Protokoll der Sitzung vom 31.01.2008

Herr Fraktionsvorsitzender, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Schulte?

Ist Ihnen bekannt, dass der Bundesverband für Zeitarbeit der größte Arbeitgeberverband im Bereich Zeitarbeit ist und auf der anderen Seite der von Ihnen zitierte CGB, eine Splittergewerkschaft, deren Daseinsberechtigung im Grunde nur darin besteht, mit kleineren Arbeitgeberverbänden Tarifverträge abzuschließen, um andere Tarifverträge zu unterbieten?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Gott-vergelt’s-Tarife. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Also das, was Sie jetzt in die Frage hineinbringen, ist ja eine Bewertung. Ich will mich Ihrer Bewertung nicht anschließen. Beide Verbände sind Teile unserer Tarifautonomie. Ich fi nde es gut, dass es beide gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Lassen Sie uns wirklich einmal einen Blick in das Thema Zeitarbeit hineinwerfen

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Frau Kollegin Lück, Sie haben eine Kleine Anfrage gemacht, die ist vom 25.10.2007. Dazu von mir der Hinweis: Vielleicht sollten Sie noch einmal nachfragen, denn es gibt hier doch sehr widersprüchliche Aussagen. Während man Ihnen noch schriftlich zugearbeitet hat, dass wir am 25. Oktober 8.000 Zeitarbeitsbeschäftigte hatten, hat der Minister heute zu Protokoll gegeben, per 30.06.2007 seien es 8.800. Vielleicht fragen Sie noch einmal nach, welches die richtige Zahl ist. Und eine zweite Sache, die will ich Ihnen einfach zuspielen, kümmern Sie sich doch einmal um die Struktur, bevor wir hier eine Scheindiskussion führen! Kümmern Sie sich bitte einmal um die Struktur und fragen, wenn es 8.000 oder 8.800 sind, wo sie beschäftigt sind und was – was Sie hier fordern – es für Auswirkungen hat, wenn wir in dieser Art und Weise in dieses Thema einsteigen, für die Arbeitgeber in diesem Land, die das Rückgrat hier bilden, und zwar für die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Irene Müller, DIE LINKE: Das hat Frau Lück gesagt?!)

Lassen Sie mich abschließend sagen, dieser Antrag ist für uns sowohl in dem Ansinnen als auch in der Art und Weise an keiner Stelle zustimmungsfähig.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das wundert uns jetzt aber.)

Liebe Kollegen von der SPD, lieber Kollege Schlotmann, Kompliment dafür, dass Sie die CDU auf diesen Zettel mit draufbekommen haben. Hochachtung vor dieser Leistung!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ist der Antragsteller nicht die CDU? – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Die CDU ist der Antragsteller.)

Vielen Dank, Herr Roolf.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der NPDFraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-und-SPD-Regierungskoalition hat also, wie wir aus dem uns vorliegenden Antrag ersehen, festgestellt, dass Zeitarbeit ein sinnvolles Instrument zur Abdeckung von Auftragsspitzen und zur Reintegration Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt ist. Und die Regierung hat weiterhin festgestellt, dass Zeitarbeit auch zur Umgehung von Tarifverträgen und Lohndumping missbraucht wurde. Unter Punkt 3 wird die Bitte ausgesprochen, dass die Tarifpartner doch darauf hinwirken sollten, dass dem Leiharbeiter nach einer angemessenen Einarbeitungszeit gleicher Lohn für gleiche Arbeit zugestanden werden solle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU-undSPD-Koalition, dieser schwammig formulierte Bettelbrief, in erster Linie an die Menschenhändler, auch Leiharbeiterfi rmen genannt,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Michael Roolf, FDP: Oh!)

offenbart einmal mehr ganz deutlich Ihre ganze Machtlosigkeit, mit den Arbeitsmarktproblemen in unserem Lande fertig zu werden. Sie kommentieren dementsprechend richtigerweise in Ihrem Antrag auch nur die unhaltbaren Zustände in der Leiharbeiterbranche. Sie sprechen von „sollen“ und „ob erfolgen könnte“, nicht aber von „müssen“ und von konkret einzuleitenden Maßnahmen zum Schutz der Leiharbeiter. Sie sind gezwungen, sich ständig Themen für Ihre Schaufensteranträge zu suchen, da Sie ganz genau wissen, dass uns schon 84 Prozent der Gesetze im Lande von Brüssel aufgezwungen werden.

Aber meine Herrschaften von der CDU und SPD, ich möchte Ihnen auch mitteilen, dass wir von der NPD die Zeitarbeit als Instrument des angeblich modernen Arbeitsmarktes gänzlich infrage stellen.

