Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

und das muss man den Menschen in diesem Land auch deutlich sagen. Es geht nicht um die Frage, ob wir ihre Sorgen ernst nehmen, sondern es geht um die Frage, ob von dieser Initiative „Freier Horizont“ überhaupt die Wahrheit gesagt wird. Und wenn dort nicht die Wahrheit gesagt wird, dann ist es auch die Aufgabe von Abgeordneten, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass sie belogen wird.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abgehen von dem, was die Initiatoren betrifft. Lassen Sie mich einen Satz, zwei Sätze zu dem Inhalt sagen.

Natürlich ist es eine Belastung für die Menschen.

(Egbert Liskow, CDU: Ach so?!)

Es kann eine Belastung sein – ich will es mal vorsichtig formulieren –, es kann eine Belastung für die Menschen vor Ort sein. Und was es natürlich sein kann, ist – wir haben es am Anfang der Entwicklung im Bereich der Windkraft gehabt –, es kann eine Belastung sein, wenn wir Wildwuchs vor Ort haben, wenn es keine Planungskonzepte gibt, so, wie wir sie heute haben, dass wir sagen, in den durch die regionalen Planungsverbände vorgelegten Windeignungsgebieten werden Windparks errichtet und darüber hinaus mit einigen wenigen Ausnahmen eben nicht. Das kann belastend sein, wenn solcher Wildwuchs vorliegt, aber, wie gesagt, diesen Wildwuchs haben wir nicht.

Deswegen ist es im Grunde auch schon eine Dreistigkeit, über diese Gesetzesinitiative zu schreiben, dass wir diesen Wildwuchs nicht wollen, weil die planungsrechtlichen Voraussetzungen, um das zu verhindern, ja genau die Instrumente sind, die wir heute haben. Auch das muss man den Menschen in diesem Land sagen, die davon betroffen sind.

Und der letzte Punkt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, …

(Stefan Köster, NPD: Ihnen hört eh keiner mehr zu. Ich meine draußen, nicht hier.)

Sie, reden Sie mit der Wand, das reicht für Sie!

(Stefan Köster, NPD: Sie reden immer mit sich selbst.)

… sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der letzte Punkt, und das sage ich hier auch ganz deutlich:

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Eine Gesellschaft ist eine Solidargemeinschaft, eine Solidargemeinschaft, die gemeinsam Belastungen trägt – wir haben das heute Morgen im Rahmen der Flüchtlingsdebatte diskutiert –, und das ist eine große Herausforderung für dieses Land.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Aber es gilt auch im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes, es ist halt nicht so, dass sich in

einem Land – egal, ob das Mecklenburg-Vorpommern ist oder irgendein anderes Land, ob das in Deutschland ist oder wo auch immer – ein Teil der Gesellschaft sagen kann, wir möchten bestimmte Vorteile haben, zum Beispiel bei der wirtschaftlichen Entwicklung, beim materiellen Wohlstand, beim Ausbau der Infrastruktur, aber die Nachteile, die damit verbunden sind, die wollen wir nicht tragen.

Und selbst, wenn man unterstellt, dass durch den Ausbau der Windenergie in diesem Land tatsächlich für einen Teil der Bevölkerung Belastungen eintreten, muss man sich die Frage stellen: Gibt es nicht in anderen Regionen dieses Landes ebenfalls Belastungen, egal, ob es Emissionen sind oder was auch immer? Ich denke nur an den Straßenverkehr, der in den Sommermonaten vielleicht in besonders touristisch geprägten Gebieten auftritt, wo die Leute dann tatsächlich abends die Nase voll haben, weil bei ihnen tagsüber die Fahrzeuge mit laufendem Motor vor der Haustür stehen. Trotzdem werden wir nicht hingehen und sagen, wir wollen keinen Tourismus mehr in diesem Land.

(Udo Pastörs, NPD: Aber vielleicht eine Umgehungsstraße.)

