Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU wollen deshalb eine enge curriculare Verzahnung der Rahmenpläne Deutsch und Sachkunde festschreiben und verbindliche Vorgaben machen. Die pädagogischen Freiräume für unsere Lehrerinnen und Lehrer werden trotzdem noch groß genug sein. Deshalb werden bei der Erstellung der neuen Rahmenpläne für Deutsch und Sachkunde erfahrene Schulpraktikerinnen und -praktiker genauso mit dabei sein wie die Didaktiker und Fachexpertinnen und Fachexperten.

(allgemeine Unruhe)

Es wird mit diesen Maßnahmen verbindlich festgeschrieben, dass es in den ersten beiden Jahrgangsstufen verpflichtend für alle Grundschülerinnen und Grundschüler in Mecklenburg-Vorpommern sieben Stunden Deutsch in der Woche geben wird und in den Jahrgangsstufen 3 und 4 acht Wochenstunden. Dagegen sind es in Sachsen und Baden-Württemberg sieben Wochenstunden und in Bayern in Klasse 3 und 4 sogar nur sechs,

(Torsten Renz, CDU: Die sind gar nicht ausgewiesen, Andreas. Die haben da ein Kontingent von 16 Stunden.)

und das, obwohl Baden-Württemberg immer behauptet, sie können alles außer Hochdeutsch. Und auch die sächsische und bayerische Aussprache haben einige Abweichungen zur Schriftsprache. Wir hören es ja auch ab und zu mal hier im Landtag.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das verstehe ich jetzt nicht. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Aus Sicht von SPD und CDU ist es unabdingbar, dass ein verbindlicher Grundwortschatz festgeschrieben wird. In anderen Bundesländern gibt es das schon lange. Der Minister hat das vorhin auch gesagt. Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern wurde dieser Grundwortschatz mit dem ersten CDU-geführten Kultusministerium abgeschafft, damals war es Herr Wutzke, in meinen Augen nicht nachvollziehbar.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

In Bayern gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits einen Grundwortschatz, der aktuell 700 Wörter umfasst. Und auch das Land Brandenburg hat einen Grundwortschatz von 700 Wörtern festgeschrieben.

Im Vorwort zum Grundwortschatz des Landesinstituts für Schule und Medien in Berlin-Brandenburg heißt es dazu, und ich will jetzt mal zitieren: „Die rechtschreibwichtigen Wörter sind allerdings nicht allgemein gültig in einem verbindlichen Grundwortschatz deutschlandweit geregelt. Für das Land Brandenburg wird hiermit ein Grundwortschatz vorgelegt, der Wörter umfasst, die man in der deutschen Sprache häufig gebraucht. Dabei geht es nicht nur um das normgerechte Schreiben von einzelnen Wörtern, sondern im Kern um die Morpheme, die Wortbausteine, aus denen alle Wörter zusammengesetzt sind. Die Blickrichtung darauf ermöglicht es, mit einem Grundbestand an Wörtern, dem Grundwortschatz, die Schreibweise weiterer Wörter zu erschließen.“ Zitatende.

In Mecklenburg-Vorpommern sollten wir auf unsere eigenen guten Erfahrungen zurückgreifen und die positiven Beispiele der anderen Bundesländer mit nutzen. Die anderen geplanten Maßnahmen will ich jetzt nicht noch mal wiederholen, es wurde hier schon mehrfach erwähnt. Ich bin aber fest davon überzeugt, wenn die Maßnahmen jetzt auch alle umgesetzt sind, die wir besprochen haben, werden sich die Leistungen in der Rechtschreibung und dem verstehenden Lesen unserer Mädchen und Jungen deutlich verbessern. Davon bin ich fest überzeugt.

Im zweiten Antragspunkt fordern die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, zu prüfen, ob eine Stärkung des Deutschunterrichts in den Klassen 3 und 4 dadurch erfolgen kann, dass der Umfang des Englischunterrichts gekürzt wird. Uns ist bekannt, dass der Nutzen des Englischunterrichts in der Grundschule höchst unterschiedlich bewertet wird. Wir haben es ja aus den Zahlen mitgekriegt. Es wird Argumente dafür geben und es wird Argumente dagegen geben. Hier setzt die Koalition auf die Erfahrungen unserer Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen und weiterführenden Schulen, die aus der Schulpraxis die Erfordernisse gut kennen.

Auch in anderen Bundesländern wird sehr stark darüber diskutiert, so zum Beispiel in Bayern. Mir liegt ein Schreiben vom Bayerischen Philologenverband vor, aus dem ich mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren möchte: „‚Nur noch‘ deswegen, weil auch der Freistaat seinen Grundschülern schon einmal mehr Unterricht in der Verkehrssprache zugestanden hatte.“ Zur Information: Bayern hat in den Klassen 3 und 4 sechs Wochenstunden Deutsch. „Doch der wurde zugunsten der Einführung des Grundschulenglisch gekürzt – eine Entscheidung, die von vielen Lehrkräften immer kritischer beurteilt wird: So machen Lehrer an Gymnasien regelmäßig die Erfahrung, dass die Vorkenntnisse, die Schüler im Englischen aus der Grundschule mitbringen, höchst unterschiedlich und spätestens in sechs oder acht Wochen ein- bzw. überholt sind, während sie ihre Defizite im Deutschen dagegen noch jahrelang mit sich herumschleppen.“ Zitatende vom Bayerischen Philologenverband.

