Protokoll der Sitzung vom 16.09.2004

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, bevor ich zu den Ausführungen zum Antrag selbst komme, noch etwas zur Genesis des ja nun gemeinsamen Antrages zu sagen, und das umso mehr, als dass das ja hier in diesem Hohen Hause so nicht immer ganz selbstverständlich ist.

Meine Damen und Herren, was ist eigentlich passiert? Die CDU hatte wie so häufig einen Antrag gestellt und eigentlich gab es durchaus in der Intention, was den Antrag betrifft, Zustimmung, sowohl bei der SPD als auch bei der PDS. Aber der Teufel, wie Sie wissen, liegt ja immer irgendwo im Detail und so war klargestellt, es würde wohl keine Zustimmung geben, insbesondere deshalb nicht, weil wir, was die Hochzeitsprämien betraf, den Vorschlag gemacht hatten, zwangsläufig den Paragraphen 10 Absatz 4 FAG zu ändern, also das FAG aufzumachen. Und Sie alle wissen, das hätte bis zum Jahresende geschehen sein müssen.

Der Normalfall wäre sicherlich, dass wir an diesem Punkt mit unserem Antrag am Ende gewesen wären, nicht so bei den Kommunalen. Und da sei mir gestattet, die Kommunalen in allen drei Fraktionen durchaus einmal als Beispiel hinzustellen. Bei uns, lieber Armin, lieber Herr Schubert, ist das ja eher selbstverständlich,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

aber ich will auch einmal die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Fraktionen, die Kommunalen, einbeziehen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Frau Schulz bedanken und ich möchte mich ganz ausdrücklich auch bei Herrn Heinz Müller bedanken, weil es gelungen ist: Wir haben uns wirklich hingesetzt und haben um Formulierungen gerungen. Ich bin mir sehr sicher, wir haben im Sinne der kommunalen Körperschaften, aber auch im Geiste von Enquete – und dieser Geist von Enquete war der schlechteste nicht in diesem Landtag, meine Damen und Herren –,

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

gemeinsam etwas hinbekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Halbzeitbilanz der Landesregierung liegt taufrisch seit dem 01.09.2004 vor. Das Papier hat ganze 41 Seiten. Wenn das sozusagen mit dem Erfolg der Landesregierung

koaliert, ist das nicht so wahnsinnig viel. Aber viel schlimmer, meine Damen und Herren, ist, dass der Veränderung der Gemeinde- und Ämterstruktur im Land ganze zwei Anstriche gewidmet sind. Ganze zwei Anstriche! Und das, da stimmen Sie mir bestimmt zu, ist jämmerlich wenig, denn diesmal geht es nun wirklich um eine Erfolgsgeschichte in unserem Land, eine richtige Erfolgsgeschichte. Und ich sage es noch einmal ganz klar, ich habe eben schon etwas zur Enquetekommission gesagt: Den Müttern und Vätern des Abschlussberichtes der Enquetekommission sei Dank, es findet nämlich im Moment auf freiwilliger Basis – und das kann man gar nicht genug betonen –, auf freiwilliger Basis der größte Strukturumwandlungsprozess im kreisangehörigen Raum seit der Bildung von Ämtern im Lande überhaupt statt. Das, was da passiert ist, ist wirklich eine Erfolgsgeschichte, meine Damen und Herren, denn neben den Fusionen von Gebietskörperschaften – es hat immerhin 122 Hochzeiten, und zwar amtsangehöriger Gemeinden in den letzten vier Jahren gegeben – entstehen eben auch bei den Ämtern und bei den amtsfreien Gemeinden...

(Angelika Gramkow, PDS: Kann man auch Beerdigung nennen.)

(Angelika Gramkow, PDS: Kann man auch Beerdigung nennen.)

