Protokoll der Sitzung vom 14.03.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gegensatz zur CCS-Technologie – und das wird oftmals gleichgestellt und nicht richtig erklärt – ist die CCR-Technologie, nämlich die Abscheidung und Wiederverwendung, ich betone, die Wiederverwendung von CO2 zur Erreichung der international vereinbarten Ziele zur CO2-Reduktion eine durchaus prüfenswerte Option.

Das sogenannte CO2-Recycling kann nicht nur in der Energiewirtschaft, sondern vor allem in der Stahl-, Chemie- oder Zementindustrie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und gerade auch in diesem Bereich erprobt werden. Dazu allerdings sind Forschung und Entwicklung notwendig, um technische Erfahrungen machen zu können. Stoffliche Nutzung und Wiederverwertung – Wiederverwertung, meine Damen und Herren, von CO2 – müssen grundsätzlich Vorrang haben vor einer langfristigen Verpressung von CO2.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Deutschland kann seine Klimaschutzziele nicht durch die Einführung von CCS, sondern nur durch die konsequente Nutzung erneuerbarer Energien, Energieeinsparung sowie Energieeffizienzerhöhung erreichen. Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausschluss der geologischen Verpressung von CO2 klar zum Ausbau und zur Nutzung der erneuerbaren Energien.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich namens der Koalitionsfraktionen natürlich auch die Ankündigung machen, dass wir uns sehr bemühen werden, ein zügiges parlamentarisches Verfahren sicherzustellen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

Das ist das Ziel. Ich glaube allerdings nicht, dass wir bereits im April die Zweite Lesung erreichen werden, sondern ich gehe davon aus, dass wir die übernächste Landtagssitzung im Mai erreichen, denn ich halte es für zwingend notwendig, dass wir bei diesem wichtigen Gesetz eine verkürzte vereinfachte schriftliche Expertenanhörung vornehmen. Das mit einfließen zu lassen, erfordert diesen Zeitrahmen.

Namens der Koalitionsfraktionen beantrage ich die Überweisung federführend in den Energieausschuss und zur Mitberatung in den Umwelt-, Agrarausschuss und in

den Wirtschaftsausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz die Gelegenheit nutzen, die Position der Landesregierung zu dem Thema hier darzustellen. Man stellt sich als Erstes mal die Frage: Warum sollen wir eigentlich ein Landesgesetz erlassen, das diese Speicherung von CO2 auf dem Hoheitsgebiet des Landes verbietet? Kurz geantwortet kann man sagen: weil die CCS-Technologie unserem Land und der Energiewende deutlich schadet.

Erstens. Es gibt ein Sicherheitsproblem. Die Betreiber der Technologie – der Kollege Borchert ist ja im Detail auch darauf eingegangen – belegen ausschließlich mit Rechenmodellen, dass eine dauerhafte sichere Speicherung möglich wäre. Solche Rechnermodelle waren auch die Grundlage für das Betreiben eines Kernkraftwerkes in Japan, ohne weitere Prüfungen und ohne Konzepte, die sozusagen belegen, dass diese dauerhafte sichere Speicherung möglich wäre. So wäre es bei uns im Land. Es gibt also kein Konzept, um zum Beispiel einen Dichtheitsnachweis vor der Genehmigung einer Speicherstätte durchzuführen.

Meine Damen und Herren, solange die Betreiber der CCS-Technologien nicht nachprüfbar belegen können, dass das Verfahren wirklich sicher ist, darf diese Technik in Mecklenburg-Vorpommern definitiv nicht zum Einsatz kommen!

Zweitens. Die geologischen Formationen, die als CO2Speicher geeignet wären, könnten – auch darauf ist der Kollege Borchert eingegangen – zur Speicherung beziehungsweise Produktion von erneuerbarer Energie dienen. Vorstellbar sind unter anderem die Kraft-WärmeKopplung, die Speicherung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff oder auch Geothermie.

Und ich will das hier so deutlich sagen: Diese zukunftsweisenden Technologien müssen eindeutigen Vorrang bei uns im Land haben, und dieser Vorrang muss ihnen eingeräumt werden. Diese Speicherung von CO2 steht aber jeder anderen Nutzung des betroffenen unterirdischen Areals entgegen. Damit wir keine Handlungsoptionen für die Zukunft verlieren, müssen wir diese tiefen Erdschichten in unserem Land zunächst für CCS blockieren. Und genau dazu dient ja der hier zu beratene Gesetzentwurf.

Es bleibt zu klären, ob mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Einsatz von CCS in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich unterbunden werden kann. Da streiten sich die Juristen nach wie vor drüber.