Wir wollen eine ergebnisoffene Diskussion zur Art und zum Umfang des Grundschulenglisch. Sollte es eine deutliche Mehrheit für eine Stärkung des Deutschunterrichts geben, wird dies auch, denke ich, zügig umgesetzt werden. Die Zahlen liegen jetzt vor. Ich muss dazusagen, ich habe für den Prüfauftrag plädiert, ganz eindeutig. Der Koalitionspartner wollte es eigentlich gleich so haben. Aber die Prüfung ist die eine Frage, erst mal die Abfrage der Lehrer über die Anzahl der Stunden. Aber man muss natürlich auch über die Inhalte des Englischunterrichts diskutieren, denke ich.

Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass diese Maßnahmen an den Grundschulen begrüßt werden. Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU wollen den Deutschunterricht an unseren Grundschulen stärken und wir werden ihn auch stärken. Gute Sprachkenntnisse sind der Schlüssel für den Bildungserfolg.

(Egbert Liskow, CDU: Jawohl.)

Die Opposition kann sich diesen Maßnahmen eigentlich nicht verwehren, denn auch sie sollte an einer weiteren Verbesserung des Deutschunterrichts interessiert sein. Ich plädiere dafür auch nicht zu sehr mit den Wochenstundenzahlen, sondern ich denke, wir haben jetzt einen praktikablen Vorschlag angebracht. Stimmen Sie unserem Koalitionsantrag zu! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Egbert Liskow, CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das mit dem Antrag verfolgte Anliegen begrüßen wir. Eine Untersuchung von west- und ostdeutschen Schülern kurz nach der Wende kommt zu dem Ergebnis, dass DDR-Schüler signifikant bessere Rechtschreibleistungen erbrachten. Auf die Frage, warum das so ist, wird unter anderem wie folgt ausgeführt:

Erstens. Es gab mehr Deutschunterricht, zehn Stunden im Osten, fünf im Westen.

Zweitens. Im Osten wurde aufgrund fehlender Kopiermöglichkeiten mehr geschrieben.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Zu der Zeit gab es gar keine Kopierer im Westen.)

Drittens. Verantwortlich für den Leistungsfortschritt in der DDR war der Lehrer und nicht allein das Kind.

Und viertens. Im Osten gab es flächendeckende Horte und damit Hausaufgabenbetreuung.

Die seitens des Bildungsministeriums angekündigten Veränderungen sehen allerdings nicht mehr Unterricht vor, sondern nur eine Umverteilung vom Sachkunde- zum Deutschunterricht. Zur langfristigen Erhöhung des Sprachniveaus reicht eine rein quantitative Aufstockung des Deutschunterrichts allerdings nicht aus. Die Gründe für eine schlechtere Rechtschreibung sind vielfältig. Dazu zählen fahrlässige Bildungsexperimente wie das Schreiben nach Gehör, die Inklusion, Stundenausfall und/oder auch ein erhöhter Anteil von Ausländerkindern. Der Minister hat es ja angedeutet. Das mag Ihnen nicht schmecken, es sind aber Tatsachen.

Im Übrigen ist allein die Überlegung, eine weitere Deutschstunde zulasten des Fremdsprachenunterrichts einzuführen, bereits ein Eingeständnis bisherigen Versagens. Die erhofften Vorteile des Fremdsprachenunterrichts in den Jahrgangsstufen 3 und 4 haben sich offensichtlich nicht eingestellt.

Und wie gesagt, wir stimmen dem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag, der uns heute vorliegt, erinnert mich doch sehr an die Aktuelle Stunde vor ziemlich genau einem Jahr, die da lautete „Erfolgreicher Schulstart 2014/2015“. Damals wurde die Aktuelle Stunde genutzt, um den Bildungsminister für etwas Selbstverständliches zu feiern. Dieses Mal werden Dinge, die der Bildungsminister schon beschlossen hat, genutzt, um sie hier ins Parlament einzubringen, um den Minister wiederum zu feiern.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Wir können also konstatieren, anscheinend braucht der Bildungsminister von Zeit zu Zeit – zumindest aus Sicht der Regierungsfraktionen – eine kleine Feierstunde. Im Parlament sollten wir jedoch ein anderes Selbstverständnis von Politik haben, als ausschließlich die Claqueure des Bildungsministers zu sein.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wir sind auch die des Landwirtschaftsministers zum Beispiel.)