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Wir tun dies aus gutem Grund, weil Leiharbeit kein Arbeitsmodell ist, um Arbeitslose in feste Beschäftigung zu bringen, sondern in erster Linie, um den Großunternehmen auf Knopfdruck Arbeitskräfte zu Billiglöhnen anbieten zu können,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Gucken Sie mal in die Geschichte, Herr Pastörs! – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

sie sklavenähnlich wie Wochen-, Tage- oder Stundenlöhner ohne Rücksicht auf ihre persönlichen Befugnisse bundesweit, ja europaweit einsetzen zu können. Wenn es schon im September vergangenen Jahres 671.000 Leiharbeiter in Deutschland gab und es schon bald eine Million sein sollen, dann zeigt dies deutlich, dass Arbeit da ist. Und wenn Sie darauf anspielen, dass diese fast 700.000 Arbeitsplätze ohne Zeitarbeit ins Ausland verlagert worden wären, widersprechen Sie sich selbst. Denn Sie selbst stellen in Ihrem Antrag fest, dass Zeitarbeit zu Lohndumping missbraucht wurde, und geben dann andererseits zu, dass Zeitarbeit ein Instrument gegen Auslandsverlagerung sei. Es geht bei der Leiharbeit in erster Linie nicht um das Abfangen von Auftragsspitzen in den Unternehmen, sondern um das Verfügbarmachen von Menschen für die Interessen der Globalplayer. 75 Prozent aller Leiharbeiter werden nicht vom Leihbetrieb übernommen. Sie von den Altparteien haben mit der Möglichkeit der Leiharbeit ein Heer von Wanderarbeitern geschaffen, dessen harte Lebensbedingungen Sie mit Ihrem Antrag in keiner Weise verbessern können.

Warum setzen Sie sich nicht dafür ein, dass ein Gesetz geschaffen wird, das die Entleihdauer begrenzt und hiernach festgestellt werden muss, dass die Arbeitnehmer eingestellt werden müssen? Warum setzen Sie sich nicht dafür ein, dass auch für Leiharbeiter ein Mindestlohn von 8,80 Euro Gültigkeit erlangt? Und hören Sie auf, mit derlei Anträgen den Menschen vorzugaukeln, Sie hätten die Macht, gegen die Interessen des Großkapitals wirklich etwas verändern zu können!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Wichtigkeit der Chancenfunktion von Leiharbeit wurde hier schon bei der Einbringung von mir und von Herrn Minister Seidel genannt. Es handelt sich um eine boomende Branche, also eine wichtige Branche. Ich betone es noch einmal, auch wenn es hier zerredet wird, die Flexibilität für die Unternehmen bietet eine Chance für den Arbeitseinstieg für Arbeitslose und Geringqualifi zierte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Wir sollten uns im Vorfeld vielleicht einmal darüber einigen, worüber wir hier sprechen. Wir sprechen hier von dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit 1,2 Prozent Beschäftigten in der Zeitarbeit,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Echt?)

wo 80 Prozent der Unternehmen circa neun Mitarbeiter im Betrieb haben und nicht von der Großindustrie oder sonst irgendwo.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: 800 bei den Werften! 800 Leiharbeiter bei den Werften! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Wenn man den Reden, insbesondere von der Partei der LINKEN, zuhört, dann handelt es sich ja scheinbar um ein Teufelswerk: Dumpinglöhne, soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung, alles Schlagwörter.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber, das hat doch Herr Schulte auch gesagt.)

Defi nieren Sie doch erst einmal Dumpinglöhne! Defi nieren Sie das erst einmal, um zu sehen, ob das bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern in dieser Branche überhaupt stattfi ndet!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Herr Schulte hat das auch gesagt. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie verunglimpfen allgemein …

(Irene Müller, DIE LINKE: Wo haben Sie sich denn erkundigt?)

Sie verunglimpfen allgemein mit einem Generalverdacht die komplette Zeitarbeitsbranche und das Unternehmertum, aber das sind wir gewohnt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Kein Wort über die Vorteile der Zeitarbeit.

(Irene Müller, DIE LINKE: Und der Unternehmer. Das haben wir immer gesagt.)

Ein wenig Objektivität und Versachlichung würde dem Thema helfen, um es richtig zu bewerten.

Wie sehen denn die rechtlichen Rahmenbedingungen aus? Das Wesen der Zeitarbeit besteht darin, dass der Arbeitnehmer, der einen Vertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen hat, in ein Unternehmen entliehen wird. Das Unternehmen, der Kunde, zahlt die tatsächlichen Kosten für die Dauer der entliehenen Zeit.

(Udo Pastörs, NPD: Und dafür müssen Festangestellte entlassen werden.)

Jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden!

Das Beschäftigungsverhältnis des Mitarbeiters besteht jedoch zum Zeitarbeitsunternehmen in der Regel aus unbefristeten Vollzeitverträgen. Das heißt, dass auch in den beschäftigungsfreien Zeiten weiter das Gehalt bezahlt werden muss. Hier besteht auch das Risiko für die Zeitarbeitsunternehmer. Hier liegt der Grund dafür, dass geringere Gehälter bezahlt werden, weil Lohnfortzahlung und Urlaub kompensiert werden müssen. Für alle Zeitarbeitnehmer gelten alle allgemein gesetzlichen Bestimmungen wie das Lohnfortzahlungsgesetz, das Bundesurlaubsgesetz, das Mutterschaftsgesetz, das Schwerbehindertengesetz und so weiter. Und selbstverständlich besteht auch die Renten-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Auf der Basis des Bruttoarbeitsentgeltes. 4,50 Euro! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Es kommt noch eine weitere Sonderbestimmung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes dazu, was die Grundlage der Zeitarbeit ist. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz unterstellt die Zeitarbeitsunternehmen der Kontrolle der Bundesagentur für Arbeit, die durch ihre Regionaldirektionen prüfen, ob die Personaldienstleister alle rechtlichen Aufl agen einhalten. Im Falle einer Beanstandung durch die Agentur für Arbeit kann die sogenannte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung entzogen werden. Diese Erlaubnis ist Grundvoraussetzung für die Zulassung von Zeitarbeitsunternehmen.