Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

Kurios diese Petition, mit der wir uns sehr viel beschäftigt haben, und das Endergebnis ist noch nicht hundertprozentig, darüber müssen wir uns noch berichten lassen: Eine Stadt hat einen Teil eines öffentlichen Weges versehentlich an einen Privateigentümer verkauft. Dieser trennt nun sein Grundstück aus Sicherheitsgründen ab, so dass die Bewohner des Nachbarhauses zukünftig ihr Haus nicht mehr erreichen können. Die Stadt steht in Verhandlung mit dem Eigentümer, das Teilstück zurückzuerwerben. Abschluss: Die Stadt hat sich zwar mit dem Eigentümer geeinigt, aber das Endergebnis, wie ich vorhin schon anmerkte, ist noch nicht in Papier und Tüten.

Ein besonders bedauerlicher Fall, und dann höre ich auch mit diesen Fällen auf: Die Petenten beschweren sich über die Änderungen im Grundbuch, die im Jahre 1964 vorgenommen wurden. Ohne ihr Wissen wurden dabei das Eigenheim und der Grund und Boden, auf dem es stand, enteignet. Zur Ausgangssituation: Es haben Neuvermessungen im Jahre 1964 stattgefunden. Aus einem Grundstück wurden wegen Neueinrichtung eines Weges zwei Grundstücke gebildet. Das 1952 errichtete Wohnhaus des Petenten ist auf den Flurkarten aber nicht abgebildet und nach der Zerlegung des ursprünglichen Grundstückes erfolgte aus beim Grundbuch nicht dokumentierten Umständen ein Eigentümerwechsel, so dass das Wohnhaus des Petenten nun dem Nachbarn gehört. Festgestellt hat der Petent diesen Eigentümerwechsel aber erst im Jahre 1999. Und wir konnten leider in der Ausschussberatung nicht mehr nachvollziehen, weshalb der Eigentümerwechsel stattfand. Es drängte sich uns aber der Eindruck auf, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zuging. Die Heilung: Wir konnten keine Empfehlung geben, das ist eventuell nur über ganz komplizierte Rechtsverfahren möglich. Für uns gab es da also nichts mehr zu tun und auch nichts zu helfen.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss meiner Ausführungen erwarten Sie von mir sicher noch einige Beispiele zu Petitionen, die die so genannten Ausreißer darstellen. Das letzte Mal hatte ich Ihnen schon einige dargestellt, ich will es heute mit Zweien tun.

Das erste Beispiel: Wir haben ja verschiedene Möglichkeiten, Petitionen zu beenden, unter anderem auch nach B 3 oder B 4, indem wir die Inhalte der Petition überweisen an die Landesregierung, sie möge sie mit einbeziehen in die Gesetzesbildung, in Beurteilungen oder Veränderungen, Richtlinien, Verordnungen und, und, und. Wir haben uns kürzlich mit der Zoo-Richtlinie beschäftigt. Hier müssten wir uns vielleicht den Vorwurf machen, wir hätten eine Petition, einen Petitionsinhalt eigentlich mit überweisen müssen. Das haben wir aber nicht getan, weil wir dem Petenten nicht folgen konnten. Folgender Inhalt: Der Petent forderte, dass Menschenaffen unverzüglich aus den Zoos und aus den Tiergärten zu entfernen sind, mit der Begründung, die Menschenaffen würden obszöne sexuelle Handlungen an sich vornehmen und das wäre dem Zuschauer nicht zuzumuten.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Ministerin Sigrid Keler)

Was blieb uns weiter übrig, als nach B 12 abzuschließen. Dem Anliegen des Petenten ist in diesem Fall nicht abzuhelfen. Also da können wir dann nichts tun.

