Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an der Abstimmung haben insgesamt 47 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 21 Abgeordnete, mit Nein stimmten 26 Abgeordnete, es enthielt sich kein Abgeordneter. Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4854 abgelehnt.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Wirtschaftssanktionen gegen Russland sofort beenden!, Drucksache 6/4850.

Antrag der Fraktion der NPD Wirtschaftssanktionen gegen Russland sofort beenden! – Drucksache 6/4850 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auftragseinbrüche, Umsatzeinbußen und nicht zuletzt gefährdete Arbeitsplätze – die Antirusslandsanktionen der EU erweisen sich bereits jetzt als handfester Bumerang. Es könnte sogar noch schlimmer kommen. Wie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung, WIFO, Mitte dieses Jahres errechnet hat, sind europaweit deutlich über zwei Millionen Arbeitsplätze und circa

100 Millionen Euro an Wertschöpfungen in Gefahr. Deutschland wäre danach am stärksten betroffen. Hier stehen laut den Autoren der WIFO-Studie mittelfristig knapp eine halbe Million Stellen sowie 27 Milliarden an Wertschöpfungen auf der Kippe.

Mecklenburg-Vorpommern ist allein schon aufgrund langjähriger und intensiver Kontakte und Wirtschaftsbeziehungen von den Sanktionen besonders betroffen. Mindestens 100 Unternehmen unterhalten geschäftliche Beziehungen nach Russland.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Wurden 2013 noch Waren im Wert von 251 Millionen Euro ausgeführt, waren es im vergangenen Jahr nur noch etwa 240 Millionen. Wie das Statistische Landesamt Anfang Juni mitteilte, sind die Warenausfuhren aus MecklenburgVorpommern im ersten Quartal 2015 um fast die Hälfte eingebrochen. Wurden in den ersten drei Monaten des Vorjahres noch Produkte im Wert von 60,4 Millionen Euro nach Russland geliefert, waren es im selben Zeitraum des laufenden Jahres lediglich 32,7 Millionen Euro.

Betroffen ist mit Blick auf Mecklenburg-Vorpommern vor allem die Ernährungsgüterwirtschaft, ohnehin eine der tragenden Säulen der Ausfuhrwirtschaft hier im Nordosten. Von Januar bis März lieferte diese Güter im Wert von 11,8 Millionen Euro nach Russland. Im ersten Quartal des Vorjahres belief sich der Umfang noch auf 21,1 Millionen. Am schlimmsten hat es die Molkereien erwischt. Im Vergleich der erwähnten Quartale reduzierte sich deren Russlandgeschäft von 7,8 Millionen auf 0.

Zur besseren Einordnung sei diesbezüglich noch eine Zahl angeführt: 2013 war aus Mecklenburg-Vorpommern noch Käse im Wert von 34 Millionen geliefert worden. Die Einfuhrverbote unter anderem für Obst, Gemüse und Fleisch hatte Moskau als Reaktion auf die Sanktionen des Westens verhängt. Auswirkungen haben die gegen die Russische Föderation gerichteten Sanktionen auch auf die einheimische Werftenindustrie. Ich zitiere: „Alles, was an großen Aufträgen aus Russland angekündigt war, ist bislang nicht gekommen“, so der Wirtschaftsminister gegenüber der „Ostsee-Zeitung“, Ausgabe vom 8. Juni.

Meine Damen und Herren, legt man die Maßstäbe des gesunden Menschenverstandes an, dann müsste der Westen, müssten die Eurokraten Moskau quasi um den Hals fallen, denn exakt seit dem 30. September führt die russische Luftwaffe auf Bitte der syrischen Regierung Angriffe gegen die IS-Banden durch, aber auch gegen die gleichfalls mit terroristischen Methoden agierenden Al-Nusra-Brigaden sowie kleinere Verbände, die nachweislich vom CIA gesteuert werden. Nach Angaben Moskaus haben russische Kampfflugzeuge – Stand 6. November – 2.000 Ziele zerbombt und Hunderte von Terroristen getötet. Zwar fliegt die von den USA geführte Allianz bereits seit August des vergangenen Jahres Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Irak und in Syrien – dort übrigens ohne Zustimmung der Regierung Assad –, doch sehen Intensität und Effektivität anders aus. Auf einer Sitzung des US-Kongresses musste die Staatssekretärin des Außenministeriums, Anne Patterson, zugeben, dass die USA für ihre Luftschläge, Zitat, „ungefähr acht Millionen“ Dollar pro Tag ausgeben, Zitatende. Die russischen Kosten fielen dagegen zwei- bis viermal niedriger aus, teilte die US-Vizeaußenministerin, Victoria Nuland, mit,

(Thomas Krüger, SPD: Was wollen Sie uns damit sagen?)

und das bei einer viel größeren Anzahl durchgeführter Luftschläge in Syrien.

