Protokoll der Sitzung vom 06.03.2009

(Irene Müller, DIE LINKE: Sehen Sie, wie Sie analysieren, dass das ganze System nicht stimmt! Das haben Sie wenigstens begriffen.)

Vielleicht ist man irgendwo so bei einer Erhöhung von 30 Euro per annum für Transferleistungsempfänger. Ich frage Sie: Wer soll das bezahlen?

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Irene Müller, DIE LINKE)

Ich bin sehr dafür, aber Sie müssen doch die Frage beantworten, woher das Geld kommt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Lesen Sie nur unser Rentenkonzept. – Toralf Schnur, FDP: Oh Gott! Oh Gott!)

Und die nächste Frage, die sich in dem Kontext stellt, ist die Frage: Wer soll denn alles von der armutsfestgesetzlichen Rente partizipieren? Sind das nur die Beitragszahler oder die SGB-II-Leistungsempfänger?

(Irene Müller, DIE LINKE: Sind die keine Beitragszahler oder was?)

Sind es die SGB-XII-Leistungsempfänger? Und was ist mit der großen Anzahl von kleinen Selbstständigen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Richtig. – Toralf Schnur, FDP: Richtig, genau die!)

die auch 45 Jahre gearbeitet und die es vielleicht sogar geschafft haben, den einen oder anderen noch zu beschäftigen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Sehen Sie!)

aber für die eigene Alterssicherung hat es nicht gereicht? Was ist denn mit denen?

(Irene Müller, DIE LINKE: Die Einzahlungen müssen verändert werden, da gehören die alle mit rein. Steht alles in unserem Rentenbericht.)

Kommen die dann auch in die gesetzliche Rentenversicherung und woher wird das finanziert?

(Toralf Schnur, FDP: Das interessiert doch gar nicht.)

Wir haben, das ist vom Kollegen Rühs schon angesprochen worden, im SGB XII den Bereich der Grundsicherung. Der Bereich der Grundsicherung wird meines Wissens auch unter dem Grundsatz der Nachrangigkeit gewährt. Das heißt: Wenn ich im Lotto gewinne, kriege ich keine Grundsicherung mehr. Wenn ich jemanden heirate, der gut verdient, kriege ich keine Grundsicherung mehr. Soll denn dieser Grundsatz der Nachrangigkeit in Ihrem Konzept aufgegeben werden? Spielt das keine Rolle mehr?

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau.)

Ist man nicht mehr verpflichtet, wenn man sich selbst helfen kann, diese Dinge auch einzusetzen? Also in welche Richtung soll das Ganze gehen?

(Irene Müller, DIE LINKE: Sie stellen alle Fragen, die im Rentenkonzept beantwortet worden sind. Also lesen Sie! – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Diese Antworten geben Sie nicht. Sie stellen Forderungen in den Raum, die in der heutigen Zeit nicht zu finanzieren sind. Wir haben Steuerausfälle zu verkraften und Sie wollen immer noch weiter einen drauflegen.

(Hans Kreher, FDP: Ja, genau.)

Das ist einfach unseriös und hat mit der Realität in diesem Land überhaupt nichts mehr zu tun.

(Toralf Schnur, FDP: Das stimmt.)

Deswegen können wir Ihren Antrag nur ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Irene Müller, DIE LINKE: Sie sollten trotzdem mal lesen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Danke schön, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angst vor der Altersarmut ist ein beherrschendes Thema, wenn es um die Versorgung im Alter geht. Während die Rentenbeiträge stabil bleiben, erhalte ich im Alter überhaupt noch aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente? Wenn ja, in welcher Höhe? Und reicht diese Rente dann für ein halbwegs sorgenfreies Leben? Was muss ich zusätzlich jetzt unternehmen, um der Armut im Alter zu entgehen? Sind die privaten Vorsorgemöglichkeiten angesichts der weltweiten Systemkrise überhaupt noch sicher? Diese und viele andere Fragen stellen sich im Augenblick viele im Land. Was ist eigentlich noch sicher in unserem Land? Beim Blüm’schen Wahlspruch „Die Renten sind sicher.“ handelt es sich genauso um eine Wählerverarschung – entschuldigen Sie bitte das Wort, aber es passt so dazu – wie bei vielen anderen Aussagen der politischen Klasse. Der Staat hat in der Vergangenheit durch versicherungsfremde Leistungen die Sozialkassen ausgeplündert. Der Staat steht nun in der Pflicht, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

Wofür stehen wir Nationalisten? Die NPD spricht sich über den Mindestlohn hinaus für eine Mindestrente aus, um Altersarmut zu vermeiden. Gleichzeitig erteilen wir weiteren Anhebungen des Renteneintrittsalters eine klare Absage. Wir benötigen eine komplette Neuordnung des Sozialversicherungssystems, an dessen Ende unter anderem die Versicherungspflicht jedes Staatsbürgers stehen muss. Es muss endlich mehr Gemeinschaftssinn in Deutschland den Alltag beherrschen. Hiervon ist unsere Heimat leider noch weit entfernt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Köster.

