Protokoll der Sitzung vom 18.12.2015

Wenn also auch Sie für eine zeitgemäße, praxisnahe und verlässliche Referendariats- und Lehramtsausbildung sind, dann stimmen Sie doch einfach unserem Antrag zu! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Berger.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Vorbemerkung: Erstens ist es falsch, dass es zum 1. Februar 30 zusätzliche Referendariatsstellen für die Gymnasien geben wird.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich auch nicht gesagt.)

Ich hoffe, dass man das im Protokoll nachlesen kann, dass Sie genau das gesagt haben. Das werden wir dann sehen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe nur 30 zusätzliche Stellen gesagt.)

Wenn Sie nicht aus dem Inklusionsfrieden ausgestiegen wären, Frau Berger, und wenn Sie gestern richtig zugehört hätten, dann hätten Sie verstehen können, dass diese 30 Stellen für die Gymnasien zur Verfügung gestellt werden, um den bedarfsdeckenden Unterricht zusätzlicher Referendare nicht auf die Grundversorgung anrechnen zu müssen. Aus 30 Lehrerstellen ergeben sich 810 Unterrichtsstunden, mithin bei 10 Stunden bedarfsdeckendem Unterricht bei Referendaren 81 zusätzliche Referendare mit gymnasialem Lehramt, und nicht 30.

Ich darf Ihnen allerdings sagen, dass dies im Rahmen des Inklusionsfriedens lediglich eine Vorsorge war und wir in diesem Jahr oder bis zum nächsten Einstellungstermin nicht nur 79 Stellen für Referendare mit dem gymnasialen Lehramt vorsehen, sondern zu diesen 79 kommen dann nicht nur 81 hinzu, sondern insgesamt 129 zusätzlich. Wir werden also die Zahl der angebotenen Stellen für Referendare im gymnasialen Lehramt nahezu verdreifachen.

Ich bin gespannt – denn diese Angebote werden sich an allen Gymnasien des Landes wiederfinden –, ich bin gespannt, ob die angehenden Referendarinnen und Referendare dann die Angebote in Dömitz, in Pasewalk,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Grevesmühlen.)

auf Usedom oder auf Rügen auch annehmen. Grevesmühlen offenbar auch.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Halten Sie das für keinen attraktiven Platz als Schulstandort?)

Dies war die Vorbemerkung.

Erstens. Die Einführung eines Praxissemesters ist in der Tat eine Sache, die man diskutieren kann, die wir nach meiner Erinnerung bei dem Beschluss des Lehrerbildungsgesetzes auch diskutiert haben, vielleicht nicht im Plenum, aber jedenfalls koalitionsintern. Wir haben uns vor allem aus folgendem Grund seinerzeit dagegen entschieden: Ein solches Praxissemester macht, wenn es mit Unterricht verbunden sein soll, erst in einer späteren Phase des Studiums Sinn. Das heißt, man muss schon eine Reihe von Semestern studiert haben. Es gibt aber eine Reihe von Studierenden, die irren sich bei ihrer Wahl, das Lehramtsstudium aufzunehmen. Damals haben wir diskutiert, dass wir deshalb die Praxisanteile gleichmäßig über das Studium verteilen möchten, damit die Studierenden durch ein Praktikum an der Schule möglichst frühzeitig die Perspektive einer Lehrkraft einnehmen, und wenn sie vielleicht dabei feststellen, dass es doch nicht der Beruf ist, den sie ergreifen wollen, nicht bereits sechs, sieben oder acht Semester studiert haben und dann abbrechen, weil sie das Praxissemester schockt, sondern dass sie diese Entscheidung möglichst früher treffen.

Allerdings kann man hier natürlich sehr unterschiedlicher Meinung sein, Frau Berger. Unterschiedliche Modelle mögen zu ähnlichen Ergebnissen führen. Wogegen ich allerdings persönlich bin, ist nicht, hierüber noch mal zu diskutieren, sondern dies zu ändern, obwohl bisher nicht einmal ein einziger Jahrgang die Ausbildung nach

den neuen Standards durchlaufen hat. Das erinnert mich so ein bisschen an das Hin und Her in der Schulpoli- tik. Mal macht man das eine, mal das andere. Das wäre die Übertragung des Ganzen auf die Hochschulpolitik und die Lehrerausbildung. Davon halte ich im Moment nichts.

Zweitens. Ihr Vorschlag zum Vorbereitungsdienst, zur Garantie im Vorbereitungsdienst ist nach Prüfung durch die Juristen im Bildungsministerium einfach nur verfassungswidrig und deshalb nicht umsetzbar. Wer Referendar werden will, tritt in ein Beamtenverhältnis in Mecklenburg-Vorpommern oder in ein Angestelltenverhältnis ein, also in ein Amt. Laut Grundgesetz muss jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland, der über die Eignung und Befähigung verfügt, den gleichen Zugang zu diesen Ämtern haben. Deshalb ist diese Landeskinderregelung, wie sie hier vorgeschlagen wird, einfach nur verfassungswidrig und nicht umsetzbar.

Ich sage das im Übrigen vor dem Hintergrund, Frau Berger, dass ich vor vielleicht zehn Jahren einen ganz ähnlichen Vorschlag im Hinblick auf die Studienplatzvergabe gemacht habe und mich dann ebenso von Juristen belehren lassen musste, dass dies schlichtweg zwar vielleicht eine hübsche Idee, aber verfassungswidrig war. Ich habe deshalb von meinem Vorschlag, den ich vor zehn Jahren unterbreitet habe, Abstand genommen, und ich würde Ihnen raten, den Fehler, den ich begangen habe, nicht fortzusetzen.

