Protokoll der Sitzung vom 22.10.2015

Das sind, wenn man das mal umrechnet, rund 6.350 zusätzliche Stellen. Da müssen wir uns ehrlich machen, die Diskussion zu dieser ganz gezielten Förderung des Personals in den Krankenhäusern ist natürlich auch im Deutschen Bundestag kontrovers verlaufen. Mein geschätzter Kollege Professor Karl Lauterbach hat in der jüngsten Debatte, die dazu im Deutschen Bundestag stattgefunden hat, eingeräumt, dass ein Mehr an Mitteln und ein Mehr an Möglichkeiten etwas ist, dem wir als SPD uns, ich sage mal, nicht verschließen wollen. Letzten Endes sind wir aber zunächst einmal froh darüber, eine solche Regelung auf Bundesebene vereinbaren zu können. Das ist ein wirklich beachtlicher Schritt für mehr Personal in den Krankenhäusern, an den Patientenbetten.

Meine Damen und Herren, zudem haben sich der Bund und die Bundesländer im Sinne unseres gemeinsamen Ziels, also der guten Arbeit auch für die Pflegekräfte in den Krankenhäusern, verabredet, beispielsweise den Versorgungszuschlag in einen neuen zweckgebundenen Pflegezuschlag zu überführen, der dann als geldwerter Anreiz jene Krankenhäuser belohnt, die bereit und auch entschlossen sind, mehr Personal an den Patientenbetten einzusetzen. Darüber hinaus ist beschlossene Sache, dass eine Expertenkommission auf Bundesebene genau das in Rede stehende Thema untersuchen wird, also die Frage, wie innerhalb des DRG-Vergütungssystems oder aber durch Regelungen außerhalb des DRG Personalkosten im Bereich der Pflege besser dargestellt werden können.

Und, lieber Kollege Foerster, lieber Kollege Koplin – der ja so aussieht, als würde er auch noch dazu sprechen –,

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, DIE LINKE: Bin schon auf dem Sprung.)

dass zum Thema Zielerreichung durch das DRG Gesprächsbedarf besteht, nicht nur Gesprächsbedarf besteht, sondern auch gesprochen wird, beispielsweise im Sachverständigenrat, auch in den Diskussionen im Deutschen Bundestag, das steht außer Frage. Möglich wäre ja auch, dass die Expertenkommission zu dem Ergebnis kommt, die Pflege in den DRGs stärker zu gewichten,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

also einen höheren Anteil für den entsprechenden Pflegeaufwand zur Verfügung zu stellen. Aber wir sind der Auffassung – als SPD-Fraktion zunächst mal hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, weil wir hier über den Antrag entscheiden müssen, der uns von Ihnen vorgelegt wurde –, dass wir nicht beide Schritte auf einmal gehen können. Wir können nicht auf der einen Seite sagen, wir machen mehr Geld für die Pflege möglich und setzen uns damit auseinander, wie wir innerhalb der DRGs den Pflegeaufwand stärker gewichten, und systemwidrig machen wir gleichzeitig eine Festschreibung

für den Personalstandard im Rahmen der Landeskrankenhauspläne.

Ein weiterer und letzter Punkt, auch darauf ist Ministerin Hesse bereits eingegangen, der zwischen den Bundesländern und dem Bund verhandelt wurde, ist: mehr Personal für die Umsetzung der Hygienevorgaben.

In der Summe – ich hoffe, ich konnte Ihnen das darlegen, das wird Sie jetzt auch nicht überraschen – haben wir uns dazu entschieden, den oben skizzierten und nun auch wirklich jüngst auf Bundesebene abgestimmten Weg der Stärkung des Personals in den Krankenhäusern erst mal fortzusetzen und konstruktiv zu begleiten als einen Weg, um das Ziel der guten Arbeit für die Pflegekräfte in unserem Bundesland zu erreichen. Und in der logischen Folge können wir dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Vielen Dank, Herr Barlen.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE stellt fest, dass die Pflegesituation im Krankenhaus stark verbesserungsbedürftig ist, dass wir zu wenig Pflegekräfte haben – ein Thema, das wir immer wieder diskutieren. Ich erinnere daran, dass wir gerade in der Enquetekommission auch über Krankenhaus und Pflege debattieren und dort versuchen, Handlungsempfehlungen auf den Weg zu bringen.

