Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bündnisgrünen beklagen, dass gegenwärtig – ich zitiere aus der Antragsbegründung – „alle Fremdmitteleinnahmen und deren Ausgaben (zum Beispiel Elternbeiträge für Schul- fahrten, … EU-Mittel, … Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket) entweder auf Privatkonten von Lehrern bzw. Lehrerinnen oder Eltern, auf Klassenkonten oder auf dem Konto eines Schulfördervereins oder über die zuständigen Ämter verwaltet werden.“ Ende des Zitats. Mal abgesehen davon, dass für EU-Mittel und für Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket durchgängig von öffentlichen Trägern geführte Konten zwingend erforderlich sind, sagen die Antragsteller selbst, dass die zuständigen Ämter diese Aufgabe erledigen.

Ich freue mich immer noch über Ihr Bild, Frau Berger, wie ein Lehrer/eine Lehrerin mit einem Täschchen zum Schulverwaltungsamt geht und dort Geld abhebt. Das war nie so, das ist nie so! Es gibt immerhin Überweisungen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber das mit dem Täschchen ist ein schönes Bild.)

Ich glaube nicht, dass Frau Polzin in ihrer Zeit als Lehrerin zum Amt Warin gerannt ist und mit einem Täschchen Geld für die Klassenfahrt geholt hat,

(Andreas Butzki, SPD: Was sollen die Männer machen? Die haben kein Täschchen.)

genauso wenig, wie sie jetzt mit einem Täschchen von

Schule zu Schule reist und das Geld verteilt. Ich glaube,

das geht anders. Es ist die Aufgabe des Schulträgers. Dort

muss es zuverlässig geregelt sein, und so soll es auch

bleiben. Denn tatsächlich würde sich in den Fällen, in

denen Lehrkräfte dadurch entlastet werden, nicht mehr die

Aufgaben des Schulträgers zu erledigen, mehr Spielraum

für ihre originäre pädagogische Arbeit ergeben, denn das

ist der Kern der selbstständigen Schule. Wir wollen Lehre

rinnen und Lehrer entlasten und nicht mit legalisierter

Mehrarbeit belasten. Wir wollen, dass Lehrkräfte erziehen

und unterrichten und nicht kassieren und buchen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Darum geht es doch nicht.)

Meine Fraktion kann diesem Antrag nicht zustimmen,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir unter der Tätigkeit des Lehrens bei Lehrkräften nicht verstehen, dass sie das Konto abzuräumen haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Andreas Butzki, SPD: Sehr gut. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist zwar selten bei den LINKEN, aber diesmal haben sie recht.)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Butzki von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Einführung von Schulgirokonten“ wurde in der laufenden Legislaturperiode schon des Öfteren angesprochen, Kollegin Berger hat ja gerade die Terminkette dargestellt. Ich kann auch sehr gut die Forderung des Schulleitungsverbandes und des Verbandes Bildung und Erziehung verstehen, ein solches Konto einzurichten, aber nicht immer ist eine gute Idee auch schnell umsetzbar und vor allem rechtlich machbar.

Und ich habe mir wirklich ernsthaft die Frage gestellt – Sie hatten sie auch beantwortet –, warum nur vier Bundesländer das selbstständige Führen eines Schulgirokontos organisiert haben, obwohl das Bundesland NordrheinWestfalen bereits 2001 eine Erprobung vorgenommen hat. Da Sie auf die vier Bundesländer abgezielt haben, will ich Ihnen die Richtlinie vom Bundesland Hessen mal kurz darstellen und erläutern, welcher bürokratische Aufwand das ist. Denn wenn Sie sagen, Sie beziehen das auf die vier Bundesländer, dann wird sicherlich eine die- ser Richtlinien zutreffend sein. Ich mache das exemplarisch für das Bundesland Hessen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das Täschchen muss bei dir auch noch kommen.)

Ja, das vielleicht auch.

Die Bürokratie nimmt enorm zu, und vor allen Dingen – das ist heute schon mehrfach, auch von Frau Oldenburg, betont worden – nimmt die Verantwortung zu. Ich zitiere aus den Punkten: Ein Schulgirokonto liegt in der Verantwortung der Schulleiterin oder des Schulleiters und eines „von ihr oder ihm zu benennenden Schulbediensteten.“ Also es darf nicht die Schulsachbearbeiterin sein. Das

sind aber die Vorstellungen der Schulen. Sie sind gemeinschaftlich verfügungsberechtigt. „Zahlungsaufträge … sind in jedem Fall von zwei Bediensteten zu erteilen.“ Da sind also immer Abstimmungen in der Schule notwendig. „Die Führung des Schulgirokontos setzt Aufzeichnungspflichten und Nachweise in der Schule voraus. … Alle Kontenbewegungen sind gesondert vollständig, richtig, zeitgerecht … aufzuzeichnen. In den Aufzeichnungen sind Angaben zu Kostenbeiträgen, eingeworbenen Fremdmitteln, … Sachausgaben und Beschaffung von Vermögensgegenständen festzuhalten.“ Eine Überwachungsliste ist zu führen. „Bei großen Mengen von Kontobewegungen wird empfohlen, … jeweils gesonderte Übersichten zu führen.“ Ergo: Es muss für jede Klasse und für jedes Schulereignis eine extra Liste geführt werden. Wer soll das alles organisieren?

