Protokoll der Sitzung vom 22.10.2015

(Vincent Kokert, CDU: Na, wenn der Landtag sich das wünscht. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Sollte das nicht der Fall sein, bitte ich Sie doch, dass Sie sich auf kurze Zwischenrufe beschränken. Der Redner muss hier vorne zu verstehen sein.

Bitte schön, Herr Abgeordneter, fahren Sie fort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Ich möchte noch auf das Argument eingehen, dass auch die Jugendlichen weiterhin auf dem Schwarzmarkt Drogen einkaufen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Großteil der Konsumenten sind Erwachsene, das ist unstrittig. Wenn diese die Möglichkeiten haben, das in entsprechenden Cannabisfachgeschäften zu erwerben,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Cannabis- fachgeschäfte, das finde ich klasse.)

werden sie auch auf diese Möglichkeit zurückgreifen. Der Schwarzmarkt wird dann zusammenbrechen. Das entspricht auch den historischen Erfahrungen in den USA nach dem Ende der Alkoholprohibition. Es gibt keinen Schwarzmarkt für Alkohol. Ich weiß nicht, ob Sie noch irgendwo Alkohol auf dem Schwarzmarkt erwerben. Wenn Sie es täten, wären Sie ziemlich dumm.

(Vincent Kokert, CDU: Schreien Sie mich nicht so an, Herr Saalfeld! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein reiner Schwarzmarkt für Jugendliche ist für die organisierte Kriminalität aber nicht erträglich genug, das finanziert sich nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mutti, hast du die Tüte mit? – Vincent Kokert, CDU: Auf jeden Fall machen Drogen aggressiv, Herr Saalfeld.)

Ja, Alkohol macht aggressiv, allerdings nicht Cannabis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann kam die Frage: Wird nicht eigentlich die Hemmschwelle gesenkt, wenn es irgendwann legal Cannabis zu konsumieren gibt? Würde das denn nicht dazu führen, dass es viel mehr Leute gibt, die anfangen, das zu konsumieren? Das war auch der Vorwurf von Frau Friemann-Jennert, dass es mehr Unfalltote gibt, weil viel mehr Leute anfangen würden, Cannabis zu konsumieren. Dann gab es andere Vorwürfe, dass Jugendliche leichter rankom- men.

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, Daten der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, kurz EBDD, zeigen, dass es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen der nationalen Rechtslage und dem jeweiligen Cannabiskonsum gibt. In Italien ist beispielsweise die Konsumrate nach einer Strafverschärfung witzigerweise angestiegen. Das widerspricht aber der CDU-Logik. Sie sind ja der Meinung, hohe Strafen – geringer Konsum. Aber in Italien hat man die Strafen erhöht und der Konsum ist gestiegen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, das ist wieder so eine paradoxe grüne Logik.)

Wie erklären Sie sich das?

(Vincent Kokert, CDU: Hören Sie auf!)

Wie erklären Sie sich das, Herr Kokert?

(Vincent Kokert, CDU: Das ist Ihre typische Chaostheorie, die Sie hier vortragen.)

In Griechenland ist trotz einer Lockerung der Strafvorschriften der Konsum gesunken. Wie erklären Sie sich das, Herr Kokert?

(Vincent Kokert, CDU: Ich habe den Eindruck, dass Sie einen Selbstversuch gemacht haben, Herr Saalfeld. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der war jetzt geklaut. Komm, hör auf! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielmehr sind offenbar kulturelle und andere Faktoren für die Entwicklung der Konsumraten ursächlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist aber nicht so, dass wir nicht auch auf Erfahrungen mit Liberalisierung von Cannabis in anderen Ländern zurückgreifen könnten.

(Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe. – Michael Andrejewski, NPD: Oooh! – Udo Pastörs, NPD: Oh, hör auf! Der Rausch ist vorbei.)

Portugal, Schweiz, Niederlande, Tschechien – überall dort ist das Abendland nicht untergegangen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Redezeit. Ich finde es schade, dass offensichtlich Fakten, Argumente oder Studien bei den Regierungsfraktionen wenig zählen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit und ich unterstütze den Antrag von den LINKEN, den vorliegenden Antrag in den Sozial- und in den Innenausschuss zu überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa- che 6/4588 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen von SPD, CDU und NPD abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4588. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4588 mit den Stimmen von SPD, CDU und NPD abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE sowie bei zwei Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Beiträge freiwillig Versicherter für die gesetzliche Krankenversicherung nicht von einem fiktiven, sondern vom tatsächlichen Bruttoeinkommen ableiten, Drucksache 6/4598.

