Protokoll der Sitzung vom 20.04.2016

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man zitiert, sollte man vollständig zitieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist bei Herrn Saalfeld nicht so wichtig.)

Gerade dieses Wort „ausnahmsweise“ gibt der Entscheidung – bei Herrn Saalfeld ohnehin nicht –,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da zählt nur der Effekt.)

gibt dieser Entscheidung dann auch die richtige Richtung.

Die Übermittlung von Informationen, die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnen wurden, sind nur zulässig, wenn der Austausch einem herausragenden öffentlichen Interesse dient. Das ist dann noch mal meine Wiederholung.

Dieser Forderung des Bundesverfassungsgerichtes trugen die IMK und ihre Bund-Länder-Arbeitsgruppe gemeinsam Rechnung, indem sowohl Paragraf 19 Bundesverfassungsschutzgesetz als auch die entsprechenden Normen in den Ländern geändert wurden. Ich will das an dieser Stelle deutlich hervorheben: Diese Gesetzesänderungen fanden deutschlandweit in allen Bundesländern im Einvernehmen mit dem Bundesgesetzgeber statt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der inneren Sicherheit drohen von verschiedenen Seiten erhebliche Gefahren, deren Bekämpfung den Staat vor besondere Aufgaben stellt. Dazu gehören einerseits das Gewaltpotenzial rechtsextremistischer, islamfeindlicher Gruppierungen und Einzelpersonen, wie die zunehmende Zahl der Übergriffe auf Flüchtlinge und Asylbewerberunterkünfte belegen. Andererseits bedrohen der islamische Terrorismus und seine Folgewirkungen den Bestand der freiheitlichen Demokratie in Deutschland und Europa.

Angesichts der hohen Bedrohungs- und Gefährdungslage kommt der engen und effektiven Zusammenarbeit der Nachrichtendienste, der Polizei und sonstigen Sicherheitsbehörden nicht nur auf internationaler Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene eine existenzielle Bedeutung zu. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes, potenzielle Bedrohung bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr zu identifizieren und zu beobachten, stellt deshalb einen unverzichtbaren Baustein in der Sicherheitsarchitektur dar. Dafür benötigt der Verfassungsschutz eine ebenso klare wie wirksame gesetzliche Grundlage, die ihm zwar die notwendigen Befugnisse einräumt, aber auch deren Grenzen eindeutig festlegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle hätte ich eigentlich – und Sie wissen, „eigentlich“

schränkt ein – mit meiner Rede aufhören wollen, aber meine Vorredner haben hier die eine oder andere These in den Raum gestellt, worauf ich durchaus noch mal eingehen will.

So zum Beispiel der Kollege Ritter, der auch in dieser heutigen Sitzung wieder etwas zum Thema „Rolle und Einfluss des Untersuchungsausschusses des Bundes“ gesagt hat. In der letzten Sitzung, in der Einbringung des Gesetzentwurfes, meinte Herr Ritter festgestellt zu haben, dass im NSU-Untersuchungsausschussbericht überhaupt nichts zum Einsatz der V-Leute geregelt wäre, jedenfalls nicht so, wie Innenminister Caffier das gemeint hätte. Ich habe mir daraufhin die Ziffern 44 bis 47 des Untersuchungsausschussberichtes angeschaut und fest- gestellt, dass genau das, was wir hier in MecklenburgVorpommern gemacht haben, dort von den Abgeordneten des Bundestages gefordert wurde.

Ähnlich verhält es sich jetzt auch hier mit der Aussage, dass der Gesetzentwurf uns untergeschoben wurde, bevor Herr Binninger überhaupt einen Fuß in die Tür des Landtages gesetzt hat. Bei aller Freundschaft, lieber Kollege Ritter, aber ich gehe mal davon aus, dass jeder von uns, der sich zumindest ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt hat, nicht darauf warten muss, dass Herr Binninger einen Fuß in dieses Haus setzt, sondern dass wir des Lesens durchaus kundig sind und uns mit dem Untersuchungsausschussbericht ernsthaft beschäftigt

Wenn Herr Saalfeld einen förmlichen Zerriss in der Anhörung der Experten festgestellt haben mag, dann war das wahrscheinlich seine einzige Feststellung.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee.)