(Thomas Krüger, SPD: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Auf die Frage eines Kongressabgeordneten, aus welchen Gründen die USA achtmal weniger Luftangriffe in Syrien als Russland durchführten, entgegnete die Staatssekretärin, Zitat: „In dieser Zahl sind Irak und unsere gesamte Luftkampagne mit einberechnet. Nun, wir sind auch keine Russen und haben andere Standards.“ Zitatende.

Russland hat in Syrien übrigens nicht von ungefähr eingegriffen, befürchtet Moskau doch ein Überschwappen der islamistischen Welle auf die vor seiner Haustür gelegene Kaukasus-Region. Statt nun aber endlich einmal auf Russland zuzugehen, gab Brüssel Anfang Dezember bekannt, die Sanktionen gegen Moskau um weitere sechs Monate zu verlängern. Einmal mehr übernimmt die EU die Funktion eines Rammbocks knallharter geopolitischer und ökonomischer Interessen der Vereinigten Staaten von Nordamerika beziehungsweise der dort ansässigen Machtgruppen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Diese provoziere Moskau seit mehr als zwei Jahrzehnten, beispielsweise durch den sogenannten Raketenabwehrschirm in den osteuropäischen Staaten, aber auch und nicht zuletzt durch die Osterweiterung der NATO.

Am 8. Februar 1990 noch hat der US-Außenminister Baker gegenüber Gorbatschow erklärt, es werde keine Ostverschiebung der NATO geben, wenn Moskau mit der deutschen NATO-Mitgliedschaft einverstanden sei. Nachdem sich aber der Warschauer Pakt am 1. Juli 1991 aufgelöst hatte, schlug die große Stunde der NATO-Osterweiterung. Ohne Rücksicht auf russische Befindlichkeiten verkündete Washington einen großen Waffenverkauf an Polen – quasi die Vorstufe zur NATO-Mitgliedschaft –, denn um NATOkompatibel zu sein,

(Heinz Müller, SPD: Ach, wir reden jetzt über Geld?)

wurden die früheren Ostblockländer militärisch um- und aufgerüstet, was für die entsprechenden westlichen Firmen ein Bombengeschäft darstellte.

Im Großen und Ganzen hat Moskau derzeit einen Zweifrontenkrieg zu führen, nämlich neben dem an der Syrien-Front den Abwehrkampf gegen Sanktionen des Westens. Dabei wird gerne vergessen, dass Wladimir Putin seit 1999 verschiedentlich auf den Westen zugegangen ist, um eine Partnerschaft auf Augenhöhe ins Leben zu rufen. Der Westen allerdings zeigte sich arrogant und verbannte Moskau wieder an den Katzentisch.

(Thomas Krüger, SPD: Sie sind ja ein Weltpolitiker, ein wirklicher Weltpolitiker!)

Wir als NPD-Fraktion fordern mit dem hier vorliegenden Antrag von der Landesregierung, sich auf Bundesebene

unverzüglich für eine sofortige Beendigung der gegen Russland gerichteten Sanktionen einzusetzen, was mit nachstehenden Maßnahmen geschehen soll:

„1. sofortige Aufhebung der bestehenden EU-Sanktionen

gegen russische Staatsbürger, Institutionen und Unternehmen;

2. Abwendung weiterer EU-Sanktionen, die sich gegen

die Russische Föderation bzw. deren Vertreter“ richten, und

„3. Aufnahme einer Vermittlerrolle durch die Bundesre

gierung mit der Maßgabe, einen kritischen, aber neutralen Dialog mit der Russischen Föderation und der EU zu führen.“

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Kollege Waldmüller für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ausgerechnet die NPD spielt sich hier als Möchtegernweltpolitiker auf.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, man wundert sich. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir zurück zu Ihrem Antrag: „Wirtschaftssanktionen gegen Russland“.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Putin-Versteher!)

Ich will mit einem Zitat beginnen: „Die Landespolitik ist doch ein recht provinzielles Parkett.“ Der, der das sagte, ist nicht etwa designierter Außenminister oder ein Europa- oder Bundestagsabgeordneter, nein, dieses etwas hochmütige Zitat stammt von Udo Pastörs.

(Thomas Krüger, SPD: Hört, hört! – Heinz Müller, SPD: Ach!)

Wie Sie vielleicht wissen, schickte sich Herr Pastörs an, für die NPD in das Europaparlament einzuziehen.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

Herr Pastörs wollte – Zitat – „internationale Politik machen“. Geklappt,

(Thomas Krüger, SPD: Aber seine Leute wollten es nicht.)

geklappt, wie wir wissen, hat es nicht.

Meine Damen und Herren, wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welchem Effekt?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wolfgang, das ist zu kompliziert für die.)