21. Welche Haltung nimmt die Landesregierung zu den Bestre bungen ein, die nach gegenwärtiger Gesetzlage von der GEZ eingetriebenen Rundfunkgebühren durch eine Haushaltsabgabe zu ersetzen?
Herr Abgeordneter, ich würde gerne das Wort „eingetrieben“ relativieren. Aber um auf Ihre Frage zu kommen: Eine Neuregelung der Rundfunkgebühr wird, wie wir wissen, seit vielen Jahren diskutiert. Einerseits geht es darum, dass die technische Entwicklung dafür gesorgt hat, dass man über immer neue Geräte Rundfunk empfangen kann, und zum anderen sind die Kontrollen in den Wohnungen in der Tat zunehmend mit Schwierigkeiten verbunden, wie ich auch als ehemaliges Mitglied des NDR-Rundfunkrates sehr wohl und detailliert weiß.
Im Auftrag des Ministerpräsidenten wurde geprüft, ob das derzeitige an ein Gerät anknüpfende Rundfunkgebührenmodell verändert werden kann oder ob die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künftig über eine vom Gerät unabhängige Medienabgabe sichergestellt wird. Wie der Presse zu entnehmen war, ist die geräteunabhängige Erhebung zwischenzeitlich durch Professor Kirchhof verfassungsrechtlich überprüft und für möglich befunden worden. Er schlägt einen Rundfunkbeitrag vor.
Die Länder haben unter Einbeziehung des Gutachtens zwischenzeitlich Eckpunkte für einen Rundfunkbeitrag ausgearbeitet. Wir sehen die Vorgaben der Protokollerklärung von Mecklenburg-Vorpommern zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag als erfüllt an. Der forderte nämlich: Der künftige Rundfunkbeitrag soll aufkommensneutral sein sowie die soziale Gerechtigkeit und Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern verbessern. Das Verfahren soll transparent sein, einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand haben und den Datenschutz berücksichtigen.
Auch für den Bereich des Beherbergungsgewerbes zeichnet sich eine Lösung ab, die für unser Land als Tourismusland akzeptabel ist. Der gestern von der Rundfunkkommission einstimmig gefasste Beschluss wird Grundlage weiterer Diskussionen der heute stattfindenden Ministernkonferenz sein. Findet der Beschluss dort Zustimmung, wovon ich ausgehe, wird es in der Folge zu Verhandlungen über einen weiteren Rundfunkänderungsstaatsvertrag kommen, der voraussichtlich noch in diesem Jahr unterzeichnet werden soll. Der Staatsvertrag wird danach selbstverständlich zur Ratifizierung auch in diesem Hause diskutiert.
Eine Zusatzfrage bitte: Inwieweit bestehen Aussichten, dass Hartz-IV-Empfänger und auch Kleinverdiener von den neuen Gebühren, von der neuen Haushaltsabgabe befreit werden könnten?
Das wird Sache der Durchführungsbestimmungen sein. Aber da ich vorhin über die soziale Ausgewogenheit sprach, wird das sicherlich ein Diskussionspunkt werden.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und bitte den Abgeordneten Herrn Köster, Fraktion der NPD, die Frage 22 zu stellen.
22. Aus welchen konkreten Gründen soll die Fachaufsicht für Europas größte Sondermülldeponie, die landeseigenen Depo nie Ihlenberg, auf den Landkreis Nordwestmecklenburg über gehen?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, die Landesregierung hat dem Parlament einen Entwurf eines Aufgabenübertragungsgesetzes vorgelegt. In diesem Rahmen sollen die Vollzugsaufgaben aus den Bereichen Immissionsschutz und Abfallwirtschaft kommunalisiert werden. Zuständigkeiten ändern sich ansonsten nicht. Das heißt, dass die Fachaufsicht verbleibt, und zwar beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus als oberste Abfallbehörde. Eine abweichende Einzelfallentscheidung zur IAG wäre aus Sicht der Landesregierung nicht sachgerecht, nicht angemessen und nicht notwendig, sodass sie auch aus unserer Sicht nicht vorgenommen werden sollte.
Eine Zusatzfrage: Also sind die Vorbehalte, die der Landkreis, der Kreistag Nordwestmecklenburg hat, dass er die Fachaufsicht übernehmen soll, falsch?
