Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Es geht ja nicht nur um Strukturen in diesem Gesetz, sondern auch um die Mittelverteilung von 148 Millionen Euro, die an die Kreise und kreisfreien Städte gehen. Da haben Sie sechs Varianten gerechnet nach uns vorliegenden Unterlagen und haben sich für das Kriterium „Bedarfsgemeinschaften“ entschieden. Wenn man ein Kriterium hat, muss man auch immer schauen, wie ist denn das eigentlich mit den Kriterien konkret. Beruhen sie auf Sachlagen oder beruhen sie auf politischen Opportunitäten, sind Prinzipien eingehalten, wie zum Beispiel, dass Gleiches nicht ungleich behandelt werden soll oder umgekehrt Ungleiches nicht gleich behandelt werden soll?

Und so, wie Sie vorgehen wollen, werden zum Beispiel Rostock, Ostvorpommern, Bad Doberan deutlich schlechtergestellt. Es gibt keine optimale Variante. Das ist gar nicht die Frage.

Gleichwohl, das Interessante ist das Widersprüchliche an Ihrer Arbeit. Das Kriterium „Bedarfsgemeinschaften“ stellen Sie selbst infrage, und zwar sowohl auf Bundesebene im Bundesrat als auch in der Kommunikation mit uns.

Ich bekam am 13.12. einen Brief aus dem Sozialministerium. Der Staatssekretär schreibt:

(Ute Schildt, SPD: Das ist bei der Anhörung erörtert worden. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

„Die Entwicklung der Kosten entspricht nicht der Entwicklung bei den Bedarfsgemeinschaften, und insofern ist das Prinzip der Bedarfsgemeinschaften abzulehnen.“ Tatsächlich führen Sie es aber mit diesem Gesetzentwurf ein.

Oder – Aussage auch von dieser Landesregierung, mitgetragen auf Bundesebene – ich zitiere: „Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre ist festzustellen, dass die bisher maßgebliche Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in keinem direkten proportionalen Verhältnis zur Entwicklung der Ausgaben der kommunalen Träger steht.“ Also das ist doch ein Widerspruch, ganz klar.

Darauf haben wir im Sozialausschuss aufmerksam gemacht und sind dann vom Sozialexperten der SPD darauf hingewiesen worden, dass es nicht um soziale Gerechtigkeit ginge,

(Zuruf aus dem Plenum: Sondern?)

sondern um Ausgewogenheit.

(Regine Lück, DIE LINKE: Aber wirklich wahr.)

Hört, hört, möchte ich mal sagen. Also vor Ort, wenn ein Beamter oder zum Beispiel eine Beamtin handelt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ausgewogenheit ist soziale Gerechtigkeit, oder?)

dann hat sie sich auszurichten an den Kriterien/Buchstaben des Gesetzes

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Also, das ist ja heute hier zum Haarespalten!)

und nicht an Ausgewogenheit.

Ich stelle fest: Das Original „soziale Gerechtigkeit“ ist doch woanders zu Hause, Herr Dr. Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee, eben nicht.)

denn gerade die SPD hat mal behauptet, es wäre bei ihr zu Hause.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, ist es auch, ist es auch.)

Ich sage, sie ist nicht bei Ihnen zu Hause, sondern bei den Linken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee, bei Ihnen gerade nicht.)

Und zweitens. Die Rechtsauffassung, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegt, ist auf alle Fälle zu hinterfragen und in Zweifel zu ziehen.

Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Ute Schildt, SPD: Ja, wie ändern Sie es denn? – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorschläge haben wir nicht gehört. – Egbert Liskow, CDU: Umverteilen ist doch nicht sozial gerecht.)

Danke schön, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir den Ausführungen des Wirtschaftsministers sowie des Kollegen Schulte bereits entnehmen konnten, ist das neue Landesausführungsgesetz zum SGB II aufgrund der bundesrechtlich geregelten Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende notwendig. Die hier beschlossenen Neuregelungen zur Erbringung der Leistungen aus einer Hand durch gemeinsame Einrichtungen sowie zur Entfristung der zugelassenen Optionskommunen sowie die Möglichkeit, weitere Optionskommunen zuzulassen, sind richtig und wichtig, um die Betreuung der Arbeitsuchenden auf hohem Niveau fortzusetzen. Außerdem bedingt auch die anstehende Kreisstrukturreform naturgemäß Änderungen des bestehenden Landesausführungsgesetzes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erspare mir bereits vorbereitete Ausführungen zu folgenden Themen: „Optionskommune“, „Verteilungssystematik der Landeszuweisungen“ sowie „Zebrastatus“, weil Minister Seidel hierzu bereits ausführlich vorgetragen hat. Ein wichtiger Themenkomplex ist für mich jedoch die Gewährleistung

der personellen Ausstattung der zukünftigen gemeinsamen Einrichtungen.

Anders als bei den neu einzurichtenden Optionskommunen sind hier die kommunalen Träger nicht zu einer Personalübernahme zu verpflichten. Auch eine gesetzliche Übernahmeverpflichtung ist hier nicht möglich. Die Personalhoheit der Landkreise liegt im Kernbereich der Selbstverwaltung. Daher ist es aus verfassungsrechtlichen Gründen richtigerweise nicht möglich, diese Entscheidung vorwegzunehmen, vielmehr ist eine eigenständige Entscheidung der Landkreise notwendig.

Zwischenzeitlich haben sich aber die meisten Landkreise zu einer Übernahme entschlossen. Dabei ist die Art und Weise der Übernahme sowie eine geringe Absenkung aufgrund der demografischen Entwicklung den Kommunen notwendigerweise zuzugestehen.

Unterm Strich können aber alle Gemeinden das reibungslose Ablaufen nach der Reform mit dem eingearbeiteten Arbeitnehmer gewährleisten. Auch die Änderungsanträge des Wirtschaftsausschusses zur gründungsbegleitenden Vereinbarung der Fristverlängerung für eine neue eventuelle Kreisstrukturreform, zur Entscheidung für eine der beiden Organisationsformen sowie der Anzeigepflicht sind ebenfalls angemessen.

Meine Damen und Herren, die notwendigen Änderungen und Anpassungen des Ausführungsgesetzes zum SGB II sind aus meiner Sicht richtig und wichtig. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Rühs.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesausführungsgesetzes SGB II auf Drucksache 5/3791.

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/3993 anzunehmen.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und der NPD angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 5/3993 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 5/3993 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP, Entschuldigung, der FDP gegen die Stimmen der LINKEN und der NPD angenommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So war es richtig, Frau Präsidentin. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Gut.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf die Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH, Drucksache 5/3966.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf die VMV – Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH (VMV-Aufgabenübertragungs- gesetz M-V – VMV-AufgÜG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/3966 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann.

(Udo Pastörs, NPD: Jetzt ist er aufgewacht, der Herr Schlotmann.)

Sie sind so ein Schwätzer, also ehrlich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bleib ruhig! Lass dich nicht ärgern!)

Nee, ich weiß. Dafür kriegen wir ja Schmerzensgeld.