(Stefan Köster, NPD: Sie.)

„Die Verwendung der Landesmittel ist“ wieder „in gesonderten Übersichten nachzuweisen. Die Übersichten, Nach- weise und mit den Zahlungen zusammenhängenden Unterlagen sind zusammen mit den Belegen aufzubewah- ren. … Für jedes Kalenderjahr sind die Aufzeichnungen abzuschließen. Es ist ein Jahresabschluss bis zum 15. Fe- bruar des Folgejahres zu erstellen. … Unbeschadet gesetzlicher Prüfungsrechte sind die Zahlungen und Buchungen der Schule in jedem Jahr mindestens einmal schulintern von zwei aus dem Kollegium gewählten Lehrkräften … zu prüfen. … Die Prüfungsergebnisse sind in Form eines Kassenprüfungsberichts zu dokumentieren.“

(Heinz Müller, SPD: Heiliger Bürokratius!)

Und wer schon einmal einen Verein geleitet hat oder Schatzmeister war, weiß, welcher bürokratische Aufwand damit verbunden ist und zu leisten ist. „Kontoauszüge, die Unterlagen der Buchführung und die im Rahmen der Buchführung anfallenden Unterlagen sowie die Unterlagen über die Prüfungen sind zehn Jahre aufzubewahren.“

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Da freut sich jede Schule. Es muss betont werden, dass den hessischen Schulen die Möglichkeit eingeräumt ist, so zu verfahren. Für mich stellt sich natürlich die Frage, wie die Schulen das wahrnehmen. Ich könnte mir das nicht vorstellen.

Ich habe mich mit einigen Schulleitern kurz ausgetauscht. Als wir nach Schulgirokonten gefragt haben, fanden das alle sofort gut. Als ihnen dann die hessische Richtlinie vorgelegen hat, änderte sich die Meinung schlagartig. Die Vorstellung an den Schulen ist wirklich so, das hat die Schulsachbearbeiterin zu machen. Das ist aber, wie wir gerade gehört haben, in Hessen auf keinen Fall so.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist doch die Frage, wie wir das ausgestalten.)

Das Ziel der Landesregierung ist jedoch, dass sich die Schulleiterinnen und Schulleiter mehr auf das Kerngeschäft von Schule konzentrieren sollen und nicht noch mehr Bürokratie zu bewältigen haben. Das Fazit meiner Fraktion ist, dass es uns gelingen muss, vernünftige, praktikable und rechtsichere Lösungen für unsere Schulen zu schaffen. Die jetzige Situation ist nicht zufriedenstellend, aber immerhin noch besser als ein bürokratisches Monster, das ich Ihnen gerade dargestellt habe.

Sie haben sich auf diese vier Bundesländer bezogen, ich habe Sie vorhin extra noch mal gefragt. Das lehnt meine Fraktion natürlich ab.

In den letzten Jahren, das dürfen wir nicht vergessen, sind viele andere Aufgaben auf die Schulen zugekommen und es werden auch noch weitere Aufgaben hinzukommen. Ich will nur einige nennen: Das ist der Ausbau der Ganztagsschulen oder das ist die Umsetzung der Inklusion. Außerdem arbeiten neben den Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen Schulsachbearbeiterinnen mit einem ganz anderen und neuen Aufgabenspektrum, Hausmeister, die schon Haustechniker sein müssen, Schulsozialarbeiter/-innen, PmsA-Kräfte – also Personal mit sonderpädagogischen Aufgabenstellungen – und vom Jugendamt bestimmte Betreuer/-innen für einige Schülerinnen und Schüler. Hier muss man ganz klar auch noch mal die Pflichten und Rechte genau definieren.

Abschließend möchte ich betonen, das können Sie sich vorstellen, dass meine Fraktion natürlich Ihren Antrag in allen drei Punkten ablehnt. Ein Schulgirokonto à la Hessen ist für uns kein Qualitätsgewinn, sondern erzeugt nur Bürokratie und Frust beim Führen und Kontrollieren der Kassenbücher. Das lehnen wir ab. Die Anträge von Frau Berger – wir sehen es immer wieder – sind gut gemeint, aber nicht gut durchdacht und auch nicht gut gemacht.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein bisschen gut ist eben nicht ausreichend.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Du bist aber höflich heute.)

Bei den Gesprächen in der Schulleitungsvereinigung spreche ich das auch gern an, die finden ja im Februar statt. Ich werde mit den Schulleitern auch noch mal diskutieren. Sie können davon ausgehen – Sie haben vorhin schon eine Schulleiterin gehört, jetzt haben Sie noch einen Schulleiter gehört –, dass das in der Form, wie Sie sich das vorstellen, nicht praktikabel ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Petereit von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Berger, bei aller Dramatik in Ihrem Antrag, auch wir werden ihn ablehnen. Die Argumente wurden ausgetauscht. Sie können den Antrag so oft bringen, wie Sie wollen, wir werden ihn wieder ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat noch einmal Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.