Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

Auch in der letzten Woche habe ich mit der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig zum neuen Schuljahr die

Brotbox, die Bio-Brotbox an immerhin fast 6.000 Schülerinnen und Schüler übergeben. Ich glaube, das ist eine gute Aktion. Und ich kann nur darum bitten, dass sich die Schulen weiter bewerben. Wir haben das ja neu strukturiert und ich glaube, dass damit Lebensmittel in dieser Brotbox präsentiert werden aus dem Land, im Übrigen auch mit geeigneten Hinweisen an die Eltern, an die Lehrerinnen und Lehrer, dass Lebensmittel eben nicht verschwendet werden sollen. Ich glaube, wir müssen noch früher anfangen, nämlich in den Kindertageseinrichtungen, und weitermachen in den Schulen. Deswegen würde ich mich wirklich sehr, sehr freuen, wenn wir das Thema Schulgarten oder Generationsgarten in den Schulunterricht möglichst schnell wieder einführen. Ich kämpfe auch darum und bin meiner Fraktion dankbar, dass es weitere Initiativen hoffentlich aus diesem Hohen Hause dazu geben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich wissen wir alle, dass ein Teil der Lebensmittelabfälle unvermeidbar ist, aber der überwiegende Teil eben auch nicht. Hinter den Gründen für die Entsorgung von Lebensmitteln stehen natürlich sehr komplexe Prozesse. Aus verschiedenen Studien, zum Beispiel aus Deutschland, lassen sich vermehrt Tendenzen zu einer zunehmenden Entfremdung von Lebensmitteln in der Industriegesellschaft ableiten. Zum einen ist eine Tendenz zum Verlust der Wertschätzung – Herr Schütt hat darauf hingewiesen – gegenüber Lebensmitteln deutlich zu erkennen, da seit Ende des Zweiten Weltkrieges zum Glück, sage ich ausdrücklich, keine großen Lebensmittelknappheiten mehr erlebt wurden. Natürlich weiß ich auch noch, dass es zu DDR-Zeiten an der einen oder anderen Stelle Engpässe bei der Lebensmittelversorgung gab. Der eine oder andere will das vielleicht nicht gern hören, aber selbstverständlich hat es das auch gegeben.

Weiterhin ist ein Verlust an Lebensmittelidentität festzustellen. In Supermärkten werden Lebensmittel zusammen mit Nichtlebensmitteln verkauft, also Brot oder auch Wurst zusammen mit Fernsehgeräten und Waschmitteln, bunte und wirksame Verpackungen verstärken diese Entfremdung. Das Lebensmittel ist überall, zu jeder Tages- und Nachtzeit und bis zur letzten Minute vor Ladenschluss in vollen Regalen verfügbar.

Eine weitere Tendenz beschreibt auch den Verlust der Beziehungen zur Herkunft der Lebensmittel. Wenn man da endlich ein Stückchen weiter käme, immer weniger Menschen haben in der Industriegesellschaft überhaupt noch eine Beziehung zur Landwirtschaft und zur Verarbeitung von Lebensmitteln. Beim Verzehr von Stäbchen aus gepresstem Fisch oder Wurst mit Teddy oder Fußballmustern denkt kaum noch jemand darüber nach, wie die Tiere gehalten werden oder wie solche Produkte verarbeitet werden. Und deswegen, glaube ich, muss hier mehr passieren. Schließlich geht die emotionale Beziehung zu den Lebensmitteln verloren, weil immer mehr Mahlzeiten außer Haus und nebenbei eingenommen werden.

Deshalb haben wir als Landesregierung und unser Haus geförderte Projekte und Institutionen bereits seit vielen Jahren unterstützt, damit die Verschwendung von Lebensmitteln wirksam eingedämmt werden kann. Ein paar Beispiele: im Zusammenhang mit Landfrauen in Mecklenburg-Vorpommern, darauf komme ich gleich, die Sektion Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die Vernetzungsstelle Kita und

Schulverpflegung, die Verbraucherzentrale mit allein 300.000 Euro, die gerade auch in diesen Bereichen wichtige Maßstäbe setzt, und die sehr schöne Zusammenarbeit mit dem Schullandheim e. V. in unserem Bundesland.

