Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

Folgendes halte ich als zweiten Punkt für sehr wichtig: Wir werden die Bewerber sortieren und die Betreiber auswählen, nicht so – und das war der Gegenstand des Untersuchungsausschusses, Herr Ringguth –, dass hier zumindest der Verdacht aufkommt, hier werde etwas nicht korrekt gehandhabt, sondern geschoben, um das mal vorsichtig auszudrücken. Einem solchen Verdacht

wollen wir von Anfang an entgegentreten. Wir wollen hier ein sauberes, ein transparentes Verfahren auf der Basis einer Ausschreibung und das Abgabesystem für unsere Spielbanken gesetzlichen und richterlichen, durch Rechtsprechung gewonnenen Ansprüchen anpassen. Ich halte das für sehr vernünftig.

Also lassen Sie uns das Gesetz in die Ausschüsse überweisen. Es wird die Beratung der Kommunalverfassung im Innenausschuss nicht behindern, Herr Kollege. Ich bin dort genau wie Sie für Eile. Wir brauchen diese Novelle. Wir brauchen aber auch die Novelle fürs Spielbankgesetz und daran gehen wir jetzt. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Müller.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/893 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Siebten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, Drucksache 4/909.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Siebten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Erste Lesung) – Drucksache 4/909 –

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff. Bitte schön, Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Ist nicht da! – Eckhardt Rehberg, CDU: Dann müsst ihr doch wenigstens so clever sein und eine Auszeit beantragen, damit das überbrückt wird!)

Also ich kann es von hier aus nicht tun. Macht es mal jemand?

Herr Müller, bitte.

Die SPDFraktion beantragt zehn Minuten Auszeit.

Danke schön.

Wir unterbrechen für zehn Minuten.

Unterbrechung: 15.16 Uhr

Wiederbeginn: 15.19 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe noch mal auf den Tagesordnungspunkt 12: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Siebten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, Drucksache 4/909.

Das Wort zur Einbringung hat der Ministerpräsident des Landes Herr Dr. Ringstorff. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zurzeit erleben wir in Deutschland eine hochaktuelle medienpolitische Debatte. Dabei geht es um die zukünftige Finanzausstattung, die Aufgaben und Strukturen des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Und wie immer reden dabei eine Menge von Leuten mit und gehen nicht gerade zimperlich miteinander um. Man kann nun wirklich sagen, es wird mit harten Bandagen gekämpft.

Da fragt zum Beispiel ein politisches Wochenmagazin: Was ist das Programm von ARD und ZDF monatlich wert? 16,15 Euro oder 18,15 Euro oder gar nichts? Dabei wird die Debatte so geführt, als wären Deutschlandfunk, DeutschlandRadio, 3sat oder Phönix gar nicht vorhanden und die monatliche Rundfunkgebühr etwas, das auf dem freien Markt nach Lust und Laune ausgehandelt werden kann. Gebühren- und Strukturreformdiskussion werden in der aktuellen Diskussion munter miteinander verknüpft. Es wird eine klare Aufgabendefinition für die öffentlichrechtlichen Anstalten eingefordert.

Meine Damen und Herren, die notwendige Ratifizierung des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der Ihnen im Entwurf vorliegt, wird durch diese Debatte überlagert. Die in dem Vertragsentwurf vorgesehenen Regelungen erhalten zugleich vor dem aktuellen Hintergrund eine besondere Bedeutung. In Paragraph 11 wird der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks präzisiert und damit wird bereits ein Stück der Sacharbeit geleistet, die jetzt in der aktuellen Debatte polemisch eingefordert wird. Diese Norm, die zukünftig für alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten soll, fasst den in den Staatsverträgen und in den jeweiligen Landesrundfunkgesetzen teilweise dort schon geregelten Programmauftrag in Form einer Generalklausel zusammen. Und damit wird auch europarechtlichen Vorgaben entsprochen, den Aufgabenbereich des gebührenfinanzierten Rundfunks genauer zu bestimmen.

Fernsehen und Rundfunk, meine Damen und Herren, sind Pflichtaufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten wir Orientierung im Informationsdickicht des Medienalltages. Gemäß Paragraph 11 soll er nicht nur die Vielzahl der Informationsbilder abbilden, sondern durch gezielte Auswahl und Aufbereitung der Informationen diese auch verständlich machen. Dabei hat er einen Blick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu liefern. Sein Programm dient der Information, Beratung, Bildung, Unterhaltung und soll insbesondere auch Belange der Kultur vertreten, Beiträge zur Kultur anbieten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist bei der Erfüllung seines Auftrages den Grundsätzen der Objektivität und der Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Meinungsvielfalt sowie der Ausgewogenheit der Angebote und Programme verpflichtet.

