck- lenburg-Vorpommern – FTG M-V –) – 2. ÄndG FTG M-V – (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 3/1926 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 3/2336 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2352 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2353 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Friese von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Friese.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie zunächst über die Haltung der SPD im Novellierungsverfahren dieses Gesetzes und zu dessen Ergebnis informieren. Ich werde dann in einem zweiten Punkt etwas zum 8. Mai als neuem Gedenktag in Mecklenburg-Vorpommern sagen und dieses aus der Sicht der SPD begründen.

Meine Damen und Herren! Sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung enthalten die Bestimmung, dass der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen sind. Der besondere Schutz der Sonn- und Feiertage wurzelt in den christlichen Werten und Traditionen und hat eine jahrhundertelange Geschichte in Europa und auch in Deutschland.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts und zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellen wir nun fest, dass es in der gesamten Bundesrepublik, verstärkt in den neuen Bundesländern und damit auch in Mecklenburg-Vorpommern, zu einer Säkularisierung und Individualisierung der Gesellschaft gekommen ist. Infolgedessen regelt das Feiertagsgesetz eine Materie, an der sich die Geister scheiden. Während Vertreter aus dem kirchlichen Bereich den vollständigen Schutz der Sonn- und Feiertage anmahnen, möchten ein Teil der Bürger sowie Wirtschaft und Handel am liebsten sämtliche Beschränkungen aufheben, soweit diese dem geschäftlichen Treiben und Vergnügen Einhalt gebieten.

Zielrichtung der Novelle dieses Gesetzes war eine Liberalisierung dahin gehend, dass den Unternehmen in der Nacht zum Volkstrauertag beziehungsweise zum Totensonntag ein Geschäftsbetrieb über Mitternacht hinaus zu ermöglichen sei. Zu beiden Gedenk- und Trauertagen waren und sind zum Teil noch die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der Feiertagsruhe im Vergleich zu anderen Bundesländern hier in Mecklenburg-Vorpommern überdurchschnittlich streng. Um dieses zu verändern, beantragte die CDU – den Anspruch „christlich“ im Parteinamen – eine Einschränkung dieser Feiertagsruhe.

In Anbetracht der Sensibilität dieses Gesamtthemas hat der Innenausschuss unter Beteiligung der beiden evangelischen Kirchen, der katholischen Kirche, des Tourismusverbandes, des Hotel- und Gaststättenverbandes und der Industrie- und Handelskammer eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Unter Berücksichtigung der dabei gewonnenen Erkenntnisse waren die Koalitionsfraktionen bemüht, die oben beschriebene Interessenkollision einer Lösung zuzuführen. Diese sieht jetzt in den Grundzügen so aus:

Das Feiertagsgesetz wird dahin gehend geändert, dass den Veranstaltern in der Nacht zum Volkstrauertag beziehungsweise zum Totensonntag ein Geschäftsbetrieb bis 5.00 Uhr ermöglicht wird. Dieses entspricht der sonst geltenden Sperrstundenregelung. Auf der anderen Seite wurde das Verbot von Veranstaltungen auch auf den Betrieb von Spielhallen ausgeweitet. Bisher besteht die unbefriedigende Rechtslage, dass Spielhallen ohne Getränkeausschank öffnen dürfen, während solche mit Ausschank dieses nicht tun können.

Des Weiteren wurden Verbotszeiten für Veranstaltungen auf den Heiligen Abend ab 13.00 Uhr ausgeweitet. Hier haben SPD und PDS gemeinsam mit dem Innenminister dem Heiligen Abend zusätzlichen Schutz gegeben, der im ursprünglichen Antrag der CDU-Fraktion nicht vorgesehen war.

Neben redaktionellen Änderungen war uns ein besonderer Punkt, nämlich der Erhalt des kulturellen Wertes des Trauerns und des Gedenkens an Verstorbene, wichtig. Mit der genannten Teilliberalisierung wird der Zweck und der kulturelle Wert des Volkstrauertages und des Totensonntags gewahrt. Meine Damen und Herren, wir erfahren es jedes Jahr, dass sich an diesen beiden Tagen allgemeine Trauer über unser Land ausbreitet. Das ist in Ordnung so. Vergessen aber gerade wir an diesen Tagen nicht, dass wir Deutsche allen Grund haben, neben der gebotenen Trauer auch immer daran zu erinnern, dass wir Deutsche es waren, die Tod und Trauer in Millionenzahl im 20. Jahrhundert über die Völker gebracht haben.

Meine Damen und Herren, kommen wir zum 8. Mai. Der Innenausschuss hat auf Antrag von PDS und SPD den

8. Mai als Gedenk- und Trauertag für Mecklenburg-Vorpommern in den Gesetzentwurf eingeführt. Diese in der Bundesrepublik neue Regelung soll dem Anliegen dienen, am 8. Mai der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur angemessen zu gedenken, aber auch der Beendigung des Zweiten Weltkrieges sowie des damit einhergehenden Endes des Genozids an den Juden Europas und anderen Minderheiten. Dieser Tag wird künftig ein Gedenktag sein und kein arbeitsfreier Tag. Mit der Aufnahme des 8. Mai in unseren neuen Kalender sollen diese historischen Daten im öffentlichen Bewusstsein wach gehalten werden.

Etwas ist mir dabei wichtig: Mit der Erhebung des 8. Mai

in dem soeben genannten Sinne nehmen wir uns die Freiheit, den Alleinvertretungsanspruch des konservativen Deutschlands auf Bestimmung der Gedenktage für Deutschland zu beenden. Wir Sozialdemokraten und demokratischen Sozialisten nehmen für uns das Recht der Selbstbestimmung im föderalen Deutschland in dieser Frage in Anspruch. Dabei geht es uns nicht um die Fortsetzung der DDR-Geschichtsauffassung.

Wenn SPD und PDS versuchen, Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, für diesen Vorschlag zu gewinnen, werden wir, so vermute ich, kaum Gehör finden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Weil wir auch an die tausend Sozialdemokraten denken, die nach 1945 ums Leben gekommen sind. – Zuruf von Götz Kreuzer, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: 1946, ich korrigiere mich.)