Wir haben hier eine klare Rechtsposition. Die Mitgliedsstaaten der EU wurden mit der Richtlinie, die hier schon

zitiert worden ist, des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid verpflichtet, bis zum 25.06. des vergangenen Jahres nationale Gesetze über die Abscheidung, den Transport und die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid zu erlassen. Ein entsprechendes Bundesgesetz liegt derzeit im Vermittlungsausschuss. Und ich sage hier und wage die Prognose, dass vor der Landtagswahl und der Auswertung der Ergebnisse der Landtagswahl in Schleswig-Holstein vom 6. Mai auch kein Ergebnis zustande kommen wird. Das liegt mehr oder weniger deutlich auf der Hand.

Wir bewegen uns aber hier im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, und es ist möglich, ein entsprechendes Landesgesetz zu erlassen, da von der Bundesebene bislang kein entsprechendes Gesetz verabschiedet wurde. Denn die EU-Richtlinie schreibt ausdrücklich nicht vor, dass eine CO2-Speicherung zugelassen werden muss. Deswegen bin ich den Koalitionsfraktionen auch dankbar, dass sie diesen Gesetzentwurf einbringen. Er ist dringend notwendig, er ist zweckmäßig und es verdient eine breite Mehrheit, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Ich möchte noch mal kurz auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung eingehen, der, wie gesagt, im Vermittlungsausschuss liegt. Im Gegensatz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf sieht der Entwurf der Bundesregierung kein Verbot der CO2-Speicherung vor. Die Bundesregierung will also CCS in vollem Umfang zulassen, wenn auch zunächst unter der Tarnkappe „Erprobung und Erforschung“. Es ist jedem klar, dass Investitionen und Anlagen der erforderlichen Größe – da haben wir ausreichende Erfahrungen in den letzten Jahrzehnten gemacht – nach einem Testlauf nicht einfach wieder von der Bildfläche verschwinden, mit dem Argument, dass eben hier riesige Investitionen geschaffen worden sind, die nicht einfach so wieder von der Bildfläche verschwinden können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wie mit dem Zwischenlager.)

Ja, dem würde ich sogar zustimmen.

Außerdem gestattet der Gesetzentwurf, bis zu acht Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr zu verpressen. Das ist eine enorme Menge, meine Damen und Herren.

Übrigens – auch das wird in der öffentlichen Diskussion häufig nicht erwähnt –, der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung, also das Gremium, das sich die Bundesregierung selbst geschaffen hat, dieser wissenschaftliche Beirat „Globale Umweltveränderung“, beschreibt diese CCS-Technologie als problematisch und stellt fest, dass erneuerbare Energien völlig ausreichen, um eine globale Vollversorgung zu gewährleisten – also ein Gremium des Bundes.

Der Gesetzentwurf des Bundes sieht eine sogenannte Länderklausel vor. Auch das, meine Damen und Herren, ist nach meiner Einschätzung ein Feigenblatt, da es den Ländern durch diesen Gesetzentwurf nicht gestattet wird, auf ihrem Hoheitsgebiet die CO2-Speicherung gänzlich zu verbieten. Stattdessen schiebt der Gesetzentwurf den Ländern die Haftung für die Speicher nach deren Stilllegung zu. Also auch das kommt noch dazu: keine Entscheidungsfreiheit bei der Ansiedlung eines solchen CO2

Speichers, aber die Haftung dafür bei den entsprechenden Ländern.

Solange der Bund die EU-Richtlinie nicht mit seiner eigenen Gesetzgebung umsetzt, solange greift der Inhalt der EU-Richtlinie in vollem Umfang. Wenn ein Betreiber in Mecklenburg-Vorpommern also – das wäre zurzeit die konkrete Situation – die CCS-Technologie zum Einsatz bringen wollte, wäre diesem Antrag aufgrund der EURichtlinie stattzugeben. Wir hätten keine Wahl. Wir müssten diesem Antrag stattgeben.

Meine Damen und Herren, daher ist es umso wichtiger, dass wir als Land die EU-Richtlinie selbstständig umsetzen. Hier haben wir die Möglichkeit, hier müssen wir es tun, hier lassen Sie uns das tun.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir wollen als Landesregierung – und ich denke, es gibt da eine breite Zustimmung – keine CO2-Speicher in Mecklenburg-Vorpommern, und deshalb unterstützen wir ausdrücklich den vorliegenden Gesetzentwurf. Und ich möchte trotz der Mahnung des Kollegen Borchert appellieren, dieses so zügig wie möglich zu machen, damit wir dieses Vakuum schnell weghaben und uns da keiner in die Parade fährt. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können ja froh sein, dass es noch kein Bundesgesetz gibt. Angesichts der Konstellation, wie sie in der Bundesregierung herrscht, wäre ich mir nicht sicher, ob wir schon dazu gezwungen wären, die CCS-Speicherung zuzulassen, also die CO2-Speicherung zuzulassen.