Paragraph 11 regelt den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich der Grundversorgung und

in Selbstverpflichtungen konkretisieren die Anstalten das jeweils für sich. Zukünftig will man zu weiteren Konkretisierungen und Präzisierungen in Bezug auf Inhalte, deren Qualität und quantitative Begrenzung kommen. Dabei muss auch darüber nachgedacht werden, ob alle derzeitigen Angebote notwendig sind, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Nach Paragraph 11 Absatz 5 überprüfen die Länder durch die Rundfunkkommission drei Jahre nach In-Kraft-Treten des Vertrages, ob sich das Mittel der Selbstverpflichtung bewährt hat. Neben Paragraph 11 bilden ergänzende Regelungen für die Bereiche Film- und Fernsehförderung sowie Änderungen des ZDF- und DeutschlandRadio-Staatsvertrages zur besseren Transparenz der Mittelverwendung weitere Schwerpunkte der Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages.

Meine Damen und Herren, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat Aufgaben, die die Privaten nicht haben. Es ist klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Erledigung all seiner Aufgaben auch eine angemessene Gebührenausstattung erhalten muss. Qualität kostet Geld. Damit aber gerade die Gebühren nicht zum Spielball der Politik werden, meine Damen und Herren, werden sie in einem unabhängigen, von der KEF getragenen Verfahren ermittelt und nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss die Finanzierung insoweit garantiert sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nur die ihm zukommenden Aufgaben im System erfüllen kann, sondern auch im Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann. Und in diesem klar geregelten Prozess obliegt den Ministerpräsidenten lediglich die Prüfung der so genannten Sozialverträglichkeit einer geplanten und von der KEF ermittelten Gebührenerhöhung, aber nicht das Befinden über ihr Sein oder Nichtsein. Bei der Beurteilung der Sozialverträglichkeit muss auch immer davon ausgegangen werden, dass es für sozial Schwache die Möglichkeit einer Gebührenbefreiung gibt. Es muss also niemand auf Fernsehen und Hörfunk verzichten, weil er es sich nicht leisten kann.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich müssen auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten weitere Schritte unternehmen, um zu sparen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss auch zukünftig bezahlbar bleiben. Aber ich weise darauf hin, die Intendanten wissen das und haben auch schon vorgearbeitet. Der NDR beispielsweise hat schon in den letzten Jahren unter anderem beim Personal, bei Sachausgaben kräftig eingespart, Organisationsstrukturen verschlankt und ist zum Zwecke der Kostendämpfung vielfältige Kooperationen mit anderen Anstalten eingegangen. Bemühungen der Rundfunkanstalten gibt es schon seit Jahren und ich sage auch, diese Bemühungen müssen weitergehen. Die Selbstverpflichtungserklärungen und ihre Kontrolle durch die Gremien sind der notwendige Schritt und hier gilt es, in den Gremien aufmerksam zu wachen.

Leider wird in der aktuellen Diskussion die Gebührendebatte mit einer Strukturdebatte verknüpft. Das ist nicht nur verfassungsrechtlich absolut unzulässig, denn die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, meine Damen und Herren, muss gewahrt bleiben. Nein, es ist auch unredlich, denn die, die jetzt lauthals eine Strukturdebatte einfordern, zum Beispiel Herr Stoiber, hätten diese Debatte schon seit Jahren in den zuständigen Gremien führen können, denn dieses Thema ist ja nicht neu. Als Mitglied des Verwaltungsrates des ZDF hätte er alle Möglichkeiten dazu gehabt, aber nach den Informationen,

die ich aus diesem Gremium habe, war seine Stimme dazu nie zu hören.

