Protokoll der Sitzung vom 18.12.2015

(Beifall und Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

eigentlich auch der unserer Finanzministerin. Heute ist das ein anderer Fall. Es ist keine Frage, dass auch meine Fraktion, wie es in der Überschrift heißt, eine Wirtschaftsunion statt einer Schuldenunion unterstützt. Wenn es in der Begründung des Koalitionsantrages heißt, ich zitiere: „Das Engagement zur Schaffung einer europäischen Wirtschaftsunion ist ein wichtiger Beitrag zur europäischen Integration“, stimme ich uneingeschränkt zu.

Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass daraus auch Schlussfolgerungen gezogen werden. Ich will gar nicht so weit gehen wie Jacques Delors schon vor Jahrzehnten, der für eine Wirtschaftsunion auch eine europäische Wirtschaftsregierung gefordert hat, eine Forderung, die inzwischen auch von Politikern der SPD und CDU oft genug aufgegriffen wird. Ich hätte daher auch erwartet, dass in dem Antrag nicht nur in der Begründung geschrieben wird, dass die in Europa existierenden divergierenden Auffassungen über die Stabilität der gemeinsamen Währung „solides Haushalten und nachhaltiges Wirtschaften“ erfordern, sondern eben auch auf eine europäische Wirtschaftspolitik und ihre Gestaltung verwiesen worden wäre. Aber ich will nicht so grundsätzlich werden.

Wenn ich irritiert war von dem Antrag und auch nach der Begründung durch Sie, Frau Ministerin, dann beginnt das damit, dass die Frage der Wirtschaftsunion in der Überschrift erwähnt wird und überhaupt nicht weiter angesprochen wird. Letzten Endes – und ich denke, dass ich das richtig wiedergebe – geht es Ihnen ausschließlich darum, die Landesregierung aufzufordern, sich dafür zu engagieren, dass deutsche Banken nicht an einem gemeinsamen europäischen Sicherungssystem beteiligt werden. Ich denke schon, dass das das gut zusammenfasst.

Warum bin ich deshalb irritiert, auch nach der Begründung immer noch? Zunächst sind es der konservative Jean-Claude Juncker und der Sozialdemokrat aus Deutschland Martin Schulz, die starke Befürworter einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung sind, und bei der Einleitungsrede ist auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verwiesen worden. Aber in der FAZ vom 9. Dezember wird auch geschrieben, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angedeutet hätte, dass die Bundesregierung sich nicht langfristig gegen eine solche Einlagensicherung sperren wird. Offensichtlich sieht auch die Bundesregierung eine derartige Einlagensicherung grundsätzlich als erforderlich an.

Ich stelle mir daher die Frage zu Ihrem Antrag: Was soll, in Ziffer I des Antrags noch begrüßt, welches Engagement soll in Ziffer II noch unterstützt werden – das von Juncker, von Schulz, möglicherweise von Wolfgang Schäuble? Oder doch die Ablehnung einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung durch die SPD und CDU in Mecklenburg-Vorpommern?

Wie aktuell die wirklichen Positionen von SPD und CDU in Kürze werden können – Frau Ministerin hat ja darauf hingewiesen –, wird auch deutlich durch das Arbeitsprogramm der Kommission für 2016. Auf Seite 10 und folgende steht, ich zitiere: „Bis Ende des Jahres werden wir als letzten Schritt zur Vollendung der Bankenunion ein auf einem Rückversicherungsmechanismus basierendes euro- päisches Einlagenversicherungssystem vorschlagen …“

(Egbert Liskow, CDU: Deswegen ja auch unser Antrag heute.)

Ich möchte jetzt aber auch etwas sehr Positives zu Ihrem Antrag sagen und meiner Meinung nach wäre das eigentlich heute ein vernünftiger Anlass gewesen, nämlich die Forderung in Ihrem Antrag, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht in ein europäisches Sicherungssystem zu zwingen. Das begrüße ich ausdrücklich. Wer nicht riskant zockt, soll auch nicht haften.