Ich werde jetzt nicht auf DIE LINKE schimpfen, weil wir mal eine Vereinbarung hatten: Wenn wir das noch nicht verabschiedet haben, dann machen wir das nicht, weil wir ja in der Enquetekommission bislang erst einen Zwischenbericht haben. Ich glaube, dass die Themen, die jetzt kommen, uns hindern würden, auf die Missstände, die da sind, einzugehen. Also von daher, denke ich, müssen wir uns unterhalten, inwiefern wir Punkte, die dort aufgegriffen werden, mit in den Landtag einbringen.

Gerade der Mangel an Pflegekräften ist seit Jahren bekannt und es gibt, glaube ich, seit über einem Jahr in verschiedenen Ländern die Aktion – Mecklenburg-Vorpom- mern ist da noch nicht so aktiv – „Pflege am Boden“, wo sich Pflegepersonal mindestens einmal im Monat zu einem Flashmob verabredet, um eben auf die Situation aufmerksam zu machen. Manchmal wünschte ich mir, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern da ein bisschen widerständiger sind und letztendlich diejenigen, die in der Pflege tätig sind, auch ihren Protest aufzeigen, denn sie werden häufig nicht gehört.

Das, was wir in der Enquetekommission ebenfalls immer wieder gehört haben und auch diskutieren, ist ja auf der einen Seite die medizinische Versorgung und dass eben der Pflegebereich sehr stark vernachlässigt oder weiter ins Abseits gedrängt wird. Das ist, denke ich, in den Kliniken sehr unterschiedlich. Aber das, was uns zu denken geben muss, ist, dass die Pflegefachkraft zum Beispiel in Polen durchschnittlich 9,3 Patienten hat, in Deutschland 10,3 und beispielsweise in der Schweiz 5,5 Patienten. Das heißt,

die Pflegekraft hat – auch je nach Krankheitsbild – dort wesentlich mehr Zeit. Ich denke, ein Punkt, der sehr wichtig ist in diesem Bereich, ist, dass wir doch immer wieder einen hohen Krankenstand gerade beim Pflegepersonal haben, sodass daher die Befassung hier im Landtag wichtig ist.

Frau Hesse und auch Herr Barlen, was mich nicht ganz überzeugt hat, ist, wenn ich jetzt den Punkt II.2 nehme, „sich auf Bundesebene für eine gesetzliche Regelung einzusetzen“. Ich weiß, dass wir zurzeit das Krankenhausstrukturgesetz diskutieren, und wir wissen auch, dass das gerade für die ländlichen Räume möglicherweise große Konsequenzen nach sich zieht, weil man ja sagt, dass kleinere Krankenhäuser geschlossen werden. Von daher ist die Frage, wenn das jetzt vorgeschlagen wird …

(Ministerin Birgit Hesse: Nein, nein!)

Es besteht die Gefahr. Wir waren gerade letztens bei der AOK live.

Man wird es möglicherweise nicht tun, aber ich denke, dass man auf Bundesebene mehr auf die ländlichen Räume hören sollte. Von daher würde ich den Antrag der LINKEN so verstehen, diese zu stärken. Ich denke, das ist ja etwas, wozu auch ein Parlament da ist.

Wenn Herr Barlen sagt, wir sehen auch den Fachkräftemangel – ich denke, die CDU wird das ebenfalls so feststellen –, frage ich mich, warum man hier nicht zusammen einen Antrag stellt und dann versucht, Sie als Ministerin und auch den Ministerpräsidenten zu stärken. Denn das, was an der Basis los ist – ich habe mit vielen Pflegern gesprochen, Frau Hesse, sie pfeifen auf dem letzten Loch. Die haben im Grunde genommen irgendwann das Reden, ja, nicht satt, aber sie können es eben nicht mehr hören, weil den Worten keine Taten folgen. Die Befürchtungen, die es gerade im Zusammenhang mit dem Krankenhausstrukturgesetz gibt, die sind vorhanden und die müssen aus dem Weg geräumt werden.

Ich denke, das Expertengremium, die Expertenkonferenz, die muss dann auch gestärkt werden, nämlich mit dem Blick darauf: Wie gehen wir damit um, wenn wir eine zurückgehende Bevölkerungsstärke haben? Wir haben diese Probleme, und, Herr Barlen, Sie wissen genau, wie wir zurzeit diskutieren. Erinnern Sie sich an das Gutachten in der Enquetekommission?! Es muss sich rechnen!