Ich nenne es allemal, Frau Gramkow, doch lieber Hochzeitsprämie

(Angelika Gramkow, PDS: Ich sage es aber so. – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

und ich sage, eine Beerdigungsprämie, das wird hier und da boykottiert. Ich bin der Meinung, bei Gemeinden, die deutlich kleiner sind als 500 Einwohner, muss man sich wirklich überlegen, wie viele kommunale Selbstverwaltungen, wie viel Verwaltungskraft da wirklich noch gegeben ist. Ich bin schon der Auffassung, die Gemeinden sind gut beraten gewesen, das Hochzeitsgeld mitzunehmen und für vernünftige Strukturen zu sorgen.

Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass bei den Ämtern und amtsfreien Gemeinden nun wirklich zukunftsfähige Strukturen entstanden sind. Und da ist es mir wichtig, Frau Gramkow, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es spätestens seit dem Vorliegen des MutiusPapiers im Februar an der Zukunftsfähigkeit dieser Strukturen erhebliche Zweifel gab. Ich finde es sehr, sehr schön und möchte es auch noch einmal ganz klar sagen, dass in der letzten Woche in der Sonderausschusssitzung, zumindest was die Größe der Ämter betrifft, diese Ängste nun wohl offensichtlich ausgeräumt worden sind. Ich sage auch an dieser Stelle für meine Fraktion, dass wir da durchaus noch einmal nachlegen werden, und wenn es nur der Sonderausschuss gesagt hat, ist es ein bisschen wenig. Wir sind der Auffassung, dass das hier in diesem Hohen Hause für erledigt erklärt werden muss. Immerhin ist das ein Prüfungsauftrag gewesen.

Meine Damen und Herren, auf der Internetseite des Innenministeriums kann ja nun, und ich denke mal, Herr Minister, auch mit gewissem Stolz konstatiert werden, dass sich die Anzahl der kommunalen Verwaltungen – und jetzt geht es ja wirklich, Frau Gramkow, um Verwaltungen – b is zum Jahresende voraussichtlich von 175 um 46 auf 111 Verwaltungen verringern wird. Es sind nachher noch 74 Ämter und 37 amtsfreie Gemeinden. Ich glaube, das ist

das, was ich vorhin mit dem Wort „Strukturumwandlungsprozess“ gesagt habe. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte in unserem Land. Die Kommunalen in den Gemeinden, Städten und Ämtern haben, und das muss an dieser Stelle ganz klar gesagt werden, bei allen damit verbundenen Schwierigkeiten – und jeder, der irgendwo ein kommunales Amt hat, weiß, wie schwer manchmal diese Adaptionsprobleme sind, wenn es darum geht, die eigene Verwaltung aufzulösen, sich einem anderen Amt dann anschließen zu müssen – bewiesen, und zwar in kommunaler Gemeinschaft, dass sie auch schwierige Probleme, und das ist ein schwieriges Problem, selbstbewusst, selbstbestimmt und selbständig lösen können. Das muss man den Kommunalen zugute halten. Und das ist mir als einer, der auch kommunal denkt und fühlt, sehr wichtig.

Meine Damen und Herren, niemand von uns wird allerdings dabei die Bedeutung von den so genannten Akzeptanzhilfen – das ist ja ein schönes Wort –, also eben diesen Hochzeitsprämien, gering schätzen. Die haben schon ihre Bedeutung gehabt, und zwar von Anfang an. Und jeder weiß, gerade bei der gegenwärtigen kommunalen Haushaltslage sind solche Hochzeitsprämien ein gutes und ein wichtiges Argument.

Es geht also, meine Damen und Herren, um Zuweisungen nach Paragraph 10 Absatz 4 FAG, eben um diese Hochzeitsprämien. Und bis zum gestrigen Tag, 16.00 Uhr, gab es zu dieser Problematik eben „nur“ den Antrag der Fraktion der CDU. Und „nur“ ist jetzt also durchaus in Anführungsstriche gesetzt, denn dieser Antrag entstand vor dem Hintergrund folgender Problematik: Gemäß Paragraph 10 Absatz 4 und der Landesverordnung vom 20. April 2000 werden bei der Auflösung von Ämtern sowie bei der Neubildung von Ämtern und Verwaltungsgemeinschaften Sonderbedarfszuweisungen gewährt. Der Gesetzestext stellt darauf ab, dass spätestens mit Ablauf des 31.12.2004 – und die Frist ist ja nicht mehr allzu lang, meine Damen und Herren – durch Rechtsverordnung des Innenministeriums die Auflösung/Neubildung von Ämtern und Verwaltungsgemeinschaften erfolgt ist. Die materielle Voraussetzung für den Erwerb dieser Hochzeitsprämie ist der Erlass einer Rechtsverordnung durch den Innenminister.

