Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Natürlich werden wir Regelungen über die Anerkennung von Abschlüssen zwischen den Ländern brauchen, aber ich glaube nicht, dass das unbedingt Staatsverträge sein müssen. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass der Veränderungsprozess, der in der KMK begonnen hat, uns hier zu vernünftigen Lösungen bringt, die möglichst unbürokratisch sind. Und Staatsverträge haben nicht unbedingt die Eigenschaft, unbürokratisch zu sein.

Ein zweites Argument, das dagegen vorgebracht wird, ist, die da unten können das nicht. Wir haben solche Diskussionen ja auch immer im Verhältnis zwischen Land und Kommunen oder zwischen Land und anderen Einrichtungen. Ich sage ganz klar: Natürlich können die das, auch wenn das nicht heißt, dass das alles immer unproblematisch und konfliktfrei verläuft.

Und das dritte Problem ist der so genannte Wettbewerbsföderalismus. Da wundere ich mich manchmal, denn es wird eigentlich immer gesagt, wir wollen doch den Wettbewerb. Ich sehe es eigentlich so, dass wir bei allen Entscheidungen, die wir treffen, die Folgen im Wettbewerb mit bedenken müssen. Ob wir bloß wegen einheitlicher Leistungsregelungen auch bundesweit am Ende wirklich die besten Beamten hierher bekommen, das halte ich für sehr fraglich. Das ist nicht das Problem, sondern das Problem sind die Wettbewerbsbedingungen, die wir entsprechend einfordern.

Eine letzte Bemerkung – Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Schluss – möchte ich noch machen. Wir sollten aufpassen, dass die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau solange erhalten bleibt, wie es den Abbau des Nachholbedarfes in den neuen Ländern zu regeln gilt. Solange dürfen wir nicht zulassen, dass der Bund sich aus seiner Verantwortung zurückzieht. Was nach 2019 ist, darüber wird zu reden sein. Ich glaube auch, dass die Zweckbindung der Zuweisungen solange erhalten bleiben muss, damit der Bund sich bekennt. Nicht weil ich denke, dass das Geld missbraucht werden könnte oder anderes, sondern damit der Bund sich dazu bekennt und sagt: Ja, hier gibt es Nachholbedarf und dafür tragen wir auch unsere Verantwortung. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne zu Lösungen kommen, die dem Land Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich helfen. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartels. Ich muss Sie trotzdem darauf aufmerksam machen, dass Sie bitte zukünftig die Redezeit einhalten.

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und PDS – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Öffnung des Standardöffnungsgesetzes, auf Drucksa

che 4/1422, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses auf Drucksache 4/1457.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und PDS: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Standardöffnungsgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 4/1422 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 4/1457 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Ausschussvorsitzende, der Abgeordnete Herr Friese.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Vorsitzender des Innenausschusses möchte ich Ihnen kurz über die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf berichten. Von den Möglichkeiten des Standardöffnungsgesetzes ist bislang nur wenig Gebrauch gemacht worden, dennoch hatte sich der Innenausschuss einstimmig zeitlich noch vor diesem Gesetzentwurf für eine Fortgeltung des Standardöffnungsgesetzes über das Jahr 2004 hinaus ausgesprochen. Gerade vor dem Hintergrund der Deregulierungsbestrebungen ist es im Ausschuss als sinnvoll erachtet worden, den Kommunen mit diesem Gesetz weiterhin die Gelegenheit zur Standardbefreiung zu geben. Der im Gesetzentwurf enthaltenen Erweiterung des Berichtszeitraumes durch die Landesregierung ist ebenfalls eine Erörterung im Innenausschuss vorausgegangen. Auch hier hatten sich alle Abgeordneten für eine Erweiterung des Zeitraumes, in dem die Landesregierung dem Landtag berichten soll, ausgesprochen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

So ist es nun nicht verwunderlich, dass die Beratungen dieses Gesetzentwurfes ebenfalls in Einstimmigkeit abgeschlossen worden sind, schließlich beruhte der Gesetzentwurf auf den Ergebnissen der Beratungen im Innenausschuss.