So befassen sich die Landfrauen bereits seit Jahren intensiv und öffentlich mit der Thematik. Die Landfrauen erreichten mit dem Teilprojekt, dem Ernährungsführerschein allein im Jahr 2014 über 600 Kinder in 30 Schulen. Die Vermittlung des Ernährungsführerscheins für Grund- und Förderschüler trägt genauso dazu bei, wie die Streuungswiesen eine höhere Wertschätzung von Lebensmitteln bei uns beflügeln. Das Projekt ist einmalig in ganz Deutschland und die Teilnahme überwältigt mich auch.

Im Übrigen nahmen – auch das ist mir wichtig – 18.109 Schülerinnen und Schüler in den Schullandheimen oder 472 Kinder und Erzieher in den Kitas, 1.477 Schüler und Lehrer aus fünf Schulen und etwa 300 Kinder und Jugendliche aus Vereinen an diesen Projekten teil. Das Schulobstprogramm aus Mecklenburg-Vorpommern kann ich Ihnen nur empfehlen, sich das mal anzuschauen. Mehr als 200 Schulen mit knapp 28.000 Kindern im gesamten Bundesland haben sich zur Apfelkiste angemeldet und über 2.000 Ernährungsführerscheine sind mittlerweile von Kindern erworben worden.

Gerade mit der eingangs genannten Tendenz ist es unserer Gesellschaft wichtig, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und die Verbraucherzentrale vermeintlich bekanntes Alltagswissen vermitteln, wie Einkaufszettel schreiben – Sie haben das eben auch angedeutet –, nicht hungrig einkaufen gehen, die Haltbarkeit prüfen, Vorräte kontrollieren, nicht zu viel kochen oder richtig planen, und wenn etwas überbleibt, haben wir zum Glück heute alle Kühlschränke oder Kühltruhen. Auch das gehört dazu, wir müssen dieses Wissen noch viel deutlicher vermitteln.

Die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern führt bei der Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Bereich der Ernährung verschiedene Projekte, Veranstaltungen und Vorträge sowie Veröffentlichungen zum Thema Ernährung durch. Auch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung und Kita-Verpflegung in Mecklenburg-Vorpommern befasst sich mit dem Thema der Ernährung ganz extrem. Hier stellen wir im Übrigen über 180.000 Euro für die Verbraucherzentrale, für Projekte zur Verfügung, 60.000 Euro bekommt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 70.000 Euro allein für die Vernetzungsstelle in unserem Land. So tragen diese Initiativen auch aus unserem Haus dazu bei, dass die Fähigkeiten des Ernährungsalltages bedarfsgerecht, selbstbestimmt, verantwortlich und genussvoll gestaltet werden können. Die täglich konsumierten Lebensmittel wieder mehr wertzuschätzen und den hohen Grad an Lebensmittelverschwendung deutlich zu reduzieren, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Lebensmittelverluste entstehen aber, wie eingangs gesagt, entlang der gesamten Kette vom Feld bis zum Verbraucher. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind zu etwa 40 Prozent der Lebensmittelabfälle verantwortlich, auch wenn sie keine Lebensmittel wegwerfen wollen. Um diesen Tendenzen entgegenzutreten, Forschungsergebnisse zu akzeptieren und Maßnahmen dagegen einzuleiten, halte ich es jedenfalls für meine Pflicht, immer wieder darauf hinzuweisen.

So zeigen im Übrigen auch die aktuellen Forschungsergebnisse der Fachhochschule Münster, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich gar nicht bis zum Ladenschluss volle Regale wünschen. Anbieter dagegen sind immer noch der Auffassung, dass dieses notwendig sei, weil sie sonst ihre Kunden verlieren. Dabei ist für Unternehmen die Vermeidung von Überproduktion ein erheblicher ökonomischer Faktor.

Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir dieses Thema immer wieder diskutieren. Ich will an dieser Stelle auch betonen, dass wir ausdrücklich auf der GastRo, in diesem Jahr wiederum am 9. November, den Aktionstag für Kitas und die Schulversorgung diskutieren werden. Ich versichere hier und heute noch mal ausdrücklich, dass die Landesregierung weiter alles dafür tun wird und mit den Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette sich darum bemühen wird, die Verschwendung von Lebensmitteln wirksam einzudämmen. Aber es fängt bei uns allen selbst an. In dem Sinne freue ich mich auf die Diskussion und hoffe, dass wir bei der Verschwendung von Lebensmitteln wirklich Maßstäbe setzen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Beate Schlupp, CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Antrag der Regierungsfraktionen „Verschwendung von Lebensmitteln wirksam eindämmen“ kann meine Fraktion gern zustimmen. SPD und CDU haben ein wichtiges Thema angesprochen. Insbesondere teilen wir die Auffassung im Punkt 1 des Antrages, dass diese Verschwendung von Lebensmitteln weder aus ethischen, wirtschaftlichen und umweltpoli- tischen Gesichtspunkten vertretbar ist. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass weltweit ein Drittel aller Lebensmittel verloren wären, und das in einer Welt, in der immer noch fast eine Milliarde Menschen an Hunger und Unterernährung leiden und sehr viele Menschen, die vor Kriegen und Terrorismus fliehen müssen, ebenfalls nicht ausreichend versorgt werden, eigentlich ein Skandal.

Es ist kaum zu fassen, dass in Deutschland jedes Jahr Lebensmittel im Wert von 235 Euro pro Kopf weggeworfen werden, insgesamt 6,7 Millionen Tonnen. Etwa die Hälfte wäre eigentlich vermeidbar. Ebenso bedrückend ist für mich, dass fast die Hälfte der Verschwendung auf Obst und Gemüse verfällt. Es ist in jeder Hinsicht richtig, wenn im Punkt 2 die Landesregierung aufgefordert wird, sich für eine Verringerung dieser Verschwendung einzusetzen. Das betrifft aus meiner Sicht auch die konkreten Vorschläge.

Wenn unter anderem eine Arbeitsgruppe aus sämtlichen Akteuren vorgesehen ist, die Wege zur Verringerung erarbeiten sollen, möchte ich aber darauf hinweisen, dass der große Teil der Abfälle, genau gesagt 61 Prozent, auf Privathaushalte entfallen. Diese Zahl verweist darauf, dass wir bei uns selbst, auch bei der Bildung und Erziehung unserer Kinder sowie der öffentlichen Information und den Medien anfangen müssen. Deshalb war es für uns unverständlich, dass Sie die Medien in Ihrem Antrag nicht erwähnten, und es hat uns dazu bewogen, einen Änderungsantrag zu stellen.

Mein Kollege Brie, der eigentlich dieses Fachthema bearbeitet, wird sich sicherlich sehr freuen, dass Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, diesen Änderungsantrag aufnehmen und diesem zustimmen werden. Wenn Sie die Aussage – und das war die Begründung für diesen Änderungsantrag – nämlich ernst nehmen, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung für die Politik ist, dass das Bewusstsein für den Wert unserer Nahrung zu stärken und für die Problematik der Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren sei, können wir die Medien auf keinen Fall aus diesem Nachdenken ausschließen.

Bei den Gründen, die die von Ihnen erwähnte Studie zu weggeworfenen Lebensmitteln und zu Vorschlägen zur Verringerung anführt, gehören ohnehin nicht wenige dazu, die sehr viel mit Verbraucherschutz, Verbraucherbewusstsein, aber natürlich auch mit Werbestrategien der Unternehmer und des Handels zu tun haben. Hier wird die gesamtgesellschaftliche Aufgabe tatsächlich deutlich, insbesondere, wenn dort angeführt wird, dass die Menschen durch die Verfügbarkeit eines Überangebotes von Lebensmitteln die Wertschätzung für Nahrung verlieren und Kriterien wie Form, Farbe oder Größe über Kauf und Angebot entscheiden. Auch die Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums, das von Unternehmen gern genutzt wird, um den Markt zu übersättigen, müsste von Verbraucherinnen und Verbrauchern, dem Handel und letztendlich durch uns alle längst kritischer angesehen werden, wenn wir die Verschwendung von Lebensmitteln, in diesem Fall vor allem von Milchprodukten, einschränken wollen.