Nichtsdestotrotz, der Bildungsminister hat gesagt,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oder der Finanzministerin.)

die Maßnahmen, die wir heute begrüßen sollen

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oder des Wirtschaftsministers.)

und die hier schon entschieden sind, sind aus Sicht des Bildungsministeriums erstens bereits angelaufen beziehungsweise werden demnächst umgesetzt und befinden sich in der Umsetzung.

(Andreas Butzki, SPD: Die Prüfung ist abgeschlossen. Genau zuhören!)

Nichtsdestotrotz können wir den einzelnen Maßnahmen tatsächlich zustimmen. Wir finden gut, dass ein Grundwortschatz festgelegt wird. Wir finden gut, dass jetzt zunehmend die beiden Fächer Deutsch und Sachunterricht fächerübergreifend gelehrt oder unterrichtet werden sollen und auch, was längst überfällig ist, dass wir einen neuen Rahmenlehrplan für das Fach Deutsch erarbeiten, wobei ich da erinnern möchte, dass wir bislang gemeinsame Rahmenpläne mit Berlin und Brandenburg hatten. Berlin und Brandenburg haben sich schon längst auf den Weg gemacht, da befinden sich die Rahmenlehrpläne schon in der öffentlichen Diskussion und werden überhaupt – ein großer Fortschritt – öffentlich diskutiert. Aus irgendeinem Grund hat Mecklenburg-Vorpommern sich dazu entschieden, nicht gemeinsam mit anderen Ländern den bereits angegangenen Weg weiterzugehen,

(Andreas Butzki, SPD: Wir sind weitergegangen.)

sondern hier verspätet doch wieder im Alleinmarsch weiterzulaufen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Froh bin ich immerhin über Punkt II in diesem Antrag oder war ich bis gestern über Punkt II in diesem Antrag, weil er zumindest etwas Neues enthielt, nämlich einen Prüfauftrag. Heute konnten wir aus der Zeitung lesen beziehungsweise der Minister hat es jetzt schon gesagt, diese Prüfung ist aus seiner Sicht bereits abgeschlossen und er habe sich auch schon entschieden. Er hat sich nämlich entschieden, den Englischunterricht zugunsten des Deutschunterrichtes zu reduzieren.

Da habe ich mir mal angeguckt, wie sieht das eigentlich in anderen Bundesländern aus. Sie haben sich ja auch ein bisschen darauf vorbereitet. Ich möchte den Fokus etwas anders legen, nämlich auf die landesweiten Statistiken. Denn der Vergleich zeigt doch, dass MecklenburgVorpommern, was den Deutschunterricht anbelangt, gar nicht so schlecht dasteht.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na siehste!)

An den Grundschulen werden in Mecklenburg-Vorpom- mern 26 bis 28 Stunden Deutsch unterrichtet. So viele Stunden werden auch unterrichtet in Baden-Württemberg und im Übrigen – sehr geehrte Mitglieder des Bildungsausschusses, Sie werden sich vielleicht erinnern, wir waren gerade in Südtirol –, auch in Südtirol gibt es 28 Stunden Deutsch in der Grundschule. Die Länder Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen hingegen haben lediglich 22 bis 24 Stunden Deutschunterricht. Für das besagte Bayern sind die Deutschunterrichtszahlen für uns gar nicht ersichtlich, weil sie nämlich sehr variieren und davon abhängig sind,

(Torsten Renz, CDU: Das stimmt. – Peter Ritter, DIE LINKE: Da gibts nur Bayrisch.)

wie die einzelnen Lehrer die Situation in den Schulklassen an ihren Schulen einschätzen, weil sie dort ein Element haben, das heißt grundlegender Unterricht. In dem grundlegenden Unterricht wird fächerübergreifend – im Übrigen mehr Fächer betreffend als in MecklenburgVorpommern – unterrichtet. Da werden die Fächer Deutsch, Kunst, Musik, Sachunterricht und Mathematik in einem gemeinsamen Fächerpool unterrichtet, sodass wir für Bayern nicht genau sagen können, wie viele Stunden Deutsch bekommt der einzelne Schüler.

Wie sieht das aber nun auf das Fach Englisch bezogen aus? Und da liegt Mecklenburg-Vorpommern mit sechs Stunden im Mittelfeld. Es gibt einige Bundesländer, wie beispielsweise Bayern, die unterrichten in der Grundschule vier Stunden Englisch, es gibt andere Bundesländer, wie beispielsweise Baden-Württemberg, mit acht Stunden Englisch. Jetzt können wir sagen, wir reduzieren unsere sechs Stunden aus dem Mittelfeld, rutschen damit auf einen Schlussplatz und reduzieren die Stundenzahl auf vier Stunden. Das bedeutet, für zukünftige Bildungsminister werden neue Handlungsfelder erschlossen. Und ich garantiere Ihnen, dass wir in einigen Jahren hier im Parlament diskutieren werden aufgrund der schlechten zukünftigen Englischergebnisse, ob wir nicht wieder mehr Englischunterricht brauchen, dann vielleicht zuungunsten des Kunstunterrichts.