Auch wenn Sie sich entschuldigen, weise ich Ihren Ausdruck als unparlamentarisch zurück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir seitens der LINKEN diesen Antrag auf der Tagesordnung gelassen haben. Er war anlassbezogen. Herr Rühs hat darauf hingewiesen. Er bezog sich auf das vorgesehene

und nunmehr stattgefundene Gespräch zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten. Aber es ist gut und wichtig, dass wir ihn auf der Tagesordnung gelassen haben,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sehr richtig.)

weil wir zum einen hier deutlich noch mal Unterschiede in der Bewertung der Situation und des Verständnisses von einer gesetzlichen Rentenversicherung haben.

Ich möchte gern auf Herrn Heydorn eingehen. Ich glaube, es gab noch weitere Redebeiträge in dieser Hinsicht.

Frau Ministerin, es wird unterstellt, wenn es zu einer Angleichung der Rentenwerte zwischen Ost und West kommt, müsse das zwingend mit dem Wegfall der Höherbewertung einhergehen. Die Angleichung ist aber ein schrittweiser Prozess. Und ich habe mich gerade bei dem Redebeitrag von Herrn Heydorn gefragt, warum das immer definitiv so dargestellt wird, dass eine Angleichung definitiv mit dem Wegfall der Höherbewertung einhergehen muss. Ich glaube, Sie sollten einmal Ihr Herz befragen. Sie wollen die Rentenungerechtigkeit nicht wirklich abschaffen in diesem Land. Das ist sozusagen die Quintessenz für mich. Da schwang mit: Die haben nicht mehr verdient. Die Rentenkasse für die Rentnerinnen und Rentner aus den neuen Bundesländern würde mit 80 Milliarden Euro subventioniert werden, als wäre da eine Gefälligkeit gegeben.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Es ist Abbild einer Lebensleistung und insofern korrespondiert das mit den Intentionen des Einigungsvertrages.

Ein zweiter Grund, warum ich meine, dass es gut und richtig ist, dass wir diesen Antrag auf der Tagesordnung gelassen haben, ist, weil er an Aktualität nichts eingebüßt hat. Wir haben eine Situation zu konstatieren – das hat gestern schon mal eine Rolle gespielt –, dass es in zunehmender Zahl Grundsicherungsempfängerinnen und Grundsicherungsempfänger in unserem Land gibt. Das sind gegenwärtig 15.000, sofern die Zahl stimmt, die mir vorliegt, aber das dürfte sehr realistisch sein. Die Frage ist: Wo entwickelt sich das denn hin, wenn man bedenkt, dass zurzeit 80.000 stetig in Langzeitarbeitslosigkeit sind? Das ist der Personenkreis, der unweigerlich in die Grundsicherung fällt. Also die Zahl wird sich enorm erhöhen. Und die Frage ist: Wie gehen wir mit dieser Situation, mit dieser Entwicklung um? Und die ungleichen Renten in Ost und West, Frau Ministerin, sind bei Weitem keine gefühlte Größe. Sie sind ganz real.

(Ministerin Manuela Schwesig: Das habe ich ja gesagt.)

Ich beziehe mich auf die Veranstaltung der Volkssolidarität aus dem Dezember vergangenen Jahres und auch auf die Pressemitteilung – Frau Müller hat davon gesprochen – von Herrn Dr. Niederland, wo anhand von Zahlen und Fakten noch mal dargestellt wird, zwölf Prozent bekommen die Rentnerinnen und Rentner hierzulande weniger als in den alten Bundesländern.

Und wenn man sich das Szenario an Zahlen und Fakten anguckt, ist die Brisanz dieser Situation belegbar. Ich möchte einige nennen: Die aktuelle Rentenhöhe für Männer in den neuen Bundesländern beträgt 967 Euro. Die zwischen 1957 und 1961 Geborenen können nur noch mit einer Rente von 820 Euro rechnen – gemessen an den gegenwärtigen Basen. Und bei Frauen sieht es

noch trüber aus. Bei Frauen gibt es aktuell eine Durchschnittsrente von 785 Euro. Sie werden zukünftig mit einer Rente von durchschnittlich 690 Euro zu rechnen haben. Das sind nicht Zahlen, die die Linkspartei erhoben hat, das sind Zahlen aus dem Papier von Herrn Bullerjahn und Herrn Sellering aus dem April 2008. Die Frage, die sich für uns stellt – und da bin ich wieder bei der Aktualität unseres Antrages –, besorgt über die Situation zu sein, ist das eine, die Frage ist aber, es tut sich nichts. Es tut sich nichts.

(Toralf Schnur, FDP: Sie sind die Retter.)

Und ich bin der Meinung, wir müssen an dieser Stelle die Logik der Politik ändern.

Jetzt bringe ich mal ein paar Vergleiche, da werden Sie sagen, die hinken. Aber Hinken ist ja irgendwie auch eine Form des Gehens und so meine ich: Die gehen doch. Die gehen doch.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, Toralf Schnur, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Ich will mal drei bringen: 102 Millionen Euro für die Hypo Real Estate zu haben und keinen Cent mehr für die Rentenkasse, das ist ein Widerspruch.