Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

(Egbert Liskow, CDU: Die GRÜNEN sollten das zurückziehen.)

Dann gehen wir zum Paragrafen 8 Absatz 3, da geht es ja noch weiter. Es geht nämlich noch kleiner, ich zitiere: „Die Genehmigung ist dennoch zu erteilen, wenn der Erwerber nach Erwerb Eigentümer von nicht mehr als 500 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ist.“ Da geht es noch kleiner, also 500 Hektar, darüber hinaus soll es dann nicht mehr sein nach Ansicht der GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der Gesetzentwurf ist verfassungsrechtlich höchst fragwürdig – das habe ich dargestellt –, ist aus unserer Sicht wirtschaftspolitisch kontraproduktiv und soll die in 25 Jahren gewachsenen Strukturen in der Landwirtschaft zerschlagen,

(Egbert Liskow, CDU: Eine Geisterfahrt.)

und zwar aus meiner Sicht aus ideologischen Gründen der GRÜNEN. Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Egbert Liskow, CDU: Politische Geisterfahrt.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Vorhaben der GRÜNEN, die Vergabe beziehungsweise die Ver- und Ankäufe von land- und forstwirtschaftlichen Flächen besser gestalten zu können, um einer Monopolisierung entgegenzuwirken, ist vernünftig.

Der Kapitalismus – das haben die GRÜNEN jetzt auch endlich erkannt – zerstört unsere Heimat. Großkonzerne und die Agrarindustrie übernehmen zunehmend die Flächen hier im Land. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN mag vielleicht rechtlich – wir hörten es schon – noch nicht ausgereift sein, er bietet aber die Möglichkeit, dass die Politik zumindest ein Stück weit wieder ihre Handlungsfähigkeit bekommt. Somit bietet dieser Gesetzentwurf zumindest eine Diskussionsgrundlage. Und aus diesen Gründen wird unsere Fraktion der Ausschussüberweisung zustimmen. – Danke schön.

(Beifall Michael Andrejewski, NPD: Toll!)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich einige Punkte aufgreifen, die von Herrn Minister Backhaus sowohl in der Presse als auch heute in der Rede gekommen sind.

Herr Backhaus, Sie mahnen und warnen. Doch wer ist eigentlich, ich glaube, seit 18 Jahren oder länger, der in Mecklenburg-Vorpommern verantwortliche Landwirt

schaftsminister? Das sind doch genau Sie! Trotz dieser Verantwortung und trotz des Erkennens der Fehler, die Sie zumindest öffentlich hier kundtun, schreitet der Prozess der Flächenkonzentration gerade hier, gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern in Ihrem Zuständigkeitsbe

reich weiter voran, und zwar mit erschreckendem Tempo und in erschreckendem Ausmaß.

Wenn man sich mal die großbetriebliche Dominanz anguckt, ist es so, dass 95 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Mecklenburg-Vorpommern in der Hand von Betrieben sind, die mehr als 100 Hektar haben. Das ist ein Phänomen. Da sagen Sie oft, das ist historisch gewachsen, diese Art der Konzentration ist aber wesentlich stärker als im Jahr 1882. Das ist der Zeitpunkt, als ein Jahrhundert des Bauernlegens abgeschlossen war. Wir haben es also mit einer – das habe ich in einer früheren Debatte auch schon mal benutzt – neofeudalen Agrarstruktur zu tun. Nun geht es aber, anders, als es in mehreren Reden hier skizziert wurde, in unserem Gesetzentwurf nicht darum, in bestehende Besitzverhältnisse einzugreifen, sondern in die drei Bereiche „Landverkauf“, „Landverpachtung“ und „Anteilserwerb“. Als Viertes gibt es die Forderung nach einem regelmäßigen Bericht.

Mecklenburg-Vorpommern hat heutzutage die größten Agrarbetriebe in ganz Deutschland. Der Durchschnitt ist in Mecklenburg-Vorpommern im letzten Jahr auf sage und schreibe 287 Hektar angestiegen. Gleichzeitig haben wir in verschiedenen Veröffentlichungen festgestellt, in den letzten zehn Jahren hat sich der Bodenpreis im landwirtschaftlichen Bereich in Mecklenburg-Vorpom- mern verdreifacht. All das sind Phänomene, die wir hier gemeinsam beklagt und kritisiert haben. Die Handlungsebene sehe ich immer noch nicht. Die Handlungsebene wäre, den von uns vorgelegten Gesetzentwurf im Ausschuss weiter zu debattieren, zu einer auch schon in einer anderen Rede angekündigten und angemahnten Einigung zu kommen und den Gesetzentwurf dann so zu verändern und anzupassen, dass er mehrheitsfähig wird.

(Thomas Krüger, SPD: Aber wenn das verfassungsrechtlich bedenklich ist?)

Er bietet eine gute Basis für diese Arbeit, deswegen werbe ich sehr dafür, dass wir ihn in den Ausschuss überweisen.

Die verfassungsschutzrechtlichen Bedenken, die Sie jetzt noch mal ansprechen – ich erinnere nur an die heutige Debatte zur Beteiligung bei Windenergieanlagen.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist geprüft.)