Drittens. Bedarfsgerechte Studienplätze. Alles, was Sie dort fordern, wird aus meiner Sicht erfüllt. Ich darf im Übrigen auch zu Protokoll geben, dass zahlreiche Aussagen des Abgeordneten Saalfeld der vergangenen Tage und des heutigen Tages schlicht falsch sind.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das überrascht keinen.)

Ich bin gerne bereit …

Ich glaube auch nicht, dass er das beurteilen kann,

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil ihm die dafür nötigen Unterlagen gar nicht zur Verfügung stehen, Herr Jaeger. Deswegen kann er sich in seinen Äußerungen nicht auf valides Material stützen, jedenfalls gehe ich davon aus.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin gerne bereit,

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich bin gerne bereit, ausführlich zur Lehrerbedarfsprognose, ihrer Systematik et cetera im Bildungsausschuss Stellung zu nehmen

(Torsten Renz, CDU: Das werden wir so machen.)

und alle anderen Abgeordneten mit diesem Thema hier zu verschonen.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: So werden wir es machen.)

Viertens. Vorbereitungsdienst an freien Schulen. Den soll das Land bezahlen. Ich darf dazu drei Bemerkungen machen:

Erstens. Es war der ausdrückliche Wunsch der freien Schulen, auch in die Referendarausbildung einsteigen zu dürfen. Es war nicht die Bitte des Landes. Dieser Bitte haben wir entsprochen.

Zweitens. Die Referendare, auch der Schulen in freier Trägerschaft, nehmen bisher gebührenfrei an den Veranstaltungen des IQMV teil.

Drittens. Referendare leisten bedarfsdeckenden Unterricht und werden somit aus der bereits zur Verfügung gestellten Finanzmasse der Lehrerstellen bezahlt, denn sie treten an die Stelle der Lehrerinnen und Lehrer, für die die freien Schulen ansonsten Geld bekommen. Insofern ist Ihre Forderung unter viertens aus meiner Sicht bereits vollumfänglich erfüllt, jedenfalls dann, wenn man mal darüber nachdenkt, wie hier in diesem Lande unsere schülerzahlbezogene Lehrerfinanzierung funktioniert.

Damit hat sich dieser Antrag aus meiner Sicht vollumfänglich erledigt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Al-Sabty für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag enthält leider fachliche Mängel,

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

aber es lohnt sich nicht, über ihn zu diskutieren, zu reden. Konkret nenne ich folgende Punkte:

Punkt 1. Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes auf 12 Monate ist nicht hinnehmbar. Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer brauchen umfangreiche Praxiserfahrungen in ihrer Ausbildung. Hier zu kürzen, ist wirklich kontraproduktiv. Zudem ist in Paragraf 12 Absatz 1 des Lehrerbildungsgesetzes deutlich die Dauer von mindestens 18 Monaten für den Vorbereitungsdienst geregelt. Die fachliche Gleichwertigkeit eines Praxissemesters mit dem Vorbereitungsdienst, die laut Paragraf 12 Absatz 3 eine solche Verkürzung grundsätzlich erlaubt, kann ich nicht erkennen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Bundesländer, die ein solches Praxissemester eingeführt haben, haben recht schnell die Notwendigkeit erkannt, ihre Regelstudienzeiten zu erhöhen. Das ist deshalb notwendig, weil ein Praxissemester mit hohem Zeitaufwand begleitet und nachbereitet werden muss. Eine solche Erhöhung bedarf allerdings einer Änderung des Gesetzes.

Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Thüringen, wo im Rahmen des Jenaer Modells ein solches

Praxissemester angeboten wird, dauert der Vorbereitungsdienst regulär 24 Monate. Möchte man ein solches Praxissemester einführen, müssten also noch viele Fragen zu Rahmenbedingungen besprochen werden. Dann könnten Sie mal über die Fahr- und Übernachtungskosten abstimmen.

Punkt 2. Natürlich müssen die Kapazitäten für Grundschul- und Sonderpädagogen erhöht werden. Die von Ihnen angeführten 897 Bewerber kommen aber auch bei Ihrer bedarfsgerechten Planung nicht alle unter. Wenn die Planung streng am Bedarf ausgerichtet wird, bedeutet das, dass die Kapazitäten in den beliebten Studiengängen deutlich zurückgefahren werden müssen. Das beträfe vor allem die Ausbildung von Gymnasiallehrerinnen und -lehrern. Des Weiteren kommt der Großteil der Lehramtsstudierenden nicht aus Mecklenburg-Vorpom- mern. Viele werden unser Land nach ihrem Abschluss auch wieder verlassen, um in anderen Bundesländern als Lehrkräfte zu arbeiten. Diesen Studierenden würden wir dann faktisch die Möglichkeit nehmen, hier zu studieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Sie fordern, die Kosten für die Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren an Schulen in freier Trägerschaft auch durch das Land zu finanzieren. Aber das ist nichts anderes, als dass der Staat beziehungsweise das Land einem privaten Unternehmen die Ausbildung seiner Mitarbeiter finanzieren soll. Wenn Sie das wirklich möchten, dann müssen im Zuge der Gleichberechtigung oder Gleichbehandlung auch anderen Privatbetrieben die Kosten der praktischen Ausbildung erstattet werden.