Wir stimmen Ihrer Begründung völlig zu, wenn Sie betonen, gerade Mecklenburg-Vorpommern trägt als Agrarland und als bedeutender Standort der Ernährungsindustrie eine besondere Verantwortung. Ergänzen möchte ich, dass es dabei auch um die Verschwendung kost- barer Ressourcen wie Wasser, Energie und Umwelt geht. Ich hoffe sehr, dass es im Ergebnis der vorgeschlagenen Arbeitsgruppe zu einer sachlichen Diskussion, mehr Transparenz der Wertschöpfungskette, eine umweltfreundlichere Gestaltung von Lebensmitteln so- wie um die Stärkung des Verbraucherbewusstseins und die Behandlung dieses Themas im Schulunterricht gehen wird.

Im Einzelhandel sollte zumindest teilweise der unverpackte Verkauf von insbesondere Obst und Gemüse erweitert werden, damit es Verbraucher leichter haben, ihren tatsächlichen Bedarf einzukaufen. Mit der größeren Aufnahme von regionalen und frischeren Produkten in den Supermärkten könnte auch das notwendige Bewusstsein gestärkt werden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der belgische Schriftsteller und katholische Ordenspriester Phil Bosmans hatte uns schon vor Jahren ermahnt: „Millionen würden jubeln über die Lebensmittel in unseren Mülleimern.“ Das gehört zu diesem Thema, vor allem aber zu jenem Verbraucherbewusstsein, das wir gemeinsam entwickeln müssen.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, das haben Sie bereits signalisiert. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Beate Schlupp, CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Feike von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verschwendung von Lebensmitteln – ja, das stimmt.

(Egbert Liskow, CDU: Oi!)

Wir Deutsche verschwenden Lebensmittel,

(Egbert Liskow, CDU: Sie auch?!)

insgesamt über 1,3 Milliarden Tonnen im Jahr. Das heißt, dass zwei Drittel aller produzierten Lebensmittel nutzlos in die Tonne geworfen werden. Ich beziehe meine Angaben in diesem Zusammenhang fortführend weiter auf die Quelle der Verbraucherzentrale von Nordrhein-Westfalen, weil überall immer unterschiedliche Zahlen genannt wurden.

Über 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden weggeworfen, wie ich gesagt habe, landen einfach im Müll. Man spricht auch von einer Verschwendung vom Acker bis zum Teller. In der Landwirtschaft werden zum Beispiel Salat oder Erbsen übergepflückt oder Gurken weggeworfen, weil sie nicht dem Marktpreis entsprechen oder nicht die gewünschten Standards erfüllen. Durch Transport und Vertrieb verderben Obst- und Gemüsesorten. Die Hersteller sind bei Überproduktion bestrebt, diese zu vernichten. Bäckereien entsorgen das Brot und die Brötchen vom Vortag. Kantinen müssen Essenreste aus hygienischen Gründen entsorgen. Ja, und wir Verbraucher? Wir werfen circa 80 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr und pro Person weg, wovon etwa zwei Drittel noch verwendbar gewesen wären. Die Gründe dafür sind vielfältig: Es wird zu viel gekauft, es wird zu viel gekocht und es wird falsch gelagert.

Ich sehe es genauso, wie es in dem Antrag beschrieben wurde, dass die Wertschätzung von Lebensmitteln verloren gegangen ist. Fastfood und Fertigprodukte bestimmen immer mehr den Esstisch. Es ist tendenziell zu erkennen, dass immer mehr die Kenntnis und Kompetenz über die Lebensmittel abnimmt. Genauso sieht es mit der Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln aus. Hinzu kommt das Grundverständnis einiger Verbraucher: „Geiz ist geil“, das heißt, je billiger, umso besser.

All diese aufgezählten Fakten zeigen, dass es unbedingt notwendig ist, auch politisch aktiv zu werden und gegen diesen Trend zu steuern. Auch die EU hat sich dieses Themas angenommen und wird in der ersten Hälfte des nächsten Jahres, 2016 also, dazu eine Kampagne starten.

Wir stimmen diesem Antrag natürlich zu und selbstverständlich stimmen wir auch dem Antrag der Linksfraktion zu, weil Sie recht haben, dass man die öffentlichen Medien und die Medienlandschaft mit einbeziehen muss, denn sie sind ein wichtiger Stein, um dieses Ziel zu erreichen, dass wir weniger Lebensmittel verschwenden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Beate Schlupp, CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist fast auf den Tag genau vier Jahre her, seit der Film „Taste the Waste“ von Valentin Thurn in die Kinos kam. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, also vor vier Jahren, wurde auch der breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt, welch schockierendes Ausmaß die Verschwendung von Nahrungsmitteln auf der gesamten Welt und der Umgang mit Lebensmitteln in den Industriegesellschaften angenommen hat. Da werden Bilder gezeigt, wie ein Bäcker seine Öfen mit altbackenem Brot heizt oder wo ein Landwirt davon spricht, dass 40 bis 50 Prozent seiner Kartoffeln noch auf dem Acker aussortiert werden, wir haben es schon gehört, weil sie zu klein oder zu groß oder zu krumm sind.

