Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Aussprache zum Thema „Bericht der Expertenkommission ,Zukunft der Erziehung und Bildung unter Berücksichtigung des lebenslangen Lernens in Mecklenburg-Vorpommern‘“.
Aussprache zum Thema Bericht der Expertenkommission „Zukunft der Erziehung und Bildung unter Berücksichtigung des lebenslangen Lernens in Mecklenburg-Vorpommern“
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn meines Redebeitrages möchte ich den Damen und Herren der Expertenkommission herzlich für die geleistete Arbeit danken. In diesen Dank möchte ich auch die Koordinierungsstelle im Bildungsministerium einbeziehen. Der sehr umfangreiche und auch differenzierte Untersuchungsauftrag wurde aus unserer Sicht in vorbildlicher, wissenschaftlich fundierter Weise erfüllt. 122 Empfehlungen hat die Bildungskommission dem Landtag und der Landesregierung zugeleitet. Nochmals danke im Namen des Auftraggebers, nämlich von uns.
Nach zwei Jahren intensiver Arbeit legte die Expertenkommission in ihrem Abschlussbericht eine gründliche Analyse der gegenwärtigen Situation und der heute bereits absehbaren perspektivischen Entwicklungstendenzen vor und unterbreitete konkrete Vorschläge für die weitere Ausgestaltung des gesamten Bildungssystems in unserem Land, praktisch eine Handlungsanleitung für die politische Gestaltung aktueller und künftiger Prozesse. Ich verweise darauf, dass diese Handlungsanleitungen ausdrücklich Bestandteil des Untersuchungsauftrages für die Kommission waren. Ich zitiere aus der Drucksache 4/2325: „Vorrangig sollen für den Landtag und die Landesregierung Handlungsempfehlungen und Entscheidungsgrundlagen unter den Bedingungen und Anforderungen der Wissensgesellschaft und des demografischen Wandels vorbereitet werden.“ Ende des Zitats.
Wir haben also unsere vorrangige Aufgabenstellung an die Bildungskommission damals sehr dezidiert formuliert. Die Fragen, wie das zu bewerten ist, was daraus folgen sollte und wie ich den gegenwärtigen Stand bewerte, möchte ich im Verlaufe meines Redebeitrages detaillierter behandeln.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Vorfeld gab es einige Irritationen zu unserem Antrag auf diese Aussprache heute, darum an dieser Stelle dazu eine Erläuterung. Der Bericht wurde am 17.07. dieses Jahres als Unterrichtung der Landesregierung auf Drucksache 5/1669 dem Landtag zugeleitet. Er wurde daraufhin in die Ausschüsse zur Beratung überwiesen. Aber es gab in diesem Hohen Hause bisher keine Aussprache zu dieser Unterrichtung. Das halte ich mit Blick auf die Ergebnisse und eine öffentliche Würdigung der Arbeit und der Leistung der Expertenkommission deshalb dringend für geboten. Ich halte es auch für geboten, weil die Beratungen in den Ausschüssen nicht öffentlich sind und im parlamentarischen Raum nur in den Sitzungen des Plenums die Möglichkeit für eine öffentliche Debatte besteht. Und ich halte es vor allem wegen des notwendigen Respekts gegenüber den Damen und Herren Experten der Kommission für unabdingbar, darüber auch öffentlich zu diskutieren, welche Schlussfolgerungen wir aus den Empfehlungen ableiten und wie wir mit den Empfehlungen jetzt umgehen wollen.
Es stimmt mich – das will ich gern zugeben – ein wenig traurig, dass sowohl die politische, aber auch die öffentliche Reflexion der Ergebnisse bei uns im Lande kaum stattfindet. Ich glaube, das haben die Mitglieder der Expertenkommission und das Ergebnis ihrer zweijährigen Arbeit nicht verdient.