(Heinz Müller, SPD: Ohne Ortsbesichtigung?! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Andreas Bluhm, PDS, und Angelika Gramkow, PDS)

Ein zweites Beispiel: Da stellen wir uns vor, die Fraktionsvorsitzenden oder wer auch immer möchten etwa in 70, 80 Jahren mal sehen, wie Parlamente agieren, wie Gesetze gemacht oder auch umgesetzt werden. Nach diesem Petitionsinhalt, auf den ich mich jetzt beziehe, ist das auch möglich, denn unter kryonischer Aufbewahrung versteht man das Konservieren von Menschen nach Einsetzen des Hirntodes, um sie später wieder zum Leben zu erwecken. Da gab es in der Tat einen Petenten, der von uns forderte, wir mögen hier innovativ werden und eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen, damit die anderen europäischen Länder uns nicht den Rang ablaufen und hier kryonische Schwerpunkte oder wie auch immer bilden, hier zu investieren, damit dem Menschen, der e s möchte, die Möglichkeit gegeben wird, bei minus 2 0 0 Grad Celsius flüssigem Stickstoff eingefrostet und später wieder zum Leben erweckt zu werden. Und er schreibt dann auch noch ganz bissig, wer heute die Kryonik in Deutschland ablehnt, der macht sich mitschuldig an der endgültigen Vernichtung dieser unzähligen Menschen und an dessen Händen wird Blut kleben.

Meine Damen und Herren, ich beende hiermit meine Ausführungen und vielleicht ist die letzte Petition die eine oder die andere Überlegung wert. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS – Zuruf von Karsten Neumann, PDS)

Vielen Dank, Frau Peters.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schlupp von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nunmehr haben wir den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses des ersten vollen Jahres dieser 4. Legislaturperiode vorliegen. Ich denke, ohne uns loben zu wollen, wir haben viel geleistet.

(Beifall Frank Ronald Lohse, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Rein quantitativ haben wir 107 Petitionen im Ausschuss beraten, dreimal so viele, etwa 300, haben wir zusätzlich im Berichterstatterverfahren abgeschlossen. Das heißt, die für den Themenbereich zuständigen Abgeordneten waren sich nach Aktenstudium über die Behandlung der Petition einig. Meist sind sie dabei den Empfehlungen des Ausschusssekretariates gefolgt.

Sehr geehrte Damen und Herren, Aktenstudium bedeutet sehr viel Lesearbeit zu den unterschiedlichsten Bereichen, angefangen von A wie Abgabenbescheide bis hin zu Z wie Zuwanderung. Dabei müssen wir uns immer wieder in neue Sachverhalte einfinden, eindenken, häufig nachfragen und recherchieren, bevor wir entscheiden können, wie mit der Petition weiterverfahren werden soll.

Insbesondere in, ich will sie mal so nennen, Dauerpetenten, die sich ständig an den Ausschuss wenden, haben wir bislang sehr viel Arbeit investiert und, ich will es nicht verhehlen, auch sehr viel Geduld. Aber auch für diese Bürger konnten wir Teilerfolge verbuchen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Dauerpetenten sehr viele Ressourcen binden, die für andere, häufig aussichtsreichere Fälle besser eingesetzt wären. So findet ein enormer Verwaltungsaufwand statt, kiloschwere Akten werden zusammengetragen und gewälzt, ohne dass inhaltlich

neue Erkenntnisse zu Tage treten. Einmal lautet die Beschwerde, dass keine Antwort einer angeschriebenen Stelle erfolgt ist. Ist das gewünschte Schreiben dann eingetroffen, wird beschwert, dass der Tonfall der nun vorliegenden Antwort zu unfreundlich ausgefallen sei. Einmal wird verlangt, eine Wendeschleife zu errichten. Wird dieses nach Intervention des Petitionsausschusses getan, beschwert sich derselbe Petent darüber, dass beim Bau die am Rande stehenden Bäume in diesem Zuge beschnitten werden mussten.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Mir fällt da nur ein Satz von Werner Mitsch ein: „Leute, die mit ihrer Unzufriedenheit zufrieden sind, nennt man Nörgler.“

(Beifall Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Glücklicherweise sind solche Fälle die Ausnahme.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als sehr hilfreich empfinde ich den Umstand, dass jeder von uns seine individuelle Lebens- und Berufserfahrung in die Ausschussarbeit einbringt, so dass die verschiedenen Sachverhalte umfassend eingeschätzt und beurteilt werden können. Oder anders gesagt: Erfahrung verbessert die Einsicht, ohne unsere Absichten zu verändern.

