Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

(Andreas Bluhm, PDS: Aha!)

Was nun? Wird das Modellprojekt mit 20 Schulen unseres Landes, für das die Bewerbungsfrist noch bis April läuft, überhaupt stattfinden können?

(Andreas Bluhm, PDS: Ja.)

Herr Renz hatte vorhin eine entsprechende Frage gestellt. Schließlich sind auch die Kollegen der teilnehmenden Schulen Vertragspartner im Lehrerpersonalkonzept. Aber inzwischen ist wieder ein wenig Wasser den Berg hinuntergelaufen und siehe da, die Gewerkschaften rufen nach Neuverhandlungen und werfen der Landesregierung sogar Vertragsbruch vor.

Lassen wir einmal die ständigen Schulgesetzänderungen mit den gravierenden Änderungen im Schulsystem in

den letzten Jahren außen vor, so schlimm unruhestiftend und demotivierend sie auch waren und zum Teil noch sind. Was unsere Schulen und Schüler, Eltern und Lehrer allein im vergangenen Jahr schlucken mussten, lässt sich mit Worten kaum beschreiben. Ich erinnere an die geplanten und durch massive Proteste der Betroffenen abgewehrten Einschränkungen bei den Förderschulen, an die Verabschiedung von einer beispielhaften Förderung von LRS-Schülern durch PmsA-Kräfte, an den chaotischen Schulstart, an das Verbot, Teilzeitkräften Vertretungsstunden zu geben, an die Verschiebung der Einstellung von Referendaren um ein halbes Jahr, an die Reform der gymnasialen Oberstufe, mit der erst jetzt aufgeweichten Abkehr vom Kurssystem, und nicht zuletzt an die nur unter hohem Druck eingestandene mangelnde Unterrichtsversorgung aufgrund von 883 fehlenden Lehrerstellen in unserem Land.

Eine atemberaubende Zahl, die sich aufgebaut hat, weil das Ministerium Bedarfsberechnungen auf der Grundlage von Zahlen und Schüler-Lehrer-Relationen aus dem Jahr 1994, die nie fortgeschrieben wurden, vorgenommen hat und die Bedarfsberechnungen der Schulämter, die sich an den tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich den gebildeten Klassen und der gesetzlichen Regelungen, Verordnungen und Erlasse des Bildungsministeriums orientierten, ignorierte. Eine ständige Unterversorgung war das Resultat, welches die Schulleiter und Lehrer – und das muss man mit großer Anerkennung an dieser Stelle einmal sagen – mit Geschick und auch viel unbezahltem Engagement von Jahr zu Jahr mühsamer auszugleichen versuchten. Hohen Stundenausfall konnten sie aber dennoch nicht verhindern.

Herr Bluhm, ich darf Sie, weil Sie gerade ein bisschen schimpfen, einmal zitieren.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Andreas Bluhm, PDS: Bitte? – Angelika Gramkow, PDS: Er hat doch gar nichts gesagt! – Dr. Margret Seemann, SPD: Er schimpft gar nicht.)

Haben Sie nicht geschimpft? Ich dachte, es kam aus der Richtung. Dann entschuldige ich mich. Ich möchte Sie aber trotzdem zitieren.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Das steht bestimmt in Ihrer Rede, Frau Fiedler.)

Nein, das steht hier nicht. Wollen Sie gucken? Ich zeige Ihnen das gerne, Frau Gramkow. Es steht nicht in meiner Rede. Ich habe hier nur ein Zitat von Andreas Bluhm vom 7. November 1996 stehen, weil ich mir das Datum so nicht gemerkt hätte. Entschuldigung.

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Ja, da gab es schon einmal eine Debatte zum Lehrerpersonalkonzept

(Andreas Bluhm, PDS: Das war richtig. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

und damals haben Sie ein bisschen anderes geredet.

(Andreas Bluhm, PDS: Jaja!)

Inzwischen haben sich die Zeiten aber geändert

(Heike Polzin, SPD: Da haben Sie auch noch etwas ganz anderes gewollt.)

und dann gab es einen richtigen Seitenwechsel in der Argumentation und so weiter. Es ist sehr spannend, so etwas einmal nachzugucken. Sie haben damals gesagt, und da kann ich Ihnen aus vollem Herzen nur zustimmen: „Wenn Schulpolitik rein fiskalisch betrachtet wird, müssen zwangsläufig pädagogische Betrachtungsweisen außen vor bleiben.“

(Andreas Bluhm, PDS: So ist es.)

Das lasse ich hier einmal unkommentiert stehen, dem ist nämlich nichts hinzuzufügen.

(Torsten Koplin, PDS: Ja, das ist ein allgemein gültiger Satz.)

