Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns, glaube ich, einig, dass die Probleme im Land so groß sind, dass wir sie nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung lösen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, einzelnen Abgeordneten der SPD und Regine Lück, PDS)

Es ist erforderlich, dass wir es schaffen, Brücken zu bauen von allen gesellschaftlich relevanten Gruppen zu einem gemeinsamen Ruck, der hier durch das Land gehen muss, damit jedem klar ist: Hier in diesem Land lohnt es sich zu investieren. Deshalb ist es so wichtig, dass die Gemeinschaftsaufgabe in ihrem bisherigen Umfang erhalten bleibt. Ich kann auch dem Kollegen Schulte ausdrücklich zustimmen, wenn er sagt, wir haben hier natürlich einen Interessengegensatz zwischen den unterschiedlichen Bundesländern. Das ist eben auch ein Teil des Föderalismus, dass sich die Länder im Wettbewerb befinden. Und genauso, wie es Stimmen aus dem Freistaat Bayern gibt, gibt es natürlich auch Erklärungen des Ministerpräsidenten des größten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Wenn es hier in einer Zeitungsüberschrift heißt: „NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück: In den Osten fließt zu viel Geld“, dann müssen wir dem gemeinsam entgegensetzen, nein, wir brauchen auch im Interesse der westdeutschen Bundesländer die Investitionen in unseren neuen Bundesländern,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Angelika Peters, SPD)

denn nur dann kann der Länderfinanzausgleich in Zukunft so funktionieren, dass wir in die Lage versetzt werden, dass wir einen selbsttragenden Aufschwung auch in den neuen Bundesländern erzielen, und das führt dann dazu, dass die alten Länder weniger zahlen müssen. Aber dazu ist erst noch eine große Kraftanstrengung erforderlich, damit diese selbsttragenden Kräfte überhaupt zum Zuge kommen können.

Der Minister hat darauf hingewiesen, dass zunächst die voraussichtlich ab 2005 vorliegenden beihilferechtlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Kommission abgewartet werden müssen, bevor Bund und Länder im GA-Planungsausschuss über die Fördergebiete ab 2007 entscheiden werden. Gerade deshalb muss die Landesregierung schon heute tätig werden. Es ging uns mit diesem Antrag, und das hat die Debatte im Wirtschaftsausschuss deutlich gemacht, darum, die Landesregierung bei ihren Bemühungen nachhaltig zu unterstützen, darauf hinzuwirken, dass wir die GA auf hohem Niveau auch über das Jahr 2005 hinaus sichergestellt haben.

Wir haben erfreulicherweise auch konstatieren können, dass der Mittelabfluss sich verbessert hat.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es sind ja auch keine Mittel da.)

Per 03.12.2003 waren 83,6 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel abgeflossen. Im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres waren es nur 56,4 Prozent. Das hängt mit einer Problematik zusammen, die wir hier auch schon im Landtag erörtert haben, nämlich, dass wir aufgrund von Anmerkungen des Bundesrechnungshofes hier leider ein etwas schwierigeres Abrechnungsverfahren haben. Früher konnten wir die zugewiesenen Mittel bis zum 31. März noch verwenden. Das ist jetzt so nicht mehr möglich. Deshalb war der Mittelabfluss im letzten Jahr, als der Zeitraum, in dem die Mittel eingesetzt werden konnten, größer war, geringer, was allerdings auch dazu geführt hat, dass im Jahre 2003 19 Prozent oder 21 Millionen Euro der Mittel aus dem Jahre 2002 an den Bund zurücküberwiesen werden mussten. Wir sind uns einig darüber, dass alles getan werden muss, dass wir die Mittel auch restlos ausschöpfen. Denn nur wenn uns das gelingt, haben wir starke Argumente gerade gegenüber den Geberländern.

