Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Dreizehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 30. Oktober bis 20. November 2009 und zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes, Drucksache 5/3095.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zum Dreizehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Dreizehnter Rundfunkänderungs- staatsvertrag vom 30. Oktober bis 20. November 2009 und zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 5/3095 –
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen der letzten Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober in Mainz haben die Regierungschefs der Länder den Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet. Er braucht nun die Zustimmung der Länderparlamente, damit er am 1. April in Kraft treten kann.
Worum geht es bei diesem Staatsvertrag, was sind die wesentlichen Inhalte? Dieser Änderungsstaatsvertrag soll mehr Klarheit in die Rundfunkwerbung bringen. Dabei geht es nicht um die klassische Werbung, also TV-Spots, Hörfunkspots, sondern es geht vor allem um eine Grauzone, um die Grauzone, die es in der Praxis bisher gibt bei der sogenannten verbotenen Schleichwerbung, und die soll abgegrenzt werden zu der zulässigen Produktionshilfe. Kernstück der notwendigen Neuregelungen ist der Umgang mit Product Placement.
Wir setzen damit die Werbevorgaben der EU-Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste in nationales Recht um.
Diese EU-Richtlinie sieht sogenannte Produktplatzierungen als Werbung im weiteren Sinne an. Sie kennen das, meine Damen und Herren, wenn Sie zuschauen. Markenhersteller stellen zum Beispiel ihre Fahrzeuge in einem Krimi zur Verfügung oder als Preis für ein Gewinnspiel.
Da müssen wir genau abgrenzen, was ist verboten, was ist nicht verboten. Nach der Richtlinie gilt: Grundsätzlich ist so etwas verboten. Allerdings können für bestimmte Sendungen oder Formate Platzierungen vom nationalen Gesetzgeber zugelassen werden. Sie müssen dann aber gekennzeichnet sein.
Die Länder haben sich jetzt dafür entschieden, von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch zu machen, und sie haben klar geregelt, unter welchen Voraussetzungen das geht. Entscheidungskriterien und unterschiedliche Regelungen gibt es für den privaten oder den öffentlichen Rundfunk. Es wird unterschieden danach, ob die
Produktplatzierung bezahlt wird oder nicht, und auch danach, um welches Format es sich handelt, Unterhaltungssendungen oder Informationssendungen. Daraus ergibt sich dann: Im privaten Rundfunk dürfen Produkte gegen Bezahlung platziert werden in Filmen, in Unterhaltungssendungen und beim Sport, und zwar bei eigenen Produktionen genauso wie bei Fremdproduktionen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind sie nur erlaubt bei angekauften, also nicht selbst produzierten Formaten.
Unentgeltliche Produktplatzierungen, sogenannte Produktbeistellungen, sind im privaten wie im öffentlichrechtlichen Rundfunk erlaubt. Als Beispiel wird immer „Das Traumschiff“ genannt. Das gilt aber auch für Gebäude oder Flugzeuge. Nicht erlaubt sind solche Produktionshilfen für Nachrichten, für Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, für Ratgeber- oder Verbrauchermagazine. In Kindersendungen ist Produktplatzierung auch weiter generell verboten. Kindersendungen dürfen nicht durch Werbung unterbrochen werden. Das höhere Schutzniveau für Kinder muss beibehalten werden. Das ist besonders wichtig, denke ich. Da sind wir uns einig.
Festgelegt wird auch, wenn Produkte platziert werden, darf das Produkt nicht zu stark hervorgehoben werden und die Unabhängigkeit des Senders darf nicht gefährdet werden.
Die Produktplatzierung darf in keinem Fall auf den Inhalt oder auf den Sendeplatz der Sendung Einfluss nehmen.
Außerdem muss Produktplatzierung zu Beginn und zum Schluss der jeweiligen Sendung sowie nach den Werbeblöcken entsprechend gekennzeichnet sein, sodass man sieht, worum es sich da handelt. Das gilt auch für angekaufte Produktionen, jedenfalls dann, wenn die Produktplatzierung mit zumutbarem Aufwand zu ermitteln ist. Wie das dann im Einzelnen aussehen wird, wie die Kennzeichnung gemacht werden soll im Einzelnen, das sollen die in der ARD zusammengefassten Rundfunksanstalten erarbeiten zusammen mit dem ZDF und mit den Landesmedienanstalten. Der Hörfunk wurde ebenfalls verpflichtet, und zwar zu einem gleichwertigen Hinweis im Falle der Produktplatzierung.