Die Kommission war nach der damaligen Zusammensetzung des Landtages parteiübergreifend zusammengesetzt. Auch der Einsetzungsbeschluss war interfraktionell. Ich möchte meine damalige Kollegin Frau Fiedler-Wilhelm aus der abschließenden Debatte im Landtag gerne zitieren. Und wer es nicht wissen sollte, der muss sich mal die Debatten und Plenarprotokolle der vorausgegangenen Diskussionen zu diesen Themen im Parlament anhören und durchlesen, da ging es nicht so kompromissbereit zu. Frau Fiedler-Wilhelm sagte in dieser abschließenden Beratung, ich darf zitieren: „Meine Damen und Herren, im Ziel sind wir uns einig. Das macht dieser Kompromissvorschlag deutlich. Wer den Auftrag und den Kriterienkatalog für die Konzeption der Kommission aufmerksam gelesen hat, wird erkannt haben, dass hier exakt die Baustellen aufgezeigt sind, die nach Ansicht der Mitglieder des Fachausschusses und der Fachleute im Land einer dringenden Lösung bedürfen, um unsere Kinder, Jugendlichen, aber auch die Erwachsenen fit zu machen fürs Leben, welches hohe Ansprüche an jeden Einzelnen stellt.“ Ende des Zitats.
Jawohl, meine sehr verehrten Damen und Herren, das war das Ergebnis von Kompromissgesprächen zwischen allen – damals drei – beteiligten Fraktionen. Und es dürfte folglich niemanden geben, der sich ausgegrenzt oder nicht beachtet fühlen muss. Der vorliegende Bericht der Expertenkommission ist einvernehmlich von der Kommission so beschlossen worden. Es gibt folglich auch keinen Grund, die Ergebnisse nicht einvernehmlich zu diskutieren.
Ich will es deutlich sagen: Auch meine Kolleginnen und Kollegen von SPD- und CDU-Fraktion hätten natürlich die Möglichkeit zur Aufsetzung dieses Berichtes gehabt. Warum sie es nicht taten, weiß ich nicht. Fakt ist aber: Hätten wir die Beantragung zur Aussprache heute nicht genutzt, wäre keine Möglichkeit mehr gewesen, vor der vom Bildungsminister geplanten Verabschiedung des Schulgesetzes den Bericht überhaupt öffentlich zu diskutieren. Es war praktisch die letzte Möglichkeit und es ist so auch vermutlich in Bezug auf die inhaltliche Bewertung die letzte Gelegenheit, wenn man die aktuelle Diskussion um das Inkrafttreten der Novelle des Schulgesetzes in Rechnung stellt. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir darüber reden, wie und in welcher Weise die Empfehlungen der Expertenkommission im Entwurf berücksichtig worden sind oder aus unserer Sicht auch berücksichtigt werden müssten? Auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir doch wohl uns selber und den ehemaligen Mitgliedern der Expertenkommission schuldig.
Es ist doch gewissermaßen ein Anachronismus, dass die Empfehlungen für künftige Gesetzgebungsverfahren und langfristige Politikentwicklung von uns als Parlament der letzten Legislaturperiode angefordert worden sind, aber kaum in diesem Kontext diskutiert werden. Und mit Verlaub, da kann ich dann die Koalitionsfraktionen und auch die Landesregierung nicht so ganz verstehen, denn mit einem faktischen Autoritätsbeweis einer Empfehlung der Expertenkommission im Rücken sind doch so manche Vorhaben ebenfalls zu begründen. Das setzt natürlich voraus, dass man die Intentionen der Empfehlungen in ihrem Gesamtkontext betrachtet und sich nicht für die leichtere Variante einer selektiven Auswahl nach Unterstützung eigener Vorstellungen entscheidet. Und hier möchte ich erinnern an die Aussagen des Vorsitzenden der Kommission bei der Vorstellung des Berichtes, als er sagte, man könne sich nicht einfach nur die Rosinen aus
Das Schulgesetz ist eine erste Nagelprobe, wie wir als Landtag mit diesen Empfehlungen umgehen wollen. Ich darf daran erinnern, dass der erste interne Arbeitsentwurf der Schulgesetznovelle bereits im Dezember 2007 im Bildungsministerium vorlag. Den Abschlussbericht gab es, wie wir wissen, erst im Juni 2008. Dieses Verfahren hat damals zu erheblichen parteiübergreifenden Irritationen bei den Kommissionsmitgliedern geführt, die dann auch zu Gesprächen mit dem Ministerpräsidenten und dem Bildungsminister führten. Das ist aus unserer Sicht nur zu gut zu verstehen, weil nicht einerseits um Empfehlungen gebeten werden kann und andererseits, ohne dass diese vorliegen, ein Schulgesetz umfassend novelliert werden soll. Da muss man sich schlicht gesagt veräppelt vorkommen. Was aber schlimmer ist: Man kann auch an der politischen Glaubwürdigkeit eines Landtagsantrages und des darauf basierenden Regierungshandelns zweifeln. Ein bisschen mehr politischer Instinkt wäre nötig gewesen. Heute fühlen sich so manche Mitglieder der Expertenkommission nicht nur zutiefst frustriert.