Der Innenausschuss hat es aber nicht nur bei den vom Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen des Standardöffnungsgesetzes belassen. Alle drei Fraktionen waren sich einig, aus Gründen der Deregulierung noch zwei weitere Änderungen im Gesetz, und zwar in den Paragraphen 1 und 2 vorzunehmen, um so die Arbeit auf kommunaler Ebene zu erleichtern. Ich möchte jedoch auf diese Änderungen nicht weiter eingehen, um den nachfolgenden Rednern aus den Fraktionen die Gelegenheit zu geben, sie zu begründen und vorzutragen. Betonen möchte ich aber, dass die Änderungen als auch eine kleine grammatikalische Berichtigung in Paragraph 2 auf interfraktionelle Änderungsanträge hin erfolgten. In allen Punkten der Änderungen des Gesetzes bestand im Ausschuss Einstimmigkeit, so dass auch die Empfehlung des Innenausschusses an den Landtag einstimmig erfolgte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, der im Innenausschuss einstimmig beschlossenen Empfehlung zu folgen und den Gesetzentwurf in der geänderten Fassung anzunehmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Friese.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Heinz Müller von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Ausschussvorsitzender war so freundlich, zwei Änderungen, die wir im Ausschuss selbst interfraktionell und einvernehmlich vorgenommen haben, nicht inhaltlich zu begründen, um noch ein kleines Stückchen für eine sehr kleine und mit Sicherheit nicht kontroverse Debatte zu lassen.

Wir haben nun interfraktionell zwei weitere Änderungen am Standardöffnungsgesetz vorgenommen:

Erstens. Wir haben einen konkreten Gesetzeskatalog, der Gesetze benannte, von denen Befreiungen erteilt werden können, aus dem Gesetz herausgenommen. Dieses, meine Damen und Herren, hat insbesondere auch einen rechtstechnischen Vorteil, denn im Zuge der Gesetzgebungen durch uns kann es sehr wohl passieren, dass das Gesetz, das im Standardöffnungsgesetz namentlich genannt war, durch die veränderte Gesetzgebung dieses Landtages – also durch uns – gar nicht mehr existent ist, sondern durch ein Gesetz mit anderem Namen zum gleichen Regelungsgehalt ersetzt wird. Dieses wäre für den Rechtsanwender recht schwierig und kompliziert. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, die konkrete Nennung von Gesetzen zu streichen und es bei der Aufzählung von inhaltlichen Bereichen zu belassen. Dieses scheint uns wesentlich praktikabler und inhaltlich sinnvoller.

Der zweite Punkt – und der scheint mir inhaltlich erheblich bedeutsamer – ist ein Punkt, der in unserer Diskussion unter dem Stichwort „Beweislastumkehr“ lief. Wenn wir einen Antrag nach dem Standardöffnungsgesetz haben, dann war es nach der bisherigen Rechtssetzung so, dass der Antragsteller im Zweifel darlegen musste, dass durch die Befreiung keine hochwertigen Rechtsgüter, insbesondere Leben und Gesundheit von Menschen, in Gefahr geraten. Diese Beweislast, die bislang beim Antragsteller lag, verlagern wir nun auf die Behörde, die die Befreiung erteilt oder nicht erteilt. Das heißt auf Deutsch, ich muss als Gemeinde nicht mehr beweisen, dass nichts Furchtbares passiert, wenn ich von dem Standard abweiche, sondern im Gegenteil, die Behörde, die mich zwingen will, beim Standard zu bleiben – und das ist dann das Innenministerium –, müsste beweisen, dass bei einem Verlassen des Standards ein erheblicher Schaden zu befürchten wäre.

Hierdurch, meine Damen und Herren, erhoffen wir uns eine Erleichterung für die Gemeinden. Wir erhoffen uns, dass dieses Gesetz stärker angenommen wird, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Und wir erhoffen uns für uns alle und für die Bürgerinnen und Bürger ein kleines Stück mehr Deregulierung, ein kleines Stück mehr Erleichterung im tagtäglichen Verwaltungshandeln.

Wir haben dieses, meine Damen und Herren, einvernehmlich so beschlossen, genauso wie wir – Kollege Friese hat darauf hingewiesen – hier insgesamt sehr einvernehmlich gearbeitet haben. Ich kann nur sagen, das war eine sehr kollegiale Arbeit. Ich möchte mich hier namens der SPD-Fraktion bei den Kolleginnen und Kollegen der beiden anderen Fraktionen ausdrücklich für diesen Stil,

den wir hier gepflegt haben, bedanken. Das war sehr konstruktiv und sehr gut. Ich denke auch, das ist der Sache angemessen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Jäger von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Müller hat darauf hingewiesen, wir haben das, was Ihnen vorliegt, einvernehmlich im Ausschuss so abgearbeitet. Wir haben darauf hingearbeitet, mehr Spielraum für die Möglichkeit zu schaffen, dass von bestimmten Standards Befreiungen erteilt werden. Es war eine richtig angenehme Arbeit. Ich glaube, es ist ein Modell, wenn man Kommunalpolitiker im Landtag einmal so machen lässt, dann machen die das auch gemeinsam, dann kommt auch etwas dabei raus.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Aber es ist eigentlich auch modellhaft, wenn man einmal guckt, wie sich dieses Gesetz vom ersten Entwurf, der diesen Landtag damals erreichte, bis hin zu einem zweiten Entwurf, bis hin zum Gesetz und schließlich bis zur jetzigen Änderungsfassung geändert hat, wie sich Personen und Institutionen so unterschiedlich damit befasst haben. Wir hatten am Anfang seinerzeit eine Regelung als Entwurf eingebracht. Dann kam das Justizministerium und hatte verfassungsrechtliche Bedenken. Ich weiß noch, wie das war. Damals hatten Sie, Herr Ministerpräsident, zugleich das Justizministerium und wir waren furchtbar erschrocken. Wir haben das Gesetz so kompliziert gemacht, wie Sie es vorgeschlagen haben. Es hat sich dann auch nicht so bewährt.

