Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

Wichtig ist den Menschen auch die Erreichbarkeit ärztlicher Strukturen. Das ist ein Thema, das jeder bei sich im Wahlkreis immer wieder gehört hat. Das wird dort immer wieder vorgetragen. Da gibt es wirklich Ängste in der Bevölkerung, was die Erreichbarkeit ärztlicher Strukturen betrifft. Und ein Modellprojekt dazu startet ja zum Beispiel derzeit gemeinsam mit dem Landkreis Nordvorpommern. Sie wissen es alle, Harry Glawe hat hier vor Kurzem zu diesem Modellprojekt Ausführungen gemacht. Aber wenn es auch bei diesem oder jenem vielleicht Häme gegeben hat, lassen Sie uns doch erst einmal beobachten, ob nicht dieses neue Konzept zum Beispiel Früchte trägt

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

und sich die ärztliche Versorgung auf dem Land vielleicht entspannt. Das ist ein …

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Ja, immer wird sofort schlecht über solche Modellprojekte geredet. Lassen Sie uns doch erst einmal abwarten, wie die das da in Nordvorpommern hinbekommen.

(Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Und vielleicht ist das genau der Weg, den wir als Beispiel nachher für uns übernehmen können.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wir müssen darüber hinaus weiter an einer auch künftig erreichbaren Gesundheitsversorgung arbeiten. Dazu zählt zum Beispiel zu prüfen, ob und wo mobile Praxen oder wechselseitige Konsultations- oder Sprechstundenpunkte eingerichtet werden können.

Der Bericht der IMAG unterstreicht zu Recht die zunehmende Bedeutung des Ehrenamtes – ich hatte schon darüber gesprochen –, gerade in einer älter werdenden Gesellschaft und in einer zunehmend dünner besiedelten Region. Und da lassen Sie uns doch endlich mal auch kreativer denken! Sollten wir beispielsweise das Ehrenamt nicht auch fördern, indem für die ehrenamtliche Tätigkeit zum Beispiel Rentenpunkte gutgeschrieben werden?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach ja?! Das haben wir schon mal diskutiert. Das haben Sie doch abgelehnt.)

Das wäre doch mal was ganz Neues, als immer nur an einem Tag des Ehrenamtes die Leute einzuladen. Das ist wichtig. Aber wir müssen kreativer sein, zum Beispiel wirklich über ehrenamtliche Tätigkeit und Rentenpunkte miteinander nachdenken.

(Irene Müller, DIE LINKE: Der Antrag von uns ist schon so was von alt. Den haben Sie schon so was von abgelehnt.)

Denn wer der Gesellschaft unentgeltlich seine Zeit und seine Energie und oft auch sein Geld zur Verfügung stellt und damit auch Kosten der Daseinsvorsorge spart, für den muss doch die Gesellschaft andersherum so etwas wie eine Belohnung geben. Das geschieht noch viel zu wenig,

(Torsten Renz, CDU: Richtig. – Irene Müller, DIE LINKE: Es geht nicht um Belohnung, es geht um Anerkennung.)

darüber müssen wir intensiv nachdenken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Angesichts des hohen Durchschnittsalters der Lehrer, auch davon war hier schon die Rede, müssen wir mehr junge Lehrer gewinnen. Gerade wenn wir Familien mit Kindern an unser Land binden wollen, brauchen wir mehr junge Lehrer. Und zu einem solchen Anreiz zählt für mich auch das Wort, was für manche ein Unwort ist, Verbeamtung.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das steht aber auch nicht in dem Bericht.)

Ja, meine Damen und Herren, Sie wissen doch genauso gut wie ich, die Bundesrepublik insgesamt hat das Problem der Überalterung erkannt und der Wettbewerb in den einzelnen Wirtschaftszweigen um die jungen Leute hat doch längst begonnen. Und nicht nur die Wirtschaftszweige oder die Einzelunternehmen, auch die Bundesländer konkurrieren alle um die Bewerber. Da müssen wir uns bewegen, wenn wir auch zukünftig ein funktionierendes Bildungssystem bei uns anbieten wollen.