Also, meine Damen und Herren, wir schaffen mit diesem Änderungsstaatsvertrag mehr Rechtsicherheit in dem bisher ungeregelten Bereich der Produktplatzierung. Das bringt mehr Klarheit für Anbieter, für Firmen und auch Überschaubarkeit für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Damit diese Rechtssicherheit auch für die Medienanbieter hier im Land eindeutig ist, werden diese Regelungen wortgleich, wie bisher auch immer, in das Landesrundfunkgesetz übernommen. Das ist Rechtssicherheit aus einer Hand. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern Sie sich? Am 16. Dezember 2009 berieten wir hier das Zweite Änderungsgesetz zum Landesrundfunkgesetz, das dann am 14. Januar, also vor 13 Tagen, in Kraft getreten ist. Und nun liegt hier heute ein Gesetzentwurf vor, der zum einen natürlich, und darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen, das erforderliche Zustimmungsverfahren zum von den Ministerpräsidenten beschlossenen Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vollzieht, aber der zum anderen auch die nunmehr dritte Änderung des Landesrundfunkgesetzes beinhaltet. Eine gewisse Symbolik hat hier schon, dass mit Schreiben vom Ministerpräsidenten vom 12. Januar dieses Jahres dem Landtag ein Gesetzentwurf zur Änderung eines Gesetzes, nämlich des Landesrundfunkgesetzes, zugeleitet wurde, ohne dass das zu ändernde Gesetz überhaupt schon in Kraft getreten war, nach Artikel 3 des Zweiten Änderungsgesetzes der Tag nach der Verkündung, und das war der 14. Januar.
In insgesamt 16 Ziffern des Artikels 2 des vorliegenden Gesetzentwurfes auf Drucksache 5/3095 wird nun erneut das Landesrundfunkgesetz novelliert gemäß der Begründung, so zu lesen, „die notwendigen Folgeänderungen … sowie wenige redaktionelle Anpassungen“. Ende des Zitats. Das trifft insgesamt wohl zu, allerdings ist es für diejenigen, die mit dem Landesrundfunkgesetz umgehen, schon schwierig, diese Änderungen innerhalb von wenigen Wochen überhaupt so nachzuvollziehen, denn zum Beispiel fallen die Änderungen der Ziffern 30, 31, 32, 33, 35 und 57 des Zweiten Änderungsgesetzes komplett weg, weil sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der gerade mal verkündet ist, komplett anders geregelt werden.
Unabhängig davon gibt es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch Änderungen, die rein landesgesetzlicher Natur sind, so zum Beispiel die in Artikel 2 enthaltenen Ziffern 11 und 12. Aber das ist aus meiner Sicht auch für meine Fraktion unstrittig.
Nun nähere ich mich langsam dem eigentlichen Hauptgegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfs, nämlich dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, wo bei diesem gemäß Artikel 1 entweder nur zugestimmt oder abgelehnt werden kann. Die Rechtsfolge aus einer solchen Entscheidung ist dann auch in Artikel 4 korrekt fixiert, die deutlich macht: Stimmt ein Land nicht zu, dann tritt weder der Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag noch die Dritte Änderung des Landesrundfunkgesetzes in Kraft. Einzig übrig bleiben würde in einem solchen Fall die Regelung des Artikels 3 bezüglich der Veröffentlichung der Beschreibung der Telemedienangebote gemäß des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages.
Hier allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Ministerpräsident, wird aus meiner Sicht sehr intensiv zu prüfen sein, ob mit dem in diesem Artikel 3 beabsichtigten Verfahren dem Wortlaut des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages tatsächlich entsprochen wird.
Da darf ich zitieren aus Paragraf 11f Absatz 7 Satz 2, so, wie er auch in diesem vorliegenden Gesetzentwurf fixiert ist. Da heißt es in Bezug auf die Telemedienangebote: „Nach Abschluss des Verfahrens nach Absatz 5
und 6 und nach Prüfung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde ist die Beschreibung des neuen oder veränderten Angebots in den amtlichen Verkündungsblättern der betroffenen Länder zu veröffentlichen.“ Ende des Zitats. Da steht nicht „soll“, sondern da steht „ist“.
Das ist der Rundfunkstaatsvertrag von 16 Ländern und inwieweit wir mit einer solchen Änderung nach Artikel 3 überhaupt einen solchen Vertrag so ändern können, dass auch eine ins Internet gestellte Verkündigung ausreichend ist und nur ein Verweis im Amtsblatt, dass das im Internet zu finden ist, reicht, wage ich zu bezweifeln, denn das Risiko, was sich daraus ergibt, ist gleich doppelt:
Erstens entsteht die Gefahr, ob dann die mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgesehene Rechtsfolge zur Veröffentlichung und zur Wirksamkeit von Telemedienangeboten zum Beispiel des NDR überhaupt vollzogen ist.
Zweitens. Ist dann der Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der mit diesem Gesetz in Kraft gesetzt werden soll, in Kraft gesetzt oder nicht?
