Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur verwaltungsrechtlichen Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie in das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/2594.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur verwaltungsrechtlichen Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie in das Landesrecht von MecklenburgVorpommern (EG-DLRG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/2594 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Landwirtschaft …

(Heinz Müller, SPD: Das kann nicht sein! – Michael Roolf, FDP: Welcher Minister?)

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister Herr Caffier. Bitte schön.

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Vom Spielbankgesetz zur EG-Dienstleistungsrichtlinie – mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen in Mecklenburg-Vorpommern die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorgaben der EG-Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt werden. Ziel dieser Richtlinie ist die Verbesserung und Belebung des EG-Binnenmarktes für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen. Durch Vereinfachung und Vereinheitlichung von Verfahrensabläufen sollen dem Wettbewerb in diesem Markt neue Impulse gege

ben werden. Dienstleister aus allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft, also auch Deutschland,

(Udo Pastörs, NPD: Die können sich dann gegenseitig das Wasser abgraben.)

sollen künftig sämtliche Verfahren und Formalitäten, insbesondere die Beantragung von Genehmigungen für die Dienstleistungstätigkeit, über eine aus ihrer Sicht einheitliche Stelle abwickeln können. Dies soll auf Wunsch des Dienstleisters auch elektronisch möglich sein. Der EU-Dienstleister soll sich nicht mehr selbst mühsam in einem oft mehrstufigen und von mehreren Entscheidungsträgern abhängigen Verwaltungsverfahren zurechtfinden müssen, und das zumeist auch noch in einer fremden Sprache. Die einheitliche Stelle soll ihm als Verfahrensmittler und zentrale Anlaufstelle bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren, die für die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung erforderlich sind, helfen.

Weitere verfahrensrechtliche Anforderungen der EGDienstleistungsrichtlinie, die ebenfalls in das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen sind, beziehen sich auf die Informationspflichten sowie auf die Entscheidungsfristen. Das bedeutet auch: Die Mitgliedsstaaten der EU müssen in ihren Rechtsvorschriften Fristen festlegen, innerhalb derer ein Antrag auf Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistung zu genehmigen ist. Läuft die Frist ab, so gilt die Genehmigung als erteilt. Dadurch soll Rechtssicherheit für den Dienstleister entstehen. Die genannten EU-rechtlichen Anforderungen sind bundesweit in die jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder umzusetzen.

Um eine einheitliche Fortentwicklung des Verwaltungsverfahrensrechts zu erreichen, gibt es einen von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Mustergesetzentwurf. Dieser Mustergesetzentwurf dient auch als Grundlage für die verwaltungsverfahrensrechtliche Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie in das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern. Bis zum 30. Dezember dieses Jahres werden bundesweit in alle Verwaltungsverfahrensgesetze dieselben Regelungen eingefügt, sodass auch im nationalen Recht keine Unterschiede bei der Antragsbearbeitung und somit keine Konkurrenzsituationen zwischen dem Bund und den Ländern entstehen können. Diese Vereinheitlichung dient der Rechtssicherheit für den Bürger und ist für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von Bedeutung. Der Bund und die Länder haben beschlossen, das auch Inländern anzubieten, das heißt also allen Dienstleistern im Bundesgebiet.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist aber sehr großzügig, das ist aber ein Entgegenkommen für die Deutschen.)

Das schreibt die EG-Dienstleistungsrichtlinie zwar nicht vor, es wäre aber nicht vermittelbar und es wäre eine Diskriminierung, wenn die Verfahrenserleichterung nur bei sogenannten grenzüberschreitenden Sachverhalten gelten soll.

(Udo Pastörs, NPD: Also nur für Ausländer gilt. Da haben Sie recht.)

Kernstück der Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern ist die Einführung des Verfahrens über eine einheitliche Stelle in den Paragrafen 71a bis 71e. Die einheitliche Stelle wird als Verfahrensmittler tätig, über ihn sollen die erforderlichen Genehmigungsverfahren und die sonstigen Formali

täten abgewickelt werden. Der Aufgabenbereich der zuständigen Behörden und ihre Fachverantwortung bleiben davon unberührt. Die Verfahrensmittlung durch die einheitliche Stelle ist ein Angebot. Der Dienstleister kann sich auch weiterhin direkt an die zuständigen Behörden wenden.

