Protokoll der Sitzung vom 12.03.2003

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Schildt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Justizminister Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Hauptsorge dieser Regierungskoalition, unsere Hauptanstrengungen gelten dem Ziel, Arbeit zu schaffen in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu braucht die Wirtschaft neben guter Förderung und hervorragender Betreuung der Investoren vor allem auch rechtliche Rahmenbedingungen, die besser sind als anderswo, attraktiv für alle Unternehmen, die einen Standort suchen.

In Deutschland ist inzwischen wohl allen klar, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, die unser Zusammenleben bestimmen, einfacher und klarer werden müssen, weniger einengend, dass sie mehr Raum lassen müssen für Eigeninitiative und Eigenverantwortung. Die notwendigen Änderungen dazu müssen selbstverständlich vor allem vom Bund kommen, auch von der Europäischen Union, die uns zunehmend mit ihren Vorgaben sehr weitgehend festlegt, bei Genehmigungsverfahren zum Beispiel.

Aber vieles ist eben auch in den Ländern möglich und da wollen wir ran mit einer weitgehenden Deregulierung im Rahmen der Verwaltungsreform. Mecklenburg-Vorpommern muss die Chance ergreifen, sich einen Namen zu machen als das Land, in dem Investoren keine unnötigen bürokratischen Hemmnisse vorfinden, ein Land, in dem Verwaltungsverfahren bürgerfreundlich und einfach sind und in dem Eigeninitiative sowie Eigenverantwortung durch die Verwaltung befördert statt behindert werden.

Ich denke, für uns wäre es eine tolle Sache, wenn wir am Ende dieses Deregulierungsprozesses damit werben könnten, dass die wichtigsten Vorschriften für Investitionsvorhaben sehr leicht zugänglich, kurz gefasst und verständlich sind. Unser Ziel muss doch sein, wenn jemand hier im Lande in einem bestimmten Gebiet tätig werden will, zum Beispiel ein Gewerbe anmelden oder ein Bauvorhaben durchführen, dass er dann nicht in den Dschungel, den Frau Schildt erwähnt hat, fällt, sondern es ihm durch einen einzigen Zugriff möglich ist – übersichtlich geordnet auch die Vorschriften, die er dazu beachten muss –, die Gesetze, Verordnungen und einzelne Richtlinien mit einem Griff zu finden, zusätzlich natürlich mit leicht verständlichen Erläuterungen des Verfahrens, das man durchlaufen muss.

Und es muss klar sein, dieses Verfahren muss sehr einfach sein, transparent, möglichst in einer Hand konzentriert bei einer Verwaltung. Wenn wir das hinbekommen, haben wir einen echten Standortvorteil, mit dem wir erfolgreich werben können. Dann können wir sagen, in Mecklenburg-Vorpommern ist die Verwaltung kein müder Amtsschimmel, sondern wir bieten im Rahmen eines effektiven E-Governments moderne, rasche Dienstleistungen für Investoren und Bürger.

Meine Damen und Herren! Weniger Bürokratie und einfachere Verwaltung helfen nicht nur Investoren und verbessern unsere Chancen am Arbeitsmarkt, sondern es gilt natürlich auch, je einfacher und schlanker Bürokratie ist, umso kostengünstiger ist sie auch, vor allem im Bereich der Personalkosten. Das zu erreichen ist auch für unser Land unerlässlich. Und eine erfolgreiche Deregulierung wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Lassen Sie mich kurz zum Stand dessen, was die Regierung im Moment bei der Deregulierung plant und auf den Weg gebracht hat, berichten. Der Justizminister ist federführend und ich habe eine kleine Arbeitsgruppe von Sachverständigen zusammengerufen, sieben Leute, die unter dem Vorsitz von Herrn Schulte Vorschläge erarbeiten sollen. Dabei sollen sie natürlich nicht nur das, was ihnen selbst einfällt, was sie selbst mitbringen als Sachverständige aus den unterschiedlichsten Bereichen, einbringen, sondern sie sollen natürlich auch in einem intensiven Dialog mit den einzelnen Ressorts und Häusern deren Vorschläge abfragen. Und das Abfragen sollte natürlich nicht nur in der Weise geschehen, was habt ihr, sondern man sollte auch strukturelle Hinweise geben: Wo könnte das denn liegen? Welche Möglichkeiten bestehen denn da? Man sollte gute Vorschläge aus dem einen Haus auf die Strukturen abklopfen und den anderen Häusern mitteilen, damit wir dann in einen Prozess kommen.

