Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

Wir sagen aber auch heute schon, dass wir den nötigen Druck in den Sitzungen machen werden. Bereiten Sie sich darauf vor, hier geht es um die Wahrheit!

(Reinhard Dankert, SPD: Wir sind auf alles vorbereitet.)

Wir werden in der nächsten Sitzung dann namentliche Abstimmung verlangen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Renz, gestatten Sie jetzt eine Anfrage des Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion?

(Volker Schlotmann, SPD: Das ist Feigheit vor dem Feind.)

Ums Wort gebeten hat jetzt noch einmal die Abgeordnete der SPD-Fraktion Frau Polzin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde das Fass jetzt nicht voll machen und noch mal oben draufhauen. Nur zwei, drei freundliche Bemerkungen. Ad eins: Dass aus unserer Fraktion generell weniger Zwischenrufe kommen als aus der CDU ist ja wohl hinlänglich bekannt und man kann lange über Ursachen nachdenken. Es kann etwas mit Erziehung zu tun haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Lorenz Caffier, CDU: Können Sie denn das Protokoll nicht lesen? – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Zum Zweiten. Herr Renz, ich bin wirklich hellauf begeistert über Ihre Fürsorge, was die Person des Herrn Bluhm und auch meine Wenigkeit anbelangt. Das tut meiner Seele natürlich sehr gut,

(Torsten Renz, CDU: Das ist auch ehrlich gemeint, Frau Polzin.)

aber ich kann Ihnen auch versichern, dass weder Herr Bluhm noch ich im Moment drauf und dran sind, eine

Selbsthilfegruppe zu gründen, weil unsere Fraktionen uns nicht ernst nehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Das werdet Ihr aber bald tun müssen, wenn Frau Keler weiter so macht. – Dr. Ulrich Born, CDU: Alleine geht das nicht.)

Zum Dritten. Herr Renz, es ist eigentlich schade, ich glaube, wir hatten über weite Strecken in der Sache einen Konsens. Man sollte so was nicht dem Klamauk preisgeben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Lorenz Caffier, CDU: Ich glaube nicht, dass Unterrichts- versorgung Klamauk ist.)

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/727 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsvorschlag einstimmig gefolgt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie, bevor wir in den nächsten Tagesordnungspunkt einsteigen, darüber informieren, dass die schwedische Außenministerin Anna Lindh heute Morgen ihren schweren Verletzungen des gestrigen Attentats erlegen ist. Frau Anna Lindh war eine der wichtigsten Personen in der Frage der Befürwortung Schwedens zur EU. Ich glaube, dass ich in Ihrem Namen spreche, wenn wir dieses feige Attentat auf das Schärfste verurteilen und natürlich unser tiefes Mitgefühl ihren Angehörigen und insbesondere ihren beiden Kindern gilt. Ich bitte Sie, sich kurz von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Sofortmaßnahmen zur Lehrstellensituation 2003, Drucksache 4/729.

Antrag der Fraktion der CDU: Sofortmaßnahmen zur Lehrstellensituation 2003 – Drucksache 4/729 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Rehberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist natürlich schwierig, zum politischen Alltag zurückzukommen.

Meine Damen und Herren, die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern ist dramatisch. Noch nie klaffte die Schere zwischen Ausbildungsplatzsuchenden – 7.800 bei den Arbeitsämtern gemeldet, 1.400 mehr als vor einem Jahr – und den freien Ausbildungsstellen – 1.700 – auseinander. Seit Oktober wurden den Arbeitsämtern insgesamt 14.500 Ausbildungsstellen gemeldet, 900 oder 6,0 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Schulabgänger, aber es sind ja nicht nur direkte Schulabgänger, beläuft sich auf 25.600, die sich nach einem geeigneten Ausbildungsplatz umge

schaut haben. Das sind traurige Zahlen und hinter diesen Zahlen stehen Menschen, deren Lebensplanung nach der Schulzeit vor einer ungewissen Zukunft steht. Und da hilft auch nicht das permanente Verweisen auf Zahlen, die dann Ende September vorliegen. Die Tendenz, Herr Minister Ebnet, der Monate Juni, Juli und August ist mehr als eindeutig, leider.