Doch weiter zu Ihrem Antrag: Ich denke, dass er sich auch selbst widerspricht. In Ziffer II a) fordern Sie, dass „Maßnahmen zur Errichtung einer Bankenunion … umgesetzt werden“.

(Egbert Liskow, CDU: Ja.)

In Ziffer II b) fordern Sie, dass eine „gemeinsame europäische Einlagensicherung … abgelehnt“ wird.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Was bedeutet das denn nun?

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD)

Wollen wir uns tatsächlich gegen die Forderung von Juncker, von Schulz, möglicherweise auch der Bundesregierung wenden? Wollen wir uns ausschließlich auf nationale Sicherungen stützen? Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vorgestern vor Renationalisierung gewarnt, deutlich gewarnt. Ich bin da viel lieber an ihrer Seite als an der Seite des heutigen Antrages.

(Egbert Liskow, CDU: Dann haben Sie da nicht zugehört.)

Darüber hinaus habe ich mich gefragt, was Sie denn mit der Haftung Deutschlands genau meinen. Ist der deutsche Staat gemeint, die deutschen Bürgerinnen und Bürger, oder was sonst?

(Egbert Liskow, CDU: Nein, der Sparer! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Bürgerinnen und Bürger sind es offensichtlich nicht. Die bleiben nach Ihrem Wunsch, werte Kolleginnen und Kollegen, in der Haftung doch drin. Zum einen ist es so, dass sie ihr Geld nicht ausschließlich bei deutschen Banken anlegen. In Zeiten des Onlinebanking ist es durchaus üblich, sich die Bank mit den besten Zinsangeboten zu suchen.

(Egbert Liskow, CDU: Das können sie ja machen.)

Kaum jemand wird aus bloßem Bankpatriotismus sein Geld nur bei deutschen Banken anlegen. Das Finanzwesen ist mittlerweile auch im Kleinen sehr multinational.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die europäischen Banken alternativ abgesichert sind, wenn es diese gemeinsame Einlagensicherung nicht gibt. Sie hoffen – und die Ministerin hat das noch mal betont – auf nationale Sicherungssysteme.

(Egbert Liskow, CDU: Die haben wir.)

Seit Griechenland wissen wir aber, dass es am Ende auch der deutsche Steuerzahler ist, der für Bankenpleiten aufkommt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nur der Steuerzahler.)

zur Not eben über Rettungsschirme wie den ESM. Wie Sie es auch drehen und wenden, nach Ihren Vorstellungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, kommen am Ende immer die deutschen Bürgerinnen und Bürger für die Zockerei der Banken auf. Darum geht es nach meiner Überzeugung im Kern bei Ihrem Antrag. Wir lehnen ihn daher prinzipiell und aus proeuropäischem Engagement ab.

Zum Schluss aber möchte ich Ihnen allen sehr frohe Weihnachten wünschen. Und für jene in unserem Land, für die es auch zu Weihnachten so schwer wird, weil sie vor Krieg, Terror und Extremismus flüchten mussten, sage ich es auf Arabisch: Aijaad Milad Saiede!

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Gundlack von der Fraktion der CD..., Entschuldigung, der SPD natürlich.

(Heinz Müller, SPD: Oh, oh, oh! – Heiterkeit und Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war der freudsche Versprecher.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Marc Reinhardt, CDU: Wir nehmen auch nicht jeden.)

Frau Präsidentin, das kostet aber einen!

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, Torsten Renz, CDU, und Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hat ja nicht drauf reagiert, sie hat nur gelacht.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Man darf nicht die Äußerungen der Präsidentin kommentieren. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe keine Äußerungen kommentiert, weil die Präsidentin sich noch nicht geäußert hat.