Möglicherweise hatten die Gespräche am Anfang des Jahres auch dazu geführt, dass der Entwurf im Januar dann der Bildungskommission zur Stellungnahme übersandt worden ist. In der Anlage 9 des Berichts ist die ausführliche Stellungnahme der Kommission zu dem damaligen Arbeitsstand des Gesetzentwurfes nachzulesen. Wer sich die Arbeit macht, das mit der Landtagsdrucksache der Schulgesetznovelle zu vergleichen, wird schnell feststellen, dass wesentliche Anregungen der Bildungskommission nicht übernommen wurden. Das betrifft vor allem Vorschläge, die nicht in das bildungspolitische Konzept passen. Ich nenne hier zum Beispiel die Schlechterstellung der Gesamtschulen gegenüber den Gymnasien im Gesetzentwurf, die Kritik an der Einrichtung von Hochbegabtenklassen ausschließlich an Gymnasien, die Abschaffung der Berufsreife mit Leistungsfeststellung, die Ablehnung der Bewertung und Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens und die Ablehnung der Aufhebung des Landesinstituts für Schule und Ausbildung. Dies ist faktisch ohne Beschluss des Parlaments schon erfolgt. So viel vielleicht zu unserer Gesetzgebungskompetenz.
Wem diese Kritikpunkte aus der Stellungnahme der Expertenkommission gleichzeitig aus der Anhörung bekannt vorkommen, richtig, genau da ist es kongruent. Ich stelle noch mal fest: Die Expertenkommission war parteiübergreifend besetzt. Auch die Stellungnahme der Expertenkommission zur Schulgesetznovelle ist parteiübergreifend beschlossen worden. Die Bildungskommission hat dem damals vorliegenden Entwurf des Schulgesetzes so nicht zugestimmt.
Für mich stellt die weitgehende Ignoranz der Vorschläge nun allerdings auch eine Brüskierung der Mitglieder der Bildungskommission aus CDU und SPD dar, dies schon deshalb, weil nur wir als Fraktion damals darauf verzichtet haben, die Möglichkeit, Abgeordnete in die Bildungskommission zu entsenden, auch wahrzunehmen. Wir wollten eine größtmögliche parteiunabhängige Kommission. Sowohl die CDU als auch die SPD hatte Fraktionsmitglieder benannt. Das war zulässig, aber es stellt sich schon die Frage, wie sie zum Umgang mit den Vorschlägen der eigenen Arbeit stehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich wird die Bewertung der Vorschläge je nach bildungspolitischen Vorstellungen und Zielen unterschiedlich sein. Es wird auch nicht alles sofort umsetzbar sein. Aber wenn wir uns nicht erneut dem Vorwurf der ideologischen Indoktrination – wie gestern wieder einmal von Herrn Roolf – aussetzen wollen, ist ein anderer Umgang mit den Vorschlägen dieser parteiübergreifenden Bildungskommission aus unserer Sicht dringend geboten.
Weil es in einer Aussprache zu einem Tagesordnungspunkt nicht möglich ist, Anträge einzubringen, empfehle ich, dass wir uns möglichst interfraktionell darüber verständigen, wie wir als Landtag, als Parlament in den Ausschüssen zukünftig mit den Empfehlungen umgehen wollen. Dies geht allerdings auch, meine Damen und Herren, an die Adresse der Landesregierung, denn die Bildungskommission zum Ende der letzten Legislatur ist gemäß Einsetzungsbeschluss dafür verantwortlich gewesen, dem Landtag und der Landesregierung Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Ich rege an, ein Gremium zu schaffen oder ein Verfahren zu finden, das zunächst klärt, welche Empfehlungen kurzfristig, mittelfristig und über das Ende der Legislaturperiode hinaus umzusetzen sind. Bei allen themenrelevanten Gesetzentwürfen noch in dieser Legislaturperiode sind aus unserer Sicht die Empfehlungen ressortübergreifend hinsichtlich ihrer Relevanz und ihrer Umsetzungsmöglichkeiten zu prüfen. Es muss dabei vor allem dargestellt werden, warum man den einzelnen Empfehlungen nicht folgen kann oder will.