Meine Fraktion hat Ihnen einen Antrag vorgelegt, der Sie zunächst auffordert, aktuell über die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt zu berichten. Angesprochen werden sollte dabei auch die Wirksamkeit der Ausbildungsplatzförderung. Meine Fraktion, Herr Minister Ebnet, hat diese Förderung sehr früh, schon im März diesen Jahres, verlangt. Sie haben als Wirtschaftsminister spät eingelenkt und die Richtlinie trat dann am 27. Juni erst in Kraft. Das ist sicher nicht Ihr eigenes Versäumnis, Herr Minister Ebnet, nur wenn man am 27. Juni erst eine Richtlinie in Kraft treten lässt – und ich denke, wir vertreten da beide eine Meinung, die Beträge 1.500 Euro beziehungsweise weniger heben nicht die Ausbildungsplatzkosten auf, für mich ist das mehr auch ein moralisches Symbol gewesen –, müssen Sie sich von uns eins vorwerfen lassen: Sie können doch nicht erwarten, dass die Zahlen – und die haben Sie genannt – aktuell besser sind, und zwar erst 300Anträge bei der betrieblichen Ausbildung für 400 Ausbildungsplätze. Nach meiner Kenntnis mussten Sie im Ausschuss zugeben, es gibt noch keinen Antrag bei der Verbundausbildung.

Herr Minister Ebnet, das ist Ihre politische Verantwortung, dass Sie schon jetzt und heute klar machen, das Signal nach draußen senden, dass die betriebliche Ausbildungsplatzförderung fortbesteht und nicht erst zum 27. Juni 2004 für das Ausbildungsjahr 2003/2004 in Kraft tritt und dann rückwirkend zum 1. Januar. Ich fordere Sie hier an dieser Stelle auf: Geben Sie ein deutliches Signal für das kommende Ausbildungsjahr, dass die Ausbildungsplatzförderung ab sofort weiterläuft bis zum Ende!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Etwas anderes kann man an dieser Stelle nicht politisch verantworten. Ich sage Ihnen noch einmal ganz klar und eindeutig: Die Finanzressourcen sind begrenzt. Für mich ist das auch mehr ein moralischer Aspekt, aber gleichwohl, Herr Minister Ebnet, Sie müssen sich auch messen lassen an Ihrer Ankündigung, dreimal 1.000 neue Ausbildungsplätze mit diesem Programm schaffen zu wollen.

Ein Weiteres, das geht Sie nicht allein an. Der Ministerpräsident ist heute auf der MeLa, das ist sicher zu akzeptieren. Nur, was ich nicht akzeptieren kann, und ich bin hoch gespannt auf die Zahlen, die die Landesregierung selber für sich Ende September vorlegt: Nach den letzten Zahlen, die mir vorliegen, ist die Ausbildungsbereitschaft zum vergleichbaren Vorjahreszeitraum der Landesregierung um deutlich zehn Prozent zurückgegangen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Das sind die Zahlen, Herr Minister Ebnet, die mir die Landesregierung zugearbeitet hat. Sie haben die Jahre zuvor immer über 700 gehabt. Sie sind noch nicht einmal auf 600 gekommen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Unglaublich! – Angelika Gramkow, PDS: Das stimmt nicht!)

Was wollen Sie denn von der Wirtschaft verlangen, wenn Politik nicht mit gutem Beispiel vorangeht?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Durchforsten Sie doch bitte die Universitäten, Ihre nachgeordneten Behörden, Straßenbauämter, Labore et cetera – ich kann das alles aufzählen –, ob sie nicht auch jungen Menschen beim Land eine Chance geben können.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Unser Motto war immer: „Ausbilden ist wichtiger als übernehmen.“ Herr Minister Ebnet, ich habe mir sagen lassen, dass die Ausbildung im Land, ich meine jetzt nicht nur Güstrow allein, sondern auch in technischen Bereichen, im kaufmännischen Bereich, nicht die schlechteste ist. Das heißt, hier ist Politik in der Verpflichtung.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt bei uns ist die Ausbildungsfähigkeit von Schülern. Die muss in Deutschland verbessert werden. Wissen Sie, ich habe die Debatte zum vorherigen Tagesordnungspunkt noch sehr, sehr gut im Ohr. Ich denke, das Signal, was beim ganzen Thema Unterrichtsversorgung und Situation an den Schulen gegeben wurde in den letzten Wochen, das ist nicht dazu angetan, dass wir die Ausbildungsfähigkeit von Schülern in Mecklenburg-Vorpommern verbessern, ganz im Gegenteil.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Das sind Zusammenhänge, die man ganz einfach beachten muss.

Herr Minister Ebnet, wir waren gemeinsam auf einer Tagung der IHK Rostock. Mich hat eine Zahl erschüttert: Von gut 700 befragten Betrieben haben zehn Prozent gesagt, dass sie Ausbildungsplätze deswegen nicht belegen konnten, weil die Qualität des Schulabschlusses nicht mehr dazu passte. Das halte ich für mehr als bedrückend. Wenn ich das im Land hochrechne, muss ich sagen, das sind mehr als ernst zu nehmende Zahlen.

Ich denke, wir sollten uns ernsthaft über einen Punkt unterhalten. Ich weiß, das ist schwierig, aber zunehmend kommen zu mir Klagen, dass zwei, drei, vier Lehrverträge abgeschlossen werden und dass dann diese Lehrverträge Ende August, Anfang September erst losgelassen werden, deswegen diese Zahl 7.800 zu 1.700 freien Stellen. Die kann ich sehr wohl bewerten. Nur, Herr Minister Ebnet, wenn das wirklich so ist – es gibt dort keine belastbaren Daten, das werden wir auch nicht bekommen, aber es ist eine Tatsache –, dann müssen wir uns doch in dieser Situation, wo die Ausbildungsplätze deutlich zurückgehen und aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Schulabgängerzahlen nicht sinken oder die Zahl der Personen auf dem Ausbildungsmarkt, darüber Gedanken machen, dass wir auch ein Stück Fairness zwischen denjenigen herstellen, die auf dem Ausbildungsmarkt stehen. Deswegen lassen Sie uns doch prüfen: Ist es nicht möglich, dass die Lohnsteuerkarte bei Unterzeichnung des Ausbildungsvertrages, des Lehrvertrages einbehalten wird? Ist es nicht möglich darauf hinzuwirken, dass im Ausbildungsvertrag ein Passus enthalten ist, dass der Auszubildende unterschreibt „Ich bin keinen weiteren Lehrvertrag eingegangen.“?

Ich habe als Beispiel ein großes Hotel, da sagte mir vor Jahren der Geschäftsführer: Herr Rehberg, ich nicht mehr. 14 Plätze habe ich zur Verfügung gestellt und davon haben 7 Bewerber Anfang September tschüs gesagt. Das

heißt, sie hatten doppelt oder dreifach gepokert. Lassen Sie uns deswegen dieses Thema angehen, weil ich noch eine Sorge habe, und zwar dass Ende August, Anfang September Ausbildungsplätze losgelassen werden und ich habe nicht mehr die Schulabgänger, die auf diese Ausbildungsplätze noch passen mit einem guten Realschulabschluss, mit einem guten Abitur und so weiter und so fort.

Ich habe deswegen versucht, das in aller Ausführlichkeit darzustellen, weil es darum geht, Fairness zwischen den Ausbildungsplatzsuchenden herzustellen und ein Stück weit dafür zu sorgen, dass möglichst frühzeitig die guten Ausbildungsplätze im Land mit denen belegt sind, die auch gute Schulabschlüsse haben. Ich glaube, hier müssen Anforderung und Qualität zueinander gebracht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine letzte Anmerkung: Ich hoffe, dass Sie als Wirtschaftsminister, Herr Ebnet, meine Auffassung teilen, die Ausbildungsplatzabgabe bringt nicht einen Ausbildungsplatz mehr, nicht einen einzigen.