Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

Da müssen wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eigentlich ansetzen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn das ist im Endeffekt viel wichtiger als finanzielle Mittel.

Ich kann mich – damit möchte ich gern zum Ende kommen – an eine Veranstaltung erinnern, die ist noch nicht lange her, deswegen kann ich mich auch noch daran erinnern,

(Regine Lück, DIE LINKE: Was sagt uns das?)

die war letzte Woche mit den drei Unternehmerverbänden dieses Landes, da kam ein junger Mann im Rahmen der Podiumsdiskussion und sagte als Erstes, er würde sich gern selbstständig machen, er bräuchte aber Geld. Ich weiß jetzt nicht genau, wie viel er sagte – 100.000, 500.000 –, auf jeden Fall würden die Banken es ihm nicht geben und die öffentliche Hand sollte es ihm doch bitte geben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe dann gesagt – unter anderem ich, der Ministerpräsident war auch dabei, er hat es ihm auch gesagt, vielleicht nicht ganz so deutlich, ich habe es etwas deutlicher formuliert –, es ist nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, grundsätzlich das unternehmerische Risiko von Privatpersonen abzunehmen. Wir können sie begleiten, dafür sind die Instrumentarien in diesem Land da und dafür sollten wir diese Instrumentarien weiterentwickeln. Deswegen finde ich diesen Antrag auch vernünftig. Aber – das sage ich ganz deutlich – dieses unternehmerische Risiko, das ja auch damit verbunden ist, möglicherweise hinterher mehr Geld zu verdienen als andere Leute, ist Teil des Gesamtproduktes und das muss man auch mittragen können. Dann muss man auch bereit sein, zu seiner Bank zu gehen und zu sagen, ich brauche Geld. Jemand, der das Geld von seiner Bank bekommt, der hat schon mal bewiesen, dass er tatsächlich das Geschick hat, möglicherweise als Unternehmer tätig zu werden. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Als ich den Antrag gelesen habe, Herr Waldmüller, hatte er große Sympathie, Überschrift: „Gründergeist stärken – Reibungsverluste für Unternehmensgründer weiter abbauen“ – geniale Geschichte.

Herr Holter, ich gebe zu, ich habe nicht gegoogelt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Dafür bin ich ja da. – Heiterkeit bei Stefanie Drese, SPD)

Ja, das haben Sie mir schon abgenommen.

(Jochen Schulte, SPD: Arbeitsteilung in der Opposition.)

Ich dachte, na ja, das ist ein Antrag, der nicht auf Bundesparteitagen der CDU beschlossen worden ist, sondern der sich in der Tat auf die Situation in Mecklenburg-Vorpom- mern bezieht. Wieso kam ich zu diesem Eindruck? In Punkt I des Antrages lautet es – das ist der letzte Satz, den darf ich noch mal zitieren –: „Die Landesrichtlinie für Forschung, Entwicklung und Innovation hilft dank vereinfachter Verfahrensabläufe bei der Förderung unbürokratischer Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft.“ In Punkt I oben soll das Engagement der Landesregierung begrüßt werden.

Nun gut, ich habe das jetzt mal in die Kategorie „Selbstbeweihräucherungsanträge der CDU und der SPD“ gegeben. Aber es lohnt sich, wenn man denn nicht googelt, sich mal die Richtlinie anzugucken. Denn sie ist ja für die Zielgruppe, die Sie, Herr Schulte, gerade angesprochen haben, die der Unterstützung bedarf, die relevante Landesrichtlinie, um innovative Aufschläge zu unterstützen. Wenn man in die Richtlinie – ich habe sie vor mir liegen, ich darf sie nicht zeigen, es sind zehn bis zwölf Seiten und fünf Anlagen – reinguckt, dann kommt man in der Tat zu interessanten Erkenntnissen. Ich will das nur mal auszugsweise ansprechen: Jemand, der von der Richtlinie ausgehend eine Förderung, eine Unterstützung beantragt, der hat eine gesicherte Finanzierung des Eigen- kapitals nachzuweisen, der muss hergehen, wenn er zum Beispiel ein Verbundprojekt beantragt, eine getrennte Antragsstellung von Projektpartner und sich selbst zu initiieren, der muss einen sogenannten Anreizeffekt nachweisen, der muss einen Nachweis zur Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen hinbekommen und, und, und – das alles, Herr Schulte, für die Zielgruppe, die Sie gerade angesprochen haben. Das alles müssen diejenigen, die eine gute Idee haben, auf die Reihe kriegen.