Na sicherlich war das Ihre Feststellung. Ich hatte eine andere Wahrnehmung, denn ich habe eine weitere Frage gestellt, die ganz einfach lautete, ob man denn auch gegen die Novelle des Bundesverfassungsschutzgesetzes gewesen wäre. Das hat man bejaht. Na gut, ich meine, das ist konsequent. Wer im Bund gegen das Gesetz ist, der muss natürlich auch in den einzelnen Ländern gegen das Gesetz sein.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber dann war doch meine Feststellung richtig.)

Das ist für mich eine ganz konsequente Position.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Opposition ohnehin.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber meine Aussage war doch dann richtig.)

Ein letztes Wort zu Herrn Saalfeld: Sie haben hier wieder wunderbar, auch mithilfe des Kollegen Peter Ritter, Ihre Opferrolle versucht zu untermalen. Ich darf aber an einer Aussage, die Ihnen sehr leichtfertig über die Lippen geschlüpft ist, in der letzten Innenausschusssitzung erinnern.

(Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da sagten Sie, die Antworten zur Kleinen Anfrage kennen Sie schon. Und, Herr Saalfeld, Sie haben dort genau die Wahrheit gesagt, weil alle Antworten dieser Kleinen Anfrage hatte Ihnen der Staatssekretär während der vorhergehenden Innenausschusssitzung in epischer Breite erklärt. Jeder der Abgeordneten hatte es auch verstanden,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee.)

nur Sie waren der Einzige, der das nicht verstanden hat. Und bei aller Freundschaft, dafür können wir beim besten Willen nichts. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Grunde hätte ich meine Rede vom September hier heute noch einmal genauso halten können, da sich an dem Gesetzentwurf nichts außer einer Zahlenkorrektur geändert hat.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Geben Sie doch Ihre Rede zu Protokoll und setzen Sie sich wieder hin!)

Weder gibt sich die Landesregierung inzwischen einsichtig bei all der Kritik, die zu dem Gesetz kam, noch ist die Vorlage den Regierungsparteien peinlich genug, um sie nachzubessern.

Während man wohl insgeheim hoffte, dass die inzwischen durchgeführte Anhörung dazu geführt hätte, eine Art Segen für das Gesetz von den geladenen Experten zu bekommen, stellte sich auch zu meiner Verwunderung genau das Gegenteil ein. Die Kritikpunkte, welche ich für die NPD bereits in der Ersten Lesung des Gesetzes vortrug, wurden nicht nur bekräftigt, es wurden auch noch weitere Mängel im Gesetzentwurf aufgezeigt.

Den Anfang machte der Landesdatenschutzbeauftragte, der verfassungsrechtliche Bedenken äußerte hinsichtlich des geplanten verdeckten Beobachtens und sonstigen Aufklärens im Internet. Hier sah er einen Eingriff in den Schutz des Kernbereichs der Lebensgestaltung. Obwohl die verdeckte Überwachung im Internet gravierender sein wird als eine verdeckte Telefonüberwachung, da sie einen weit größeren Bereich umfasst, gibt es weder eine tatbestandliche Eingrenzung, noch ist klar, unter welchen Voraussetzungen und hinsichtlich welchen Personenkreises die Verfassungsschützer personenbezogene Daten abgreifen dürfen.

Weiterhin bemängelte der Datenschutzbeauftragte, dass die Trennung von Polizei und Geheimdienst stellenweise ausgehebelt wird und Betroffene kein Recht auf Information über die Herkunft der über sie gespeicherten Informationen haben. Das war allerdings schon immer so, dass der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel für die Betroffenen unkontrollierbar und nichts hinterfragbar war. Grund- und Bürgerrechte sind der natürliche Feind von Geheimdiensten und auch von totalitären Staaten.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

An die verfassungsrechtlich geforderte Trennung von Polizei und Geheimdienst erinnerte auch Professor Roggan mehrmals. Außerdem fiel ihm auf, dass im Gesetzentwurf die Rede davon ist, dass der Einsatz von verdeckten Ermittlern oder V-Leuten nicht zur steuernden Einflussnahme auf extremistische Bestrebung erfolgen dürfe, was nichts anderes heißt, als dass sie so einen Auftrag nicht bekommen dürfen, aber es nicht ausgeschlossen ist, dass sie als Person dennoch so einen Einfluss ausüben dürfen oder könnten.