Ein Jahr später, ziemlich schnell also, kam vom Bundeslandwirtschaftsministerium die in Auftrag gegebene Studie heraus, auf die Sie sich, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, bei Ihrem Antrag beziehen, und wiederum drei Jahre später, also jetzt im Jahr 2015, ist dieses Thema schon auf Ihrer Agenda gelandet.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Ja, ist doch schön.

(Egbert Liskow, CDU: Ja. Und was haben Sie gemacht?)

Ich gebe Ihnen recht, es ist ein brisantes und wichtiges Thema. Ernährung, respektvoller Umgang mit Nahrungsmitteln, aber auch mit Produktionsgrundlagen wie Boden, Wasser, Nährstoffkreisläufen und eine Wende in der landwirtschaftlichen Produktionsweise zu mehr Nachhaltigkeit sind für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zentrale Themen. Da erzähle ich Ihnen bestimmt nichts Neues.

(Egbert Liskow, CDU: Das habe ich das erste Mal gehört von Ihnen.)

Es sind leider nicht nur die im Antrag erwähnten 82 Kilogramm Lebensmittel, die pro Kopf und Jahr in deutschen Haushalten weggeworfen werden. Laut EU-Kommission landen schon 39 Prozent des Lebensmittelabfalls bei Herstellung und Weiterverarbeitung auf dem Müll, schlicht und einfach, weil sie Normvorgaben des Handels nicht entsprechen. Bis zu 50 Kilogramm essbare Lebensmittel werden in einem durchschnittlich deutschen Supermarkt täglich in die Mülltonne geworfen.

Schockierend auch folgende Zahlen, die aus einer ARDDokumentation vom Februar 2015 stammen: Mindestens ein Drittel der Mengen an Schweinen, die produziert werden, sind Ausschussware oder Abfall im weitesten Sinne. 59 Millionen Schweine werden in Deutschland pro Jahr gezüchtet, gemästet und geschlachtet. Wenn ein Drittel davon im Müll landet, sind das rund 20 Millionen Tiere. Nachsehen können Sie das in der SWR-Dokumentation von Edgar Verheyen „Schweine für den Müllcontainer“.

Ich finde es daher beachtlich und richtig, wenn in Ihrem Antrag gefordert wird, endlich einmal alle Akteure zur Verantwortung zu ziehen, auch Landwirte, Lebensmittelwirtschaft und Handel. Häufig genug hat sich in der Vergangenheit das Thema darin erschöpft, Infoblättchen über das Mindesthaltbarkeitsdatum zu drucken und so zu tun, als ob der Schwarze Peter ausschließlich beim Kunden läge, beim Endverbraucher. Dass dieser dem Handel

aber Zwänge auferlegt, perfekt aussehendes Gemüse in das Regal zu stapeln, und dann so viel davon kauft, dass er das meiste wegschmeißen muss, das stellen wir ein bisschen in Zweifel, denn so einfach ist das nicht. Natürlich muss sich das Kundenverhalten ändern, das allein hilft aber nur begrenzt.

Noch mal zurück zu dem Film „Taste the Waste“: Da sagt jemand, früher habe man hungrige Menschen satt machen müssen, heute muss man satte Menschen hungrig machen, damit der Gewinn steigt. Das heißt, es werden ständig neue Bedürfnisse geweckt für Produkte, die wir oft gar nicht brauchen. Das schon erwähnte Mindesthaltbarkeitsdatum ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Industrie Handel und Verbraucher manipuliert. Denn dieses Haltbarkeitsdatum sagt gar nichts darüber aus, wie lange ein Produkt noch genießbar ist,

(Torsten Renz, CDU: Aber wie lange es haltbar ist. – Egbert Liskow, CDU: Mindestens.)