Ich gebe der Landesregierung übrigens an der Stelle nicht unbedingt eine Schuld, weil es ja auf eine EU-Förderung zurückgeht – EFRE-Mittel. Es ist mir völlig klar, dass das komplexer ist, aber es ist schon interessant – ich will das mal an einem Beispiel machen –, welche Blüten das treibt. Ich zitiere aus dem Förderprogramm unter 4.1.2 Punkt d: „Bei Verbundvorhaben muss das Teilprojekt der Forschungseinrichtung jeweils mindestens 10 Prozent des Projektvolumens des Gesamtvorhabens umfassen. Insgesamt darf das Projektvolumen der Forschungseinrichtung/Forschungseinrichtungen jedoch maximal 75 Prozent des Teilvorhabens des Unternehmens oder 3/7 am Gesamtvorhaben betragen.“ Da kann man jetzt mal ein Rechenexempel anstellen. Erlauben Sie mir, dass ich an der Stelle sage,

(Jochen Schule, SPD: Ich erlaube Ihnen fast alles.)

meine Assoziation von Entbürokratisierung hat nicht viel mit dem gemein, was ich gerade vorgetragen habe.

(Jochen Schulte, SPD: Nein, aber die Assoziation zur vernünftigen Verwendung von Steuergeldern vielleicht.)

Und dann kommt unter Punkt II, …

Ich habe doch gerade gesagt, das kann auf EUVorgaben zurückgeführt werden.

... dann kommt unter Punkt II tatsächlich der Versuch, das praktisch zu untersetzen. Da heißt es, „noch stärker“ soll die Landesregierung das „in der öffentlichen bzw. politischen Debatte … verankern“, sodass der Gründergeist quasi in Mecklenburg-Vorpommern entsteht. Dann kommen Sie bei dem ersten Punkt, der aussagt, wie Sie das untersetzen wollen, zu dem interessanten Instrument der Taskforce. Dazu hat der Kollege Holter eine interessante Aussage gemacht. Herr Waldmüller, Sie sind ja gleich noch mal dran, ich frage Sie mal ganz einfach: Wo sollen die eingerichtet werden? Mit welchen Mitteln sollen die eingerichtet werden?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau. Richtig.)

Wie viele sollen denn eingerichtet werden? Was sollen die genau tun? An welchen Punkten sollen sie das ersetzen, was andere – möglicherweise Behörden, Institutionen und so weiter – schon leisten? Wo sollen sie koordinieren? Wenn das dahinterstecken würde, was die Kommunen für die Kommunen als Gedanken mal gehabt haben, nämlich, ich möchte Unternehmen in der Kommune ansiedeln, ich möchte eine Fläche nutzen und möchte eine Produktionshalle bauen – wir nannten das früher One-Stop-Agency, also ein Ansprechpartner in der Kommune, der die Probleme löst –,

(Udo Pastörs, NPD: Sehr präzise formuliert.)

dann muss ich aber an der Stelle auch hergehen und sagen, was die Aufgabenbereiche sind, die übertragen werden.

Ich komme zu der gleichen Einschätzung wie der Kollege Holter: Wir können das heute beschließen oder nicht, ändern wird sich in den nächsten Wochen und Monaten überhaupt nichts. Ich fände es spannend, diese Richtlinie, aus der ich gerade zitiert habe, im Wirtschaftsausschuss mal auseinanderzunehmen, und zwar uns von Ministern berichten zu lassen, welche Effekte das gezeitigt hat, wo Entbürokratisierungsansätze sind und wie in einfacher Form Innovationen, Gründer, et cetera gestärkt werden können. Dieser Antrag bringt das nicht. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs.

(Heinz Müller, SPD: Der Weltökonom.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Waldmüller, ich habe auch ein paar Fragen an Sie. Sie haben hier vorgelesen und haben ein paar Stichworte in die Diskussion gebracht. Würden Sie mir vielleicht mal erklären, was Sie unter „Unternehmergeist“ verstehen?

Entrepreneurship, was ist das? Das müssen Sie erst mal definieren, damit die draußen, die sich in diese Richtung bewegen sollen – geistig und auch praktisch –, damit etwas anfangen können. Das würde mich interessieren, was Sie darunter subsumieren.