Über das angenehme Klima unter den Abgeordneten im Petitionsausschuss ist schon vielfach berichtet worden. Da aber hinter jeder Entscheidung, die wir zu treffen haben, ein Einzelschicksal steht, ist hier in erster Linie der Mensch und nicht der Parteipolitiker gefragt, was die Harmonie im Ausschuss erklären mag.

Wo wir aber leider unterschiedlicher Auffassung sind, ist das Thema Ausschussreise. Auch wenn ich uns eben hinsichtlich unserer Arbeit sehr gelobt habe, so ist es doch für uns Parlamentarier ebenso wichtig, über den eigenen Bundeslandtellerrand zu schauen und so neue Impulse für die Ausschussarbeit zu erhalten. Bei allen anderen Fachausschüssen wird dies auch so gesehen. Nur die SPD-PDS-Mehrheit im Petitionsausschuss sieht das anders.

Die CDU-Fraktion hat im Jahr 2003 zwei gut begründete Anträge für Ausschussreisen eingereicht und beide Anträge wurden von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Schweden als Wiege des Ombudsmannsystems war unser erster Vorschlag, Österreich mit seinem System der Volksanwälte unser zweiter. Beide Länder hätten aufgrund der räumlichen Nähe akzeptable Reisekosten verursacht. In Österreich wäre sogar eine Verständigung ohne Dolmetscher möglich gewesen. Hier vermisse ich eine, wie ansonsten im Ausschuss üblich, sachorientierte Entscheidung.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch einen Trend, der sich im letzten Jahr abzuzeichnen begann, und zwar, dass Gesetze oder Mittelkürzungen im Landeshaushalt, die die Regierungsparteien hier im Landtag beschlossen haben, unweigerlich zu Petitionen in großem Umfang führten. Ich nenne nur folgende Stichpunkte: Landespflegegesetz, Telefonseelsorge oder Kürzung von Stellen für Personal mit sonderpädagogischer Ausbildung. Und ich gehe jede Wette ein, so zuverlässig wie die Verlässlichkeit der deutsch-polnischen Zusammenarbeit,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Bodo Krumbholz, SPD: Ja.)

die neuesten Beschlüsse von SPD und PDS werden zu einer Vielzahl von neuen Petitionen führen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Inhaltlich werden dazu gehören die Schließung der Verbraucherzentralen, Regelungen im neuen Kindertagesförderungsgesetz, die Streichung der Zuschüsse zur Kulturförderung und vieles andere mehr. Bei der von Ihnen zurzeit praktizierten Politik, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und PDS,

(Reinhard Dankert, SPD: Sie sind doch froh, dass Sie gar nicht regieren.)

sind solche Vorhersagen wahrlich nicht schwierig. Vielleicht nehmen Sie dies ja zukünftig zum Anlass, die Auswirkungen mancher Landtagsbeschlüsse in der Praxis zu überdenken, bevor der Petitionsausschuss von den Bürgern aufgefordert wird, ihm bei der Bewältigung der Folgen dieser Beschlüsse zu helfen beziehungsweise die Beschlüsse an sich zu revidieren. Ich würde es mir sehr wünschen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Schlupp.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Frau Dr. Bunge. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegen vom Petitionsausschuss der Jahresbericht 2003 und die Beschlussempfehlung für das erste Quartal 2004. Sie sind Beleg der Arbeit zugunsten von Bürgerinnen und Bürgern – die Zahlen erspare ich mir –, die sich an den Petitionsausschuss wandten.

