Protokoll der Sitzung vom 25.09.2015

aber ich gehe davon aus,

(Minister Dr. Till Backhaus: Das kann ich Ihnen nachher gleich sagen.)

dass die offiziellen Zahlen durchaus nicht dem entsprechen, was man so von Leuten hört, die eigentlich örtlich damit auch häufig zu tun haben.

Aber wieder weg von dem Thema, vielleicht können wir ja auch...

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie können ja mal die Braunbären thematisieren, das kann auch noch kommen.)

Wollen wir jetzt über den Antrag sprechen? Wir können auch gerne über den Wolf sprechen, da bin ich auch vorbereitet.

(Glocke der Vizepräsidentin – Heiterkeit bei Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, ja, ja.)

Sehr geehrte Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

(Glocke der Vizepräsidentin – Heinz Müller, SPD: Und falsch gehaltene Hunde auch.)

Sie haben zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung der bäuerlichen Milchviehhaltung aufgeführt. Für viele der Maßnahmen sind wir als Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht zuständig oder wir können aufgrund der Eigenverantwortung der genossenschaftlich organisierten Milchviehhalter nicht darauf einwirken.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Inwieweit...

Frau Schlupp, einen kleinen Moment!

Also,

(allgemeine Unruhe)

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich denke, es geht hier um ein ernsthaftes Thema. Belassen wir es jetzt dabei. Es ist der vorletzte Tagesordnungspunkt

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Herr Liskow stört hier immer.)

und lassen Sie Frau Schlupp bitte aussprechen. Ansonsten gibt es draußen noch eine Lobby,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

wenn man jetzt der Ernsthaftigkeit hier nicht mehr zuträglich ist.

Frau Schlupp, Sie haben das Wort.

Danke schön.

Ich möchte mich jetzt wirklich inhaltlich damit auseinandersetzen und diejenigen, die Interesse haben, werden ja vielleicht dann auch zuhören wollen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Inwieweit die Produktion von Biomilch, Weidehaltung, gentechnikfreie Fütterung oder die Haltung von robusten Rassen die aktuelle Situation der Milchviehbetriebe in unserem Land verbessert, erschließt sich mir nur schwer, denn wir reden ja von „Milchkrise überwinden“.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Ich habe mich natürlich im Vorfeld der Debatte auch in Dechow erkundigt, und das, was ich im Folgenden ausführe, habe ich mit den Verantwortlichen in Dechow besprochen. Und es ist so, der Preis für Biomilch ist derzeit erheblich über dem der konventionell erzeugten Milch und er ist in den letzten Jahren relativ stabil. Allerdings wurde mir auch gesagt, der Biomilchmarkt ist ein Nischenmarkt und wird von Dechow derzeit mit 2 Prozent beziffert. Deshalb eignet er sich auch nicht zur Lösung der aktuellen Krise.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aktuell hat Deutschland in diesem Markt einen Selbstversorgungsgrad von circa 70 Prozent. Wenn also mehr als 30 Prozent Biomilchmenge in Deutschland hinzukommen, droht auch hier ein Preisverfall, der nicht so schnell durch Nachfragesteigerung kompensiert werden kann.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wann in diesem Markt eine dauerhaftere Sättigung erreicht werden wird, ist schwer zu ermitteln. Sicher ist allerdings, dass nicht alle Verbraucher, die in Umfragen bereit zu sein scheinen, für Bioprodukte mehr auszugeben, dies beim Einkauf auch tatsächlich tun. Zudem sinkt die Bereitschaft, mehr zu bezahlen, bei Überschreiten eines bestimmten Unterschiedsbetrages überproportional. Darüber hinaus ist eine solche Umstellung für die meisten Milcherzeuger nicht wirtschaftlich, da neben notwendigen Umbaukosten bei niedrigerem Tierbesatz, höheren Lohnkosten und niedrigerer abgelieferter Milchmenge auch die Umstellungsphase liquiditätsmäßig untersetzt werden muss. Hinzu kommt das Risiko, dass bei zu vielen Umstellern der Preis für Biomilch sinken würde und in diesem Segment dann eine Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben wäre.

Inwieweit der Aufbau genossenschaftlich organisierter Kleinmolkereien mit der Stärkung der Marktmacht der Erzeuger einhergehen kann, das müssen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – ich denke mal, Sie, Frau Dr. Karlowski, im Speziellen –, doch näher erklären,

(Egbert Liskow, CDU: Das kann sie nicht.)

denn auf den ersten Blick schließen sich diese Forderungen aus. Wenn Sie dann die Schaffung eines funktionierenden Rohmilchmarktes anregen, fehlen mir entsprechende nähere Erläuterungen, von welchem Markt Sie

sprechen – Weltmarkt, europäischer Markt, deutscher Markt, Markt in Mecklenburg-Vorpommern –

(Egbert Liskow, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE: Mediamarkt.)

und mit welchen Instrumenten Sie einen solchen funktionierenden Markt etablieren wollen, um mich ernsthaft mit dieser Forderung auseinandersetzen zu können.