Nach seiner Ansicht verfehlten auch die Regelungen zur Bezahlung der Spitzel ihre Wirkung. Eigentlich sollten diese dafür sorgen, dass die Abhängigkeit zwischen dem inoffiziellen Staatsdiener und seinem Judaslohn nicht dazu führt, dass er selbst für die brisanten Informationen sorgt, um noch mehr Geld zu erhalten. Darum sollte der V-Mann von morgen, so heißt es im Gesetz, nicht verpflichtet werden, wenn die Geld- oder Sachzuwendung für die Agententätigkeit auf Dauer seine einzige Lebensgrundlage bilden würde. Das ist allerdings schon dann nicht der Fall, wenn die entsprechende Person noch andere staatliche Leistungen bezieht. Auch darauf wies ich bereits in der letzten Debatte hin.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Bei aller Sachlichkeit führt das trotz dessen nicht dazu, dass nachgebessert wird. Den angeblichen Aufklärern und Transparenzbesorgten genügt es, wenn die Landesregierung sagt, auch wenn etwas anders oder gar nicht im Gesetz steht, dass es auf jeden Fall immer so gemeint ist, dass es verfassungskonform ist. Eine Regierung wird doch ihren Geheimdienst nicht missbrauchen und dieser wiederum wird doch in seinem geheimen Tun nicht gegen Gesetze verstoßen! So etwas macht man doch nicht in einer Demokratie! Das gab es doch noch nie!

Der Verfassungsschutz hat auch nichts mit dem Celler Loch zu tun, dem Schmücker-Mord oder den Waffenlieferungen an die RAF. So etwas Ähnliches gab es heute Morgen noch, als der Bundesinnenminister von einer maßvollen Anwendung des BKA-Gesetzes zur Terrorabwehr sprach. Alles sei verfassungskonform. Wenige Stunden später wurde dieses Gesetz vom Verfassungsgericht für „in weiten Teilen“ verfassungswidrig erklärt.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Aber zurück: Dass ausgerechnet die Vorgänge um den NSU für die Änderung des Verfassungsschutzgesetzes herhalten müssen, hatte ich in der letzten Debatte schon als Akt der Propaganda bezeichnet. Die Erzählstunde mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestags gab mir dann auch in dieser Einschätzung recht. Hätten Sie einen wirklichen Willen zur Aufklärung gehabt, dann hätten Sie in Mecklenburg-Vorpommern schon längst einen NSUUntersuchungsausschuss eingesetzt. Das taten Sie aber nicht, da mit uns von der NPD eine wirkliche Opposition vertreten wäre

(Heiterkeit bei Manfred Dachner, SPD – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

und Sie sich nicht mehr alles so hindrehen können, wie es Ihnen gerade passt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

So war zwischen den Zeilen bereits herauszuhören, dass, sofern die politischen Verhältnisse nach der nächsten Wahl passend sein sollten, eventuell ein NSUUntersuchungsausschuss eingesetzt werden könnte, der sich dann allerdings mit den rechten Netzwerken hier bei uns im Land beschäftigen soll. Der Auftrag könnte dann auch heißen: „Möglichst viel hetzen gegen jeglichen Nationalstolz“.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das kommt schon so müde.)

Die geforderten Änderungen von LINKEN und GRÜNEN zeigten auf, dass es immer noch etwas frecher und dreister geht. So verlangten beide Fraktionen unabhängig voneinander, dass künftig auch Mitarbeiter der Fraktion in der Parlamentarischen Kontrollkommission mitarbeiten sollen.