Ein weiteres Kernstück der Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern ist Paragraf 42a, der regelt, dass eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist in der Regel nach drei Monaten als genehmigt gilt. Wichtig ist hier Folgendes: Die genannten verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen, das heißt sowohl das Verfahren über die einheitliche Stelle als auch die Genehmigungsfiktion gelten erst dann, wenn sie durch das jeweilige Fachrecht für anwendbar erklärt worden sind. Dabei sind bei der Genehmigungsfiktion durchaus Ausnahmen oder Fristverlängerungen möglich, die über die allgemeine Genehmigungsfrist von den hier angesprochenen drei Monaten gehen kann. Auch für Fachbereiche außerhalb der EG-Dienstleistungsrichtlinie, also für jedes andere Verwaltungsverfahren, könnte das Verfahren über die einheitliche Stelle durch Fachrecht für anwendbar erklärt werden. Insoweit stellt der Gesetzentwurf ein neues zukunftsweisendes Verfahrensinstrument zur Verfügung, das umfassend im Sinne der Verwaltungsmodernisierung genutzt werden kann.

Meine Damen und Herren, Sie werden sich zum Schluss meiner Rede fragen, welche Institution die umfangreichen und anspruchsvollen Aufgaben, die sich hier in dem Redetext relativ schwierig darstellen lassen, aber es ist für unser Land, auch für die Wirtschaft ein wichtiges Gesetz …

(Udo Pastörs, NPD: Ein Markt für unsere Wirtschaft.)

Sie werden sich zum Schluss trotzdem fragen, welche Institution diese Aufgabe,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die für die Wirtschaft wichtig ist, wahrnimmt, wenn wir in einer globalisierten Welt leben. Ob Ihnen das passt oder nicht, das ist die Tatsache.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wer sie wahrnehmen soll und in welchen Fachgesetzen das Verfahren über eine einheitliche Stelle und die Anwendbarkeit der Regelung über die Genehmigungsfiktion vorgeschrieben werden müssen,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

diese Fragen werden in einem gesonderten Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie – und hier hat dann die Federführung das Ministerium für Arbeit, Wirtschaft und Tourismus – beantwortet, der sich zurzeit in der Verbandsanhörung befindet und dann auch dementsprechend zügig das Parlament erreichen soll, damit die hier vorgetragenen Fristen umgesetzt werden können. Ich wünsche Ihnen und uns eine gute Beratung in den Ausschüssen und möge das Gesetz den Zweck erfüllen, für den es auf die Reise gebracht worden ist. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Udo Pastörs, NPD: Oh, wie salbungsvoll!)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer den Titel dieses Gesetzentwurfes liest und wer das Wort EG-Dienstleistungsrichtlinie liest, der denkt natürlich sofort, soweit er sich mit Verwaltung und Verwaltungsverfahren befasst, an das Thema „einheitliche Stelle“ und er denkt natürlich, Herr Minister, sofort an die Frage, auf die Sie zum Schluss Ihrer Ausführungen eingegangen sind: Wo wird denn diese einheitliche Stelle angesiedelt, wer bekommt denn diese Aufgabe übertragen?

(Udo Pastörs, NPD: Ich frage mich: Was bedeutet das für unsere Dienstleister?)

Denn das ist die Frage, die in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen durchaus kontrovers diskutiert worden ist. Nun, der Minister hat es bereits dargestellt.

(Detlef Müller, SPD: Sehr richtig.)

Das kriegen wir sozusagen in Runde zwei. In Runde eins bekommen wir das Thema „Wir bekommen eine neue Verwaltungsart“.

Nun sind Diskussionen über das Wie von Verwaltungsverfahren und über Regelungen für das Verwaltungsverfahren in aller Regel nicht die Themen, die in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber, und auch da stimme ich mit dem Minister überein, für jeden, der weiß, wie ein demokratischer Rechtsstaat funktioniert, und für jeden, der gerne möchte, dass er weiterhin gut und vernünftig funktioniert, ist die Frage des Verwaltungsverfahrens natürlich eine ausgesprochen wichtige Frage. Und wenn man den Bürger mal richtig fragt und man ihn fragt nach Verwaltungszeiträumen, nach Verwaltungskosten, dann wird man auch sehr schnell merken, dass der Bürger sehr wohl an einem solchen Thema ein großes Interesse hat. Also wir führen eine neue Verwaltungsart ein, eine Art, die auch elektronisch abgewickelt werden kann, ein Verfahren über eine einheitliche Stelle. Dieses – und davon bin ich fest überzeugt – ist im Grundsatz ein bürgerfreundlicher und ein wirtschaftsfreundlicher Ansatz. Und es ist auch klug, wenn wir diesen Verfahrensansatz nicht in einer Reihe von Fachgesetzen regeln, sondern grundsätzlich zunächst einmal über das Verwaltungsverfahrensgesetz unseres Landes. Ich halte es auch für richtig, dass wir hier nicht ausschließlich an dem kleben, was die Europäische Union uns vorschreibt,