Aus Sicht der Linksfraktion gibt es zu dem hier vorliegenden Gesetzentwurf, der ja wirklich angenehm kurz ist und nur dem in der Überschrift genannten Zweck dient, zumindest in der Ersten Lesung nicht so sehr viel zu sagen. Abgesehen von der ziemlich sperrigen Überschrift – aber das haben Gesetze meist so an sich – zunächst nur so viel: Meine Fraktion wird der vorgeschlagenen Überweisung zustimmen.

Wir wollen eine unterirdische Speicherung von abgeschiedenem CO2 verhindern, nicht nur bei uns im Land, aber vor allen Dingen auch da. Das hat auch gar nichts mit regionalen Egoismen zu tun. Das CCS-Verfahren ist teuer – ich brauche das nicht alles zu wiederholen, was Herr Borchert schon gesagt hat, da stimme ich ihm vollkommen zu –, unausgegoren und birgt Risiken, die nicht abzusehen sind. Außerdem soll es nach unserer Beurteilung das Überleben der Energieerzeugung aus der Verbrennung von Braun- und Steinkohle auf lange Sicht sichern, also in Form von Großkraftwerken, die auch dann am besten und ehesten von den vier großen Energieversorgern bewältigt werden können. Es wird weder kurz- noch langfristig für eine Reduzierung des CO2Ausstoßes von Kraftwerken sorgen.

Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun. Es wäre ein weiterer Sargnagel für die Energiewende. CCS führt dazu,

dass der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken weiter sinkt.

Ich sage es noch einmal: Das Verfahren ist teuer, birgt neue, nicht kalkulierbare Risiken für Mensch, Natur und Umwelt. Zudem würden die Strompreise für den Endverbraucher durch die Einführung dieser Technologie weiter steigen. Wer es also mit Klimaschutzzielen, Energiewende und der Förderung von erneuerbaren Energien ernst meint, der muss diese Technologie ablehnen.

Wir wollen sie – das habe ich schon gesagt – nicht nur bei uns nicht, insgesamt nicht in der Bundesrepublik, aber zuallererst natürlich nicht in Mecklenburg-Vorpommern. – Ich danke. Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Seidel von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mir jetzt viele Argumente schenken, weil ja sehr viel in der Sache schon gesagt wurde. Ich will schlichtweg nur noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Thema CCS – das heißt ja auf Neuhochdeutsch: Carbon Capture Storage, also Kohlenstoff einschließen in entsprechenden Speichern, Gesteinen in dem Fall – eine Geschichte ist, die uns seit zwei Jahren ungefähr beschäftigt.

Es wurde gesagt, es gibt die Europäische Richtlinie, und es gibt oder gab, wie auch immer, darauf folgend eine Diskussion in Deutschland. Allerdings, das muss man sagen, man kann da jetzt auf den Bund schimpfen und so weiter und so fort, das ist nicht ganz richtig – es gibt auch in den Ländern etwas unterschiedliche Situationen.

Die LINKE weiß natürlich ganz genau, dass in Brandenburg für sie die Situation ganz anders aussieht. Der linke Wirtschaftsminister kämpft, hat zumindest lange um CCS gekämpft, jetzt ruht das ganze Geschäft ja.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nicht zu unserer Freude. – Peter Ritter, DIE LINKE: Man muss es mal erwähnen.)

Ja, man muss es ja mal erwähnen, richtig. Genauso ist es.

Die SPD ist in dieser Frage auch etwas gespalten. Auch das wollen wir mal sagen. Also in Nordrhein-Westfalen wird das nicht so eindeutig abgelehnt. Da, wo eben Kohle da ist, wo es große Industrien gibt, dort …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da wählen wir jetzt erst mal neu und dann gucken wir mal.)

Ja, gut. Ich will ja nur sagen, es ist nicht so leicht abzutun, wie mancher das glaubt.

Trotzdem gebe ich allen recht, die da sagen, dass diese Technologie Probleme macht. Man muss auch noch mal in die Historie schauen. Vor zwei Jahren, als die Richtlinie erlassen wurde, gab es folgende Situation: RWE, glaube ich, war es seinerzeit, ist dann – durch welche