Nun stellte sich in der Praxis in der jüngeren Zeit heraus, dass es gegen Ende dieser Freiwilligkeitsphase, und das war uns allen eigentlich vorher klar, Probleme geben wird. Diese Probleme kann man im Wesentlichen auf zwei Probleme subsumieren:

Erstens, das ist ganz einfach, die Zeit läuft weg. Fast auf den Tag genau, meine Damen und Herren, anderthalb Jahre sind allein von der einstimmigen Annahme des Abschlussberichtes der Enquetekommission in der letzten Sitzung der alten Legislatur vergangen bis zu dem Tag, an dem wir hier in Zweiter Lesung endlich die fünfte Änderung zur Kommunalverfassung fertig gebracht haben. Danach, das wissen Sie alle, folgten die Kommunalwahlen. Dann, das weiß jeder Kommunaler, gibt es die konstituierenden Sitzungen, erst in den Gemeindevertretungen, dann in den Amtsausschüssen. Alle müssen sich erst einmal finden. Das bedeutet natürlich für diesen Diskussionsprozess, wenn er nicht vorher wirklich abgeschlossen war, und darauf habe ich damals in meiner Rede zur Kommunalverfassung auch hingewiesen, dass dann eine solche Verzögerung eintritt, durch die es bei vielen Körperschaften dazu kommen kann, dass sie es gar nicht mehr schaffen, den Antrag wirklich rechtzeitig bis zum 30.09. vorzulegen. Das ist der eine Part.

Aber, Herr Innenminister – ich sage das einmal in aller Vorsicht –, es treten zweitens auch Störfeuer aus dem Innenministerium auf, denn das Innenministerium hat ganz eigene inhaltliche Vorstellungen entwickelt für diese Ämterfusionen. Derzeit werden Ämter und amtsfreie Gemeinden in 17 Fällen – das ist immerhin in zehn Landkreisen – mit einem Strukturvorschlag für die künftige Verwaltungsstruktur angehört und zur Stellungnahme aufgefordert. Und, das muss man schon sagen, die Vorschläge des Innenministers stimmen teilweise weder mit schon abgeschlossenen und dem Innenministerium vorliegenden Vertragsgestaltungen überein, noch entsprechen sie beabsichtigten Vereinbarungen der betroffenen Seiten. Gleichwohl, und das möchte ich Ihnen natürlich zugute halten, Herr Innenminister, gibt es durchaus teilweise nachvollziehbare Gründe für die Strukturvorschläge. Bei meinem eigenen Amt, bei der Fusion der Ämter Rechlin und Röbel/Land, war es ja auch das Innenministerium, das den Vorschlag gemacht hat, die doch ziemlich kleine Stadt Röbel mit 5.500 Einwohnern dabei nicht außen vor zu lassen.

(Dr. Gottfried Timm, SPD: Das liegt mir sehr am Herzen.)

Ja, das liegt Ihnen sehr am Herzen, mittlerweile auch uns, Herr Minister.

Es muss dann gestattet sein, darüber nachzudenken. Aber man darf bei diesem Zeitdruck, den es dann gibt, nicht dauernd die Angst haben, das so wichtige Geld, diese Hochzeitsprämie, zu verlieren. Übrig bleibt trotzdem – in anderen Fällen sieht das ja durchaus auch anders aus –, d ass die Frage immer steht: Wo ist denn nun eigentlich der Vorrang, bei dem, was da freiwillig sozusagen auf kommunaler Ebene entstanden ist, oder bei den Vorschlägen, bei den Überlegungen, die in Ihrem Hause, Herr Innenminister, gemacht werden?