Neben 200 Lehrerstellen, die der Finanzministerin abgerungen werden konnten – was wir natürlich auch anerkennend zur Kenntnis nehmen, der Minister wies darauf hin –, wird allerdings der Großteil der Stellen durch Parameterverschlechterungen an den Schulen und eine unterschiedliche Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Lehrer an allgemein bildenden und beruflichen Schulen erreicht, die bei allen Teilzeitkräften, also schon bei allen Grundschullehrern, definitiv zu Gehaltseinbußen führt. Es geht gar nicht darum, dass die Lehrer mehr arbeiten müssen. Wenn nicht mehr Arbeit zu verteilen ist, dann können sie auch nicht mehr arbeiten. Das bedeutet definitiv weniger Geld im Portmonnaie.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist richtig.)

Und was mich am meisten dabei ärgert, ist, dass die Lehrergruppe – das darf ich an dieser Stelle vielleicht auch einmal sagen –, die das Lehrerpersonalkonzept seit Jahren mitträgt, das sind die Grundschullehrer, das zweite Mal massiv bestraft wird, weil sie ohnehin seit Jahren 17, 18, vielleicht 19 Stunden unterrichten dürfen und jetzt wieder eine Gehalteinbuße um 2 Stunden pro Monat hinnehmen müssen. Aber genau dieser Punkt, meine Damen und Herren, ruft nun die Gewerkschaften auf den Plan mit dem Vorwurf des Vertragsbruchs und der Forderung, das LPK neu zu verhandeln.

Ich bitte Sie noch einmal eindringlich, nutzen wir diese Gelegenheit, lassen Sie uns gemeinsam diskutieren und nach den besten und tragbaren Lösungen suchen. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch und sind es wert, denke ich, betrachtet zu werden, egal, wie oft sie schon in der Öffentlichkeit waren, denn deshalb werden sie ja nicht schlechter, auch nicht, wenn sie alt sind. Und so alt sind sie nicht. Wir haben es beim Antrag zur Unterrichtsversorgung schon einmal geschafft und wir können es auch wieder tun. Schule, meine Damen und Herren, wird für unsere Kinder und Jugendlichen gemacht. Sie sollten in der Bildungspolitik absolut im Mittelpunkt stehen. Vergessen wir das nicht!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Fiedler-Wilhelm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der PDS-Fraktion, Vizepräsident Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Renate Holznagel, CDU: Der Vizepräsident ist für die Überweisung.)

Die Schule darf nicht nach fiskalischen Gesichtspunkten ausschließlich gestaltet werden, das ist wohl wahr.

Und nun zu dem Zitat. Ich meine, es ist ja etwas, was einen so erhebt,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

wenn man selber zitiert wird. Das ist schon spannend. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen:

Erstens. Zu diesem Zitat stehe ich nach wie vor.

Zweitens. Es war vor allen Dingen die rot-rote Koalition und die sie vertretende Landesregierung, die seit 1998 wirklich spürbare, spürbare Verbesserungen in den Unterrichtsparametern in diesem Lande eingeführt hat, die zu einer erhöhten Unterrichtsversorgung geführt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Natürlich, meine Damen und Herren der Opposition, möchte ich Ihnen eine gewisse Kontinuität in Ihrer Arbeit bestätigen, denn auf der Landtagssitzung am 24. Mai 2000 brachten Sie bereits einen Antrag auf Drucksache 3/1296 mit dem Titel „Personalentwicklungsprogramm für Lehrkräfte an allgemein bildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern“ ein. Von daher, denke ich, ist es richtig, dass etwa nach vier Jahren hier ein etwas anders formulierter, aber im Kern gleicher Antrag als Opposition eingebracht wird. Dieser Antrag wurde damals in den Bildungsausschuss überwiesen, dort diskutiert und in der Sitzung des Landtages am 19.10.2000 abschließend behandelt. Wir lehnten damals Ihr Ansinnen ab und werden das auch heute tun!

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Heute auch?!)

Und es ist schon etwas paradox, wenn wir jetzt etwas verteidigen, was Sie damals vereinbarten. Wir lehnen den Antrag heute wiederum ab,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Heute auch? Welche Überraschung!)

weil Ihre Ziele aus dem Jahr 2000 scheinbar doch die gleichen sind wie heute. Und ich unterstelle Ihnen, Sie wollen das Lehrerpersonalkonzept durch die Hintertür abschaffen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Nein, das wollen wir nicht. Das haben Sie uns unterstellt! – Torsten Renz, CDU: Nein, genau das machen wir nicht.)

Deutlicher steht das noch in Ihrem Wahlprogramm aus dem Jahr 2002,

(Torsten Koplin, PDS: Das ist aktuell.)

und zwar im Teil Bildung und Erziehung, und daraus möchte ich jetzt zitieren.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Totschlagargu- mente bestehen nicht, Herr Bluhm, das wissen Sie!)

Da heißt es nämlich: „Ablösung des Lehrerpersonalkonzepts durch ein Personalentwicklungsprogramm.“

(Torsten Koplin, PDS: Aha!)