Selbstverständlich müssen wir auch die Anregungen der Verbände einbeziehen und abfordern, die ja vielfach in der Vergangenheit von Deregulierung gesprochen haben. Diese müssen wir jetzt in die Verantwortung nehmen. Der Unternehmerverband hat da schon eine sehr lange Liste vorgelegt, Industrie- und Handelskammern haben gesagt, sie wollen folgen.

Die Arbeit wird in folgenden Schritten stattfinden, wenn ich mal so von der Wertigkeit ausgehe. Das Erste, was passieren muss, ist, was Frau Schildt den Dschungel genannt hat. Wenn Sie sich ansehen, was wir seit 1990 an Gesetzen und Verordnungen produziert haben, dann ist das jedes Jahr ein dicker Band. Und wenn wir uns das im Einzelnen anschauen, dann ist völlig klar, dass davon

heute, je weiter das zurückliegt, umso weniger noch Geltung hat, umso weniger Anwendung findet.

Das ist der Hintergrund für das, was zum Beispiel in Hessen werbewirksam, es war ja auch Wahlkampf, dazu verarbeitet worden ist, zu sagen, wir haben 30 Prozent gestrichen. Das sind 30 Prozent und die werden wir sicherlich auch ohne Weiteres erreichen können, wenn wir nur einfach das wegstreichen, was man nicht mehr braucht. Ich glaube, das ist der am wenigsten wichtige Teil von Deregulierung, denn die Verwaltung weiß natürlich schon, dass die eine Verordnung aus 1992 nicht mehr gilt, sondern dass jetzt die von 1997 gilt.

Aber was ich eben gesagt habe für diejenigen, die hierher kommen und etwas wissen wollen über die rechtlichen Grundlagen – da ist natürlich wichtig, dass die nicht auf diesen Dschungel treffen, sondern dass man denen etwas in die Hand drücken kann, das heute noch gilt. Das ist dann eben deutlich weniger, also Verringerung landesrechtlicher Regelungen. Und bei dieser Gelegenheit müssen wir auch sehen, wo man etwas vereinfachen kann. Wir kennen das ja alle, dass man ins Gesetz guckt und dann nicht mehr versteht, was da geschrieben steht. Da müssen wir versuchen, Dinge einfacher zu machen.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen auch bei den Verwaltungsverfahren, die man durchlaufen muss, das ist ein sehr wichtiger Teil, abkürzen, denn Investoren, die ein Verwaltungsverfahren durchlaufen müssen, bei denen fünf verschiedene Behörden beteiligt und vielleicht sogar nacheinander beteiligt sind, der eine fällt seine Entscheidung, dann der Nächste, dann der Übernächste, kostet das einfach zu viel Zeit. Damit müssen wir uns ernsthaft auseinander setzen, ernsthaft jede Möglichkeit prüfen: Kann man das hier vereinfachen? Kann man das in einer Hand führen und dann schnell zu einer Entscheidung kommen? Vereinfachung und Verschlankung von Verwaltungsverfahren.

Ein anderer sehr wesentlicher Punkt ist der, dass wir bei den Gesetzen, die wir beachten müssen, von Seiten der Ministerien den nachgeordneten Behörden sehr häufig weitreichende Vorschriften machen. Eine einzelne gesetzliche Vorschrift zieht manchmal drei Seiten Verwaltungsvorschrift nach sich, wie die nachgeordneten Behörden im Einzelnen handeln sollen. Das mag von manchen als Erleichterung empfunden werden, aber ich glaube, in diesem Bereich ist sehr wichtig, dass wir einfach zu anderen Steuerungsinstrumenten, zu einem anderen Verständnis von Führung kommen, auch von dem, was wir politische Vorgabe nennen. Das Wichtigste ist, dass wir die Aufgabe klar machen, die erfüllt werden muss, und dann müssen wir weitgehend Verantwortung sowie Eigeninitiative übertragen und das Ergebnis kontrollieren, nicht jeden einzelnen Schritt. Da müssen wir hinkommen. Das ist aber, denke ich, als Ziel leichter gesagt, als im Einzelnen durchgeführt.

