Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zum Teil.)

Auch das ist eine vernünftige Erkenntnis.

Allgemein kann festgestellt werden, dass durch unsere intensive Beratungslandschaft, die wir haben – darauf habe ich gestern Abend hingewiesen –, ein Umdenken in der Landwirtschaft eingesetzt hat und dass damit der Glyphosateinsatz und dessen zusätzliche Produkte deutlich verringert worden ist. Und mir ist auch wichtig, ein Landwirt, der von seinem Grund und Boden leben muss – das haben Sie leider nicht verinnerlicht –, ein Landwirt, der auf Dauer auf seinem Grund und Boden weiter produzieren will, wird seine Grundlage doch nicht aufs Spiel setzen und deswegen diese Mittel auf wissensbasierten Grundlagen einsetzen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht nicht um die Landwirte, sondern um die Zulassung von Glyphosat.)

Ich vertraue – das ist auch eine Kernaussage – dem LALLF. Das ist das Landesamt – das LALLF, nicht die LALLF, das ist das LALLF –, das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Pflanzenschutz. Wenn Sie das bitte zur Kenntnis nehmen, dass dieses akkreditierte Unternehmen eine wertvolle Arbeit leistet und dass im Übrigen das Landespflanzenschutzamt ausdrücklich in diese bundesweiten Studien und natürlich auch in die Arbeitsgruppen eingebunden ist. Ich habe ganz hohes Vertrauen, dass Herr Dr. Vietinghoff – ich sage das mal an dieser Stelle – eine ausgezeichnete Arbeit leistet im Land und weit darüber hinaus ausdrücklich hochgradig anerkannt ist.

Deswegen betone ich es noch mal: Ich glaube, die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln ist eine Grundlage, die wir auch in Zukunft mit den Landwirten weiter diskutieren wollen. Ich glaube, dass Mecklenburg-Vorpom- mern auf einem sehr, sehr guten Weg ist, die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln deutlich vorangetrieben zu haben. Insofern würde ich Sie wirklich sehr, sehr bitten: Versachlichen Sie die Diskussion! Setzen Sie sich real mit dem Thema Pflanzenschutz auseinander!

(Egbert Liskow, CDU: Das kann sie nicht.)

Und bedenken Sie immer, bei allem, was Sie an Kritik an Pflanzenschutzmitteln und damit an Medikamenten in Richtung Landwirtschaft hier austragen: Auch im ökologischen Landbau benötigen wir zur Gesundung von Krankheiten im Pflanzenbau Pflanzenschutzmittel.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein Segen, dass wir dies durch die Wissenschaft und Forschung weltweit auf den Weg gebracht haben.

Stellen Sie sich mal vor, wir hätten Phytophthora heute nicht bekämpft.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte gerne mal wissen, wie Sie heute die Kartoffel jeden Tag oder zumindest mehrfach die Woche überhaupt auf den Tisch bekommen würden? Oder schauen Sie sich das an bei anderen Schaderregern, die wir im Pflanzenbau oder in der Tierhaltung haben, wenn wir diese Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesundung von Pflanzen und Tieren oder auch der Menschheit nicht zur Verfügung hätten!

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also machen Sie sich nichts vor! Gaukeln Sie den Menschen nicht die Angst vor, dass solche Mittel, die hier eingesetzt werden, krebserregend sind!

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ein Mittel überhaupt eingesetzt und ehe so ein Mittel überhaupt zugelassen wird, dauert es bis zu zehn Jahre in der Zulassung.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die höchsten Standards. Die höchsten Standards, die es auf dieser Erde gibt, werden in Deutschland durchgeführt. Bevor ein Mittel oder ein neues Produkt überhaupt für den Konsum freigegeben wird, gibt es unzählige Studien, die durchgeführt werden müssen. Ich vertraue der Wissenschaft und der Forschung und appelliere an die Verantwortung der Unternehmen, das auch nach wie vor als vorsorgenden Verbraucherschutz in den Vordergrund aller Maßnahmen zu stellen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Glyphosatunternehmen haben andere Interessen. Das wissen Sie ganz genau!)

Versachlichen Sie die Diskussion! Ihnen geht es hier um etwas ganz anderes. Sie wollen Effekte erhaschen und versuchen damit, eine Stimmung zu erzeugen, die Sie letzten Endes auch politisch umsetzen wollen.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch der wahre Grund Ihrer Auseinandersetzung. Das ist keine sachlich fundierte Diskussion, die Sie hier führen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das sind die Fakten.)

Sie ist aus meiner Sicht vollkommen grün-ideologisch durchlaufen.

(Beifall Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Lenz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Einbringungsstatement von Dr. Karlowski, das mir auch mehr wie ein Generalschlag gegen die bei uns im Land herrschende Landwirtschaft vorkam –

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)

aber zum Glück hat der Herr Bildungsmin…,

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD, und Harry Glawe, CDU)

der Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus allgemein darauf geantwortet –, möchte ich mich auf den Antrag beziehen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich glaube, das Wort „Landwirtschaft“ kam überhaupt nicht vor.)