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Ich denke, da brauchen wir einen Paradigmenwechsel, und von daher sehe ich auch den Antrag der LINKEN so, hier noch mal zu bekräftigen, dass gerade die Pflegekräfte die Unterstützung brauchen, von der Ausbildung will ich jetzt gar nicht reden. Von daher wird meine Fraktion dem Antrag zustimmen. – Ich danke doch für die Aufmerksamkeit. So, ich kriege gar keinen Beifall?!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Ritter, DIE LINKE: Da möchte ich auch Beifall spenden.)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schubert von der Fraktion der CDU.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Herr Schubert sieht so aus, als wenn er einen kurzen Moment darüber nachgedacht hat.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Foerster, ich werde kurz darüber nachdenken, was ich jetzt entgegnen werde, und zwar: Meine Damen und Herren von den LINKEN, bereits 2013 stellte Ihre Bundestagsfraktion einen Antrag zum Thema „Bessere Krankenhauspflege durch Mindestpersonalbemessung“. Dieser wurde damals aus gutem Grund abgelehnt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich kann Ihnen mal einige Gründe aus dem Protokoll nennen. Mit Genehmigung der Präsidentin würde ich daraus zitieren. Da steht zum Beispiel: „Schließlich ist Krankenhaus nicht gleich Krankenhaus. Die Anforderungen an die Häuser und von den einzelnen Häusern sind häufig sehr unterschiedlich.“

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jaja.)

„So sind beispielsweise die Anforderungen im baulichen Bereich sehr verschieden. Außerdem unterscheiden sich Krankenhäuser oft in ihrem Auftrag bzw. ihren Schwerpunkten. Ein Krankenhaus zur Maximalversorgung kann nicht mit einem Krankenhaus zur Grundversorgung in der Fläche verglichen werden. Letztendlich ist ja die Schwere der Fälle entscheidend für den Pflegeaufwand.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schön wärs.)

Das waren einige Gründe, warum damals der Antrag der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag abgelehnt wurde. Jetzt haben Sie den Antrag natürlich wieder herausgeholt. Wenn ich das nämlich verglichen habe, ist es der gleiche Antrag.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Haben Sie nicht zugehört, was der Aufhänger war?!)

Heute gibt es natürlich auch noch weitere Gründe, um Ihren Antrag abzulehnen. Bei Personal nur über seine Anzahl zu reden, halte ich nicht für den richtigen Weg. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern sehr kompetentes und qualifiziertes Personal,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat niemand bestritten.)

das sehr gute Arbeit leistet und die Patienten und Patientinnen sehr gut versorgt. Davor habe ich großen Respekt und meine Fraktion auch. Aufgrund des Fachkräftemangels ist qualifiziertes und engagiertes Personal sehr wichtig.

Frau Gajek, ich weiß nicht, wie man mit diesem Antrag mehr Fachpersonal an Krankenhäusern bekommen will. Also ich weiß nicht, wie wir den Fachkräftemangel damit beheben sollen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wie wollen Sie das denn machen? – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin der Auffassung, man wird damit den Fachkräftemangel noch verstärken. Das ist unsere Auffassung.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Würden Krankenhäuser zur Einstellung von Personal verpflichtet werden, so, wie Sie es fordern, meine Herren und Damen von den LINKEN, und könnte ein Krankenhaus dies nicht umsetzen, zum Beispiel aufgrund ausbleibenden Personals, von Krankenstand et cetera, erhalten die Krankenhäuser womöglich Sanktionen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da ist man aber bemüht, das zu ändern.)

Das war auch eine Begründung, dass man damals, 2013, vonseiten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr kritisch mit diesem Antrag umgegangen ist.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Sachen sind auch rausgenommen worden.)

Dies wäre gerade für Mecklenburg-Vorpommern fatal und kann bis hin zu einer Schließung eines Krankenhauses führen. Das kann doch nicht Ihr Ziel sein, liebe Damen und Herren von den LINKEN!

Ihre geforderte Personalbemessung würde den Krankenhäusern in Mecklenburg-Vorpommern erheblich schaden. Mecklenburg-Vorpommern als Flächenland muss alle seine 37 Krankenhäuser erhalten. Dieses Ziel hatten wir uns immer gestellt, gemeinsam mit der Ministerin.