Wir haben als CDU-Fraktion mit unserem Antrag zunächst die Änderung des Paragraphen 10 Absatz 4 vorgeschlagen, wollten das initiieren und auf eine Rechtsverordnung als Voraussetzung, als materielle Voraussetzung, ganz und gar verzichten. Uns wäre nur wichtig gewesen, dass der Vertrag rechtzeitig bis zum 31.12., bis zum Ende der Freiwilligkeitsphase, im Innenministerium vorliegt. Ausschlaggebend, und das kam nicht von irgendwo her, war für uns immer, dass die Freiwilligkeit bei der Entstehung einer neuen Ämterstruktur das vorrangige Ziel der Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern“ war. Es würde dem nicht nur in der Enquetekommission, sondern auch hier im Parlament, hier in diesem Hohen Hause immer wieder hervorgehobenen und immerhin auch mit finanziellen Anreizen ausgestatteten Grundsatz, diesem Grundsatz der Freiwilligkeit, nach unserer Auffassung eben deutlich widersprechen, wenn der Verordnungsgeber, also das Innenministerium, aus zeitlichen oder auch inhaltlichen Gründen die Auszahlung von Hochzeitsprämien verhindern könnte, indem er bis zum 31.12. eine Rechtsverordnung zur Ämterneubildung einfach nicht erlässt.

Da nun, wie bei der Einführung von mir schon gesagt, die beiden Fraktionen, die SPD und die PDS, die Intention des Antrages durchaus befürworteten, aber die dann notwendige Gesetzesänderung des FAG, die ja auch erfreulich gewesen wäre, bis zum 31.12. für technisch nicht mehr machbar hielten, also meinten, es sei gar nicht mehr

möglich und im Zweifel auch nicht gut, das FAG noch einmal aufzumachen, wurde in gemeinsamen Verhandlungen der nun vorliegende gemeinsame Antragstext vereinbart, meine Damen und Herren. Und der heißt:

„1. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Zuweisungen nach § 10 Abs. 4 FAG (die so genannten Hoch- zeitsprämien) bei der freiwilligen Neubildung von Ämtern und Verwaltungsgemeinschaften auch dann zu gewähren, wenn lediglich der Vertrag über die beabsichtigte Auflösung/Neubildung bis zum 31.12.2004 beim Innenministerium vorliegt.“

2. Das ist das, was wir gemeinsam neu formuliert haben: „Die Landesregierung wird aufgefordert,“ durch Rechtsverordnungen bis zum 31.12. den vor Ort freiwillig getroffenen Vereinbarungen in der Regel Vorrang gegenüber anderen denkbaren Vorstellungen zu geben.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass wir diese gemeinsame Formulierung haben finden können. Ich bedanke mich noch einmal bei den Kommunalen aus den anderen Fraktionen und ich bitte Sie, diesem nun gemeinsamen Antrag zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ringguth.

Eine Aussprache zu dieser Drucksache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU, SPD und PDS auf Drucksache 4/1340. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU, SPD und PDS auf Drucksache 4/1340 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Meldung von Vogelschutzgebieten gemäß Richtlinie 79/409/EWG des Rates, Drucksache 4/1309.

Antrag der Fraktion der CDU: Meldung von Vogelschutzgebieten gemäß Richtlinie 79/409/EWG des Rates – Drucksache 4/1309 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Kokert von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Diskussion um die Meldungen und Nachmeldungen von FFHSchutzgebieten ist noch kein halbes Jahr her, da beabsichtigt die Landesregierung den weiteren Ausbau des Netzes Natura 2000 durch die Nachmeldung von so genannten Vogelschutzgebieten gemäß der Richtlinie des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Nun kann es sein, dass Sie vom Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie zum Zeitpunkt der FFH-Gebietsmeldungen nichts wussten, aber viel wahrscheinlicher ist, dass Sie die Menschen und auch uns Landespolitiker hinters Licht führen wollten.

(Torsten Koplin, PDS: Was? Schwerer Vorwurf!)