Wir wissen, dass insbesondere seitens des Landesförderinstituts hier entscheidende Anstrengungen unternommen wurden, dass trotz der schwierigeren Rahmenbedingungen aufgrund der Anmerkungen des Bundesrechnungshofes tatsächlich der Mittelabfluss gewährleistet werden kann, und zwar so, dass die Mittel ausgeschöpft werden, die uns zur Verfügung stehen. Dies ist dringend erforderlich. Ich kann nur alle Kolleginnen und Kollegen ermuntern, hier die Landesregierung darin zu unterstützen, sich dafür einzusetzen, dass die Gemeinschaftsaufgabe in der bisherigen Form auf hohem Niveau erhalten bleibt. Herr Minister, Sie haben die volle Unterstützung unserer Fraktion, wenn es darum geht sicherzustellen, dass die Mittel hier im Land sinnvoll eingesetzt werden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der PDS-Fraktion Frau Dr. Bunge.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Wirtschaftsausschuss schlägt vor, dass der Landtag heute ein klar vernehmliches Votum dafür gibt, dass alles getan wird, dass die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) als wirtschafts- und strukturpolitisches Instrument beibehalten wird. Vieles ist dazu gesagt, viel Richtiges. Ich meine, es ist aber wert festzuhalten, dass es auch verständlich ist, dass es, Herr Kollege Schulte – er ist leider nicht mehr da –, seit 35 Jahren Gemeinschaftsaufgaben in der Bundesrepublik gibt und dass diese dann auch von Zeit zu Zeit debattiert werden, dass debattiert wird über die konkrete Ausgestaltung.

Von den Gemeinschaftsaufgaben, insbesondere der hier in Rede stehenden zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, haben seit der Einheit die neuen Bundesländer, so auch Mecklenburg-Vorpommern, profitiert. Ziel war vorrangig, zwischen Ost und West gleiche Bedingungen herzustellen. Aber trotz der enormen Mittel – ich will das nicht wiederholen, der Wirtschaftsminis

ter hat einige Zahlen genannt – ist der Aufholprozess nicht abgeschlossen, im Gegenteil: Der Aufholprozess stagniert. Debatten um die Verteilung zwischen Ost und West, wie Debatten um das Wie der Förderung, also um Struktur und die Art und Weise der Zweckbindung, sind meines Erachtens im 14. Jahr nach der Einheit verständlich. Und ich denke, jede und jeder hat auch das Recht, Vorschläge zu machen. Derer gibt es derzeit viele, auch die PDS hat welche.

Mischfinanzierungen haben von ihrer Anlage her die Crux, dass sie bei der Kofinanzierung immer auch gewaltige Summen von Landesmitteln binden. Das schränkt natürlich den Spielraum für andere prioritäre Vorhaben ein, und das umso mehr in Zeiten knapper Kassen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Vorschläge dahin gehend kommen, den Förderrahmen beispielsweise bei der wirtschaftsnahen Infrastruktur auch auf die so genannten weichen Standortfaktoren zu erweitern, oder im Umkehrschluss gefragt wird, ob wirklich alle GA-Mittel gebunden werden müssen, um unter Umständen Landesmittel für andere Schwerpunkte frei zu bekommen. Bei all den Diskussionen muss gegenwärtig aber meines Erachtens zum Erreichen des grundsätzlichen Ziels „Angleichung der Lebensverhältnisse“ oberste Priorität haben, einen hohen Mitteltransfer zu erwirken und landesseitig zu sichern. Zur Balance zwischen Eigenstaatlichkeit der Länder und bundesstaatlicher Solidargemeinschaft wird es kaum für jeden volle Zufriedenheit geben, dazu sind die Interessen zu unterschiedlich.

Ich sehe unsere Aufgabe als Parlamentarier vor allem darin, die Landesregierung zu unterstützen, dass diese Fördermöglichkeit nicht versiegt, und wir dabei auch taktischen Spielraum der Landesregierung zugestehen und nicht alle drei Monate mit dem Thema kommen und an der einen Stelle etwas festklopfen. Ich meine, wir haben hier einen fließenden Prozess. Wir sehen natürlich unsere Aufgabe nach der Haushaltsaufstellung vor allen Dingen darin, den Haushaltsvollzug so zu begleiten, dass die Mittel auch mit möglichst höchstem Effekt für das Land genutzt werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Die Landesregierung hat das regionale Förderprogramm für 2004 vorgelegt. Dies schreibt nicht so einfach Entwicklungsziele und Aktionen fort. Neue Akzente werden gesetzt, Akzente wie, dass die Konversion als expliziter Fördertatbestand fixiert wird, wie eine spezifische Reform der Tourismusförderung, wie die Einbeziehung der Neuordnung der Medien und Filmförderung und nicht zuletzt die explizite Ausweisung der Entwicklung der Gesundheitswirtschaft. Auch an uns ist es, diesen Rahmen effizient und, ich meine, vor allem nachhaltig auszunutzen. – Ich danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, PDS und Dr. Ulrich Born, CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Bunge.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/900 in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1061 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte

ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? –

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Lorenz Caffier, CDU: Er ist noch nicht ausge- schlafen gewesen. – Angelika Gramkow, PDS: Dieser Gleichklang ist mir etwas zu groß.)