Nun hat sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wohl mancher gefragt, warum der Gesetzentwurf den Titel „Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 30. Oktober bis 20. November 2009“ trägt. Nun, für die, die es interessiert: Es trägt schon der Tatsache Rechnung, dass am 30. Oktober 2009 in Mainz nur 13 der 16 Ministerpräsidenten das Vertragswerk unterzeichneten und es bis zum 20. November brauchte, ehe weitere fehlende drei Ministerpräsidenten dieses Vertragswerk aus unterschiedlichen Gründen unterzeichnet haben. Aber es ist schon ein Novum, dass ein solcher Zeitraum überhaupt in einem Gesetzentwurf fixiert wird.
Damit der Staatsvertrag rechtlich wirksam wird, und darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen, muss er in allen Landtagen bis Ende März die Beschlussfassung, das heißt die Zweite Lesung durchlaufen. Die Schlussabstimmung nach unserem Sitzungsplan wird dann aller Voraussicht nach am 10. März dieses Jahres erfolgen müssen. Das bedeutet allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren, nur eine Beratung im Ausschuss, keine Anhörungsmöglichkeit und bereits heute absehbar die Ankündigung der Beschlussempfehlung mit verkürzter Frist, ein Zeitdruck, dem wir jetzt hier in unserem Parlament ausgesetzt sind, der aber auch gar nichts daran ändert, dass Deutschland die EU-Richtlinie mit einer Verspätung von drei Monaten umsetzt. Ende 2007 hatte das Europäische Parlament die AVMD-Richtlinie verabschiedet, die eine Frist von zwei Jahren für die Umsetzung in nationales Recht vorsah.
Damit an dieser Stelle nun abschließend zur grundsätzlichen Beurteilung des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages: Ich weiß nicht, ob sich alle Abgeordneten schon mit der Definition von Werbung, Schleichwerbung und Produktplatzierung gemäß Paragraf 2 des vorliegenden Entwurfs des Rundfunkänderungsstaatsvertrages und den Folgen der umzusetzenden Werbegrundsätze und Kennzeichnungspflichten gemäß Paragraf 7 vertraut gemacht haben. Das, was der Ministerpräsident hier heute vorgetragen hat, ist die Spitze des Eisberges dieses gesamten Verfahrens.
Meine Fraktion bleibt bei der schon im Zusammenhang mit dem Zwölften Änderungsstaatsvertrag und dem Antrag meiner Fraktion zum Umgang mit Rundfunkstaatsverträgen insgesamt getätigten Aussage, dass meiner Fraktion die Regelungen in Bezug auf Werbung, Schleichwerbung und Produktplatzierung zu weit gehen, sie den möglichen Spielraum aus der AVMD-Richtlinie zu stark einengen. Uns wäre es lieber gewesen, die Länder wären bei ihrer bis März 2009 bestehenden Position geblieben, eine Lockerung der bisherigen Trennung von Programm und Werbung zu verhindern und Produktplatzierung nicht zuzulassen. Dass der VPRT die jetzigen Regelungen auch nicht als ausreichend und nicht weitgehend genug empfindet, ist dafür nur sinnbildlich zu sehen.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einer Zustimmung vonseiten meiner Fraktion ist an dieser Stelle wohl nicht zu rechnen. Die rechtliche Prüfung in Bezug auf Artikel 3 des vorliegenden Gesetzentwurfes habe ich angekündigt.
An der Stelle möchte ich noch einen Satz abschließend formulieren: In Bezug auf die Frage der Beteiligung des Parlaments zur Ermittlung des neuen Gebührenmodells werden wir vor einem Staatsvertrag hier mit Sicherheit eine intensive Diskussion zu führen haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderungen des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages betreffen den Rundfunkstaatsvertrag und den Jugendmedienstaatsvertrag. Dieser dient schwerpunktmäßig der Umsetzung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, ich nenne das künftig AVMD, wenn ich mit der Abkürzung arbeite. Das ist aber schon ausgeführt worden, sowohl in der Rede des Ministerpräsidenten als auch in der meines Kollegen Bluhm.
Im Hinblick auf neue Übertragungstechniken, die Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien und der Auswirkung technologischer Entwicklungen auf die Geschäftsmodelle insbesondere im Bereich des kommerziellen Rundfunks ist es angezeigt, den Rechtsrahmen anzupassen. Die AVMD-Richtlinie ändert die bisherige EG-Fernsehrichtlinie aus dem Jahr 1998 und dehnt sie im Anwendungsbereich auf alle audiovisuellen Mediendienste aus.
Artikel 2 des Gesetzentwurfes enthält die notwendigen Folgeänderungen im Landesrundfunkgesetz sowie redaktionelle Anpassungen.
Ja, Herr Bluhm, wir haben in der kurzen Zeit, in der ich diesen Fachbereich mit vertrete, schon viele Rundfunkänderungsstaatsverträge und auch gerade das Landesrundfunkgesetz auf der Tagesordnung gehabt. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Handlungsbedarf.
Mit Artikel 3 wird schließlich die Möglichkeit geschaffen, die Telemedienkonzepte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in elektronischer Form zu veröffentlichen, was erheblich kostengünstiger ist als eine Veröffentlichung in gedruckter Form.