Protokoll der Sitzung vom 25.09.2008

Vielen Dank, Frau Gramkow.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Timm von der Fraktion der SPD.

(Michael Roolf, FDP: Das ist ja Wahlkampf!)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der be absichtigten Schließung des Telekom-Standortes in Schwerin geht es um das Schicksal von 200 Frauen und Männern, das ist unser Thema. Wir haben bei allen Protest demonstrationen und bei der Betriebsversammlung, die wir hier in der Halle am Fernsehturm gehabt haben, immer die Unterstützung aller demokratischen Parteien auf Stadtebene, auf Länderebene und auf der Ebene des Bundes gehabt. Darüber bin ich froh, und ich hoffe, dass bei den Gesprächen, die derzeit auf der Ebene des Bundes stattfinden, über die wir hier auch unterrichtet worden sind, unser Ziel erreicht wird, dass nämlich das Standortkonzept –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben!)

das ja ein Vorschlag ist, nicht mehr und nicht weniger – am Ende Schwerin dauerhaft erhält. Das ist möglich, dafür kämpfen wir. Und wenn es nicht möglich gewesen wäre, dann würden wir hier heute auch nicht stehen und diesen Antrag miteinander beraten.

Meine verehrten Damen und Herren, Frau Gramkow hat schon darauf hingewiesen, viele der 200 Beschäftigten sind Frauen, und viele von den Frauen sind Teilzeitbeschäftigte. Da fragt man sich natürlich – und die Schicksale sind ja auch alle vorgetragen worden bei diesen Demonstrationsveranstaltungen –, wie es möglich sein soll, mit dem Gehalt, das da gezahlt wird, den Fahrweg von Schwerin oder Umgebung nach Hamburg zu bezahlen und zurück und dann noch das ganze Familienleben mitzufinanzieren. Wir wollen diesen so zialen Aspekt in der Standortkonzeption von Telekom sehr betonen und wollen deswegen dafür kämpfen, dass wir denen, die hier ihre Arbeit haben, auch ihre Arbeit hier belassen.

Wir reden ja sonst immer – jedenfalls in vielen Reden, ich will nicht sagen, in Sonntagsreden – davon, dass die Wirtschaft eine soziale Verantwortung hat: Eigentum verpflichtet.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau.)

Wenn es so ist, dann ist es ganz besonders so für das Eigentum, das der Bund hat,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

in diesem Fall die Telekom und die KfW-Bankengruppe. Wir setzen darauf, dass bei den Gesprächen, die ja dann laufen müssen zwischen dem Bund, der Telekom und der Gewerkschaft ver.di – denn zwischen ver.di und der Telekom wird eine Unterschrift kommen müssen unter das Standortkonzept, wenn es verabschiedet werden soll –, dass dann genau dieser soziale Aspekt in der Unternehmenspolitik zum Tragen kommt und die Standortkonzeption entsprechend auch gerade der Vorstellungen der Telekom-Führung, nämlich, strukturschwache Regionen zu unterstützen, noch einmal überarbeitet wird.

Wir haben am 11.09. bei der Betriebsversammlung in der Halle am Fernsehturm die vier Leitziele der Unter nehmensführung vorgetragen bekommen. Ein ganz wesentliches Leitziel war in der neuen Standortkonzeption, die Strukturschwäche von Regionen zu stärken.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Da fragt man sich, wenn das vorgetragen wird, wie es dazu kommen kann, dass unter der Hand schwache Regionen schwächer und starke Regionen stärker gemacht werden. Hier wird das Unternehmen selber unglaubwürdig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Wir wollen ja alle, dass die Telekom als Unternehmen gesund bleibt, gesünder wird, dass es profitabel ist und am Ende keine Kunden weglaufen. Das setzt aber voraus, dass die Unternehmensphilosophie transparent und klar ist für die Mitarbeiter und für die Kunden von Telekom selber. Deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass zwar die Philosophie stimmt, dass aber auf der Ebene der Umsetzung einiges nicht stimmt. Uns ist vorgetragen worden, dass in zehn Jahren 18 Strukturkonzepte auf den Weg gebracht worden sind. Einige sind wieder eingesammelt worden. Und bei diesem Hin und Her in diesem ja sehr großen Unternehmen muss man sich nicht wundern, wenn dieses oder jenes dabei auf der Strecke bleibt.

Ich persönlich kann mir vorstellen, dass es bei der Zusammenlegung von einzelnen Callcentern des Telekom-Unternehmens dazu kommt, Mitarbeiter von a nach b oder von b nach a fahren zu lassen. Aber die Fahrzeit von Schwerin nach Hamburg ist genauso lang wie die von Hamburg nach Schwerin.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Und wenn es darum geht, strukturschwache Regionen zu fördern,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau das.)

da kann auch die Hamburger Mitarbeiterin nach Schwerin fahren und hier ihre Arbeit fortführen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na das ist ja undenkbar!)

Und die haben auch nichts dagegen, meine Damen und Herren, wenn es gelegentlich zu einem Wohnortwechsel kommt

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau, ja.)

und Hamburger nach Schwerin ziehen, und zwar entgegengesetzt dem Trend, den wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten beobachten mussten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Vielleicht fehlt denen dann die Nähe zur Reeperbahn.)