Damit ist die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 4/1061 mit einer Stimmenthaltung, ansonsten Zustimmung der drei Fraktionen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 4/1074 vor.

Fragestunde – Drucksache 4/1074 –

Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Wirtschaftsministers und hierzu die Fragen 1 und 2 des Abgeordneten der CDU-Fraktion Herrn Caffier.

Herr Minister!

1. Welchen Stellenwert nimmt die Schlussdebatte über den Landeshaushalt 2004/2005 im Landtag für die Landesregierung ein, und welche Schlussfolgerungen für die Teilnahme von Mitgliedern der Landesregierung ergaben sich aus der bekannten Terminüberschneidung von Jahresempfang der IHK Rostock in Stralsund und Landtagssondersitzung nach Beantragung der Sondersitzung durch die Koalitionsfraktionen für den 18. Februar 2004?

Und warum wurden die Landtagsfraktionen nicht informiert?

Soll ich die zweite Frage auch gleich stellen?

Es wäre besser, ja.

Ja, okay, dann machen wir das so, wenn wir es dürfen, Frau Präsidentin.

Die Frage lautet etwas anders als die schriftliche.

Herr Minister!

2. Welchen Stellenwert nimmt die Beratung über den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums innerhalb der Schlussdebatte über den Landeshaushalt 2004/2005 im Landtag für den Wirtschaftsminister ein, und war dem Wirtschaftsminister klar, dass bereits zum Zeitpunkt der Beantragung der Sondersitzung durch die Koalitionsfraktionen feststand, dass am 18. Februar2004 der Jahresempfang der IHK Rostock in Stralsund stattfinden sollte?

Und warum wurden die Fraktionen nicht informiert?

Herr Abgeordneter Caffier, ich bin nun ein bisschen am Zögern, weil Ihre mündlich vorgetragene Frage anders lautet als die schriftliche, …

Sie merken auch alles.

(Heiterkeit bei Norbert Baunach, SPD)

… aber ich will die in der mündlich vorgetragenen Form beantworten.

Herr Caffier, die Debatte zum Landeshaushalt hat, das muss man nicht eigens betonen, selbstverständlich einen hohen Stellenwert für die Landesregierung und für den Wirtschaftsminister. Ich muss gleich vorwegschicken: Ich will hier keine Konfrontation mit dem Landtag, ich will auch keine Konfrontation mit der CDU-Fraktion. Natürlich stehe ich dem Landtag ganz selbstverständlich zur Verfügung. Hier, lassen Sie mich das einmal verdeutlichen, geht es meiner Auffassung nach aber auch nicht um die Landesverfassung, um den Artikel 38, wo steht, dass der Landtag das Recht hat, die Anwesenheit eines Mitglieds der Landesregierung zu verlangen. Ich habe den Wunsch des Landtags, der CDU-Fraktion auch ausdrücklich respektiert und bin aus Stralsund zurückgekommen.

Es geht um zwei andere Fragen: Es geht einmal um die Frage, ob der IHK-Jahresempfang in Stralsund durch die Anwesenheit der Landesregierung auch bei einer zugegebenermaßen schwierigen Terminkollision gewürdigt werden soll. Ich meine, ja. Die Landesregierung sollte es möglich machen, auch wenn es schwierig ist, der Wirtschaft unsere Anerkennung zu zeigen durch Anwesenheit, so gut es geht. Ich denke, dass ein IHK-Jahresempfang eine zentrale Veranstaltung für unsere Wirtschaft ist und dass es zu den zwar nicht geschriebenen, aber doch erklärten Pflichten eines Wirtschaftsministers gehört, dass er daran teilnimmt.

Zum Zweiten geht es um die Frage, ob es die nicht geschriebene Höflichkeit erfordert hätte, sich für die Abwesenheit vorher beim Landtag zu entschuldigen.

(Rainer Prachtl, CDU: Ja, das ist eine Stilfrage.)

Das ist leider nicht geschehen. Ich sage ganz bewusst, leider, weil ich das auch bedauere. Normalerweise läuft das ganz automatisch durch. Irgendwann gibt es einmal im Leben eine Panne. Die Panne ist passiert und die kann man auch nicht mehr rückgängig machen.