Ansonsten ist nicht zu verstehen, warum Sie nicht wie viele andere Bundesländer, Herr Koplin – zum Beispiel auch Schleswig-Holstein ist Ihnen ja politisch nicht ganz so weit fern –, beide Gebietsmeldungen gleichzeitig mit einem Verfahren abgewickelt haben.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Obwohl der Umweltminister und auch Sie, meine Damen und Herren der Koalition, immer davon gesprochen haben, dass es mit der abschließenden FFH-Gebietsmeldung endlich Planungs- und Investitionssicherheit hier bei uns im Land geben wird, sowohl für Investoren als auch für Kommunen, führen Sie das mit der beabsichtigten Meldung von weiteren Vogelschutzgebieten ad absurdum.

Wie bei der Meldung von FFH-Gebieten versucht die Landesregierung, im stillen Kämmerlein eine Gebietskulisse zu erarbeiten, die nach den Angaben der Landesregierung in der Antwort auf eine Anfrage meiner Kollegin Kerstin Fiedler auf der Drucksache 4/1159 auf der Grundlage der Arbeit der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern e. V. und der so genannten Liste der Important Bird Areas basieren soll. Obwohl die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten in der Frage, welche Gebiete für die Erhaltung der Arten zahlen- und flächenmäßig am besten geeignet sind, einen fachlichen Beurteilungsspielraum einräumt, kann man schon heute davon ausgehen, dass dieser Spielraum wohl nicht ausgenutzt werden wird. Bewertungskriterien wie Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung einer Vogelart sowie die Populationsdichte und die Artenvielfalt eines Gebietes, sein Entwicklungspotential und seine Netzverknüpfungen sowie die Erhaltungsperspektiven der bedrohten Art werden weder von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft noch von der so genannten IBA-Liste berücksichtigt. Klar ist jedoch: Auch wenn die Richtlinie die Identifizierung europäischer Vogelschutzgebiete ausschließlich nach ornithologischen Kriterien zulässt und die in Artikel 2 der Richtlinie erwähnten Gründe wirtschaftlicher oder freizeitbedingter Art bei der Auswahl der Gebiete außer Acht zu lassen sind, so ist aus den von mir zuvor genannten fachwissenschaftlich vertretbaren Gründen die Nichtmeldung von Gebieten zulässig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der CDUgeführten Landesregierung wurden im Jahr 1992 von der damaligen Umweltministerin Frau Dr. Uhlmann 15 Vogelschutzgebiete an die Bundesregierung zur Weitermeldung an die Europäische Kommission gemeldet, damals mit immerhin schon einer Landesfläche von 18,5 Prozent. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Schon damals ist Mecklenburg-Vorpommern seiner Verantwortung gegenüber dem Naturschutz durchaus nachgekommen. Gleichzeitig aber wurden die Interessen der vor Ort lebenden Menschen und der Wirtschaft berücksichtigt und so Akzeptanz für den Naturschutz erhalten.

Auch wenn die Europäische Kommission für die Bundesrepublik Deutschland ähnliche Defizite bei der Meldung von Vogelschutzgebieten feststellte und deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, so trifft dies meines Erachtens und auch nach Meinung meiner Fraktion nicht für Mecklenburg-Vorpommern zu. Eine Meldung weiterer Vogelschutzgebiete würde nach Auffassung meiner Fraktion die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes behindern. Aus diesem Grund hat meine Fraktion den

vorliegenden Antrag eingebracht, denn es kann nicht angehen, dass die Landesregierung auf dieser Grundlage und in Zusammenarbeit mit der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern Entscheidungen trifft, die die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung unseres Landes so stark beeinflussen.

(Beifall Andreas Petters, CDU, und Dr. Henning von Storch, CDU)

Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass die Landesregierung ihren Ermessensspielraum auf fachwissenschaftlichem Gebiet in hinreichendem Maße zugunsten unseres Landes ausschöpft. Wir möchten über eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen, dass fachliche Mängel, die auch bei der Erarbeitung der FFHGebietsmeldungen aufgetreten sind, von vornherein ausgeschlossen sind.

Die Verfahrensweise der Landesregierung, insbesondere des Umweltministeriums, zeugt von mangelndem politischen Fingerspitzengefühl.