Meine Damen und Herren, wenn wir eine Strukturdebatte führen, dann sollten wir sie nicht mit dem Thema Gebührenerhöhung verknüpfen. Wenn wir sie führen, dann ernsthaft und – darauf lege ich Wert – vor allem im Dialog mit den Rundfunkanstalten und nicht am grünen Tisch.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich bin mir mit dem Vorsitzenden der ARD, Herrn Professor Plog, völlig einig, dass wir Reformen brauchen. Aber eine Strukturdebatte kann nur die Optimierung und Effektivierung vorhandener Strukturen der Öffentlich-Rechtlichen zum Ziel haben, aber nicht deren Schwächung. Insofern, meine Damen und Herren, stimmt es mich schon sehr, sehr nachdenklich, dass die Vorschläge zu Strukturveränderungen gerade von den Ministerpräsidenten kommen, in deren Ländern sich die Standorte großer privater Medienanstalten befinden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Ich glaube, letztlich dürfen wir in Deutschland nie vergessen, dass die privaten Medien sich auf ihr Angebot beschränken können, weil es darüber hinaus noch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Grundversorger gibt. Er sollte daher seine Stärken da weiter ausbauen, wo er schon heute stark ist und – das ist mein Wunsch – nicht unbedingt im Bereich der Unterhaltung gewinnen wollen und alles mitmachen, was dort im Bereich der privaten Veranstalter gemacht wird. Ich glaube, auch das könnte zu einer weiteren Kostensenkung beitragen.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass der öffentliche Rundfunk auch in Zukunft stark bleibt, und das bedeutet, auch bei der technologischen Entwicklung mit am Ball zu bleiben. Über Werbung und Sponsoring muss neu nachgedacht werden und über vieles mehr. Es ist daher sinnvoll und richtig, dass die Rundfunkkommission unter Einbeziehung des Anfang Januar vorliegenden KEFBerichts Vorschläge zu strukturellen Reformen machen wird. Die Ministerpräsidenten der Länder werden darüber im März nächsten Jahres beraten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Ministerpräsident.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne damit die Aussprache.

Als Erster erhält das Wort der Vorsitzende der Fraktion der CDU Herr Rehberg. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Siebte Rundfunkstaatsvertrag, um den geht es hier, hat vordringlich die Aufgabe, die Rundfunkordnung in Deutschland zu aktualisieren.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Schwerpunkte der Änderungen sind die Konkretisierung des Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen

Rundfunks, das Verbot von Bezahlangeboten, die Sicherung der Regionalfensterprogramme, die Verlängerung der Gebührenfreiheit für Internet-PC um erst einmal zwei Jahre und – für uns in Mecklenburg-Vorpommern von besonderem Interesse – ergänzende Regelungen für die Bereiche der Film- und Fernsehförderung, wobei ausdrücklich der Status quo der Förderaktivitäten der Rundfunkanstalten anerkannt wird.

Ich begrüße ausdrücklich den Siebten Rundfunkstaatsvertrag, da er Rechtssicherheit mit sich bringt. Interessant an dem Staatsvertrag ist für mich vielmehr, welche Protokolle die Länder ergänzend hinzugefügt haben.

(Siegfried Friese, SPD: In der Tat.)

So wurde zum Beispiel das achte Protokoll lediglich von den so genannten B-Ländern unterzeichnet. Das ist schon ziemlich spannend. Das achte Protokoll beschäftigt sich mit der Problematik der Verflechtung von politischen Parteien und privatem Rundfunk in Deutschland, die geregelt werden muss. Leider konnten sich die so genannten A-Länder – sprich die SPD-geführten Länder – nicht dazu durchringen, das Protokoll mit zu unterschreiben. Warum, brauche ich hier nicht weiter auszuführen. Wir kennen alle die Wertanlagen der SPD-Partei. Das achte Protokoll beschäftigt sich nämlich mit der Problematik der Verflechtung von politischen Parteien und privatem Rundfunk in Deutschland. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident Ringstorff, warum konnten Sie das denn nicht mittragen, diesen Punkt? Ich denke, hier ist viel mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit geboten, als wir sie bisher haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Warum haben Sie das nicht mitgetragen?

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte ein weiteres Bedauern zum Ausdruck bringen, weil es in meinen Augen ein zusätzlicher Schutz für eine objektive Berichterstattung gewesen wäre. Herr Ministerpräsident, natürlich haben manche Länder Medienstandorte. Aber dann bitte doch die Verflechtungen wirklich auf den Tisch! Ich könnte sie Ihnen gerne geben. Das ist überhaupt kein Problem. Da gibt es hoch interessante Verflechtungen, insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen, nicht nur was die Standortfrage betrifft, sondern gerade was die gesellschaftlichen Verflechtungsbeziehungen betrifft, denn die sind viel interessanter als die Standortfrage. Und, meine Damen und Herren – das kennen wir bei der SPD schon, auch aus anderen Bereichen –, da wird Wasser gepredigt und kräftig nicht nur Rotwein getrunken.