(Heiterkeit bei einzelnen Abgeord- neten der SPD und Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Genau.)
Und es ist auch gut, dass die Landesregierung mit den Partnern und dem modifizierten 3-Säulen-Programm eine Ergänzung zum nationalen Ausbildungspakt vereinbaren konnte. Auch wenn die geburtenstarken Jahrgänge in absehbarer Zeit zurückgehen, brauchen wir künftig unterstützende Programme. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel stellt hohe Herausforderungen an uns. Ich denke, die Herausforderungen liegen vor allen Dingen in einer adäquaten Ausbildungsstruktur. Und Strukturgestaltung braucht meines Erachtens makroökonomische Sichtweisen und Instrumentarien. Wir sehen ja jetzt bereits, dass sich die Verbundausbildung immer weiteren Berufen öffnet. Das wird so weitergehen, denn wir alle beschwören die Wichtigkeit von Innovationen für unser Land. Innovative Unternehmen sind in der Regel sehr klein, aber sie sind meines Erachtens nichtsdestotrotz gleichberechtigt in die Ausbildung viel breiter als bisher einzubeziehen. Das geht aber nur mit Unterstützung und ist, denke ich, eine wichtige Aufgabe für die Zukunft.
Insofern ist natürlich ein Blick auf die heutige und künftige Finanzierung erlaubt. Zur Finanzierung des 3-SäulenProgramms stellen Bund, Land und ESF über 50 Millionen Euro zur Verfügung, das Land allein 7 Millionen Euro. Das ist gut angelegtes Geld.
Kommen wir aber zurück zu dem Vergleich, und zwar zu dem bundesweiten Vergleich. Nehmen wir die Länder Hansestadt Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Meine Kollegin Ute Schildt sagte es schon, ähnliche Einwohnerzahlen – 1,7 Millionen. Zurzeit bildet die Hansestadt Hamburg 32.000 Jugendliche aus und wir liegen bei über 46.000. Ich frage mich, ob es gerecht ist, dass das „arme“ Land Mecklenburg-Vorpommern für die eineinhalbfache Ausbildungsleistung gegenüber der „reichen“ Hansestadt Hamburg auch noch Gelder auf den Tisch legen muss? Insofern, denke ich, ist es legitim, dass die Finanzierung auf den Prüfstand gehört.
Gestern, anlässlich des Rückblicks auf 15 Jahre Mecklenburg-Vorpommern, haben wir alle Reformbedarf postuliert. Herr Prachtl – ich sehe, er ist leider nicht da – forderte uns alle auf, Konzepte vorurteilsfrei zu prüfen.
Das wünsche ich mir auch. Insofern ist Ihr Ergänzungsantrag, Herr Petters, den Sie für die CDU-Fraktion eingebracht haben, leider das Gegenteil. Er schließt eine Lösung schon wieder a priori aus.
Ich bin ja auf die Debatte gespannt, wie vorurteilsfrei sie läuft, wenn die Fraktion Die Linke. im Deutschen Bundestag gleich zu Beginn ihre Vorschläge zur Ausbildungsplatzabgabe macht, und zwar zu einer gerechten Beteiligung der Unternehmen, die nicht ausbilden, obwohl sie könnten, und sie zur Finanzierung heranziehen.
Ich bin gespannt, wenn wir diesen Antrag auf die Tagesordnung stellen. Vielleicht gibt Herr Prachtl dem Herrn Rehberg noch ein paar Tipps mit, wie er sich dort verhält.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Stichwort „Bundestag“. Erlauben Sie mir, Herr Präsident, da dies höchstwahrscheinlich meine letzte Rede in diesem Hohen Hause ist, ein paar Worte abseits des Themas zu sagen. Sieben Jahre habe ich hier auf zwei Ebenen gewirkt, und zwar von da oben und von hier unten.
(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Aus der Mitte. – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)
(Wolfgang Riemann, CDU: Dass Sie nichts bewegt haben. – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das war nichts!)