Nein. Aber mir kam es vor wie ein Generalschlag gegen die bei uns so produktive und innovative Landwirtschaft insgesamt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im vergangenen Jahr haben wir uns sehr, sehr umfänglich auf Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Thematik „Glyphosateinsatz und dessen Beschränkung“ befasst. Zur öffentlichen Anhörung wurden seinerzeit unter anderem das Umweltbundesamt, die Hochschule Neubrandenburg, die LMSAgrarberatung, das Bundesamt für Risikobewertung, das Landesamt für Landwirtschaft und Fischerei, der Bauernverband und zahlreiche andere Anzuhörende geladen.

Schon damals hat das BfR dargelegt, ich zitiere, „dass die geschätzte tägliche Glyphosat-Aufnahme bei Verbrauchern selbst bei überhöhten Mengen bei weniger als 2 % der duldbaren täglichen Aufnahme (…) liege. Bei einer Aufnahme unterhalb des“ festgelegten duldbaren täglichen Aufnahmewertes „seien keine schädlichen Auswirkungen zu erwarten.“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Wirkstoff Glyphosat wird seit über 40 Jahren in weit über 100 Ländern zur Unkrautkontrolle in Herbiziden eingesetzt. Er gehört zu den toxikologisch wohl am umfassendsten untersuchten Herbizidwirkstoffen. Im Rahmen des Wiederzulassungsverfahrens der Europäischen Union kommt das Bundesamt für Risikobewertung zu dem Ergebnis, dass Glyphosat bei praxisgerechter Anwendung unbedenklich für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt ist.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft hat im Rahmen der aktuellen Debatte festgestellt – ich darf mit Genehmigung der Präsidentin nochmals zitieren –, dass es „keine fachlich fundierten Hinweise auf mutagene, krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Eigenschaften und auch keine

Hinweise auf endokrinschädliche Eigenschaften“ gäbe. Trotz dieser wissenschaftlichen Ergebnisse kommt die Internationale Agentur für Krebsforschung jüngst zu der Vermutung, dass der Wirkstoff Glyphosat krebserregend ist, …

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist keine Vermutung, Herr Lenz.)

Es ist immer noch eine Vermutung.

…. ähnlich wie übrigens der Verzehr von rotem Fleisch krebserregend sei oder jüngst in unseriöser Weise infrage gestellt worden ist. Interessant dabei ist, dass eine Woche später im „ARD-Mittagsmagazin“ über das Geflügelfleisch genau das Gleiche verbreitet worden ist.

(Zurufe von Tilo Gundlack, SPD, und Martina Tegtmeier, SPD)

Für Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist dies Anlass genug, erneut das Verbot des Glyphosateinsatzes zu fordern. Sowohl das BfR als auch andere Zulassungsbehörden vertreten die Auffassung, dass Glyphosat bei ordnungsgemäßer Anwendung in der Landwirtschaft kein krebserzeugendes oder anderes gesundheitliches Risiko für die Menschen darstellt.

Das Bundesamt für Risikobewertung hat im Rahmen des Neuzulassungsverfahrens die Auswirkung von Glyphosat wieder einmal untersucht. Da sich diese Untersuchung hinzog, musste die bestehende Genehmigung bis Mit- te 2016 verlängert werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass im März 2016 eine Entscheidung fällt, ob Glypho- sat als Wirkstoff im Pflanzenschutzmittel künftig zugelassen wird. Das Bundesamt für Risikobewertung hat circa 1.000 Studien, Dokumente und Veröffentlichungen geprüft und ausgewertet. Angesichts dieser Tatsache geht das Bundesamt für Risikobewertung davon aus, dass Glyphosat in der Gefahrenskala weit unter Kochsalz und Paracetamol eingestuft werden kann. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass eine weitere Zulassung erfolgen wird.

Daran werden Aussagen wie die von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ende Juni getroffene Aussage, dass Glyphosatrückstände in 16 Muttermilchproben gefunden wurden, nichts ändern. Die Studie entbehrt nicht nur jeder wissenschaftlichen Grundlage, sondern schürt auch unbegründet Ängste bei stillenden Müttern und gefährdet das Wohlergehen von Säuglingen. So hatten Kinderärzte danach erhebliche Probleme, stillende Mütter davon zu überzeugen, dass keine Gefahr für ihre Kinder durch das Stillen besteht.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kennen Sie eine? Kennen Sie eine davon?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade vor dem Hintergrund, dass in Deutschland für die zulässige Aufnahme von Glyphosat durch Lebensmittel ein vergleichsweise strenger Grenzwert von 0,3 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag gilt, müsste ein Baby bei diesen Proben, die da gezogen worden sind, rund 4.200 Liter am Tag zu sich nehmen – nicht im Jahr, nicht im Monat, nicht in der Woche,

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Und schafft es das?)