Auch der Wegfall der Andienungspflicht ist ein altes Thema, das im Übrigen bei entsprechenden Mehrheiten von den Genossenschaftsmitgliedern über Satzungsänderung selbst umgesetzt werden könnte. Von daher ist allenfalls der Titel des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ambitioniert. Der Antrag selbst bleibt die notwendigen Antworten schuldig.

Meine Fraktion, die nicht für sich in Anspruch nimmt, mit Vorschlägen die aktuelle Milchkrise kurzfristig beenden zu können, ist der Auffassung, dass die Superabgabe von 900 Millionen Euro genutzt werden sollte, um die existenzgefährdenden Preise zu kompensieren. Gleichzeitig unterstützen wir die bereits vom Landwirtschaftsminister aufgeführten Maßnahmen hinsichtlich der Liquiditätssicherung der Betriebe.

Problematisch ist für uns allerdings, dass die Landesregierung auf der einen Seite liquiditätssichernde Maßnahmen auf den Weg bringt, auf der anderen Seite jedoch die Pachten für landwirtschaftliche Nutzflächen des Landes erhöht werden sollen. Hier sollte ein Überdenken der Preispolitik zugunsten der Veredlungsbetriebe in unserem Land erfolgen.

Weiterhin stellt meine Fraktion erneut die Forderung zur Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage in den Raum. Wenn auch der Bundesfinanzminister dieses Ansinnen bereits abgelehnt hat, so muss diese Forderung immer wieder erhoben werden, um den Landwirten die Möglichkeit zu geben, gewisse Risiken steuerlich zu kompensieren. Zudem sollten die Beratungsleistungen in Sachen Risikomanagement unter Berücksichtigung der Ergebnisse der EU-Milchmarktbeobachtungsstelle forciert werden.

Sie sehen also, wir haben keine schnellen Lösungen, aber längerfristig wären diese Vorschläge aus unserer Sicht durchaus geeignet, die Situation der Milcherzeuger zu stabilisieren. Die Milchkrise aber zum Anlass zu nehmen, um bekannte grüne Forderungen einmal mehr einer breiteren Öffentlichkeit zu unterbreiten, das werden wir nicht unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vielleicht sind Sie ja lernfähig.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift der Landtag heute ein Thema auf, das die öffentliche Diskussion der letzten Wochen und Monate in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland und in der Europäischen Union bestimmte und immer noch weiter bestimmt. Dieses war

auch ein Hauptthema, der Minister hat es bereits angeführt, auf der MeLa, wo es um den Zwiespalt zwischen Markt und Regulierung ging.

Meine Damen und Herren, Sie haben sicher alle noch die Bilder von blockierten Autobahnen in Frankreich, von Protesten vor Lebensmitteldiscountern in Teterow, von der Demonstration der Milchbäuerinnen und Milchbauern in München, aber auch – leider – von brennenden Autoreifen, von einem Polizeieinsatz mit Wasserwerfern und Tränengas und vom lahmgelegten Europazentrum in Brüssel vor Ihren Augen. Europaweit protestieren die Landwirte gegen ruinöse Rohmilchpreise, gegen die Marktmacht des Einzelhandels und der Molkereien. Und diese Proteste gehen weiter und werden sich sicher noch einmal verschärfen, denn eine kurzfristige Lösung – das war schon angeführt worden – ist nicht in Sicht.

Es werden Forderungen an die Politik lauter, in den nicht mehr funktionierenden Milchmarkt einzugreifen. Die Rede ist auf der einen Seite von der Wiedereinführung der Milchquote oder auch von freiwilliger Reduzierung der Milchproduktion mit einem entsprechenden finanziellen Ausgleich. Neue Märkte sollen mit einer Exportoffensive erschlossen werden, die Sanktionen gegen Russland im Zuge der Ukrainekrise und damit das Einfuhrverbot für Lebensmittel gelockert und aufgehoben werden, was ich ausdrücklich unterstützen würde. Andererseits fordert der Bauernverband im Bund und auch im Land das Festhalten an der Abschaffung der Milchquote, dafür aber direkte finanzielle Hilfen des Staates für die Milchbauern.

Brüssel macht Geld locker. 500 Millionen, das hört sich außerordentlich viel an,

(Egbert Liskow, CDU: Das ist auch viel.)

aus meiner Sicht ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn nicht nur die europäischen Milchbauern möchten davon etwas abbekommen. Gleichzeitig mit der Milchkrise haben wir es momentan mit einem dramatischen Preisverfall auf dem Markt für Schweine- und Rindfleisch zu tun. Die europäischen Obst- und Gemüsebauern stecken ebenfalls in der Krise.