(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Wie lange sitzen Sie hier, Herr Riemann, und haben nichts bewegt?!)
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: Fassen Sie sich doch mal an die eigene Nase! – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)
Ich denke, Herr Riemann, es zeigt Ihren Stil, dass Sie nicht einmal bei diesen Worten Ihren Mund halten können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und ein- zelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Der kann sich ja noch bewähren.)
Ich denke, nur wenn keine Ebene vernachlässigt wird, dann kommt auch etwas Gescheites für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes heraus. Dafür wünsche ich Ihnen und euch für die Zukunft ein gutes Gespür.
Für mich schließt sich ein Kreis. Vor 15 Jahren wurde ich in Wendezeiten in Berlin aus der Wissenschaft in die Politik gespült. Und aus der Wissenschaft kenne ich nicht so einen Umgang, wie er hier eben praktiziert wurde. In Berlin habe ich anfangs den Einigungsvertrag, ähnlich wie Kollege Ulrich Born, wir sind uns dort auf einem Flur schon begegnet, begleitet. Acht Jahre habe ich im Bun
destag aus der zweiten Reihe heraus die grundlegenden Gesetzgebungen für den Vereinigungsprozess miterlebt. Und jetzt gehe ich mit den Erfahrungen aus der Landespolitik zurück. Ich weiß sehr genau, wo es knirscht im Gebälk. Gerade auf sozialpolitischem Gebiet setzt der Bund zu 80 Prozent den Rahmen für unser Leben hier im Land. Ich werde jetzt in der ersten Reihe im 16. Deutschen Bundestag meine Stimme erheben können, sachlich, fachlich, kritisch.
Ich werde meine Stimme für mehr soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden erheben. Mein Kredo ist: Soziale Gerechtigkeit ist und bleibt modern. Ich denke, wir müssen dem Wandel in unserer Zeit Tribut zollen mit neuen Antworten auf neue Situationen. Linke Alternativen wurden lange verpönt und belächelt. Ich baue auf Viktor Hugos weisen Spruch: „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Und so darf ich mich mit Dank verabschieden von Ihnen, Herr Präsident, von euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Ich möchte mich verabschieden von den Mitgliedern der Landesregierung und ich sage: Macht’s gut, tschüss!
Danke schön, Frau Abgeordnete, und diesen Beifall für gutes Wirken in Berlin mit auf den Weg, auch im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Schildt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Bevor ich zum Thema zurückkehre, liebe Martina Bunge, ich denke, ich spreche für die Mitglieder des Arbeitskreises Wirtschaft der SPD-Fraktion,
auch von unserer Seite vielen Dank für die gute Zusammenarbeit und alles Gute auf dem weiteren politischen Weg!
Meine Damen und Herren, ich habe in meiner Einbringungsrede sehr deutlich gemacht, in welcher Breite Initiativen in unserem Land für Ausbildung, für junge Menschen ins Leben gerufen worden sind. Ob persönlich, ob programmatisch, ob finanziell, wir nehmen die Aufgabe ernst. Trotzdem ist es so, wenn wir in diesen Tagen die Medien verfolgen, hören und lesen wir sehr viele negative Botschaften, Erfahrungsberichte, Stellen, die nicht angetreten wurden, Stellen, die nicht zur Verfügung gestellt wurden, eine Wertung zwischen betrieblicher Ausbildung und außerbetrieblicher Ausbildung, erste und zweite Reihe, also sehr viele negative Botschaften. Wenn in einem „Stern“-Artikel unsere Initiativen von einem Lehrer in einem Satz zusammengefasst werden: „Die Politiker erklären vollmundig, dass jeder Jugendliche versorgt wird, und dann stellt man fest, dass das nur leere Sprüche sind“, dann bin ich, ehrlich gesagt, entsetzt.