(Heinz Müller, SPD: Richtig. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Das wissen wir alle, auch der Innenminister hat ja mehrfach darauf hingewiesen. Wir haben jetzt, und das ist für mich neu, einen Vorschlag aus dem Justizministerium bekommen, der – auch wenn der Justizminister nicht da ist, lobe ich ihn gerne – ausgesprochen hilfreich war, der genau diese Möglichkeit schafft, und zwar eine Art Beweis- oder Darlegungslastumkehr, die es ermöglicht, dass auch das Innenministerium dem Wunsch der Kommunen nachkommt.

Ich wünsche mir jetzt noch zwei Entwicklungen:

(Barbara Borchardt, PDS: Nicht zu viel!)

Erstens, dass der Justizminister immer guckt, was wir schon gemacht haben. Es war damals doch etwas spaßig, als er forderte, wir brauchen ein Standardöffnungsgesetz. Wir drei sind zu ihm gegangen und haben gesagt: Übrigens, Herr Sellering, das haben wir schon. Er hat das wiedergutgemacht, denn er hat uns dabei geholfen, dieses Gesetz zu einer besseren Entwicklung zu führen.

Zweitens. Jetzt wünsche ich mir vom Innenminister noch etwas, nicht, dass er es noch einmal an uns heranträgt, um noch einmal die Berichtspflicht und die Fristen zu erweitern, sondern dass er uns inhaltlich hilft. Ich wünsche mir, Herr Innenminister, dass Sie mit diesem jetzt

besseren Gesetz – und ich bin ganz sicher, wir werden das hier mit großer Mehrheit verabschieden – etwas mehr Mut entwickeln. Sie hätten vielen Anträgen auch in der Vergangenheit schon stattgeben können. Wir helfen Ihnen jetzt. Sie bekommen jetzt eine Gesetzeslage, wo Sie nicht mehr prüfen müssen, ob die Kommunen richtig geprüft haben, sondern wo Sie die Möglichkeit haben, Befreiungen zu geben. Mehr Mut! Tun Sie es, dann werden wir vor Ort etwas mehr bewegen können! – Ich bedanke mich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Jäger.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schulz von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Politik, auch Landespolitik ist mitunter schon eine eigenwillige Sache. Warum sage ich das? Ich sage jetzt, Herr Jäger, mir ging es wie Ihnen, denn in Vorbereitung auf die Debatte heute habe ich noch einmal all das, was mit dem Standardöffnungsgesetz im Zusammenhang steht, bei mir Revue passieren lassen. Ich möchte Sie zunächst an den 12. Juli des Jahres 2000 erinnern. Damals demonstrierten Mitglieder der Gewerkschaften vor dem Schloss gegen das Standardöffnungsgesetz. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf, sind wir uns aber einig, wollen wir dieses Experiment Standardöffnung fortsetzen, erweitern und last, but not least, vor allen Dingen erleichtern. Herr Jäger hat eben auch dazu gesprochen.

Rückblickend auf die damals stattgefundene Demo sage ich aber auch noch einmal, dass ich kritische Nachfragen vor dem Schloss zum Inhalt des Gesetzes damals vor den Gewerkschaftern nicht zu beantworten hatte, allerdings heftige Debatten von Fraktionskollegen meiner eigenen Fraktion bestehen musste. Sie werden sich auch an die Landtagsdebatte dabei erinnern. Wurden die Väter und Mütter dieses Gesetzes im Jahr 2000 noch als „Deregulitiskranke“ angesehen, so steht man heute nahezu Schlange, um die Mitgliedschaft in irgendeiner Deregulierungskommission zu erhaschen.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, das ist allerdings keine Häme oder Kritik von mir, denn dazu besteht wirklich kein Anlass. Wenn überhaupt, denke ich, dann ist leise Selbstkritik angebracht. Darauf komme ich noch zurück. Der vorliegende Gesetzentwurf stand trotzdem unter einem gewissen Zeitdruck, denn das Standardöffnungsgesetz wird bekanntermaßen am 31. Dezember 2004 außer Kraft treten.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)