Von der Landesregierung sind eine ganze Reihe weiterer Gesetzesvorhaben angekündigt, zum Beispiel die Novelle des Kindertagesstättenfördergesetzes, die Novelle des Landeshochschulgesetzes, ein Lehrerbildungsgesetz und natürlich eine ganze Reihe von Verordnungen zur Untersetzung des Schulgesetzes. Sie alle sind nicht nur als Einzelgesetze und Verordnungen wesentlich, sondern auch und vor allem für die perspektivische Gestaltung des Bildungssystems in unserem Land dringlich. Und ein Gesamtsystem – auch das ist eine Botschaft des Berichtes der Expertenkommission – ist immer nur so gut, wie seine einzelnen Bestandteile für sich und aufeinander abgestimmt sind.
Was uns nicht passieren darf, ist, eine Weiterentwicklung des Gesamtsystems durch gesetzliche Festlegungen zu blockieren. Das allerdings sehe ich beim jetzigen Schulgesetzentwurf ganz deutlich. Und ich sehe auch nicht, dass die neuen Prämissen für Ruhe an den Schulen sorgen. So richtig eine Fixierung auf die Qualitätsverbesserung im Interesse der Mädchen und Jungen dieses Landes ist, es wird über die schülerbezogene Stundenzuweisung und das Elternwahlrecht ab Klasse 5 zu strukturellen Veränderungen in der Schullandschaft unseres Landes kommen, möglicherweise auch zu Schulschließungen. Es ist zudem aus unserer Sicht ein Irrtum zu glauben, dass mehr Selbstständigkeit automatisch zu mehr Ruhe an der Schule führt. Die Unruhe allerdings wird sich nun nicht mehr vordergründig beim Bildungsministerium manifestieren, sondern an der Einzelschule.
Die Versuche des faktischen Rückbaus des längeren gemeinsamen Lernens sind aus unserer Sicht perspektivisch falsch. Jedenfalls sehen wir das als Fraktion ebenso wie die Kommission. Die Kommission hat gerade auf diesen Aspekt großen Wert gelegt. Im Bewusstsein, wohnortnahe Schulstandorte zu erhalten und alle Schularten auch in der Fläche anzubieten, kommt die Kommis
sion zu sehr pragmatischen Vorschlägen. Sie empfiehlt für den Sekundarbereich I die weitgehende „Bündelung aller Bildungsgänge und Schulabschlüsse ,unter einem Dach‘“. In der Ziffer 5.12.10 wird dieses sehr konkret dargestellt.
Warum greife ich diesen Aspekt heraus? Zum einen ist er in der Schulgesetznovelle überhaupt nicht berücksichtigt. Zum Zweiten zeigt sich hier, dass die Autoren des Gesetzentwurfes aus unserer Sicht nicht perspektivisch, sondern gymnasial gedacht haben. Es wird völlig verkannt, dass wir mit Beginn der Mitte des nächsten Jahrzehnts eine weitere schrittweise Halbierung der Schülerzahlen bei uns im Lande haben werden, was besonders zu Fragen der Schulorganisation im ländlichen Raum zwingt. Das, meine Damen und Herren, ist kein Horrorszenario, sondern traurige Realität. Für die Geburtenentwicklung allein von 2002 bis 2020 werden zum Beispiel für die Landkreise Uecker-Randow minus 67,6 Prozent, Mecklenburg-Strelitz minus 57,3 Prozent, Demmin minus 63,1 Prozent an Rückgängen der Geburtenzahlen konstatiert. Und wenn man die Geburtenzahlen der ersten zehn Jahre dieses Bundeslandes dann hochprognostiziert auf das Jahr 2020 nachfolgend, wird sich also die Gesamtschülerzahl erneut erheblich verringern.