Ich glaube, wir haben in unseren Redebeiträgen sehr deutlich gemacht, dass wir Rahmenbedingungen setzen, dass wir neben den Rahmenbedingungen Akteure motivieren, um in diesem Prozess junge Menschen zu unterstützen. Aber, meine Damen und Herren, die Medien haben im Moment auch eine Kampagne ins Leben gerufen, die ich sehr interessiert wahrgenommen habe. Sie heißt: Wir sind Deutschland. Ich sage: Endlich! Es ist ein Gang in ein neues Selbstbewusstsein und auch in ein neues Selbstverständnis. Denn dieser Prozess kann nicht heißen, das sind leere Sprüche, sie sollen versorgt werden, sondern jeder muss einen Teil leisten. Das ist eine Forderung, die ich von dieser Stelle als Politiker an die jungen Leute ausspreche, an die Eltern und an die Lehrer, diesen Prozess der jungen Menschen von den ersten Aktivitäten an zu begleiten, sie aufzufordern, selbst aktiv zu werden für ihre Zukunft, Vorstellungen zu entwickeln, Wissen zu vermitteln, das auch belastbar ist. Alles das kann nicht nur Aufgabe von Politik sein. Das ist Aufgabe eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses, es kann nicht nur Aufgabe einer Kampagne sein, sondern es muss gelebt werden, es muss von den Eltern aufgenommen werden, den Kindern vermittelt werden und auch in den Schulen vermittelt werden. Dieses Selbstbewusstsein, dieses Selbstverständnis, hoffe ich, ist nicht nur der Anfang einer Kampagne.
Wir haben, und das sind Wahrheiten, zwischen 25 und 30 Prozent Lehrstellenabbrüche pro Jahr. Das wird von den Kammern beklagt. Das ist sehr differenziert in den Regionen, aber das sind Tatsachen. Wie stellen sich junge Leute dieser Chance, die sie haben? Was sind die Ursachen dafür? Das sind Fragen, die wir klären müssen. Warum melden junge Leute, die drei Angebote haben und sich angemeldet haben für eine Lehrstelle, nicht, dass sie an einer Stelle diese Lehrstelle annehmen und die anderen beiden Plätze zur Verfügung stehen? Das ist eine Frage von Verantwortung den Mitschülern gegenüber, das hat etwas mit Verantwortung der Betroffenen zu tun.
Und die klage ich an dieser Stelle ganz deutlich ein. Es muss ein gesamtgesellschaftlicher Prozess sein, und zwar derer, wie wir, die Rahmenbedingungen setzen sollen, aber auch derer, die betroffen sind. Und darüber müssen wir an dieser Stelle diskutieren.
Meine Damen und Herren, ich habe in Vorbereitung der heutigen Sitzung in meiner örtlichen Arbeitsagentur nachgefragt, wie sieht denn die Situation bei uns aus. Sie wissen, ich komme aus einem Kreis, der landwirtschaftlich strukturiert ist und einige Probleme hat. Da hat man mir gesagt, wir haben in der Geschäftsstelle 800 registrierte Ausbildungsplatzsuchende. Wir hatten 15 betrieblich gemeldete Ausbildungsstellen. Da klafft eine Riesenlücke. Und trotzdem gab es ganz am Schluss eine Botschaft, die mir Freude gemacht hat: Wir hatten am Freitag nur noch 15 ausbildungswillige ausbildungsplatzsuchende Jugendl i che. Ich denke, das ist ein Problem, das schaffen wir auch noch gemeinsam.
In diesem Sinne, konkret aufzunehmen, was steht vor Ort, anzuregen, beschäftigt euch mit dem Problem, an jeder Stelle, jeder trägt Verantwortung, wollen wir diesen Prozess weiter begleiten. Es wird nicht die letzte Sitzung
zu diesem Thema sein, sondern es ist ein Prozess, den wir als Politiker aktiv in Debatten, aber auch im täglichen Leben begleiten werden. Deshalb bitte ich Sie nochmals um Zustimmung für den Antrag, und das auch als Dank für alle, die sich eingebracht haben.