Diese Vereinfachung, von der ich gerade gesprochen habe, wird selbstverständlich auch dazu führen, dass wir im nachgeordneten Bereich mehr Verantwortung bei den Beamten haben. Sie wird auch dazu führen, dass es gegenüber dem Bürger vereinfacht wird, dass also im Grunde genommen nur noch die Zielvorstellungen am Ende mitgeteilt werden und der Bürger dem folgen kann. Ganz wichtig ist sicherlich auch, dass wir uns als sozusagen höchste Stufe der Deregulierung damit beschäftigen,

was denn der Staat überhaupt noch leisten kann. Kann er, muss er in allen Bereichen tätig werden oder gibt es weitestgehend Bereiche, wo der Staat auch anderen die Arbeit, die Initiative überlassen kann und vielleicht nur noch kontrolliert, was dabei herauskommt? Das ist die Aufgabe, der sich die Kommission in nächster Zeit widmen wird.

Meine Damen und Herren, die Arbeit hat gut begonnen. Ich habe eben schon erwähnt, der Unternehmerverband hat bereits eine lange Liste vorgelegt. Das wird jetzt abgearbeitet, geprüft, die anderen kommen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir da etwas Vorzeigbares hinbekommen werden. Bisher, wenn man sich umgehört hat in der Bundesrepublik, ist da noch nicht sehr viel zustande gekommen, aber ich denke, für uns spricht, dass die Zeit reif ist. Die Zeit ist reif, dass man wirklich ernsthafte Schritte gehen muss. Ich bitte auch die Abgeordneten dieses Hohen Hauses um Ihre engagierte Unterstützung, Herr Jäger, auch über die Parteigrenzen hinweg. Die Opposition hat bereits entsprechende Signale ausgesandt, darüber freue ich mich sehr.

Ich will noch einen Punkt ansprechen, der meine Zuversicht stärkt, dass wir hier Fortschritte erreichen werden, nämlich: Wir werden im Rahmen der Verwaltungsreform ein flächendeckendes E-Government durchführen und dieses E-Government, davon bin ich überzeugt, wird auch Motor und Hebel der notwendigen Deregulierung sein. Denken Sie einmal nur daran, dass wir Genehmigungsverfahren oder auch Vergabeprozesse insgesamt in Zukunft online abwickeln werden. Das wird einen sehr großen Druck erzeugen, dass wir diese Verfahren – Vergabeverfahren, Verwaltungsverfahren – dann auch kompatibel machen, damit sie abrufbar sind. Und das wird einen sehr enormen Druck in Richtung Vereinfachung, Transparenz und Schnelligkeit der Abwicklung nach sich ziehen. Darauf setze ich. Ich denke, wir können insgesamt zuversichtlich sein, dass wir das Ziel, wenn wir es hier gemeinsam im Haus und mit den Verbänden draußen engagiert verfolgen, erreichen werden. Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Born für die Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schildt! Der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS ist von seinem Wortlaut her uneingeschränkt zu unterstützen und die Ausführungen des Justizministers klingen sehr hoffnungsvoll. Aber, meine Damen und Herren, ich komme auf das zu sprechen, was der Justizminister gerade gesagt hat. Er hat sich berufen unter anderem auf die Ausarbeitungen der Vereinigung der Unternehmensverbände von Mecklenburg-Vorpommern. Und, Herr Minister, gleich zu Beginn dieser Dokumentation wird deutlich, dass wir es hier nicht mit einem linearen Problem zu tun haben, wenn es dort heißt, ich zitiere: „Von 1990 bis 1997 wurden in Mecklenburg-Vorpommern 108 Gesetze erlassen oder Änderungen vorgenommen. 296 Verordnungen wurden auf den Weg gebracht.“ Das war immerhin die Zeit, als sehr, sehr viel erstmalig geregelt werden musste. Aber

jetzt folgt der nächste Satz: „Die Bürokratie wächst. In den letzten vier Jahr sind bereits weitere 163 neue Gesetze oder Änderungen und 541 neue Verordnungen hinzugekommen.“ Also, sehr geehrter Herr Justizminister, wir haben es hier mit einem Problem zu tun, das natürlich nicht nur auf das Land Mecklenburg-Vorpommern begrenzt ist, das aber auch zu einem erheblichen Teil hausgemacht ist, und das gilt insbesondere für die vielen Verordnungen, die Sie schon angesprochen haben.