Ein Bevölkerungszuwachs im Bericht der Expertenkommission auf der Grundlage der entsprechenden demografischen Untersuchungen wurde lediglich für den Landkreis Bad Doberan als Umlandkreis für die große Stadt Rostock prognostiziert. Abwanderungen sind in alle diese Prognosen nicht einbezogen. Es stellt sich also die Frage: Wollen oder können wir diese demografischen Entwicklungen auch in Bezug auf die Weiterentwicklung von Schule und wohnortnahe Schule weiter ignorieren? Aus unserer Sicht gibt das neue Schulgesetz darauf nicht annähernd eine Antwort, im Gegenteil: Mit der vorgesehenen Einführung der freien Schulwahl wird es aus unserer Sicht zu weiteren Schulschließungen im ländlichen Raum kommen müssen.
Die demografischen Entwicklungen erläutere ich Ihnen gerne am Beispiel einer Schule im Umland von Schwerin: Schülerinnen und Schüler einer geschlossenen Schule werden jetzt nach Lübstorf transportiert. Gibt es die freie Schulwahl, werden die Eltern sich für die nähere große Landeshauptstadt Schwerin entscheiden, objektiv. Und dann steht die Frage, was mit der anderen im Moment noch sozusagen gerade an einer geringen Schülerzahl gemessenen Schule passiert, wenn die Schülerzahlen nicht mehr erreicht werden, um ein vernünftiges Schulangebot vorzuhalten. So und so ähnlich wird sich freie Schulwahl aus unserer Sicht über die nächsten Jahre, wenn man sie einführt, entwickeln. Das ist im Übrigen etwas, was nicht nur wir so sehen, sondern was ja auch in der Anhörung eine Rolle gespielt hat.
Die demografischen Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit unseres Landes haben uns doch nachdrücklich gezeigt, dass man nicht auf diese Entwicklungen warten darf, bis sie eingetreten sind.
Anfang der 90er waren wir alle ein wenig hilflos, das gebe ich gerne zu, wie man damit umgehen soll, weil es ein völlig neues Problem war. „Strukturbastelei“ und ständige Stellenzahlneuberechnungen im Schulbereich hatten darin eine wesentliche Ursache. Aus meiner Sicht
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, ich habe deutlich gemacht, dass wir uns als Landtag intensiver mit den Empfehlungen der Expertenkommission befassen müssen. Natürlich muss das vordergründig in den Fachausschüssen des Landtages und auch in der Landesregierung erfolgen.
Ich möchte wenige Tage nach der Neuwahl des Landeselternrates aus einer Resolution des Landeselternrates zitieren: „Die Empfehlungen der Expertenkommission skizzieren den Weg zu einer nachhaltigen Qualitäts- und Strukturverbesserung. Nun müssen diese Ergebnisse umgesetzt werden, auch wenn dieser Prozess Jahre dauert. Ein Organisationsplan, der vom Groben zum Feinen bildungspolitische Schritte festlegt, muss parallel zum bestehenden lebendigen Schulwesen aufgestellt werden und dieses reflektieren. Doch er soll vor allem zukunftsgerichtet sein. Die Initiierung dieses Prozesses ist ebenso wie die landesweite Diskussion dazu Aufgabe des Landtages und sollte umgehend begonnen werden.“ Ende des Zitats.
Jawohl, meine sehr verehrten Damen und Herren, dem müssen wir uns stellen, denn der Bericht enthält viel Potenzial für sachgerechte und zukunftsfähige Entscheidungen im Bildungswesen unseres Landes.
Kollege Brodkorb hat in seiner Rede zum Antrag der FDP „Hochschulautonomie stärken“ im Juni dieses Jahres gesagt, ich zitiere: „Und in der Tat haben die Koalitionäre sich dazu entschlossen, vor der Arbeit der Expertenkommission den nötigen Respekt zu haben und erst einmal die Ergebnisse abzuwarten, um diese angemessen in eine solche Gesetzesberatung einfließen zu lassen.“ Ende des Zitats.
Gemeint war im Juni die Hochschulgesetzgebung. Die Botschaft höre ich wohl, und was Kollegen Brodkorb betrifft, fehlt mir auch nicht der Glaube.