Das Rückgrat unserer Wirtschaft – und deswegen ist Arbeit immer wieder so wichtig in Mecklenburg-Vorpommern – sind eben die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Und realistisch wird das auch so bleiben. Es werden die kleinen und mittelständischen Unternehmen bleiben. Wir als Politiker müssen uns noch mehr auf diese Zielgruppe einstellen. Wir müssen diesen Unternehmern zur Seite stehen und bei der Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften und beim Ausschöpfen von brachliegenden Erwerbspotenzialen helfen.

Herr Holter, Sie haben über Frauen geredet, das will ich auch gerne tun. Ich bin der Meinung, Frauen, die bislang Teilzeit arbeiten, müssen wirklich ermutigt und gewonnen werden, Vollzeit zu arbeiten. Und begleitend dazu sind die Arbeitszeiten auf der einen Seite, aber auch die Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf der anderen Seite natürlich noch familienfreundlicher als bisher auszugestalten.

(Regine Lück, DIE LINKE: Aber nicht zu den Dumpinglöhnen. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und dann kommen wir mal zu den älteren Arbeitnehmern. Der Ministerpräsident hat hier vorhin vorgetragen, wie wichtig es ist, dass gerade ältere Arbeitnehmer mit ihrem ungeheuren Erfahrungsschatz, die heute ja noch sehr schnell aus den Unternehmen herausgehen, sozusagen verabschiedet werden, diesen in der Zukunft weiterhin in die Unternehmen einbringen können müssen. Dafür haben wir Konzepte zu schaffen. Der Anteil der Schulabgänger ohne Schulabschluss muss reduziert werden.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Das ist ein altes Thema, kein Unternehmer stellt Arbeitnehmer ein, die nicht über wenigstens ausreichende Basiskenntnisse in Deutsch und Mathematik verfügen, bei denen man darüber hinaus davon ausgehen kann, dass sie kein Durchhaltevermögen haben, das ist heute oft genug der Fall, und den Ernst des Berufslebens einfach nicht erkennen wollen. Das müssen wir auch mal anerkennen und nicht immer nur nett darüber reden, sondern das wirklich kritisch hinterfragen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und hier ist eben nicht nur Schule gefragt. Anders als der Bericht der IMAG bin ich zum Beispiel der Meinung, dass man viel früher in die Familie mittels familienbeglei

tender Maßnahmen hineingehen muss, um Kinder zum Lernen anzuregen. Denn auf der einen Seite ist jedes Kind natürlich von Geburt an wissbegierig, aber in der Familie werden durch Vorbildwirkung und Erziehung – und ich betone immer wieder, in der Familie! – die Kinder vom Babyalter an geprägt. Und welchen Stellenwert Bildung und Leistung in ihrem Leben dann mal einnehmen werden, dafür werden die Ursachen und Gründe in der Familie gelegt. Erzieherinnen in den Kitas und vorher auch die Familienhebammen können sicher schon rechtzeitig die Tendenzen erkennen. Und im Schulalltag erst beginnen, an den Symptomen nachher herumzukurieren, ist einfach zu spät. Hier ist noch Handlungsbedarf, dessen sind wir uns einig. Wir müssen da anfangen, um bereits vorbeugend Hartz-IV-Karrieren zu vermeiden. Das ist unsere Aufgabe.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in dieser Legislaturperiode mit der Großen Koalition Weichenstellungen für ein Mecklenburg-Vorpommern unter geänderten demografischen Bedingungen vorgenommen. Aufzählen will ich die Kreisgebietsreform, das Junglehrerprogramm, den Demokratiefaktor in der KiföG-Finanzierung durch das Land oder auch die Einführung des Landesgraduiertenförderungsgesetzes zum Anwerben des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Der Bericht der IMAG geht zum ersten Mal das brennende Thema demografischer Wandel umfassend an und beschreibt die Ausgangslage. Er beschreibt, was die eigenen Ressorts bereits getan haben und was modellhaft jetzt zu tun ist. Er findet die volle Unterstützung, das will ich hiermit sagen, der CDU-Fraktion. Aber um konkreter und verbindlicher zu werden, wäre es ein Vorschlag, über den es sich jetzt vielleicht, zehn Jahre später, Herr Holter, nachzudenken lohnen würde, vielleicht in der kommenden Legislatur hierzu eine Enquetekommission einzurichten. Und die Enquetekommission müsste dann die Aufgabe haben, konkrete Anpassungsstrategien und Projekte auf den Weg zu bringen, die dann im Rahmen der Doppelhaushalte finanziell zu untersetzen wären. Ich denke, dies wäre nach dem durch die Ministerien erarbeiteten Strategiebericht eine gute Aufgabe für uns als Parlament.