Was auch niemand verstehen kann, ist, dass die Telekom auf der einen Seite sagt, sie müssen als Unter nehmen Kosten senken, was hier wohl auch der Fall ist, auf der anderen Seite aber eine Liegenschaft in Schwerin, in die frisch investiert wurde, die vor zehn Jahren neu aufgebaut wurde – mir ist nicht bekannt, ob mit oder ohne Steuergelder, jedenfalls neu aufgebaut wurde –, jetzt leergezogen werden soll, und in Hamburg wird neu investiert,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und das alles unter der Überschrift „Kosten senken“, an einem Standort, der höhere wirtschaftliche Kosten erzeugt als der in Schwerin. Da stimmt einiges nicht. Und weil das so ist und sich das ja auch inzwischen herumspricht, setze ich darauf, dass diejenigen bei der Telekom, die die Umsetzung machen, bei der an sich ja vernünftigen Grundphilosophie genau an dieser Stelle noch einmal die Notbremse ziehen.

Meine Damen und Herren, Bundesminister Tiefensee, der für den Aufbau Ost zuständig ist, hat ja nun in dieser Woche erklärt, unter anderem, der Aufschwung Ost ist noch nicht stabil auf eigenen Füßen. Hier will ein Bundesunternehmen uns die Beine weghauen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

da kann der Aufschwung Ost nicht stabil auf eigene Füße kommen und deswegen müssen wir dafür sorgen, dass gerade da, wo wir Einfluss haben können, ich meine hiermit die Bundesebene, der Aufschwung Ost auch auf eigene Füße gestellt wird.

Wir jedenfalls in Schwerin und im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern für das ganze Land und die Landes regierung kämpfen um jeden einzelnen Arbeitsplatz. Deswegen sind uns die 200 hier in Schwerin nicht egal. Hier wird nicht eher aufgehört zu kämpfen, bis wir die Arbeitsplätze hier erhalten haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Dr. Timm.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDPFraktion Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, das Parlament setzt heute ein überaus wichtiges Signal in Richtung der Beschäftigten der Telekom in Mecklenburg-Vorpommern und auch der Beschäftigten der Deutschen Post in Mecklenburg-Vorpommern. Wir werden aber heute auch ein Signal, das ist angesprochen worden, an die unternehmerische Verantwortung aussenden, ohne – und das gestatten Sie mir als Liberalen dann doch ganz deutlich zu sagen – uns herausnehmen zu wollen, in unter nehmerische Entscheidungen als Politiker einzugreifen. Unternehmerische Entscheidungen bleiben unter nehmerische Entscheidungen. Trotzdem ist es unsere Verantwortung, sie auf – und das ist auch ange

sprochen worden – Plausibilität zu prüfen und ob manch ein Marketing gag – wir bleiben in der Fläche, wir sind für die Fläche da, wir sind der Partner in der Region –, ob das nicht eher Marketing ist, als dass es wirklich Realität ist.

Herr Timm, Sie haben es angesprochen, zehn Strukturkonzepte in den letzten 18 Jahren. Bei der schnell lebigen Zeit würde ich einfach mal sagen, die Telekom macht so schnell neue Strukturkonzepte, da kommt der Minister Seidel gar nicht hinterher, um zu gucken, was wird eigentlich aus Mecklenburg-Vorpommern – morgen in die linke Richtung, übermorgen in die rechte Richtung. Also die Strukturdiskussion in Großkonzernen ist immer kurz lebiger, ist immer schneller. Für uns ist es einfach wichtig, Signale zu setzen, diesen Strukturentscheidungen nicht permanent hinterherzulaufen, und das ist unser Ansatz als Liberale, sondern uns als Mecklenburg-Vorpommern selbstbewusst zu präsentieren, dass wir sagen: Ja, wir haben die Infrastruktur hier, ja, wir haben die gut motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ja, wir haben eine Wirtschaftspolitik und eine Wirtschaftsförderungs- und -ansiedlungspolitik bei uns, die für mehr wirbt, nicht nur den Erhalt und nicht nur Substanzschutz, sondern wir wollen mehr.

Und der Ansatz, den Sie gebracht haben, ist ganz richtig. Wir hatten ja einen Änderungsantrag vorbereitet. Warum diskutieren wir eigentlich nicht darüber, dass Schwerin nach Mecklenburg-Vorpommern kommt? Denn das kann eigentlich nur der richtige Ansatz sein, dass der Minister …

Entschuldigung, dass Hamburg nach Mecklenburg-Vorpommern kommt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das wollte ich gerade sagen.)

… dass der Minister mit breiter Brust und selbstbewusst in die Gespräche mit der Telekom reingeht und sagt: Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben super Rahmenbedingungen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Haben wir auch.)

Wenn Ihr die Zeichen der Zeit nicht richtig erkannt habt, dann tut es uns für euch leid, andere werden euch um den Standort in M-V noch beneiden.

Wir sagen klar und deutlich: Die Entscheidung, die hier von der Telekom getroffen wurde, ist für uns politisch nicht nachvollziehbar. Deshalb unterstützen wir auch diesen gemeinsamen Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Roolf.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon viel gesagt worden. Und es liegt in der Natur der Sache, dass sich natürlich die Argumente bei allen Fraktionen, die diesen Antrag gestellt haben, wiederholen. Dennoch, ich möchte auch meinen Beitrag dazu leisten, meine Damen und Herren.