Es hat zumindest Gespräche mit der Landrätin gegeben. In diesen Gesprächen, denke ich, wurde Aufklärung erreicht. Mein Eindruck ist, dass im Parlament, im Kreistag selbst nach wie vor die Sorgen etwas größer sind. Aber ich glaube, die kann man auch ausräumen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich jetzt den Tagesordnungspunkt 22 aufrufe, möchte ich es nicht versäumen, unserer Kollegin Frau Ilka Lochner-Borst zu ihrem heutigen runden Geburtstag zu gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!
Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Mecklenburg-Vorpommern als Zentrum der Demenzforschung weiterentwickeln, auf Drucksache 5/3502.
Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Mecklenburg-Vorpommern als Zentrum der Demenzforschung weiterentwickeln – Drucksache 5/3502 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Deutschland leben gegenwärtig 1,2 Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Allein zwei Drittel davon sind von der Alzheimerkrankheit betroffen. Hinzu kommen jährlich circa 250.000 Neuerkrankungen und nach vorsichtigen Schätzungen wird sich die Zahl der Demenzkranken bis zum Jahr 2020 auf 1,4 Millionen und bis zum Jahr 2050 auf mehr als 2 Millionen erhöhen.
Das sind beängstigende Zahlen, nicht nur für die potenziell Betroffenen und deren Angehörigen, sondern auch für unsere Gesellschaft im Ganzen. Demenz stellt damit eine der großen Herausforderungen unserer Gesellschaft dar. Bisher gibt es kaum Erkenntnisse, wie die Krankheit verhindert werden kann, und es gibt auch keine Heilungsmöglichkeiten. Weitere Forschung ist daher ein zwingendes menschliches Gebot.
Aber natürlich geht es nicht nur um die Erforschung der Krankheitsursachen, sondern es ist auch wichtig, die gewonnenen Erkenntnisse in die praktische Versorgung einfließen zu lassen. Denn nur die Kombination aus beidem muss das Ziel von nachhaltiger Politik sein.
Meine Damen und Herren, an Demenz Erkrankte und ihre Angehörigen benötigen in besonderer Weise Hilfe und Unterstützung. Dazu gehört zum einen, Fachpersonal zu qualifizieren, zum anderen, die Angehörigen in ihrer Pflege zu unterstützen, aber auch ehrenamtlich Engagierte zu gewinnen und zu befähigen, soziale Netzwerke zu schaffen und insbesondere die Versorgungsforschung voranzutreiben.
Daher wurde am 3. April 2009 das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, kurz DZNE, gegründet. Dessen Ziel ist es, den eben beschriebenen Herausforderungen zu begegnen, die eine wachsende Belastung durch neurodegenerative Erkrankungen in einer stetig alternden Gesellschaft mit sich bringt. Das DZNE verfolgt hierbei einen integrativen Forschungsansatz
und kombiniert Grundlagen und klinische Forschung sowie Pflegeforschung. Das DZNE kooperiert hierzu mit Universitäten und Universitätskliniken, um die langfristige Forschungsförderung, die von der Bundesregierung und der Landesregierung bereitgestellt wird, mit dem Forschungsprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG und anderen Drittmittelgebern zu verbinden.
in einer strategischen Kooperation weist Vorteile und Flexibilität auf. Sie stellt die benötigte Infrastruktur für Spitzentechnologieforschung durch grundständige Förderung bereit, aber unterstützt auch die Entwicklung von Excellenzzentren innerhalb der Universitäten. Die enge Verzahnung mit den Medizinischen Fakultäten an den DZNE-Standorten ermöglicht es, eine kritische Masse zu bilden, die die ausreichende Größe hat, um dann international wettbewerbsfähig zu sein. Das DZNE arbeitet somit an seinem Standort in Rostock und Greifswald wissenschaftlich eng mit den dortigen Universitäten und Universitätskliniken zusammen.
Es gilt hierbei, Mecklenburg-Vorpommern als eine Modellregion für die Auswirkungen des demografischen Wandels zu untersuchen, den demenzbedingten Bedarf an medizinischer und pflegerischer Versorgung zu erfassen und neue Versorgungsnetzwerke zu entwickeln, umzusetzen und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Ziel eines solches Versorgungsnetzwerkes ist es, die Lebenssituation der älteren Menschen mit Demenz und ihrer Familien bereits heute in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern und hieraus Lösungen für die demografischen Probleme von morgen in anderen Regionen Deutschlands zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, das DZNE verfolgt dabei folgende Ziele: zum Ersten die Erfassung des Bedarfs an pflegerischer und medizinischer Unterstützung sowie deren tatsächlich vorhandenen medizinischen, sozia
len, familiären und pflegerischen Ressourcen. Diese Erhebung erfolgt im Rahmen einer populationsbasierten Stichprobe im Land Mecklenburg-Vorpommern und stützt sich auf eine bestehende epidemiologische In frastruktur, die bereits weite Bereiche der Bevölkerung unter gesundheitsbezogenen Fragestellungen untersucht hat.