Zweiter Punkt: Was ist eigentlich „zukünftig als Lehre des schöpferischen Handelns im sozioökonomischen Umfeld in geeigneter Form in das Schul- und Hochschulsystem zu integrieren“? Was verstehen Sie darunter? Was genau wollen Sie mit welcher Zielsetzung integrieren? Wo ist zunächst die geistige Grundlage, damit daraus vielleicht mal eine praktische Frucht erwachsen kann? Dann reden Sie von dieser Taskforce. Ich weiß nicht, was Sie mit diesem Schlagwort „Taskforce“ meinen. Das ist eine Luftnummer, das ist nichts, das ist eine Phrase.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Industrie- und Handelskammer, wir haben das Landesförderinstitut, das LFI, das Ansprechpartner ist, wenn man Fördergelder möchte, die machen eine gute Beratung, wir haben die Handwerkskammern, wir haben die Industrie- und Handelskammer, wir haben die KfW, die auch eine sehr gute Vorbetreuung macht, wir haben die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft, die auch helfen kann. Sagen Sie mir, was Sie auf diesen ganzen bürokratischen Aufwand, der schon mit dem verbunden ist, was ich gerade gesagt habe, noch obendrauf satteln wollen und wie Sie dann die Kräfte, die Sie aus dem normalen Fundus der Angestellten und Beamten nehmen wollen, und den Ersatz schaffen innerhalb der Behörde ohne Personalausstattung, Mehrausstattung und ohne Aufstockung von Mitteln!

Also was Sie hier vorgetragen haben, ist eine Blamage. Sie waren mal Unternehmer. Und der Herr Schulte hat schon recht, wenn er sagt, nicht jeder, der versagt im Unternehmertum, ist ein Versager. Das ist eine Tatsache, die ich nur unterstreichen kann. Aber es gibt auch Unternehmer, die hätten es lieber bleiben lassen sollen.

Dann komme ich zu unserem linken Paradiesvogel, dem Herrn Holter, der als Arbeitsminister mal ganz groß ausgerufen hat: „Einfach anfangen“. Und genau diese Grundeinstellung, die Sie damals formuliert haben – „Einfach anfangen“ –, hat dazu geführt, dass Hunderte, ja Tausende kleine Leute, die am Arbeitsmarkt nicht unterkamen, genau das getan haben, was Sie ihnen geraten haben, und die heute noch die Folgen tragen von dem, was Sie empfohlen haben. Die sind nicht fertig geworden, weil sie unterqualifiziert waren und weil sie aus einer Not heraus Unternehmer spielen wollten. Sich dann hier hinzustellen und den großen Gönner des Mittelstandes zu spielen, das ist eine Unverschämtheit, Herr Holter. Das wird man draußen auch erkennen.

Dann haben wir noch vom Mittelstand gehört. Was ist der Mittelstand? Der Mittelstand beginnt irgendwo zwischen 10.000 und 50.000 Beschäftigten. Das ist Mittelstand. Was wir hier in Mecklenburg und Vorpommern haben, ist so gut wie überhaupt kein Mittelstand, das sind Kleinst- betriebe. Wenn Sie heute zur Bank gehen und sagen, ich brauche 2 Millionen, dann sagt die Bank, das ist zu wenig, entweder brauchst du 5 oder 10 oder 20 Millionen für ein wirkliches großes Unternehmen, dann können wir uns mit dem Konzept näher befassen, oder das ist für uns kein Geschäft.

Dann noch etwas: Heute sagen Fachleute der Wirtschaft oder Industrielle, bei der heutigen Kostenstruktur der Kredite ist es besser, sich direkt bei den niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt zu finanzieren, wenn man es darstellen kann, als auf die Förderinstrumente der öffentlichen Hand zurückzugreifen. Sie haben, was das Förderwesen angeht, ein Bürokratiemonster geschaffen. Die EU tut ihr …

Herr Pastörs, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Ende.

Die EU tut ihr Übriges. Sie haben sich fesseln lassen von einer EU und beklagen das jetzt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion der CDU der Abgeordneter Herr Waldmüller.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Tja, Herr Holter, was werfen Sie uns denn da vor? Dass ein guter Antrag, den die CDU, wo auch immer, zustande gebracht hat und der in der Sache vernünftig ist,

(Udo Pastörs, NPD: Null Aussage!)