Auch da wird es vielleicht verfassungsschutzrechtliche Bedenken geben. Da ist das Land mutig und geht diesen Schritt.

Andere Bundesländer in Deutschland haben im Bereich der Agrarstrukturgesetzgebung zumindest schon erste Schritte gemacht. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, wo es ein solches Gesetz seit vielen Jahren gibt und wo es sauber wirkt und greift. Sachsen und Sachsen-Anhalt sind auf dem Weg. Wir werden erleben, wie sich die neue Koalition in Sachsen-Anhalt dazu verhält.

Ich möchte noch die Beispiele – vorhin habe ich es aufgrund der Kürze der Zeit nur gestreift –, die sich aus dem Grunderwerbssteuergesetz ergeben, anführen. Es ist ja so, dass der, der Anteile erwirbt, keine Grunderwerbssteuer zahlen muss. Es gibt diese Schwelle von 95 Prozent. Erst wer 96 Prozent der Anteile erwirbt, muss auch Grunderwerbssteuer zahlen. Wenn man zum Beispiel als Privat

mensch einen Hektar Land für, sagen wir mal, 20.000 Euro kauft, dann zahlt man je nachdem 700 oder 1.300 Euro Grunderwerbssteuer. Dagegen zahlt ein Kapitalinvestor beim Kauf eines landwirtschaftlichen Unternehmens – sagen wir mal, er kauft sich 600 Hektar – keinerlei Grunderwerbssteuer, solange er weniger als 95 Prozent der Anteile erwirbt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

So gehen dem Staat – das habe ich in der Eingangsrede schon zitiert – bei gleichem Preis Steuereinnahmen in Höhe von 420.000 bis 780.000 Euro verloren. Hier kommt die öffentliche Hand wirklich wieder zu kurz. Die öffentliche Hand bekommt Einnahmen nicht, die sie hätte bekommen können. So viel zu den Einwendungen seitens mehrerer Redner.

Herr Krüger, die von Ihnen zitierten Paragrafen müssten wir wirklich mal in Ruhe einzeln durchgehen. Das ist richtig, der Paragraf 8 ist der zentrale Paragraf, das haben Sie sehr gut erkannt. Viele von den „Oder“-Verknüpfungen müsste man mit der Verneinung noch mal prüfen, ob sich die von Ihnen ausgewählten Auszüge so ergäben oder auch nicht. Aber das, was Sie zum Schluss gesagt haben, unser Gesetzentwurf soll die in 25 Jahren gewachsene Agrarstruktur zerschlagen, das ist doch wirklich aus einem luftleeren Raum gegriffen. Wenn Sie das sagen und das mit unserem Gesetzentwurf in Verbindung bringen, dann haben Sie den Gesetzentwurf wohl doch nur in Auszügen gelesen und nicht bis ins Letzte verstanden. Das ist völlig entgegen dem, was wir auf den Tisch gebracht haben. Es geht ja nicht darum, dass wir in bestehende Besitzverhältnisse derartig eingreifen.

(Egbert Liskow, CDU: Das wollt ihr aber!)

Meine Damen und Herren, Boden ist nicht vermehrbar!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Donnerwetter!)

Boden ist eine endliche Ressource. Alle Abgeordneten, die jetzt auch wach geworden sind, wie ich gerade wahrgenommen habe, können sich das noch mal durch den Kopf gehen lassen. Es ist wirklich eine unserer wenigen und auch offensichtlich erkennbar endlichen Ressourcen. Wir sollten viel, viel sorgsamer damit umgehen. Und dafür ist dieser Gesetzentwurf ein erster Schritt. Wenn er sich morgen umsetzen ließe, wären immer noch Schlupflöcher und Möglichkeiten da, aber es wäre ein starkes Gegengewicht. Wir hätten mehr staatliche Kontrolle in den zitierten Bereichen „Verkauf“, „Verpachtung“ und „Erwerb von Anteilen“. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Marc Reinhardt, CDU: Dafür nicht!)

Ich werbe noch einmal für die Überweisung in die genannten Ausschüsse. Die Erweiterung, dass es mehrere Ausschüsse sind, ist natürlich ganz in meinem Sinne. – Vielen Dank.

(Beifall Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Danke, Frau Karlowski.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Während der Debatte ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5309 zur federführenden Beratung an den Agrarausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss und an den Europaausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Und die Stimmenthaltungen? – Zu- gestimmt haben die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und die Fraktion der NPD, dagegen stimmten die Fraktionen der SPD und CDU und es enthielt sich niemand. Damit ist der Überweisungsvorschlag abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß, …

(Unruhe bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Kann ich?

… der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Tut das nötig?)

Wie?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Tut das nötig?)

Ich glaube, es gibt eine Geschäftsordnung und wir möchten doch jetzt hier unsere Sitzung weiter fortführen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Die Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Härtefallkommission auf Bundesebene, die Ihnen vorliegende Drucksache 6/5301. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5364 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Härtefallkommission auf Bundesebene – Drucksache 6/5301 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/5364 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/5364(neu) –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.