Genau das Gleiche, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gilt auch für den Ausbau der Windenergie. Man muss die Belastungen, die minimierbar sind, dort minimieren, wo das machbar ist, aber man wird sich nicht hinstellen können und sagen, wir wollen keine wirtschaftliche Entwicklung mehr in diesem Land, weil ein Teil der Bevölkerung sagt, wir wollen grundsätzlich keine Belastungen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Volksinitiative nach Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 6/4450 zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Energieausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Ja, danke. Die Gegenprobe. – Und die Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Das ist die Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mecklenburg-Vorpommern muss raus aus fossilen Energien, Drucksache 6/4462.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern muss raus aus fossilen Energien – Drucksache 6/4462 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her

ren! Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der das Anliegen einer der dynamischsten und spannendsten Klimaschutzbewegungen der letzten Jahre aufgreift. Das Besondere ist, dass diese Bewegung es geschafft hat, die Finanz- und die Klimapolitik zusammenzubringen.

Die Forderung ist so bestechend wie einfach: Abzug der Geldanlagen aus fossilen Energieunternehmen, weil mit diesen Anlagen nicht nur das Klima gefährdet wird, sondern große finanzielle Risiken verbunden sind. Auch unser Land investiert mehrere Millionen Euro in die schmutzigsten Kohle- und Ölfirmen der Welt. Mehrere Millionen Euro Steuergelder aus Mecklenburg-Vorpommern werden genutzt, um den Klimawandel zu verschärfen. Damit muss Schluss sein!

Meine Damen und Herren, um die Bedeutung und Tragweite unseres Anliegens zu verstehen, müssen Sie sich nur drei Zahlen merken:

(Torsten Renz, CDU: Das ist gut.)

2 Grad Celsius, 565 Gigatonnen CO2 und 2.800 Gigatonnen CO2.

(Gelächter bei Udo Pastös, NPD)

Ich gehe jetzt auf jede Zahl ein, Herr Renz, keine Sorge.

Was steckt hinter den 2 Grad Celsius?

(Udo Pastörs, NPD: Oh!)

Diese Zahl beschreibt das Ziel der internationalen Staatengemeinschaft, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Aber warum ist das so wichtig, Herr Renz? Nach allem, was wir wissen, ist das die Grenze, bis zu der die Folgen des Klimawandels noch halbwegs zu beherrschen sind. Je weiter wir diese Grenze überschreiten, umso gravierender sind die Auswirkungen für uns und unseren Planeten.

Was steckt hinter der Zahl 565 Gigatonnen CO2? Wenn wir dieses 2-Grad-Ziel erreichen wollen, und dazu hat sich Deutschland verpflichtet, dürfen nur noch maximal 565 Gigatonnen CO2 freigesetzt werden.

(Torsten Renz, CDU: Dann haben wir Probleme mit VW.)

Diese Information allein nützt uns natürlich relativ wenig, nur in Relation zur dritten Zahl: 2.800 Gigatonnen. Das entspricht der Gesamtmenge an CO2, die in den bekannten Kohle-, Öl- und Gasreserven der Energieunternehmen schlummern. Das ist also die Menge an fossilen Energien, die die Unternehmen noch heben wollen.

Unser Dilemma ist nun offensichtlich, nämlich dass diese Zahl, 2.800 Gigatonnen, viel höher ist als die Gesamtmenge an CO2, die wir noch verbrauchen dürfen,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

wenn wir das 2-Grad-Celsius-Ziel nicht verpassen wollen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Genau genommen liegt die Zahl sogar fünf Mal höher als das, was wir noch emittieren dürfen, das heißt, dass 80 Prozent der fossilen Energiereserven unter der Erde bleiben müssen, wenn wir die Klimaziele einhalten wollen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ganz wichtig.)

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren: Warum investiert die öffentliche Hand in Unternehmen, deren Geschäftsmodell darauf basiert, fünfmal mehr CO2 freizusetzen, als unser Klima und unser Planet es verkraften können?