(Detlef Müller, SPD: Sehr richtig. – Udo Pastörs, NPD: Ha!)

sondern dass wir darüber hinausgehen und vernünftige Regelungen über das europarechtlich Gebotene hinaus hier verankern. Dazu gehören Fristenregelungen, dazu gehört für mich auch das Thema Genehmigungsfiktion. Sie sehen also, nach meiner Überzeugung begeben wir uns auf einen sehr vernünftigen, auf einen sehr richtigen Weg und wir sollten nicht immer so tun, als würde uns Europa dazu zwingen, sondern wir machen dies ja auch aus Überzeugung, weil es ein richtiger Weg ist.

(Detlef Müller, SPD: Sehr gut, sehr gut. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Aber, meine Damen und Herren, eines sollten wir uns noch einmal etwas genauer anschauen, und das ist das Thema Finanzen. Ich habe mit großem Interesse der Begründung entnommen, dass dem derzeitigen Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes MecklenburgVorpommern das Äquivalenzprinzip inhärent ist und dass wir aufgrund dieser europarechtlichen Vorschriften das Äquivalenzprinzip hier strikt durch das Kostendeckungsprinzip ersetzen müssen. Das ist sicherlich eine Frage, die wir uns noch mal sehr genau auf den Tisch ziehen sollten, und wir sollten auch mal schauen, wie wir das denn beispielsweise in anderen Rechtsgebieten, ich sage mal, dem Kommunalabgabenrecht, um nur ein wichtiges Beispiel zu nehmen, geregelt haben. Jedenfalls glaube ich, dass in einer solchen Festlegung – Abkehr vom immanenten Äquivalenzprinzip und hin zum strikten Kostendeckungsprinzip – wesentlich mehr Sprengstoff steckt, als man auf den ersten Blick erahnt.

Interessant fand ich auch die Bezeichnung, Pardon, die Aussage, dass die Landesregierung erwartet, wohlgemerkt erwartet, dass es bei den kommunalen Gebietskörperschaften nicht bezifferbare Mehraufwendungen gibt. Wenn wir ein Gesetz machen, dessen Ziel Vereinfachung ist, dann stellt sich doch die Frage, inwieweit wir mit Mehraufwendungen, die wir im Moment zwar noch nicht beziffern können, aber grundsätzlich mit Mehraufwendungen rechnen müssen.

Solche Fragen, meine Damen und Herren, denke ich, müssen wir in den Ausschüssen sehr sorgfältig diskutieren. Und da, das haben Sie bei mir bemerkt, das Geld eine nicht unerhebliche Rolle bei der Betrachtung dieses Gesetzes spielt, bitte ich darum, diesen Gesetzentwurf nicht nur in den Innenausschuss und in den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen, sondern zusätzlich in den Finanzausschuss, damit wir auch die finanziellen Aspekte dieses Gesetzes betrachten können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der FDP Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufgabe steht klar terminiert vor uns: Zum 28.12.2009 haben wir die Dienstleistungsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Die Dienstleistungsrichtlinie soll zu einer Verbesserung des EG-Binnenmarktes beitragen und sie wird zusätzlich noch den großen Vorteil mit sich bringen, dass die Umsetzung verfahrenstechnische Anforderungen zusammenführt und wir an der Stelle ein Stückchen weniger an Bürokratie bekommen werden. Wir werden im Ergebnis einheitliche Ansprechpartner haben, die uns auf dem Weg – ich habe es anfangs gesagt – zu einer Verbesserung des EG-Binnenmarktes deutlich ein Stückchen voranbringen werden.

(Udo Pastörs, NPD: Um Gottes willen!)

Unsere Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, wenngleich ich an dieser Stelle auch sagen möchte, dass es für uns bei der gesamten EG-Dienstleistungsricht