Es gibt seit Jahren Deregulierungskommissionen, die haben dicke Berichte vorgelegt. Doch die Konsequenzen, Sie haben sie selbst beschrieben, sind bisher leider ausgeblieben. Jede Einzelbestimmung, das will ich ausdrücklich konstatieren, wird zunächst von den Einbringern mit einem guten Vorsatz auf den Weg gebracht und häufig auch in Kraft gesetzt. Aber es ist die Fülle der Einzelbestimmungen, der Einzelvorschriften, die zu Lähmung, Stillstand, Agonie und Blockade führt.

Beispiel Steuergesetzgebung: Jedes einzelne Steuergesetz, völlig unbestritten, soll mehr Steuergerechtigkeit herbeiführen und es wird auch die jeweils davon betroffene Gruppe sich dafür stark machen und sagen, jawohl, diese Bestimmung brauchen wir, um mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen. Nur, die Fülle dieser einzelnen Bestimmungen führt zu einem Steuerdickicht, so dass wir nicht mehr Steuergerechtigkeit haben, sondern in Wirklichkeit mittlerweile Willkür in diesem Bereich, weil es nämlich schlicht davon abhängt, ob Sie einen guten Steuerberater finden, der die neuste CD hat, auf der alle Bestimmungen enthalten sind, und ob er dann damit auch noch richtig umgehen kann.

Ist es nicht geradezu pervers, wenn der Landtag selbst als Gesetzgeber einen solchen Antrag braucht, um hier tätig zu werden? Das ist ähnlich wie bei einem Geisterfahrer, der mit überhöhter Geschwindigkeit sein Auto zu Schrott fährt und dann die Forderung aufstellt, man solle ab sofort nur noch Tempo 30 erlauben. Aber immerhin, es ist sehr gut, wenn wir uns einig sind, dass hier dringend etwas getan werden muss. Und wenn Sie auf die Bundesländer Hessen und Saarland verweisen, konstatiere ich, dass es nicht sehr angenehm ist, wenn Sie sagen müssen, die haben vor uns schon das Richtige gemacht.

(Siegfried Friese, SPD: Das haben wir nicht gesagt!)

Aber 30 Prozent sind immerhin 30 Prozent weniger! Und was entscheidend ist, Herr Minister, das ist doch, dass keiner eine dieser Bestimmungen vermisst, die dort außer Kraft gesetzt worden sind. Und ich sage dem Wirtschaftsminister, es ist zwar schön, dass er die Verbände anschreibt und sagt, teilt uns doch mal mit, welche konkrete Vorschrift belastet euch denn. Aber ganz salopp, nicht ganz parlamentarisch gesagt: Das, was dabei herauskommen muss, ist natürlich Kokolores. Denn es sind gerade nicht die einzelnen Bestimmungen, die belasten, sondern es ist das Dickicht von Bestimmungen, der Paragraphendschungel, der sich wie Mehltau über das Land legt.

Gucken Sie sich den Statistikfetischismus an! Er erdrosselt geradezu die unternehmerische Kreativität. Hier arbeiten leider Bund und Land Hand in Hand. Und da das Land im Bundesrat eine aktive Rolle spielt, kann ich nur sagen, hier sind wirklich alle gefordert, aber vor allem neben dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die Landesregierung, denn sie ist schließlich Verordnungsgeber.

Spannend wird es, wenn es konkret wird. Es gibt über 400 Förderprogramme. Bis heute steigt immer noch keiner so richtig durch diese vielen Programme durch. Es gibt immer noch nicht die eine Anlaufstelle, den einen Ansprechpartner für denjenigen, der etwas tun will, sondern es gibt immer noch eine Vielzahl von Stellen, bei denen man von einem zum anderen geschickt wird. Ich nenne Ihnen konkret mal ein paar Beispiele. Da können wir dann die Nagelprobe machen und da werden wir sehr schnell sehen, ob den wohlklingenden Worten dann auch Taten folgen. Und damit das ein bisschen leichter ist für Sie, verweise ich nur einmal ganz kurz auf das, was vom sächsischen Minister vorgelegt worden ist unter dem Modellprojekt Ost zur Ankurbelung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern, das Arbeitsrecht für eine Frist von zehn Jahren zu modifizieren. Das ist ein Vorschlag vom 10. Januar 2003. Und dann ein Gesetzentwurf des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. März 2003 „Entwurf eines Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes“. Ich kann nur empfehlen, nehmen Sie das zur Hand, dann haben Sie wirklich sehr, sehr gute Anhaltspunkte dafür, wo der Schuh tatsächlich drückt.