Der erste Versuch, die Ankündigung umzusetzen, ist bezogen auf die Schulgesetznovelle allerdings nur in Bruchstücken gelungen. Ich will meine Hoffnung jedoch nicht aufgeben, dass wir das vielleicht gemeinsam bis zur Zweiten Lesung des Schulgesetzes an der einen oder anderen Stelle durchaus nachholen können. Das sind wir nicht nur aus Respekt vor den Leistungen der Damen und Herren der Expertenkommission schuldig, sondern auch unseren eigenen Ansprüchen aus dem damaligen Einsetzungsbeschluss zur Expertenkommission dieses Landes. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vor fünf Monaten überreichten die Mitglieder der Expertenkommission an den damaligen Ministerpräsidenten Dr. Harald Ringstorff und mich den Bericht „Zukunft der Erziehung
Ich denke, an das, was Sie, Herr Vizepräsident Bluhm, hier gesagt haben, möchte ich mich gerne anschließen, den Dank auch hier noch mal öffentlich auszusprechen. Der damalige Ministerpräsident und ich haben das ausdrücklich getan. Wir waren noch lange danach mit den Mitgliedern im Gespräch und ich denke auch, der Dank gilt letztendlich auch Ihnen noch mal ganz speziell, dass Sie das hier sozusagen auf dieses Podium heben.
Ich will aber auch daran erinnern, dass wir hier alle schon im Gespräch sind, und das kann das Parlament eigentlich für sich sozusagen als Pluspunkt verbuchen. Und natürlich – das sage ich jetzt in Anführungszeichen – schadet auch nicht eine Debatte darüber, aber wahrscheinlich ist es so, dass diese Empfehlungen so im Fluss waren, dass die Menschen begonnen haben zu arbeiten. Wenn ich sehe, was der Landeselternrat sich auf seiner letzten Beratung auf die Fahnen geschrieben hat, dass man ein Gremium für sich schaffen will, wenn ich sehe, was wir an Dokumentationen herausgegeben haben, es gibt ja auch eine Landtagsdrucksache dazu, wenn ich sehe, was Schulelternräte in den Landkreisen, in den Schulen diskutieren, dann ist das doch eigentlich für das Parlament, wenn man es ganz genau nimmt, das, was man sich immer wünscht. Das, was man sozusagen angeschoben hat, ist bei den Menschen gelandet und wird schon breit im Land diskutiert. Also dafür erst mal Dank und Respekt.
Sie haben das selbst zitiert, das Wort von der Rosinenpickerei. Es erinnert mich ein bisschen an gestern. Genau das ist es doch, was immer wieder passiert. Man beklagt es und eigentlich passiert es. Deshalb vielleicht auch von dieser Stelle noch mal die herzliche Einladung: Wenn es so viele Punkte gibt, in denen wir übereinstimmen, und wir auch mal abstrahieren, dass das eine oder andere in den nächsten zwei, drei, vier, fünf, zehn, fünfzehn Jahren auch immer etwas mit Haushaltsfragen zu tun hat, die aber im Haushaltsgesetz geklärt werden müssen, dann ist doch gegen die Mechanik der Einführung der Selbstständigen Schule, der schülerbezogenen Mittelzuweisung und der individuellen Förderung gar nichts zu sagen. Und diesen Mut zu haben, ich sage das jetzt auch noch mal ganz ausdrücklich an die FDP und die Fraktion DIE LINKE, das wäre mal etwas für Mecklenburg-Vorpommern.
Und Sie haben natürlich recht, Herr Bluhm, wenn Sie sagen, da ist eine Unruhe. Diese innere Unruhe haben wir gewollt, aber wir sollten doch nicht diese Szenarien malen von Schulschließungen, die vielleicht unabhängig von unserem Handeln – denn die Schulentwicklungspläne müssen geschrieben werden – stattfinden. Es ist vielleicht auch eine wie auch immer geartete Erkenntnis auf jeder Seite und dafür bekommt man auch auf den jeweiligen Parteitagen keinen Applaus.
Wir haben in diesem Land kein dreigliedriges Schulsystem mehr. Wenn wir ganz ehrlich alle miteinander umgehen, und wir kennen das von den Wahlkämpfen, hat dieses Land de facto – de facto! – von Anfang an ein zweigliedriges System gehabt, das, was wir gestern alle Richtung Sachsen sozusagen betrachtet haben. Also nehmen wir es doch.