Antrag der Fraktion der NPD Beiträge freiwillig Versicherter für die gesetzliche Krankenversicherung nicht von einem fiktiven, sondern vom tatsächlichen Bruttoeinkommen ableiten – Drucksache 6/4598 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hasch habe ich leider nicht zu bieten, stattdessen nur das SGB V. Das ist auch alles andere als berauschend, trotzdem nicht uninteressant, denn es enthält einige haarsträubende Ungerechtigkeiten.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Es handelt sich um das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. In Paragraf 240 Absatz 4 SGB V gönnen sich die gesetzlichen Krankenkassen über den Umweg der Parteien, die ihnen die gewünschten Gesetze zusammenschneidern, eine für sie sehr günstige Regelung. Während sich der Krankenkassenbeitrag bei pflichtversicherten Arbeitnehmern am tatsächlichen Einkommen orientiert, wird bei freiwillig Versicherten einfach mal ein fiktives Mindesteinkommen festgelegt, ohne dass dabei der wirkliche Verdienst eine Rolle spielt.

Auf der Netzseite „Krankenkassen Deutschland“ wird das in Bezug auf hauptberuflich Selbstständige, die freiwillig versichert sind, folgendermaßen begründet, Zitat: „Bei Selbstständigen und Freiberuflern wird üblicherweise davon ausgegangen, dass sie ein monatliches Brutto- einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von 4.125,00 Euro im Jahr 2015 erzielen.“ Da steht auch, Zitat: …

(Udo Pastörs, NPD: Monatlich! Monatlich!)

Im Jahre 2015, monatlich im Jahre 2015 erzielen.

Und dort steht auch, Zitat: „Im Normalfall geht die gesetzliche Krankenkasse davon aus, dass ein Selbstständiger gut verdient.“ Da können wir mal sehen, in was für einem Elfenturm die leben, Elfenbeinturm die leben, Elfenturm auch: Selbstständigen geht es immer gut, die haben alle Kohle ohne Ende.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dass es kleine Selbstständige gibt, die vielleicht um ihre Existenz kämpfen und am Rande der Selbstausbeutung dahinkrebsen, davon haben die überhaupt keinen Schimmer. Daher bekommen Selbstständige und Freiberufler, wenn sie sich bei der gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichern, erst mal sofort automatisch den Höchstbeitrag reingewürgt. Gnädigerweise gibt es auch die Möglichkeit nachzuweisen, allerdings mit sehr viel Antragsformularaufwand, dass man weniger verdient.

Aber egal, wie wenig man auch einnimmt, die Krankenkassen und der von ihnen am Nasenring geführte Gesetzgeber sind der festen Überzeugung, dass Selbstständige und Freiberufler sozusagen von Natur aus stets auskömmlich sind und im Luxus zurechtkommen. Deswegen geht man von Mindestverdiensten aus. Die werden gemäß Paragraf 240 Absatz 4 SGB V ermittelt. Selbst

ständige haben mindestens ein Bruttoeinkommen von 19.116,25 Euro, wird da festgelegt. Das ist einfach so. Das heißt, sie zahlen mehr als 300 Euro monatlich an Krankenversicherung, Pflegeversicherung und den Zusatzbeitrag.

Existenzgründer mit Gründungszuschuss bleiben in dem Phantasieland, in dem Krankenkassen und Parteien leben, nicht unter 1.277,50 Euro Bruttoeinkommen im Monat. Von Anfang an läuft der Laden sofort in dieser Phantasiewelt. Sobald man in die Selbstständigkeit startet, hat man sofort 1.277,50 Euro, und danach wird es nur noch besser. Das Problem ist, es handelt sich um ein fiktives Einkommen. Fiktiv heißt: eingebildet, phantastisch, nicht real. So wenig man beim Raumschiff „Enterprise“ anheuern kann, so wenig kann man ein fiktives Einkommen ausgeben. Dafür bekommt man beim Bäcker auch nur fiktive Brote, die nicht besonders sättigend sind.

(Beifall und Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Wie kommt man überhaupt auf so was, fragt man sich da. Wie kann man Beiträge von fiktiven, also nicht vorhandenen Nichteinnahmen herleiten?

Ein fiktives Einkommen kommt ansonsten noch im Unterhaltsrecht vor. Es kann vorkommen, dass ein Unterhaltspflichtiger sagt: Meiner Exfrau gönne ich gar nichts, ich lege jetzt mein Abgeordnetenmandat nieder und fange hier beim Landtag als Wachmann an. Dann verdiene ich weniger, aber das ist es mir wert – nee, das habe ich jetzt nicht gesagt, keine falschen Hoffnungen!