Der Bericht zeigt, meine Damen und Herren, die Regierung unter Rot-Schwarz hat das Thema aktiv aufgegriffen, schon erste Schritte in die Wege geleitet und zukunftsorientierte Handlungsstränge aufgezeigt. Wir sind uns dabei durchaus bewusst, dass wir mit unseren Anstrengungen nicht nachlassen dürfen. Das ist eine Aufgabe für eine sehr, sehr lange Zeit. Und das Problem des demografischen Wandels haben alle, aber wir müssen einfach besser sein. Das ist ein Ansporn für uns alle. Ich glaube, wir müssen einfach gemeinsam daran arbeiten. Dazu laden wir Sie ein. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ringguth.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDPFraktion Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, einiges ist bei den Vorreden der Kollegen deutlich geworden. Ich will mal versuchen, das ein wenig zusammenzufassen aus unserer Sicht.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Es handelt sich nicht um einen Strategiebericht, sondern es handelt sich um einen Bericht. Ich denke mal, da sind wir erst einmal beieinander. Denn eine Strategie, eine wirkliche Strategie ist aus diesem Bericht nicht zu erkennen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Es ist die Zusammenführung, die notwendige Zusammenführung der Istsituation, aber ein strategischer Ansatz ist vorne und hinten nicht zu erkennen.

Das, was der Ministerpräsident uns vorgetragen hat, und auch da sind wir, glaube ich, im Konsens, wir haben das ja als Fraktion freundlicherweise vorher schon als Leseentwurf bekommen, hat ja nichts mit dem Bericht zu tun, sondern es ist die Wiederholung einer Wahlkampfrede, wie sie auf jedem SPD-Parteitag durchgeführt werden sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Das heißt, das, was der Ministerpräsident uns vorgetragen hat, hat überhaupt gar keine Beziehung und ist …

(Hans Kreher, FDP: Er hat nicht als Ministerpräsident gesprochen, genau.)

Genau, er hat nicht als Ministerpräsident, sondern als SPD-Vorsitzender des Landes die SPD-Politik hier angesprochen.

(Hans Kreher, FDP: Und die CDU lässt sich das gefallen.)

Lassen Sie uns zu der Strukturierung und zu der Herangehensweise einiges sagen: Die demografische Entwicklung ist ja etwas, was uns eigentlich nicht überraschend ereilt. Demografische Veränderungen sind langfristige Prozesse, die man auch langfristig mit einer relativ guten Genauigkeit planen und zumindest in der Entstehung mit begleiten kann.

(Michael Andrejewski, NPD: Man kann sie auch verpennen.)

Wir kommen zurück auf die Geschichte unseres Landes und sehen die Situation in den ehemaligen drei Nordbezirken Schwerin, Neubrandenburg und Rostock. Und wir müssen erkennen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Mecklenburg-Vorpommern in einer Art und Weise besiedelt worden ist, die will ich weder bewerten noch will ich sie kritisieren, noch will ich irgendetwas dagegen sagen, was zu einer übernatürlichen Bevölkerung, die zur Struktur dieses Landes nie gepasst hat, geführt hat.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Wir haben also auf einmal so viele Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern gehabt,