Ein paar Beispiele: Das Kündigungsschutzrecht mutiert zu einer Arbeitslosigkeitsbestandsgarantie in seiner jetzigen Ausgestaltung. Das Ladenschlussgesetz betoniert längst überholte Einkaufsgewohnheiten, die werden dann ausgehebelt über Einkäufe bei Tankstellen und Bahnhöfen und so weiter. Überzogene und betriebswirtschaftlich schädliche Ausweitungen von Mitbestimmungsregelungen verhindern Neueinstellungen. Das Scheinselbständigengesetz, das haben wir alle erlebt, verhinderte Existenzgründungen, ebenso das 630-Mark-Gesetz, das Schwarzarbeit förderte. Eine totale Überreglementierung im Umweltbereich treibt deutsche Unternehmen weg vom deutschen Markt ins Ausland. Ich erinnere hier nur an das vom Landtag eingehend diskutierte Problem FFH. Hier werden Investitionen verhindert und damit letztlich auch ein qualitativ hochwertiger und damit kostenintensiver Umweltschutz auf Dauer unmöglich gemacht. Die Verbandsklage blockiert wichtige Infrastrukturmaßnahmen und schadet damit der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Notwendig ist zum Beispiel, um einmal ein Gesetz zu nennen, was man nicht einfach abschaffen soll, die Verlängerung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes. Die Fülle und Komplexität von Bau- und Baugenehmigungsvorschriften bremst massiv die ohnehin schwer angeschlagene Bauwirtschaft. Schwerfällige Gerichts- und Vollstreckungsverfahren fördern Zahlungsunwilligkeit und schlechte Zahlungsmoral.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Hier unterstützten wir Sie gerne, Herr Justizminister, wenn es darum geht, dass Sie mehr Richter einstellen und mehr Personal für die Vollstreckungsverfahren bekommen. Genehmigungs- und Widerspruchsverfahren lähmen die Kreativität der Unternehmen. Was erforderlich ist, sind Entscheidungen innerhalb eines Monats. Hier muss man einfach der Mentalität der Verwaltungen gerecht werden. Wenn nicht innerhalb eines Monats entschieden ist, dann muss die Genehmigung als erteilt gelten. Ausnahmen können nur in Extremfällen möglich sein. Oder: Ein Widerspruch muss als stattgegeben gelten, wenn er nicht innerhalb eines Monats beschieden wird. Wir müssen den Ballast abwerfen. Es ist ein Befreiungsschlag notwendig. Und ganz konkret: Die aufgezählten Blockaden müssen aus dem Weg geräumt werden. Hier sind wir alle gefor

dert. Hier kann ich nur sagen: Ran an die Arbeit, Landesregierung und Landtag!

Und noch ein Problem, das Sie angesprochen haben, lassen Sie mich zum Schluss noch ganz konkret nennen: Gesetze und Verordnungen mit begrenzter Laufzeit. Ja, in der Tat, auch das ist wirksam. Wenn Sie zum Beispiel a l l e Gesetze und Verordnungen, die zwischen 1990 bis 1996 in Kraft getreten sind, nur noch bis 2002 begrenzen würden, das können wir hier sehr schnell hinbekommen, es sei denn, sie werden ausdrücklich verlängert, führt das dazu, dass sich jeder Beamte und jeder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst es sehr gründlich überlegt, ob er eine Vorlage macht, in der begründet wird, warum diese Vorschrift noch benötigt wird, oder ob er das nicht einer vielleicht sonst eher vorherrschenden Mentalität entsprechend unterlässt. Die Gesetze, die von 1996 bis 2002 in Kraft getreten sind, und die Verordnungen könnten 2012 außer Kraft treten, es sei denn, sie werden ausdrücklich verlängert. Und was unabdingbar ist, ist, dass alle neuen Gesetze und Verordnungen nur noch mit einer begrenzten, Sie haben gesagt, fünfjährigen Laufzeit, das kann man sicherlich noch einmal prüfen, ausstaffiert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ganz sicher, bei der Trägheit und dem Verharrungsvermögen von solchen, die es gewohnt sind, Vorschriften zu produzieren, wären das wirksame Mechanismen, um dem ungezügelten, ausufernden Entstehen neuer Gesetze und Vorschriften entgegenzuwirken.