Darüber hinaus ist es Ziel, die Etablierung eines regionalen subsidiären Versorgungsnetzwerkes voranzutreiben. Ziel dieses Netzwerkes ist es, vorhandene Ressourcen zu identifizieren und durch Kenntnis der tatsächlichen regionalen Bedarfssituation optimal aufeinander abzustimmen. Entsprechend dem subsidiären Ansatz würden neue Elemente wie zum Beispiel die Funktionalität eines ambulanten Betreuungsmanagers in ein solches Netzwerk neu eingefügt, wenn der Versorgungsbedarf auf der regionalen Ebene nicht ausreichend bewältigt werden kann. Im Rahmen der prospektiven populationsbasierten Stichproben soll die Wirksamkeit des subsidiären Versorgungsnetzwerks im Vergleich zur bislang üblichen Versorgungsstruktur bezüglich klinischer Endpunkte sowie soziodemografischer und sozioökonomischer Endpunkte überprüft werden.
Meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern bietet mit seinen Standorten Rostock und Greifswald die Möglichkeit, neuartige diagnostische und therapeutische Ansätze in der Realsituation einer populationsbasierten Stichprobe in der Häuslichkeit auf ihre Praktikabilität und ihren klinischen Nutzen hin zu evaluieren. Zusammengefasst bietet damit der Standort Rostock/Greifswald im Kontext der Forschungsbemühungen des DZNE eine Brücke hinein in die Realsituation der Bevölkerung. Ziel des Standorts ist es, eine Plattform bereitzustellen, über die neuartige Diagnose- und Therapieverfahren aus dem DZNE rasch auf ihre klinische Bedeutsamkeit und bevölkerungsbezogene Versorgungsrelevanz hin überprüft werden können und gleichzeitig die Bereitstellung von sinnvollen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in der Breite der Bevölkerung beschleunigt wird.
Meine Damen und Herren, wir tragen bereits heute dazu bei, die Lebenssituation älterer Personen mit Demenz und ihrer Familien im Lande Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die auch für andere demografische Problemregionen in Deutschland in naher bis mittlerer Zukunft bedeutsam sein werden. Die Erforschung der Demenz in Deutschland ist eine der wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Mecklenburg-Vorpommern mit seinen beiden Universitäten in Rostock und in Greifswald wird hierbei deutschlandweit eine führende Rolle übernehmen. Dies gilt es auch durch die Landespolitik positiv zu begleiten und weiterhin nachhaltig zu unterstützen. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der vergangenen Woche, der eine oder andere wird sich daran erinnern, trafen sich in Rostock ausgewiesene Medizin- und Wirtschaftsexperten aus Deutschland und aus dem Ausland sowie Gesundheitspolitiker, um auf der Branchenkonferenz „Gesundheitswirtschaft“ unter anderem über das Thema Vorsorge zu sprechen. Auf dieser Konferenz wurde einmal mehr deutlich, dass nur mit vereinten Kräften aus Politik und Forschung Methoden zur Bekämpfung und zum Umgang mit Krankheiten wie Demenz gefunden werden können.
Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen ist eine gute Gelegenheit, den bisher erreichten Stand in der strukturellen Verankerung der Demenzforschung in unserem Lande zu reflektieren. Ich danke den Abgeordneten der Regierungsfraktionen, dass sie dieses bedeutende Thema im Kontext der alternden Gesellschaft erörtern.
sondern soll den gesellschaftlichen Akteuren durch Versorgungs- und Vorsorgeforschung sowie Beratung neue Antworten auf alte Fragen geben.
Gesundheitsforschung ist Forschung für den Menschen und ein wesentliches Ziel staatlicher Vorsorge. Daher wird die Gesundheitsforschung von der Bundesregierung und den Ländern in großem Umfang unterstützt und finanziell gefördert. Es ist ein Arbeitsgebiet, für das Engagement und Anstrengungen nicht groß genug sein können, denn die Erwartungen und Hoffnungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen sind aufgrund der Entwicklung in der klinischen Forschung sehr, sehr hoch.