Die Arbeit des Petitionsausschusses ist eine Arbeit der leisen Töne, auch wenn, muss ich ehrlich gestehen, schon manchmal das Blut kocht bei einigen und in Solidarisierungen mit den Petenten einige beschließen, sich gemeinsam mit denen aufs Dach setzen zu wollen, damit der Abriss eines strittigen Hauses verhindert wird. Stimmt’s?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeord- neten der SPD, CDU und PDS – Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Regine Lück, PDS – Holger Friedrich, SPD: Genau so.)

Die Arbeit des Petitionsausschusses ist die Bewältigung von Bergen von Akten, die gesichtet werden müssen, um sich ein Bild von den Sachverhalten zu machen, um zu prüfen, ob das, worin sich der Petent beschwert fühlt, eine Gesetzesverletzung, ob dies unzulängliches oder auch unzulässiges Verwaltungshandeln ist, denn nur in all diesen Fällen kann dem Petenten direkt geholfen werden. Es spricht für die Arbeit des Petitionsausschusses, für die Arbeit des Ausschusssekretariates, wenn in 2 2 Prozent der Fälle direkte Abhilfe erfolgen konnte. Da wir das gesamte Leben, alle Fachgebiete und Ressorts beackern und keiner von uns Juristin oder Jurist ist, keiner von uns allwissend ist, sind die Stellungnahmen, die direkten Gespräche mit Regierungsvertretern, mit Ministeriumsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern sehr hilfreich, auch wenn es manchmal mühsam ist, im Wust der Ansichten auf des Pudels Kern zu kommen. Von dieser Stelle her, meine ich, ist auch, um mich dem Reigen der Dankeschöns anzuschließen, ein Dankeschön an die Zusammenarbeit mit den Ministerien angebracht.

(Beifall Torsten Renz, CDU, und Angelika Gramkow, PDS)

Nach meinem Eindruck mehren sich die Petitionen, die direkt Änderungen, Reformen in der bestehenden Gesetzgebung fordern. Ich werte das als eine Form der Teilhabe des Sich-Einklinkens in den Parlamentarismus entgegen dem ständigen Vorwurf der Politikverdrossenheit. Es liegt an uns, sorgsam mit diesen Anregungen umzugehen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, hier noch auf einen einstimmigen Beschluss des Petitionsausschusses im letzten Jahr hinzuweisen: Der Petitionsausschuss plädiert dafür, bei unserem großen Landesvorhaben Verwaltungs- und Funktionalreform nicht Bürgernähe schlechthin als Ziel zu fixieren, sondern sich den europäischen Kodex der guten Verwaltungspraxis, verabschiedet vom Europäischen Parlament am 6. September 2001, als konkrete Richtschnur für einzelne Reformschritte zur Hand zu nehmen. Ich denke, wenn der europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis konsequent umgesetzt wird, könnten wir uns beziehungsweise den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes die eine oder andere oder auch viele Petitionen ersparen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, Karsten Neumann, PDS, und Jörg Vierkant, CDU)

Für heute kann ich Ihnen guten Gewissens die Annahme der vorliegenden Berichte empfehlen. – Ich danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Ute Schildt, SPD)

Danke schön, Frau Dr. Bunge.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses auf Drucksache 4/1132 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich ums Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses auf der Drucksache 4/1132 verfahrensmäßig für erledigt erklärt.

Meine Damen und Herren, bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren, gestatten Sie mir einen Rückblick auf die 36. Sitzung des Landtages vom 1. April 2004. Nach Sichtung des Protokolls zum Tagesordnungspunkt 17 hat der Abgeordnete Caffier die Worte „So ein Lügenbold“ während der Rede des Abgeordneten Ritter dazwischengerufen. Dieser Zwischenruf ist mir entgangen.