Ich begrüße ausdrücklich den Antrag, aber was jetzt notwendig ist, ist, dass Taten folgen. Und da darf es in der Tat nicht so sein, wie Sie es eben gesagt haben, Herr Justizminister, dass man nur einfach Prozentzahlen schafft, sondern da ist es auch ganz wichtig, dass man dort ansetzt, wo tatsächlich gerade die wirtschaftliche Entwicklung im Lande blockiert wird. Ich habe hier eine ganze Reihe von Problemen aufgeführt und hier ist es wichtig, dass dann auch alle über ihren eigenen Schatten springen und auch den Mut haben, zum Beispiel im Bereich des Kündigungsschutzes zu sagen, das, was damit einmal intendiert wurde, wird nicht erreicht, sondern ganz im Gegenteil. Die jetzige Ausgestaltung führt dazu, dass Arbeitslose arbeitslos bleiben, weil es einfach für viele Unternehmer sonst zu riskant ist, neue Arbeitskräfte einzustellen. Hier müssen wir konkret an die Arbeit gehen und ich hoffe, dass wir dann in den Ausschussberatungen auch entsprechende Fortschritte gemeinsam erzielen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Bunge für die Fraktion der PDS.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bruttoinlandsprodukt sinkt, die Arbeitsproduktivität steigt, die Arbeitslosigkeit steigt, die Zeichen der Rezession sind unübersehbar. Daraus folgt, dass die Lage von Handwerk, Industrie und Handel sehr ernst ist in Deutschland, in den neuen Bundesländern insbesondere, so auch in Mecklenburg-Vorpommern. Maßnahmen zum Bürokratieabbau, zur Vereinfachung der Vorschriften sind sicher sehr, sehr wichtig, aber, ich denke, sie alleine werden es nicht richten. Wir brauchen ein Konzept, besser vielleicht ein Rezept für wirtschaftli

che, für soziale Entwicklung im Land. Und an dieser Anforderung wird sich die Landesregierung messen lassen müssen, wird sich aber auch der Kanzler mit seinen für Freitag angekündigten Maßnahmen messen lassen müssen. Und wir sollten uns bei all diesen vorrangig Formfragen auch fragen: Um welche Kardinalfragen geht es denn? Und ich meine, das A und O zur Stabilisierung des Wirtschaftsgeschehens ist eine deutlichere Verbesserung der Auftragslage, natürlich Aufträge, die pünktlich bezahlt werden.

Anerkennenswert ist, dass die Landesregierung ihre Investitionsausgaben trotz Konsolidierung hoch hält. Dringend veränderungswürdig ist jedoch die Finanzlage der Kommunen, damit diese investieren und Aufträge erteilen können. Absolut kontraproduktiv sind Maßnahmen – und ich sage das ganz bewusst hier, weil wir alle sehr pauschal von Sozialreformen sprechen –, kontraproduktiv sind für die Wirtschaft Maßnahmen, die die Kaufkraft von Beschäftigten, von Arbeitssuchenden, von sozial Schwachen, von Rentnerinnen und Rentnern schwächen.

(Beifall Regine Lück, PDS, und Torsten Koplin, PDS)

Umsatz in diesem Bereich sind Aufträge pur.

Die Auftragslage, das merken wir immer wieder, wenn wir im Land unterwegs sind, ist nicht existenziell für Existenzgründungen, sondern vor allen Dingen auch für die Sicherung von Unternehmen. Und hier kommen wir zu einem weiteren Kardinalproblem. Meines Erachtens ist jetzt, nach 12, 13 Jahren Deutscher Einheit, im Auslaufen der rückzahlungsfreien 10 Jahre die Eigenkapitalregelung von Unternehmen zu sehen. Dieser Fakt bringt auch schwarze Zahlen schreibende Unternehmen in existenzgefährdende Lagen. Und ich meine, das ist das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können. Hinzu kommt, dass Banken, private wie Sparkassen, ihre eigenen Risikominimierungsprogramme fahren und sich dann von solchen Unternehmen, die schwarze Zahlen schreiben, aber plötzlich vor der Situation stehen, Zins und Tilgung bringen zu müssen, in einer Höhe, die nicht ganz übereinstimmt, als Hausbank zurückziehen. Das ist für die spezifische Lage in den neuen Bundesländern meines Erachtens untragbar.