(Minister Harry Glawe: Herr Gundlack, eine Doppelmitgliedschaft ist ausgeschlossen. – Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf dem Parlamentarischen Abend der Volks- und Raiffeisenbanken am 3. November 2015 kam zur Sprache, dass weiterhin die Gefahr der Haftung unserer Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Zuge der Europäischen Bankenunion droht. Bereits 2012 hatten wir hier im Landtag einen Antrag gestellt, dass die europäische Bankenaufsicht keinen Zugriff auf unser besonderes System der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken erhalten sollte. Das konnte auch vonseiten der Bundesregierung erfolgreich abgewehrt werden.

Nun sind inzwischen auf europäischer Ebene viele Sachen schon richtig umgesetzt. Der einheitliche Auf

sichtsmechanismus hat seine Tätigkeit aufgenommen, es gibt einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für insolvente Banken in der Eurozone und es gibt einheitliche Anforderungen an die Einlagensicherungssysteme in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Nun war es Sache der Mitgliedsstaaten, europäisches Recht in nationales Recht umzusetzen. Deutschland hat als einer der 16 Mitgliedsstaaten die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen fristgemäß umgesetzt. Damit ist in Deutschland klar, dass nicht mehr die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Rettung von Banken zahlen müssen und nötigenfalls eine Abwicklung dieser Banken in Schieflage erfolgen kann. Durch die Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Sparer ist die Sicherheit gegeben, dass die Menschen dabei nicht ihr mühsam Erspartes verlieren müssen, eine Forderung, die seit der Finanzkrise große Priorität hatte.

Jetzt will die EU die nächsten Schritte auf dem Weg zur Europäischen Bankenunion gehen. Es soll neben den nationalen Einlagensicherungssystemen auch eine europäische Einlagensicherung geben. Nur mit einer leistungsfähigen und verlässlichen Einlagensicherung kann man verhindern, dass die Sparerinnen und Sparer im Krisenfall nicht sofort die Banken stürmen, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen.

In Deutschland besteht mit den gesetzlichen Sicherungseinrichtungen der privaten und öffentlichen Banken sowie den institutssicheren Einrichtungen der Volks- und Raiffeisenbanken und des Sparkassensektors ein gewachsenes und bewährtes System der Einlagensicherung. Das, meine Damen und Herren, wollen wir auch so erhalten.

Gerade weil Sparkassen und Genossenschaftsbanken bewährte eigene Sicherungssysteme haben, wollen wir eben nicht, dass diese Institute in einen europäischen Einlagensicherungsfonds einzahlen müssen. Denn gerade diese Geldinstitute hatten keinen Anteil an der Finanzkrise. Sie dürfen nicht für die ausufernden Spekulationsgeschäfte der Global Player verantwortlich gemacht werden und ihre Sparerinnen und Sparer haften lassen, so, wie auch alle anderen Banken Deutschlands nicht zur Haftung für andere europäische Banken herangezogen werden sollen. Zunächst müssen erst einmal alle anderen Mitgliedsstaaten die Einlagensicherungsrichtlinie der EU umsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion ist eines der zentralen europäischen Projekte. Damit wird Europa im Verhältnis zu den anderen großen Wirtschaftsräumen Amerika und Asien dauerhaft krisensicherer gemacht. An dieser Notwendigkeit führt auch kein Weg vorbei.

Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung dazu aufgefordert werden, sich auch weiterhin vehement gegen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung oder Einlagenrückversicherung zu stellen. Der Finanzausschuss des Bundesrates hat sich aktuell, die Finanzministerin sagte es schon, am 03.12.2015 wie folgt positioniert. Ich zitiere aus der Niederschrift vom 03.12.2015:

„Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, sich dafür einzusetzen, dass eine gemeinsame europäische Einlagensicherung insgesamt – auch in Form eines Rückversicherungsfonds – unterbleibt.

… Der Bundesrat wird die Bestrebungen der Kommission begleiten, Risiken zu verringern, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor zu gewährleisten und die Verbindung zwischen Banken und Staatsanleihen lösen zu wollen. … Im Einzelnen kann eine falsche Nachsteuerung der Probleme diese verstärken oder neu schaffen: